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Amts-

und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw.

65. Jahrgang.

Erscheint Dienstag, Die Einrückungsgebühr gebung S Pfg. die Zeile, sonst

Donnerstag und Samstag, beträgt im Bezirk und nächster Um- 12 P>g.

Donnerstag, den 17. Zuli 1890.

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt *0 Pfg. und 20 Pfg. Trägerlohn, durch d'e Post bezogen Mk. 1. IS, sonst i»

! ganz Württemberg Mk. 1. SS.

Amtliche Mekannlmachungen.

Die Ortsvorsteher

-werden, in soweit die Termine für die Erledigung der anläßlich der Frühjahrswegvisitation erhobenen Defekte bereits verfallen sind, an alsbaldige Erstattung des einverlangten Berichts erinnert. Wiederholt wird die Anordnung, daß das Visitationsprotokoll selbst erst auf 1. Nov. d. I. vorzulegen ist, und daß der zuvor zu erstattende Bericht die Nummern der einzelnen Defekte, welche auf den ersten Termin zu erledigen waren, beziehungsweise vorschriftsmäßig erledigt worden sind, zu enthalten hat.

Calw, den 14. Juli 1890.

K. Oberamt.

Supper.

Deutsches Reich.

Berlin, 15. Juli. DieNordd. Mg. Ztg." erklärt, die Nieldung verschiedener Blätter, daß der Kaiser seine Nordland reise abgekürzt habe, weil er vom Reichskanzler, unter Hinweis auf politische Vorgänge, um die Rückkehr gebeten worden, sei durch­aus unbegründet. Das Reiseprogramm sei nur ganz unwesentlich geändert worden, uüd zwar wegen des im Anfang der Reise durch das ungünstige Wetter verursachten Zeitverlustes, nicht aus politi­schen Gründen.

Der Rückkehr des Kaisers nach Deutschland wird zum 27. d. M. entgegengesehen.

Nach derElberfclder Zeitung" erklärte Staatssekretär v. Boetticher in Bremen, für die Uebergabe Helgolands sei bis jetzt weder Zeremoniell noch Termin festgesetzt. Der Kaiser werde der Ueber- gabe keinenfalls, Prinz Heinrich nur, wenn ein eng­

lischer Prinz zugegen sei, beiwohnen. Die Details betreffs d?r Uebergabe würden durch Rücksprache des Kaisers mit der Königin von England geregelt.

Die Frage, welche staatsrechtliche Stellungdas neugewonnene Helgoland im Deutschen Reich einzunehmen habe, ist in der Presse meist in dem Sinn besprochen worden, daß es am einfachsten und zweckmäßigsten sei, die Insel an Preußen an­zuschließen und mit der Provinz Schleswig-Holstein zu vereinigen. DasFrkf. Journ." spricht sich hier­über wie "folgt aus: Wir bezweifeln, daß die Lösung den Wünschen der Mehrheit des deutschen Volkes entsprechen würde; in Süddeutschland wenigstens dürfte sie kaum großen Anklang finden, und die Hel­goländer selbst wären gar nicht damit einverstanden. Unsere warme, auf genauere persönliche Bekanntschaft gegründete Sympathie für dieses wackere, echt deutsche Völklein rechtfertigt es vielleicht, wenn wir in dieser Sache das Wort ergreifen.

Helgoland wird nicht einem Einzelstaate, son­dern dem Reich abgetreten als Ersatz für Hoheits­rechte, die dem Reiche zustanden; naturgemäß sollte es deshalb auch ein Besitz des ganzen Reiches werden. Nun sagt man, man könne es nicht zum Reichsland machen, weil auf der kleinen Insel eine eigene Ner- waltungs- und Justizorganisation mit allen Instanzen nicht geschaffen werden könne. Dieser Einwand er­scheint uns etwas komisch. Wer denkt denn im Ernste daran, eine Behördenorganisation mit Amtsgericht, Landgericht und Oberlandesgericht (einOberland" ist ja allerdings auf Helgoland vorhanden), mit Land­ratsamt, Regierung und Oberpräsidium einrichten zu wollen? Es müßten ja dann wohl auch ein Ministe­rium des Innern, ein Justiz- und ein Kultusmini­sterium, oder aber ein Heer von Unterstaatssekretären ihren Einzug auf das Felseneiland mit seinen weni­gen Quadrat-Kilometer halten. Ist denn aber dieser

ganze Apparat notwendig? Dian sehe doch, wie es die Engländer machen, die in derartigen Dingen Be­scheid wissen und weniger büreaukratisch und pedantisch zu Werke gehen als wir Deutsche! Sie haben Hel­goland als eine Kronkolonie behandelt, lassen es durch einen Gouverneur mit einem Sekretär regieren, und die Helgoländer sind damit ganz vollkommen zu­frieden.

Wir glauben, daß man diese Einrichtung wenig­stens vorläufig im wesentlichen beibehalten und nur noch etwas weiter ausbilden könnte. Unsere Reichs­regierung hat ja stets darin Verständnis gezeigt, daß sie die eigenartigen Verhältnisse ver einzelnen Länder thunlichst zu berücksichtigen und zu schonen sich be­strebte. Auf dem kleinen Nordsee-Eilande sind aber die Verhältnisse und Bedürfnisse ganz andere, als in einer preußischen Provinz mit großen Städten; ver- wickeltere Prozesse gibt es dort fast gar nicht, und Verbrechen sind ganz unerhört. Es dürfte hiernach genügen, wenn vom Reiche ein Beamter, der direkt unter dem Reichskanzler stände, mit der Verwaltung der Insel betraut würde, und ein weiterer Beamter, etwa mit einigen bürgerlichen Beisitzern, die Rechts­pflege auszuüben hätte. In unseren überseeischen Schutzgebieten ist als Beschwerde- und Berufungs­gericht das Reichsgericht bestellt, vorbehaltlich ander­weitiger Bestimmung durch kaiserliche Verordnung; eine ähnliche Einrichtung dürfte sich auch für Helgo­land empfehlen.

Helgoland wird ja doch noch für längere Zeit eine Ausnahmestellung im Reiche einnehmen; was kann es also schaden, wenn auch die Verwaltung der Insel von der allgemeinen Schablone abweicht? Die Helgoländer werden gewiß mit der Zeit gute Deutsche werden; einem Einzelstaate aber würden sie sich ungern einfügen und vor allem würden sie einer Verbindung mit Schleswig-Holstein widerstreben, da

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Jeuilleton.

Das Totenschiff.

Bericht über eine Kreuz- und Querfahrt auf jenemDer fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt aus den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar

von W. ßlark Müsse kl.

(Fortsetzung.)

Es war der Papagei, der so sprach," beruhigte mich Kapitän Vanderdecken in etwas freundlicherem Tone, obgleich er nicht lächelte.Er scheint nur diesen einzigen Satz sprechen zu können. Schon als ich ihn kaufte, war dies sein ganzer Wortschatz."

Haben Sie ihn schon lange, Herr ?" frug ich in einem traumähnlichen Zustande.

Ich kaufte ihn in Batavia gerade am vorletzten Tage vor unserer Abreise als ein Geschenk für meine älteste Tochter."

Hier wurde er durch Prius' Eintritt unterbrochen.Die Sachen liegen be­reit, Kapitän!" meldete dieser.

Sogleich führte mich Vanderdecken, nachdem er mir abermals Schweigen an­empfohlen ein Gebühren, das mich nur noch mehr verwirrte in die Kabine, aus der soeben Prius getreten, und indem er die auf dem Bette liegenden Kleidungs­stücke in Augenschein nahm, äußerte er sich:Ja, sie werden einstweilen ausreichen; tragen Sie sie, Mynheer, bis die Ihrigen trocken sind. Schließen Sie die Thür nicht ganz, dann wird Ihnen die Lampe draußen für Ihren Zweck genügend Licht spenden."

Der Anzug bestand aus warmen, gestrickten Strümpfen, altmodischen Hosen und einem langzipfeligen Rock, der mit Metallknöpfen geschmückt war, von denen je­doch mehrere fehlten, während die Aufschläge Ueberbleibsel goldener Treffen zeigten;

dazu kamen rin reir es Leinwandhemd und ein Paar südamerikanische rehfarbige Fell- stiestl. Es war mir beim Anziehen, als wenn ich mich zu einein Kostümball an­kleidete ; trotzdem war ich erfreut und dankbar, aus meinen eigenen, triefend nassen Kleidern herauszukommen, die meine Haut fast zu Eis erstarrt und meine Nerven verhindert hatten, sich wieder zu beruhigen. Ich machte mich flink an's Werk, da ich beobachtete, daß Kapitän Vanderdecken auf mich wartete, und bald war ich voll­ständig umgekleidet; dabei blieb mir noch Zeit, flüchtig die Kabine zu inspizieren, die ich ziemlich geräumig fand. Das Bett war ganz eigener Art, eine sogenannte Bett­stelle, an welcher die obern Enden der Pfosten bis zur Decke reichten, während die untern Beine Delphinform zeigten und wahrscheinlich vor Zeiten einmal vergoldet gewesen waren; dazu gehörten ferner Vorhänge aus verblichener grüner Seide, die wie mir schien, an einzelnen Stellen Riffe zeigten. Weiter gewahrte ich Schubkästen und einen kleinen Tisch, auf dem ein Jakobsstab oder, wie er auch genannt wird, ein Kreuzstab lag, ein kunstloses, altertümliches Instrument, das ehemals vor Ein­führung der Quadranten zum Messen der Sonnenhöhe benutzt wurde und aus einem hölzemen Stab mit daran angemerkter Skala halber und ganzer Grade und Ver­bindungshölzern bestand, welch letztere verschiebbar waren. Dicht dabei stand ein Sandglas zur Zeitmessung. An dem Bretterverschlag, der diesen Raum von dem nächsten kennte, hingen zwei ochsenäugige Spiegel, deren Rahmen Spuren von Ver­goldung erkennen ließen, sowie vier kleinere Gemälde in eichenfarbiger, reichverzierter Einfassung. Ich konnte sehen, daß sie Frauenportraits darstrllten, obgleich die Farben längst verblichen waren. Die Decke der Kajüte zeigte noch Spuren davon, daß sie einst mit sehr schönen Handmalereien geschmückt gewesen.

Unter anderen Dingen fiel mir namentlich auch ein kupfernes Sprachrohr auf, sowie ein altertümliches Perspektivglas, das sehr schwer und aus zwei Röhren ge­bildet war, was man zu Vanderdecken's Zeit wohl ein Sehrohr genannt haben mag. Es stand auf Trägern und darunter hing eine Uhr von der Form und Größe einer Orange. Ja, man mochte Hinschaum, wo man wollte, überall drängte sich in Einem der Gedanke auf, daß die Braave in jener längst vergangenen Zeit, wo sie vom Stapel gelaffen, ein wahrhaft prächtiges und gewaltiges Schiff sein mußte.