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königlichen Schloß am Strande Wohnung, während der König von Belgien sein altes Palais in der Rue longue bezieht. ,Die Garnison, welche am 2. August ins Manöver abrücken sollte, bleibt bis zum 4. August hier; aus Brügge wird außerdem die gesamte Kavallerie zur Spalierbildung heranqezogen. Für den Abend des 2. August sind große Festlichkeiten geplant. Man spricht von Serenaden, Illumination, Feuerwerk rc. Am Sonntag, den 3. August ist im Saale des Casinos Galatafel zu 84 Gedecken. Es heißt, daß der Kaiser in Begleitung des Prinzen Balduin in Flander«- auch Antwerpen besuchen und von dort aus die Reise nach England fortsetzen werde. Sicheres darüber ist noch nicht zu erfahren. Falls der Besuch Antwerpens stattfindet, soll dort eine große Truppenschau, an der 20,000 Mann teil- nehmen, abgehalten werden,
Tages-Ueuigkeiten.
Calw. Wie wir vernehmen, wurde Herr Präzeptor Müller am Reallyceum hier auf Grund einer wissenschaftlichen Arbeit und zwar über „die Altersversorgung im römischen Heere" von der philosophischen Fakultät zu Tübingen zum Doktor promoviert.
— Beim heutigen Verkauf wurden für städtisches Obst ^ SS. 80 erlöst, gegen 335.80 im Jahr 1888 und 8. 50 im vorigen Jahr. Hienach dürfte wohl das voraussichtliche Ernte-Ergebnis im ganzen Bezirk annähernd bemessen werden können.
— Am Sonntag, den 3. August, wird von Stuttgart über Calw nach Wildbad und von dort zurück ein Sonderzug ausgeführt werden, welcher auf
Stuttgart
ab
6.55
vorm.
Zuffenhausen
„
7.09
„
Leonberg
„
7.33
„
Calw
an
8.35
Liebenzell
„
8.58
„
Neuenbürg
„
9.38
„
Wildbad
10.02
„
Rückfal
hrt:
Wildbad
ab
7.40
abds.
Neuenbürg
„
8.08
„
Liebenzell
„
8.46
„
Calw
an
9.00
„
ab
9.20
„
Leonberg
an
10.18
„
Zuffenhausen
„
10.40
Stuttgart
an
10.55
„
Zu diesem Sonderzug werden in Stuttgart, Zuffenhausen und Leonberg Fahrkarten ausgegeben nach Calw, Liebenzell, Neuenbürg und Wildbad.
Die Fahrpreise betragen für die Hin- und Rückfahrt:
II. Kl.
III.
Kl.
nach:
Calw
3. 00
2.
00
Liebenzell
3. 40
2.
30
Neuenbürg
4. 70
3.
20
Wildbad
5. 40
3.
60
jen nach:
Calw
2. 70
1 .
80
Liebenzell
3. 10
2.
10
Neuenbürg
4. 30
2.
SO
Wildbad
5. 00
3.
40
II.
Kl.
III.
Kl.
nach:
'S
-s
Calw
1.
90
1.
30
Liebenzell
2.
30
1.
60
Neuenbürg
3.
60
2.
40
Wildbad
4.
20
2.
80
Oberndorf, 22. Juli. In Epsendorf fand heute Nacht die Ehefrau des Landwirts Thaddäus Merz einen jähenTod. Die Verlebte wollte ihrem über Unwohlsein klagenden Sohne etwas aus der Küche holen und stürzte bei der ohne Licht bewerkstelligten Rückkehr in das Schlafzimmer die steile Treppe hinab; als der Mann, der den Fall hörte, eiligst nachsah, fand er seine Frau tot unten an der Treppe liegend.
Ebingen, 25. Juli. Von einem empfino- lichen Verlust wurde heute ein hiesiger Bierbrauer betroffen. Gegen 4 Uhr nachmittags erschien ein Knabe in dem Schanklokal der Bierbrauerei mit der Nachricht; aus dem Lagerkeller laufe Bier heraus und die Kellerthür sei verschlossen. Sofort eilte der Besitzer zum. Keller und nach Erschließung desselben fand er, daß ver „Bierstrom", welcher wie ein starker Regenguß vom Bühl bis an die Dohle beim Schwanen die Kandel füllte, davon herrühre, daß 5 Lagerfässer mit dem Gesamtgehalt von 4000 Liter über das weichende Faßlager der oberen Lage herabgefallen und geplatzt waren. Glücklicherweise vermag der Brauer den Verlust zu verschmerzen und wird durch sofortige gesteigerte Thätigkeit dafür sorgen, daß im Spätherbst in seiner Wirtschaft keine „Lagerbier-Ebbe" eintritt. Albbote.
Bop fingen, 26. Juli. Vergangene Nacht nach 12 Uhr wurden wir durch Feuer lärm erschreckt. Es brannte eine hart an der kath. Kirche, sowie dem kath. Pfarrhaus stehende Scheuer. Das Feuer konnte bei der herrschenden Windstille von den sehr bedrohten Nachbargebäuden abgehalten werden. Die Ursache des Brandes ist unbekannt.
Wald fee, 25. Juli. Gestern abend gab der Klavierkünstler Hubert Flohr aus Köln mit seinem Begleiter, dem 86jährigen Sänger Karl Schneider von Elberfeld, hier ein Konzert, das uns einen schönen Kunstgenuß bot. Flohr, welcher seine Ausbildung auf dem Konservatorium in Brüssel und Lüttich erhielt, ist ein hervorragender Künstler auf dem Klavier, seine Leistungen zeichnen sich durch große technische Pünktlichkeit, Festigkeit und Wärme aus. Der Baritonist Schneider sang mehrere Balladen und Lieder mit voller, reiner Stimme.
Gammertingen, 25. Just. Gegenwärtig weilt ein Inspektor der Magdeburger Hagelversicherungsgesellschaft hier, um die Schadensabschätzung aus den versicherten Feldern vorzunehmen. Wie man hört, sollen die Versicherten mit der bisher stattgefundenen Abschätzung zufrieden sein, da die Gesellschaft sich sehr loyal benimmt, was auch ihr nur von Nutzen für die Zukunft sein wird. — Von sämtlichen Gemeinden, welche verhagelt sind, ist nunmehr, so viel man hört, der Antrag auf Steuernachlaß gestellt worden; derselbe wird, da meistens Totalhagel vorhanden, ein sehr bedeutender werden. Die Kosten der Abschätzung trägt ebenfalls der Staat. Um einheitlich vorzugehen und eine Kommission zu wählen, welche die Abschätz
ung vornehmen wird, werden die Bürgermeister der- verhagelten Gemeinden sich am Sonntag hier im Rathaus versammeln und Beratung pflegen.
Aus Baden, 21. Juli. Vorgssterm trat am Bahnhof Appenweier ein Fremder zu einem Polizisten, stellte sich als Untersuchungsrichter von Karlsruhe vor und beordnete ihn, ein auf dem Perron sich aufhaltendes Paar zu verhaften und wegen Erregung von Aergernis und Unfug dem Amtsgerichte Offenbur» vorzuführen; der Untersuchungsrichter reiste sofort mit dem Zug landabwärts weiter. Der Bedienstete leistete dem Befehl des Untersuchungsrichters Folge und führte den Auftrag pflichtgemäß aus. Bei dem Verhör ergab sich, daß das verhaftete Paar nach Straßburg reisen wollte. Da den beiden Personen keine belastenden Thatsachen nachzuweisen waren, wurden sie wieder auf freien Fuß gesetzt. Weitere Erhebungen ergaben aber, daß der Untersuchungsrichter sich diesen Titel rechtswidrig angeeignet und einen recht schlechten. Witz gemacht hat. Es wurden Nachforschungen nach dem Witzbold angestellt,. der auch wirklich zu Rastatt in der Person eines Wirtes ermittelt wurde,, welcher den frivolen Witz sich erlaubt hat, der ihn teuer zu stehen kommt.
— Ein hübsches Stückchen soll kürzlich in einer Schule im badischen Unterland passiert sein. Ein Lehrer hatte bei der Prüfung durch den Visitator arges Pech; es wollte diesmal gar nicht, „laufen." Im Bewußtsein seiner Treue ließ er aber den Mut nicht sinken und ließ vom Visitator aufgefordert, noch ein Lied singen zu lassen, seine Kinder anstimmen: „Freund, ich bin zufrieden, geh' es wie es will." Der gestrenge Visitator hatte zum Glück Verständnis für Humor, auch für die Abart Galgen» Humor, so daß das Ende ein sehr glimpfliches gewesen sein soll.
Neustadt, 23. Juli. Ein hiesiger Bürger litt seit Jahren an quälenden Kopfschmerzen, welche ihn häufig längere Zeit arbeitsunfähig machten. Wie Herr Dr. Stahl feststellte, war die Ursache dieses- Leidens ein in der Nase sitzendes Gewächs, welches auf operativem Wege beseitigt wurde. Bei näherer Untersuchung zeigte sich im Innern dieses Gewächses ein — Kirschkern. Dieser war vermutlich schon in. der Jugend des Patienten in dessen Nase gelangt und verursachte daselbst eine fortwährende Entzündung. Jetzt ist der Mann von seinem vieljährigen Leiden, völlig befreit.
Frankfurt, 26. Juli. Herr Karl Secu- rius, der bekannte und beliebte Aöronaut ist leider gezwungen, seinen Beruf für immer aufzugeben. Ein nervöses Leiden und heftiges Fieber haben ihn plötzlich auf das Krankenlager geworfen, weshalb er alle abgeschlossenen Engagements lösen mußte. Mit schwerem Herzen ist er nach Hannover gereist, da es ihm, nicht vergönnt war, hier in Frankfurt im Zoologischen. Garten noch sein lOjähriges Auffahrtsjubiläum zu. begehen und sich gleichzeitig vom Publikum zu verabschieden. — In einem Neubau an der Ecke der Rhönstraße und Waldschmidtstraße stürzte heute Mittag ein gestern gemauertes Kellergewölbe ein, während die Sprießen und die Verschalung unter demselben entfernt wurden. Ein Arbeiter wurde leicht verletzt, ein zweiter wurde unter den Trümmern begraben; derselbe wurde nach kurzer
Getränk, das ich bald als eine Art Wachholderschnaps kennen lernte, und der andere kaltes Wasser enthielt, woraus er sür jeden von uns drei Männern einen Humpen mischte, dagegen trank die junge Dame nur Wasser.
Nicht ein Wort wurde gesprochen, so lange Prius einschenkte. Als er meinen Becher füllte, schlug die Uhr über der Thür acht, wobei das Skelett zum Vorschein kam und wie vorher seine Lanze schwang. Kaum war dies geschehen, als der Papagei laut aufkrächzte: al verckomck!" Ich hatte den Vogel ganz und gar
vergessen, und die mich so unvorbereitet überfallenden, rauhen Gurgellaute und furchtbaren Worten erschreckten mich derart, daß ich halb emporsprang. Das Mädchen senkte ihre Augen über dem Teller mit einem traurigen Ausdruck im Gesicht, während Vanderdecken ausries: „Es ist die Uhr, die das Vogeltier so aufregt, wir werden es außer Gehörweite hängen müssen."
Er schien ganz zu vergessen, mich dem lieblichen Geschöpfe mir gegenüber vorzustellen, doch dies war von keiner Bedeutung, da sie mich nach längerer, weiterer Beobachtung selbst auf Holländisch anredete und mit einer süßen Stimme in der offenen, ungezierten Manier eines Kindes fragte, ob ich ein Holländer wäre.
Ich antwortete: „Nein, verehrte Dame, ich bin ein Engländer," dabei stieg mir bei dem bloßen Gedanken, mit einem so wunderschönen Wesen zu sprechen, das Blut in's Gesicht.
„England ist auch mein Vaterland!" schrie sie plötzlich in unserer Muttersprache auf.
„Wirklich, o Gott!" rief ich außer mir vor Freude und Entzücken, als ich dies vernahm und nun Gewißheit fand, daß sie von warmem Fleisch und Blut, daß sie wirklich, daß sie lebend sei. „Aber im Namen des Himmels, wie kommen Sie so allein auf dieses seltsame Schiff, unter diese geheimnisvollen Männer?" Ich konnte diese Frage ebensowenig unterdrücken als meine Augen die Bewunderung, die ich für sie empfand, zu verheimlichen im Stande waren, zumal mich nichts zwang, meine
Worte mißtrauisch abzuwägen, da ich nicht zweifelte, daß den Uebrigen die englische Sprache unverständlich sei.
Sie warf mir einen flüchtigen Blick zu, aber gab keine Antwort. Ich betrachtete dies als einen bedeutsamen Wink und schwieg, obgleich es nicht schien, als ob Vanderdecken und Van Vogelaar uns groß beachteten, sogar beim Essen und Trinken schienen sie von einer Art Geistesabwesenheit befallen zu sein. Man legte mir Fleisch vor und Prius bot mir einen Kuchen an, und da ich mich eines mächtigen Appetites erfreute, langte ich tapfer zu. Ich fand das Fleisch etwas salzig, aber wohlschmeckend und zart, und indem ich mich an den Maat wandte, fragte ich ihn, was es wäre.
„Antilope," erwiederte er, „jenes" — wobei er auf die andere Schüssel deutete - „ist Büffel."
„Herr," versetzte Vanderdecken mit einer außerordentlichen Hoheit in seinem Wesen, „wollen sie sich gütigjt aller Ceremonieen enthalten. So ärmlich auch unsere Kost ist, sie steht ganz zu Ihrer Verfügung. Nehmen Sie gefälligst soviel als Sie brauchen, und Prius wird Ihnen den Becher füllen so oft Sie es wünschen."
Ich verbeugte mich und dankte ihm.
„Der Wind bläst stark, Jmogene," redete er das Mädchen an, „und hat sich gerade vor unsere Route gelegt. Es ist fast wie ein trauriges Verhängnis," wandte er sich in weiterer Rede an mich, „daß sich das Wetter gerade jetzt und gerade hier ändern muß! Und doch, wir werden und müssen unser Schiff auf die Windseite bringen und sei es mit Gewalt — he, Hermann? nicht wahr? — obgleich — wenn auch" — mit einem Blicke auf die Dame, die er Jmogene genannt, brach er plötzlich mitten im Satze ab; doch beobachtete ich, daß er in seinem Antlitze nicht ebenso schnell einen dasselbe verdunkelnden, leidenschaftlichen Ausdruck des Wahnsinnes de- meistern konnte, der, ohne irgendwie die Bläffe der Haut zu beeinflussen, gleich dem Schatten einer schweren Sturmwolke über seine Züge huschte.
Die Mienen des Obersteuermannes und des Mannes PriuS verdüsterten sich-