Erscheint täglich Rit Ausnahme de» Eonn- und Festtag«,

Preis vierteljährlich hier mit Trägrr'.ohv 1.85 im Bezirk», sud 10 L-ri.-Derkeh- !.40 im Sbrige» Württemberg I. -s, Monats-Adounemrutk «ach Verhältnis.

rllschllstkl.

Amts- M Aijeise-SW st de, Simmts-Sezirll MM.

Fernsprecher Nr. 29. 89. Jahrgang. Postscheckkonto Nr. siis Stuttgart

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Mittwoch, den 2g. Dezember

Anzeigen-Gebühr sür die einspalt. Zeile an» gewöhnlich« Schrift od« deren Raum bei einmal Einrückung 10 >4.

bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Beilagen: Plauderstibcheu und

Illustr. Sonntagsbla t.

191S

MM llli -er niss.

Amttiches.

Kgt. Hbercrrnt Wagokd.

Anliefernng von Gerste.

In das Lager der Amtskörperschaft in Nagold kann

fortwährend Gerste zum Höchstpreis angeliesert werden.

Vorherige Anzeige an die Oberamkspflege ist erforder­lich.

Den 28. Dez. 19!5. Kommerell.

Bekanntmachung,

betreffend Bnndesratsverordnung über den Ver­kehr mit Kraftfnttermittelu. Bestellung vo» Sachverständigen.

Als Sachverständige tm Sinne des § 5 der Bundes» ratsvcrordnung über den B-rkehr mit Kraslfutiermiiteln vom L, Juni 1915 (R.GBl. S. 399) , .

5. August ISIS (R.G.Bl. S. 48S) Aussührungsvor-

schristen des Reichskanzlers vom 25. August 1915, Staats- cmzeig'r Nr. 203 zu § 5 der Verordnung sind von der Wüm. Landessuttermittrlstelle zufolge der Bekanntmachung des K. Ministeriums des Innern vom 25. September 1915, Staatsanzeiger Nr. 227, für den Bezirk Nagold die Herren Gemeiudepflegev Röhm in Sulz,

Schultheiß KW?er in Jselshanfe» und

Staasld

Tranbenwirt Dürr ln ausgestellt worden.

Den 28. Dez. 1915.

Kommerell.

Tierärztliche Versorgung

Herr Oberamtstierarzt Dr. Metzger hat den Dienst wieder übernommen.

Die Stellvertretung des Herrn Dlstriklstierarzt Dr. Boeckie in Pfalzgrafenweiler ist beendet.

Nagold, den 28. Dez 1915.

Amtmann Mayer.

Manl- «nd Klauenseuche in Oberschwandorf.

Die Maul- u. Klauenseuche in Oberschwandorf ist er­loschen.

Dir mit Erlaß vom 23. OKI. 1915, Gesellschafter Nr. 250, aetroffenen Maßregeln «erden ausgehsben.

Mit Rücksicht auf die in Haiterbach noch herrschende Maul- und Klauenseuche wird aber angeordnet, daß die Gemeinde Oberschwandorf in das Beobachlungsgebiet von Haiterbach einbezogrn wird mit der Wir­kung, daß die Ausfuhr von Wiederkäuern und Schweinen nur mit oberamilicher Erlaubnis gestaltet und

das Durchtreibrn und Durchfahren mit solchen verboten ist. Außerdem gelten die jtir den 15 Klm.-Umkreis ungeord­neten Schutzmatzregrln.

Nagold, den 27. Dez. 1915. Amtmann Mayer.

Maul- «nd Klauenseuche.

Die Oberamtsdezirke Freudenstadt und Herrenberg sind wieder frei von Maul» und Klauenseuche.

Nagold, den 28. Dez. 1915. Amtmann Mayer.

Der amtliche Tagesbericht.

WTB. Großes Hauptquartier, 28. Dez. Amtlich. (Tel.)

Westlicher Kriegsschauplatz:

Durch das Feuer eines feindliche« Monitors wurden in Westende-Bad drei Einwohner, darunter zwei Frauen getötet.

An der Front entwickelten sich zeitweise lebhafte Artillerie-, Handgranaten- und Miuenkämpfe. Am Hirzstei» erfolgte heute früh ein franzöfischer Vorstoß. Nähere Meldungen liegen noch nicht vor.

RegerIugsverkLhr auf dem Bahnhof von Soiffons wird von unserer Artillerie beschossen. Die Franzosen haben seit kurzem das in unmittelbarer Nähe des Bahn­hofs liegende Hospital anscheinend zum Schutze des Bahn­hofs mit Rote Kreuz-Flaggen versehen. Zufallstreffer in das Hospital sind bei der Nähe dieses zum Bahnhof nicht ausgeschlossen.

Oestlicher Kriegsschauplatz:

An der Beresina, sowie nordwestlich von Czarto- rysk und bei Berestiauy wurden russische Erkun- dnngsabteilungen abgewiefe«.

Balkankriegsschauplatz.

Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

I« deM-östemWsche WirtschistrMlmir.

Oesterreich ist der einzige der kriegführenden Staaten, in dem das Parlament seit Kriegedeginn nicht einbe-

Joseph im Schnee.

Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte von

Berthold Auerbach.

(Fortschang)

Der gute Häspele sprang behend in das Dorf hinab zu einem Strumpfwirker, der in seiner Stube saß und sich neue schöne Weisen ciuf dem Waldhorn einüble. Es klang schön durch die stille Nacht, wo man im Schnee seinen eigenen Tritt nicht hört; der Joseph hat recht, daß er lieber beim Waldhörnle sitzt als daheim, aber er war auch nicht dort, und unterwegs verkündigte Häspele, daß man den Joseph suche, niemand hatte ihn gesehen, und er war nir­gends zu finden. Häspele kam mit der traurigen Botschaft zu David, und dieser sagte: .Sei nur ruhig, sage nichts vor den Weibern, sonst geht gleich das Heulen an. Bleib ein bißchen da. er hat sich wohl versteckt, vielleicht kommt er gar mit den heiligen drei Königen, die jetzt herumgehen, und bildet sich noch was darauf ein; aber ich roll ihm schon was einbilden."

Mit scheinbarer Ruhe setzte sich der David nieder, pfiff vor sich hin und fuchtelte mit der Hand in der Luft, in Gedanken an die zukünftigen Schläge.

»Ich warte ruhig." sagte er. wie sich selbst zuredend, stopfte sich seine Pfeife und rauchte dabet, und führte dabei immer aus, was sür ein durchtriebener Schelm der Joseph

sei; man dürfe es ihn aber nicht merken lassen, und daß er einem solche Angst mache, dafür müsse er büßen. David nahm die Bibel und las da weiter, wo er gestern abend oorgelesen halte, es war di« Stelle, 2. Buch Samuel Kap. 12, wo König David um das kranke Kind trauert.

Das gab dem Lesenden keine Ruhe, er stand wieder auf, ging aus und ein, hinaushorchend. Es läutete mit allen Glocken das Fest ein. Jetzt wird er kommen. Es kam niemand. Nun war an Verhehlen nicht mehr zu den­ken. Der David ging recht« ab. Häspele links ab von Hau« zu Haus. Nirgends eine Spur von Joseph. Nie­mand hatte ihn gesehen. Sie trafen beide wieder am Hause zusammen. Die heiligen drei Könige hielten den Umzug, Joseph war nicht dabri. Jetzt war's nicht mehr zu verbergen.

»Martina, unser Joseph ist verschwunden," sagte der Großvater, und Martina tat einen entsetzlichen Iammerschrei und ries: .Darum also hat er mich heute nacht dreimal geweckt und gefragt: Mutter, ist noch nicht Tag? Joseph! Iasephi Joseph! Wo bist du?" schrie sie durchs ganze Haus, den Berg hinauf, durchs ganze Bors, in die Gärten hinein, in die Felder hinaus.

.O, wenn er verloren ist, dann sterbe ich. ich höre das Jahr nicht mehr ausläuten im Dorf, und der Baum, den ich zu Schildern gekauft habe, den laßt zu Brettern versägen, und legt mich drein." so klagte der Schilder- David zu Martina. Sie hörte ihn aber nicht mehr, denn sie war schon längst forigerannt. Die Halsbinde wurde David zu eng. er riß sie ab. sein ganzes Gesicht verzog sich schmerzhaft, er wollte das Weinen unterdrücken und konnte

Memesen.

rufen worden ist. Durch dieses in seinen letzten Gründen ungeklärte Verhalten des österr. Ministerpräsidenten Graf Stürgkh wird ein nie wiederkrhrender Augenblick sür die Anbahnung einer gesunden österr. Nationalitätenpolitik ver­paßt. Das aber ist, wie Hermann Kienzl im ersten Januar­heft des o. Frhrn. v. Grotthuß herausgegebenen.Türmers" (Stuttg. Grein, u. Pseiff.) auesührt, ganzgewiß nicht bloß österreichische Sorge! Sie bedrückt auch die reichs- deulschen Politiker, die es sür pflichtgemäß dringend erachten, die Lösung eines der wichtigsten Zukunfik Probleme, als welches die wirtschasts- und zollpoltttsche Einheit des Deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns anzusehen ist, rechtzeitig oorzubereiten. Der Zollunion stehe» manche ernste Schwierig­keiten im Wege. Um sie unter Schonung berücksichtigen,?- werter Interessen möglichst au« dem Wege zu räumen, find reichsdeutsche, österreichische und ungarische Abgeordnete und Vertreter großer Handels- und Industriegruppen schon vor Jahr und Tag miteinander in Fühlung getreten. Sie gingen von zweierlei Gesichtspunkten aus; von der Ueberzeugung, daß dir unvermittelte Einführung einer vollkommenen deutsch­österreichischen Zollunion manche große, in jahrhundertelanger Arbeit emporgebrachie Betriebe und Erwerbszweige vernichten würde. Also müsse der Weg zum Ziele durch Zwischen- zöll« und Uebergongastadien gehen. Daneben aber stand die Ueberzeugung. daß nur dann, wenn die Zentralmüchte in Hinkunst auch als wirtschaftspolitische Einheit der« feind­lichen Völkern und Staaten gegenüberstehen, oerderbllche Folgen des Krieges hintangehaitrn werden können. Denn kein noch so günstiger Friedensoertrag wird Deutschland, Oesterreich Ungarn, die Türkei und Bulgarien gegen die dauernde wirtschaftrpolitische Feindseligkeit der Emente schützen. Die einzige Möglichkeit, einer solchen Derschwö- '

rung wirksam zu begegnen, ja. Ihr allen bösen Einfluß zu ^

rauben, besieht in der machtvollen Organisation unseres eigenen großen Wirtschaftsgebietes. Das hierbei Zeit nicht zu verlieren ist, darüber belehrte des englischen Ministers - Inlerpellationsbeantwortung im Londoner Unterhaus. Man möge den Regierungen des Bieroerbands, sagte Lord Aeq ich, ruhig vertrauen: sie hätten bereits olle nötige Vorsorge getroffen, ihrer Wirtschaftspolitik nach dem Kriege die erwünschten Wege zu sichern ... j

Trotz anfängl cher Hemmungen und den Quertreibereien sehr egoistischer Grüppkinsührer mochte die deutsch.österrei­chische wirtschaftrpolitische Verständigung in der letzten Zeit ! hoffnungsvolle Fortschritte. Er kam zur Gründung eines .Deutsch-österreichisch-ungarischen Wirtschaslsverbandes', der. vornehmlich cus hervorragenden Mitgliedern der drei Par­lamente bestehend, zurrst in Salzburg, dann in Dresden fruchtbar tagte. Nun aber ist gewiß die Frage berechtigt: Welches Gewicht ist den Worten und Entschlüssen vsn Bolksvertrelern beizumessen, die, wie die österreichischen,

doch nicht. .Der Joseph ist gewiß in der Kirche." besann sich der Schilder-Savid plötzlich. Er eilte nach der Kirche, die offen stand und wo man eben die Vorbereitungen zum Gvttesdtrnst um Mitternacht machte. Der Schulmeister ging mit einer einzigen Kerze darin umher und steckte viele Lich­ter auf den Altar.

.Joseph! Joseph! Bist du da?" schrie David in die Kirche hinein. Es tönte mächtig. Dem Schulmeister fiel das Licht aus der Hand, und er antwortete zitternd: .E« ist niemand da als ich. Was gibt'« denn?"'

.Ihr habt's zugegeben, daß ihn die Kinder in der Schule Füllen heißen, Ihr seid auch mit schuld, daß er davon und verloren ist," schrie David und eilte weg. Der Schulmeister fand sich mit diesem Vorwurf ebenso im Dunk­len wie in der Kirche, wo er nach vielem Stolpern endlich die Wachskerze wiederfand.

Da» ganze Dorf lief zusammen, und selbst der Wald­hörnle kam mit seinem Waldhorn aus die Straße, hielt aber das Waldhorn schnell unter seinen alten Soldatenman- tel, damit es nicht naß werde. .Ich will durch das ganze Dorf blasen," sagte er, .dann kommt er."

.Nein," hieß es. »die alte Röttmännin Hai ihn stehlen lasten, sie will dich zwingen, Martina, daß du den Adam freigibst, heute am Nachmittag ist er Bräutigam geworden mit des Heidenmüllers Tont; es ist ein Knecht von der Mühle hier gewesen, und hat alles erzählt."

.Ich lasse mich nicht närrisch machen," schrie Martina. .Joseph! Joseph! Komm, deine Mutter ruft!"