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M 84.

Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw.

65. Jahrgang.

Erscheint Dienstag, DonnerStaa und Samstag. Die EinrücklingSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Psg.

Dienstag, den 22. Zuli 1890.

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt ro Pfg. und 20 Pfg. Trägerlohn, durch d'e Post bezogen Mk. 1. 15, sonst in ganz Württemberg Mk. I. 35.

Amtliche Bekanntmachungen.

Amtliche Bekanntmachung^

betreffend Aufhebung einer ZSegsperre.

Die Teinacher Staige auf Markung Sommen- Hardt ist für den Verkehr wieder geöffnet.

Calw, den 19. Juli 1890.

K. Oberami.

Supper.

Die Ortsrrorsteher

werden auf den Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 19. Juni d. I., betreffend die Unfall­versicherung der Fuhrwerksbetriebe (Minist.-Amtsbl. S. 179) hiemit besonders hingewiesen und erhalten den Auftrag, zu erheben, ob nicht innerhalb des Ge­meindebezirks Betriebe vorhanden sind, deren Anmeld­ung noch nicht erfolgt ist. Binnen 10 Tagen ist zu berichten, daß die Beteiligten zur vorschriftsmäßigen Anmeldung ihrer Betriebe angehalten sind.

Calw, den 19. Juli 1890.

K. Oberamt.

Amtmann Bert sch.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für -je Landwirtschaft, betr. die Abhaltung von Dnterrichtskursen im Hufbeschlay.

Um Schmieden die Vorbereitung zu der durch das Gesetz vom 28. April 1885, betreffend das Huf­beschlaggewerbe, vorgeschriebenen Prüfung behufs des Nachweises ihrer Befähigung zum Betrieb dieses Ge­werbes zu ermöglichen, finden an den Lehrwerkstätten für Hufschmiede in a. Heilbronn, b. Reutlingen, «. Hall, ä. Ulm und e. Ravensburg drei­monatliche Unterrichtskurie im Hufbeschlag statt, welche am Donnerstag, den 11. September 1890 ihren Anfang nehmen.

Die Anmeldungen zur Aufnahme in einen die­ser Kurse sind bis 14. August d. I. bei dem

Oberamt, in dessen Bezirk sich die be­treffende Lehrwerkstätte befindet, vorschrift­mäßig einzureichen.

Dem Zulassungsgesuch sind in Form urkund­licher Belege anzuschließen:

1) ein Geburtszeugnis;

2) der Nachweis der mit Erfolg bestandenen Lehrzeit im Schmiedhandwerk und einer zweijähr­igen Thätigkeit als Schmiedgeselle, wobei der Bewerber schon im Hufbeschlag beschäftigt gewesen sein m u ßdie Zeugnisse hierüber müssen von den betreffenden Meistern selbst ausgestellt und von der Ortsbehörde beglaubigt sein;

3) wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Einwilligungserklärung des Vaters oder Vormunds;

4) ein von der Gemeindebehörde des Wohn­sitzes des Bewerbers ausgestelltes Prädikatszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß dem Bewerber die erforderlichen Geldmittel zur Bestreitung seines Unterhalts während des Unterrichtskurses zu Gebot stehen werden;

5) eine von dem Bewerber, und wenn derselbe minderjährig ist, auch vom Vater oder Vormund Unter­zeichnete Erklärung, durch welche die Verbindlichkeit übernommen wird, die der Staatskasse erwachsenen Kosten zu ersetzen, wenn von dem Schüler der Unter­richtskurs vor seiner Beendigung ohne Genehmigung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft verlassen oder durch eigenes Verschulden die Entfernung aus demselben veranlaßt oder die Prüfung binnen einer gesetzten Frist nicht erstanden wird (Z 4 Abs. 2 der Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 11. Juni 1885).

Stuttgart, den 15. Juli 1890.

v. Ow.

Deutsches Reich.

Dresden, 19. Juli. Ein Vertreter der Dresdener Nachrichten", Dr. Erwin Reichardt,

welcher mit dem Fürsten Bismarck eine mehrstündige Unterredung hatte, berichtet über dieselbe:

Das Gespräch begann mit den früher gethanen Aeußerungen des Fürsten über die Presse, nach oem Bericht des Herrn Rittershaus. Der Fürst erwiderte, daß ihn Herr Rittershaus in seiner Aeußerung mißverstanden habe. Um den Ausdruck Feigheit" wie er ihn gebraucht, richtig aufzufassen, müsse man die Genesis desselben kennen, wie sie im vorangegangenen Gespräch gelegen habe. Er habe den Ausdruck ohne Bitterkeit gebraucht. Er habe sich über das Gebühren der ihm früher nahe gestandenen Presse, wie dieKölnische Zeitung" und diePost", namentlich aber über dieNorddeutsche All­emeine Zeitung", welche früher von ihm ast allein erhalten worden sei, ausgespro­chen. DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" habe Herr Rittershaus weggelassen. Er habe nur den Wunsch, in der Kritik der Nachwelt nicht das Opfer falscher Annahmen zu werden.

Bezüglich des Mutes der sozialdemokratischen Presse äußerte sich der Fürst folgendermaßen: Ob er die Worte so gebraucht habe, wie Herr Ritters­haus berichtet, könne er nicht mit Bestimmtheit zu­geben. Aber die Sozialdemokratie, welche ja noch gar nicht demaskiert sei, erwarte von dem jetzigen Regierungssystem nichts: sie könne also rücksichtslos dreinreden. Die Presse der anderen Parteien habe immer mit gewissen Rücksichten zu rechnen. Es gebe da zu viel Strebertum und persönliche Rücksichtnahmen. Die Presse, die früher seine Ansichten vertreten habe, lasse jetzt die dümmsten Angriffe auf ihn unerwidert, so z. B. in der Morier- und Wohlgemuth-Angelegen- heit.

Die socialistische Gefahr halte er für die größte, die in der Politik überhaupt vorliege; zum Beispiel für viel bedeutsamer als die, welche etwa von Frankreich oder sonst wem zu erwarten sei. Der socialistischen Gefahr zu begegnen, gebe es nur zwei Wege: entweder ihren Forderungen nachgeben oder

Jeuilleton.

Das Totenschiff. ' - " -

Äericht über eine Kreuz- und Querfahrt auf jenemDer fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt aus den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar

von ZS. ßlark Yusselk.

(Fortsetzung.)

Fünfzehntes Kapitel.

Ach besichtigte denKriegenden Holländer".

Kaum war ich aufgewacht, als Prius die Kajütenthüre öffnete und hereinlugte. Als er sah, daß ich bereits munter war, trat er ein und brachte einen metallenen Wasserkrug, eine thönerne Schüssel und ein grobes Handtuch zum Abtrocknen. Er stellte die Schüssel so auf, daß sie nicht Umfallen konnte, da das Schiff sehr heftig rollte, goß Wasser hinein und sagte, im Begriffe, sich mit dem Wasserkruge wieder zu entfernen:

Der Kapitän ist auf dem Hüttendeck.'

Als Ermstdeiung verlangte ich nach meinen Kleidern. Doch er schüttelte sein bärtiges, pergamentfarbiges Antlitz und entgegnete:Sie sind noch reqemveich'. womit er hinausging.

Ich hätte es selbst wissen können, daß sie noch nicht hocken sein konnten, doch prasentirte rch m dem mir geborgten Anzug eine so häßliche, lächerliche Figur, daß ich gern unbeschadet der Nässe meinen eigenen Rock und Hosen zur Verfügung ge- .habt hatte; doch da war nichts zu machen. So erhob ich mich denn, tauchte das

Gesicht in's kalte Wasser und benutzte die Finger als Kamm, was vollständig ge­nügte, da ich mein Haar in Folge seiner Fülle und meiner Abneigung gegen Haar­schleifen gewöhnlich kurz geschoren trug. Den Hut aufsetzend, der glücklicherweise der See entwischt war und den man mir nicht zum Trocknen abgefordert hatte, ver­ließ ich die Kajüte, klomm die durch die Decköffnung führenden Stufen empor und erreichte, was damals das Oberdeck genannt wurde. Doch zum besseren Verständ­nisse ist die Erklärung nötig, daß es, ganz von hinten beginnend, zunächst ein Hütten­deck über dem Halbverdeck gab, welch letzteres seinerseits wieder über das Oberdeck emporragte, und nun, auf diesem entlang wandelnd, gelangte man zum Vorderkastell, das dicht über oder in gleicher Höhe mit dem Bug stand und mit großen, dicken Bollwerken befestigt war, aus deren Portöffnungen Kanonen hervvrschauten.

Für eine beträchtliche Weile blieb ich am Ausstieg stehen und blickte ver­wunden um mich, da mir jetzt der Anblick des Schiffes zum ersten Male bei Tages­licht gewährt wurde: mir gerade gegenüber stieg der Hauptmast empor, ein unge­heuer dicker, aus mehreren Stücken zusammengesetzter Mastbaum, von einer Schwere und Mächtigkeit, wie ihn wohl jetzt nicht einmal ein zweimal größeres Fahrzeug ge­brauchen würde. Sein Top war eine kreisförmige, bis zu halber Mannshöhe um­zäumte Plattform mit Schießschatten für Feldschlangen, Luntschlössern und Aehn- lichem. Unter dem Top hing die große Raa; das Segel war gerefft und die Raa Herabgelaffen und in einem Winkel beigelegt, was mich überzeugte, daß mit diesem Schiff an einer Boleine wenig genug auszurichten war. Die Segeltücher, die sehr stark waren, obgleich kaum eins die Stärke des anderen hatte, reichten seitwärts der Kanäle herab und die Webeleinen waren alle an Ort und Stelle, nur daß auch hier wiederum eine große Verschiedenheit des Formates herrschte. Die Mastbäume um­gaben eiserne Ringe, die alle rostig, angefteffen, ja einige beinahe ganz durchfressen waren. Auf die Umrahmung der Austrittsöffnung blickend, bemerkte ich einen Splitter daran, und als ich ihn mit der Hand berührte, fand ich das Holz so ver-