Jassy, 12. Aug. Die seit Wochen hier herrschende tropische Hitze brachte es mit sich, daß ein großer Teil unserer Stadtbevölkerung zu Ausflügen nach dem eine halbe Stunde entfernt liegenden Grenzorte Rumänisch-Ungeheny seine Zuflucht nimmt, um daselbst im Pruthflusse Kühlung zu suchen und frische Waldluft zu geniesen. Am verflossenen Sonntag besuchten diesen Vergnügungsort geben 3000 Personen, die, den sonnendurchglühten Elsenbahnkäfigen kaum entsprungen, zum Pruth eilten, um sich in die kühlenden Wellen des Flusses zu stürzen. Unter den Badenden befand sich ein Jude, der dreimal nacheinander über den reißenden Strom setzte. Beim drittenmale sah sich der Mann genötigt, auf dem russ. Ufer auszuruhen. Dies bekam ihm aber übel, denn er wurde von den dort badenden Russen ergriffen, zu Boden geschleudert und mit frischen Weidenruten derart mißhandelt, daß seine Hilfe- und Wehrufe zu den Ohren der diesseits Badenden drangen. Letztere mußten der barbarischen Szene mit Entrüstung zusehen, ohne helfen zu können. Schließlich ließen die Russen ihr Opfer los, aber nicht ohne demselben noch einige Rippenstöße mit auf den Weg zu geben, worauf der Mißhandelte mit Aufbietung seiner letzten Kräfte und unter dem andauernden Hohngeschrei seiner Peiniger das diesseitige Ufer schwimmend wieder erreichte. Der Vorfall gab Anlaß zu Vorstellungen und Klagen seitens der Grenzobrigkeit. Daß aber derartige Brutalitäten unsere ohnehin schwachen Sym- patien für die Russen nicht zu steigern vermögen, braucht kaum gesagt zu werden.
Petersburb, 17. Aug. In ein^r Besprechung über die bevorstehende Ankunft des Kaisers Wilhelm in Rußland schreibt das „Journal deSt. Petersbourg": Da die neue Zusammenkunft zwischen dem Kaiser Wilhelm und dem Kaiser Alexander schon lange im Voraus angekündigt worden ist, konnte die Presse derselben bereits zahlreiche Besprechungen widmen; die einen schrieben derselben die höchste politische Tragweite zu, die anderen dagegen sprachen derselben fast jede Bedeutung bezüglich der internationalen Beziehungen ab. Es genügt indessen, sich an die Thatsachen zu halten, um der wirklichen Sachlage gerecht zu werden. Es ist unbestreitbar, daß die Beziehungen guter Nachbarschaft und Freundschaft zwischen beiden mächtigen Kaiserreichen durch die Begegnung ihrer Souveräne, von denen man weiß, daß sie ihre ganze Thätigkeit und Sorge der Wohlfahrt ihrer Völker und der Forderung ihres Gedeihens widmen, für welche die Aufrechterhaltung und Festigung des Friedens die erste Bedingung ist, noch inniger, gestaltet werden. Der dem erhabenen Gaste in Rußland bereitete herzliche Empfang wird in dem Geiste dieses Monarchen und der hervorragenden Persönlichkeiten seiner Umgebung nur die Ueberzeugung befestigen können, daß Rußland in Frieden und guter Freundschaft mit der deutschen Nation zu leben wünscht.
Vermischtes.
— Ein größerer Münzfund ist gelegentlich der Ausschachtung zu Fundamentierungsarbeiten in Clausdorf bei Sperenberg gemacht worden. Die bei dem Ausschachten beschäftigten Arbeiter stießen etwa einen halben Meter unter der Erdoberfläche mit
ihren Schippen auf ein irdenes Gefäß größerer Dimension, einen mächtigen Tonkrug, wie er vor dem 17. Jahrhundert in dieser Form üblich war. Das Gefäß war beinahe bis an den Rand mit Silber münzen in Größe von Zehn- resp. Zwanzigpfennigstücken gefüllt; dieselben sind von feingewalztem Silber und tragen vielfach noch leserliche Jahreszahlen, die zumeist auf die Zeit vor und zu Anfang des dreißigjährigen Krieges hindeuten, wie 1624 und 1632. Als der Schatz gehoben worden war, fand man unter demselben in einem Stück Leinenzeug, das sich trotz der langen Zeit in der Erde außerordentlich gut erhalten hat, einen weiteren Haufen von Silbermünzen mit den gleichen Jahreszahlen, aber von durchweg größerer Form._
Gemeinnühiges.
Roebelen's Familien-Buttermaschine. Eine billige Familien-Buttermaschine für den Haushalt! Viele werden es nicht glauben, und doch ist es so. Es ist in der That eine großartige Errungenschaft für die Familien, welche eine völlige volkswirtschaftliche Umwälzung hervorzubringen im Stande ist. Man denke: Tag für Tag kaun man sich binnen 5 Minuten ganz frische, köstlich schmeckende Butter höchst billig, ja beinahe kostenlos Herstellen! Ist das nicht ein unschätzbares Ersparnismittel für jede Familie? Aber auch zugleich ein kostbarer Apparat zur Befriedigung des Geschmackes! Mit dem Rahm der täglich notwendigen Milch, die für den Kaffee rc. gebraucht wird, läßt sich durch die Familien-Buttermaschine soviel Butter Herstellen, als man für einen Tag nötig hat: in diesem Falle kostet also die erhaltene Butter keinen Pfennig: braucht man mehr, nun so kauft man sich fertigen Rahm oder man lasse mehr Milch stehen; man kommt immer noch bedeutend billiger weg, als wenn man die teure Butter fertig kauft. Die abgerahmte Milch kann man zum Kaffee, auch zum Trinken noch sehr gut verwenden, sie ist noch nahrhaft genug. Die gewonnene Buttermilch ist völlig fettfrei, daher besonders Kranken, Reconvales- centen und Säuglingen zu empfehlen. Besonders hervorzuheben ist, daß den Forderungen der Reinlichkeit in denkbar höchstem Grade entsprochen wird; die zu bereitende Butter bleibt nämlich im verschlossenen Glase fern von allen Einflüssen fremder Körper, bis sie zum sofortigen Genüsse mittelst eines Löffels herausgenommen wird. Das Glas selbst kann auf die leichteste Weise gereinigt werden. Auswaschen und Salzen der Butter sind überflüssig. Eine bestimmte Temperatur ist nicht erforderlich, um Butter erzeugen zu können, es ist bei jeder beliebigen möglich. Natürlich je besser die Milch und der Rahm, desto besser auch die Butter und desto mehr: daher kaufe man nur beste Vollmilch. Die Bauern brauchen übrigens dieses Maschinchen nicht zu fürchten. Wenn es allgemein eingeführt ist, werden sie ihre Milch besser verkaufen können; zugleich aber ist es ihnen bei eigenem Gebrauche der Familien-Buttermaschine möglich, eine vorzügliche Ware zu einem billigeren Preise auf den Markt zu bringen. Der Preis ist so gering (nur 15 Mark), daß jede Familie sich den Apparat an- schaffen kann: kein anderer macht sich so schnell bezahlt. Der Erfinder und Alleinfabrikant, Albert Röbelen in Stuttgart, erteilt bereitwillig jede weitere Auskunft.
Dauerhaftmachung des Holz.es. Es ist auffallend, wie wenig im allgemeinen für die Erhaltung der zahlreichen Holzteile und Holzanlagen geschieht, welche den schädlichen Einflüssen der Witterung und Feuchtigkeit schutzlos preisgegeben sind. Durch die Auslagen für immer wiederkehrende Erneuerung wird das Holz, das in unserem wirtschaftlichen Leben ein so wichtiger Faktor ist, zu einem kostspieligen Artikel, und es ist daher die Frage recht zeitgemäß, auf welche Weise diesem Mißstand am besten zu begegnen ist. Schon seit längerer Zeit hat sich auf dem Gebiete der Holzkonservierung ein Präparat einen Ruf erworben, welches nicht nur einen vortrefflichen Ersatz für Oelfarbe bietet, sondern infolge seiner größeren Ausgiebigkeit und Wirksamkeit auch dem Theer weitaus vorzuziehen ist und sich wegen seiner Billigkeit zu ausgedehntem Gebrauch für jederlei Holzwerk eignet. Wir meinen das Lardolineum Avenarius, ein Imprägnier- und Anstrichöl, welches durch sein Eindringen in das Holz dessen Verfall unmöglich macht und mit einfacher Anwendung den Vorzug hübschen Aussehens verbindet. Auch hat es sich als bestes Mittel zur Verhinderung und Vertreibung des Hausund Mauer-Schwamms, gegen feuchte Wände, sowie zum Schutze des Holzes gegen die Zerstörungen schädlicher Insekten bewährt. Diese hervorragenden Eigenschaften, welche durch eine lange Reihe maßgebenster Zeugnisse von Staats- und Kommunalbehörden, Eisenbahnen, Großbetrieben der Industrie, des Baufachs und der Landwirtschaft bestätigt sind, haben dem Larboliueum ^.veimrius in den 15 Jahren seines Bestehens im In- und Ausland eine große Zahl von Freunden erworben, riefen jedoch auch eine ganze Reihe von Nachahmungen hervor, welche für ihre in Zusammensetzung, Eigenschaften und Wirkungen abweichende Produkte die vom Erfinder seiner Zeit geschaffene Bezeichnung „Larbolinsum" entlehnten. Es verdient daher, hervorgehoben zu werden, daß Herr R. Avenarius auf ein bei der Fabrikation des 6ar- bollneum ^.vsuariim in Betracht kommendes Verfahren das deutsche Reichspatent, sowie Patente im Ausland erlangte, wodurch die Eigenartigkeit der Originalmarke Avenarius amtlich konstatiert ist. Es ist daher für jeden Konsumenten von Wert, stets auf den vollen Namen Oarbolkuaum veno, rin 8 D. N.-Patent Nro. 46 021 zu achten und sich damit des allein ächten und bewährten Originalfabrikats zu vergewissern. Dasselbe ist in hiesiger Gegend bei der Firma Eugen Dreiß erhältlich, welche Fabriklager unterhält und zur Vorlegung von Prospekten und Zeugnissen, sowie zu jeder weiteren Auskunft sich bereit erklärt hat.
Handels- L Gewerbekarpmer
G a k w.
OeffentUche Sitzung am Freitag, den 22. August 18SV, vormittags 8 Uhr.
Tagesordnung:
Gesetzesentwurf betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung.
Ter Vorstand.
müssen, daß das angenehme, frische, bewegte Leben der großen Welt, die Sie mit Ihrer Schönheit schmücken und erstellen könnten, für Sie hinter der traurigen Seelinie verborgen liegt, und daß Sie nach monate-, ja jahrelanger Fahrt immer noch ziellos in diesen Gewässern Herumtreiben und mit keinen anderen und besseren Genossen als Wesen, die in ihrer nur scheinbaren Menschlichkeit schrecklicher sind als wenn sie Gespenster wären."
„Was kann ich thun, Herr Fenton? Kapitän Vanderdecken will mich nicht von sich lassen. Wie soll ich mich retten!" rief sie erregt aus, wobei ihre Augen Überflossen. „Wenn ich über Bord stürzte, wäre mir der Tod durch Ertrinken sicher. Wenn es mir gelänge, im Falle einer Ankerung in der Nähe der Küste das Ufer zu gewinnen, würde ich dann nicht auf dem glühenden Sande elendiglich zu Grunde gehen, oder von wilden Tieren zerrissen, oder vielleicht von den Eingeborenen ergriffen und in die Gefangenschaft geschleppt werden?"
„Aber würden Sie eine für Ihre Befreiung günstige Gelegenheit, die jene von Ihnen genannten Gefahren nicht böte, ergreifen?"
„O, gewiß!"
„Nun, wohlan!" sagte ich mit solcher Zärtlichkeit und einem so glühenden, sehnsuchtsvollen Gefühl im Heiden, daß meine Leser Recht haben, wenn sie sagen, daß die junge Liebessaat in meiner Bmst, von ihren Thränen befeuchtet, mit der Schnelligkeit jeden Blickes, den ich auf sie warf, emporsproßte und wuchs; „während ich einsam und melancholisch hier saß, habe ich darüber nachgesonnen, wie ich sie aus dieser schrecklichen Lage befreien kann. Noch ist kein bestimmter Plan in mir gereift, aber wollen Sie mir, einem englischen Matrosen, vertrauen, daß er Mittel und Wege finden wird, diese Holländer zu überlisten, und sogar, wenn der Teufel selbst für sie Wache hielte? . .. Einen Moment, mein Fräulein — verzeihen Sie! es lag nicht in meiner Absicht, dieses Thema zu berühren, bis es Ihnen im Laufe der Zeit möglich gewesen, sich ein Urteil über mich zu bilden. Aber wenn Zwei gleichen Sinnes find und der Abgrund, der zu überspringen, ein tiefer ist, würde
es meinerseits bloße Narretei sein, wenn ich mit Ihnen am Rande stünde und wie ein galanter Franzose über alles Mögliche schwatzte, anstatt offen und zur Sachs zu sprechen, wie es einem schlichten Seemann zukommt."
„Herr Fenton," antwortete sie, „ich will Ihnen vertrauen. Wenn Sie wirklich Mittel und Wege finden können, von diesem Schiffe zu entkommen, will ich Ihnen mit aller meiner Kraft beistehen und Ihnen folgen. Sie sind ein Matrose;, mein Vater gehörte demselben Berufe an, und als ein englischer Seemann sollen Sie mein volles Vertrauen besitzen."
Nicht nur ihre Worte selbst, sondern auch ihre liebliche Stimme, ihre funkelnden Augen, ihr ernster, sinnender Blick, der hoffnungsvolle Ausdruck, der ihr Antlitz aufhellte, und das darüber hinhuschende glückliche Lächeln waren eS, die mir ihre Rede so entzückend machten. Ich antwortete ihr: „Verlassen Sie sich darauf, Ihr Zutrauen wird mir Mut geben, und es müßte nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn Sie nicht nach Verlauf weniger Monate, nein, lassen Sie mich Wochen sagen, England wieder sehen sollten."
Hier stützte sie ihre Wangen mit der Hand und senkte die Augen mit einem gedankenvollen, wehmütigen Ausdruck zu Boden.
Da ich nicht verstand, was in ihrem Geiste vorging, fuhr ich fort; „Welchen Plan ich zur Ausfühmng unseres Vorhabens auch schließlich entwerfen mag, es wird immerhin einige Zeit kosten. Aber was bedeuten ein Paar Monate im Vergleich mit Jahren — an Bord des Totenschiffes zugebracht — Jahre, denen nur der Tod ein Ziel setzen kann!"
,O," erwiederte sie, indem sie mich voll anschaute, wobei ihre veilchensarbencn Augen von Thränen schimmerten, „ich bezweifle Ihre Fähigkeit, zu entkommen und mich zu erretten, keineswegs, noch dachte ich an die Zeit, die für Sie dazu erforderlich sein würde, oder wie lange es noch währen möchte, ehe wir nach England kommen."
(Fortsetzung folgt.)