Erscheint täglich mi> Ausnahme der Sonn« und Festtage.
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er GeskWiisttt.
Fernsprecher Nr. 29.
88. Jahrgang..
Postscheckkonto Nr. S113 Stuttgart
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Beilagen: Plauderstübchen, Jllustr. Sonntagsblatt und
Schwäb. Landwirt.
Donnerstag, dm 31. Dezember
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riLgsneuiski'.
Nagold.
Unseren verehr!. Abonnenten und Mitarbeitern, sowie allen sonstigen Geschäfts- freunden und Gönnern widmen wir mit der Bitte um ferneres Wohlwollen
herzliche GMMsche
W Jahreswechsel!
Auch allen Ausmarschierten bringen wir unsere herzlichsten Segenswünsche dar. Mögen sie alle bald in die Heimat zurückkehren!
Verlag und Redaktion des Gesellschafters G. W. Iaiser'sche
Buchhandlung und Buchdruckerei.
Die nächste Ausgabe des Blattes erfolgt am Samstag mittag.
K. Hern. Gbevarnt in Schulsachen Wagold.
Betr. Sammlung von Wollreste«.
Die Herren geschäftsfnhrenden Vorsitzende« -er Ortsschnlräte werden unter Bezugnahme auf den tm Gesellschafter Nr. 296 veröffentlichten Ausruf und das Ausschreiben vom 17. Dez. ds. Is. benachrichtigt, daß Kosten für die Sorlierung der Wollreste unter keinen Umständen auf das Rote Kreuz übernommen werden und im Notfall die gesammelten Sioffe unsortiert elngesandt werden können.
Sämtliche in einer Gemeinde oder mehreren Gemeinden zusammen anfallenden Pakete wollen «nmtltel- dar an die Hanptsammelstelle in der Gewerbehalle in Stuttgart abgesandt werden.
Die Adgeber mögen die Sachen gut in Papier eingeschlagen den Schulkindern ausliesern.
Den 29. Dezember 1914.
Schulrat: Schott. Obe amtmann: Kommereil.
Bekanntmachung.
Den Leiter« und Führern der Jugeudwehre«
wird milgeteilt, daß Meldungen zu dem Führerkurs in Münsingen am 4. und 5. Januar 1915, die nach dem 27. Dezember ds. Ir. abgesandt worden sind, nicht mehr berücksichtigt werden können.
Den 29. Dezember 1914.
Oberamlmann: Kommereil.
Die bezirkspolizeiliche Vorschrift über das Befahren der Amtskörperschaftsftraheu mit schwe- re« Fuhrwerken habe ich mit Zustimmung des Beztrks- rats vom 12. ds. Mrs. wieder aufgehoben.
Dies wird hiermit bekannt gegeben. Die Herren Ortsvorsteher wollen dies in der Gemeinde ortsüblich veröffentlichen u. den Fuhrwerksbesttzern im einzelnen eröffnen. Den 30. Dez. 1914. Kommereil.
In der Preußischen Verlustliste Nr. S4 sind enthalten: Gefr. Schüler, «ltensteig, vermißt. Inf.-Reg. 81;
Grsr. d. L. Wilh. Rapp, Böfiugen, 1. oerw., Inf.-Reg. 142. Nagold, den 30. Dez. 1914. K. Oberamt:
Amtmann Mayer.
ir sollen im Krieg ein neue» Jahr anfangen! Das ist das Besondere dieses Jahreswechsels. Seit dem Neujahr 1871 hat das deutsche Bolk Aehnliches nicht erlebt, und auch wenn w r die gegenwärtige Stunde mit jemm Kriegsneujahr vergleichen, müssen wir doch sagen; unser heurige« Neujahr ist ein einzigartiges. Wir wollen mit ganzem Brwußsein über seine Schwelle treten.
Heber jedem Neujshrstaq reifer Menschen steht das ernste Wort geschrieben: ein Neues soll werden! Es soll nicht nur ein weiteres Jahr werden in der Reihe, es soll als ein neues neben die alten treten: es soll durch einen entscheidenden Fortschritt ein Jahr werden, wie noch keins dagewcftn ist.
Was ist das Neue, das wir jetzt erhoffen, vom Iohre des Heils 1915? lieber dem Neujahr 1871 schwebte schon in Hellem Glanz die deu sche Kaiserkrone, und jeder echte Deutsche wußte, was da» siegreiche Herr von den Schlacht- selbem nach Hause bringen mußte. Was ist die große Hoffnung für 1915? Die Antwort aus diese Frage ist nicht so sonnenklar wie vor 43 Jahren. Die Bescheidenen, die Aengstiichen unter uns sagen wohl, in dem sie mehr zurück als vorwärts schauen: wir wollen halten, was wir haben; wir wollen behaupten, was die Bäter erstritten. Die Zuversichtlichen, die mehr an Deutschlands Zukunft als an seine Vergangenheit glauben, sehen eine Krone über Deutschland schweben, deren Strahlenglanz den Schimmer von Versailles vieimal übrrbletet: Deutschland, sogen sie, ist im Begriff, die Königin Europas zu werden: „Zum Weltvolk hindurch!" heißt die Losung für dies neue Jahr, ja für ein neues Wsltenjahr.
Jedenfalls aber stehen wir olle, ob so oder so gestimmt, auf der Wacht und spähen in die Zukunft unseres Volkes
— wie unwichtig ja kleinlich erscheint uns jetzt die Sorge um uns re persönliche eigene Zukunft! — wie wird der Krieg writergehen? Wie wird er enden? Wie wird der Friede aussehen? Wie wird unser Vaterland in Zukunft dastehen unter den Völkern? Bei der Bearlwortung dieser Fragen ist der Phantasie Tür und Tor geöffnet, und wir kommen zu leicht in Zukunftsträume, d'e unfern klaren Blick umschleiern und uns für die Aufgabe des morgigen Tages nicht brauchbar machen.
Um unsere Neujahregedanken fruchtbar zu gestalten, muß noch eines dozukommen: es steht neben der großen Hoffnung die große Sorge. Die große Sorge des Jahres 1915 ist nicht die Frage des Schlachtenglücks
— das ruht in guten Händen bei unserem treuen, tapferen Heer. Die große Sorge, ja ich meine, man muß fast sagen: die große Angst, die über unserem Volke schwebt, ist die: wird das deutsche Bolk in seiner Gesamtheit. wenigstens in seiner entscheidenden MH heit, min- bestens in seinen führenden Persönlichkei en, einer neuen, größeren, reineren Zeit wert sein? Noch schweben wir zwischen Furcht und Hoffnung: aus der einen Seite herzerhebends Anzeichen davon, daß vieles Alte ver- gangen und vergessen ist, eine alle Erwartungen übersteigende Offenbarung der gesunden Kräfte, die das deutsche Volk zur höchsten Ausgabe befähigen. Und doch auf der andern Seite so manche Spur der Sinnesart, die nicht wirklich ernst machen will mit klar erkannter Pflicht; die sich, solang es noch irgend geht, vorbeidrückt an klar erkannter Wahrheit: die nur auf die Stunde lauert, da es möglich sein wird, wieder ins ungern auf Zeit verlassene alte Geleise zurückzulenken.
Wenn das deutsche Volk um den Segen der gewaltigen Opfer di-ses Weltkriegs kommt, wenn einmal die Frucht dem herrlichen Blütrnienz nicht entspricht — was Gott in Gnaden verhüte! — dmm wird es davon kommen, daß wir e» noch immer nicht für nötig Hallen, bedingungslos und vorbehaltlos neu anzufangen. Da» deutsche Bolk kennt seine Kraft, es kennt seine Schwächen und Gefahren; das deutsche Volk hat seine herrliche Zukunft vor sich aufleuchten sehen: das ist da» große Geschenk des Jahre« 1914. Daß es seine Kraft für die Dauer frei macht, daß es die Klippen meide, die es gesehen hat, dar ist die große Aufgabe de» Jahres 1915. Und daß da» deutsche Balk seine Schicksalsstunde versäumen könnte, da« ist die große Sorge de» Neujahrslage» 1915. Laßt uns dafür einstehen bi« zum äußersten, daß unser Anteil an der Gesamtausgabe geleistet werde!
Der amtliche Tagesbericht.
WTB. Großes Hauptquartier, 30. Dez. Amtlich. Vormittags. (Tel.) Westlicher Kriegsschauplatz: Um das Gehöft St. Georges, südöstlich von Nieuport, das wir vor einem überraschenden Angriff räumen mußten, wird noch gekämpft. Sturm und Wolkenbrüche richteten an den beiderseitigen Stellungen in Flandern und in Nordfrankreich Schaden an. Der Tag verlief ans der übrigen Front im allgemeinen ruhig.
Oestlicher Kriegsschauplatz: In Ostpreußen wurde die russische Heereskavallerie auf Pillkallen zurückgedrängt. In Polen, rechts der Weichsel, ist die Lage unverändert. Auf dem westlichen Weichseluser wurde die Offensive östlich des Bzuraabschnittes fortgesetzt. Im übrigen dauern die Kämpfe bei und östlich des Rawkaabschnittes, sowie bei Jnowlodz und südwestlich fort. Nach auswärtigen Meldungen hat es den Anschein, als ob Lowicz und Skjerniewicze nicht in unserem Besitze wären. Die Orte sind seit mehr als 6 Tagen von uns genommen. Skjerniewicze liegt weit hinter unserer Front.
Oberste Heeresleitung.
Wetterte und Weilt.
Beim nächsten Zusammentritt des Reichstags im März dürfte sich dessen Geschästsordnungskommifsion zweifellos mit den Fällen Wetterlö und Weill beschäftigen. Nach der Stimmung, die bei der letzten Tagung in Reichstogskreisen herrschte, darf man annehmen, daß die Kommission dem Reichstag Vorschlägen wird, die beiden Mandate in sinngemäßer Auslegung der Verfassung für erlosch n zu ei klären. Beschließt der Reichstag in diesem Sinne, was wohl als sicher gelten darf, dann haben die beiden Landesverräter aufgehö.'t, über die durch die Be-ftfsung gewährte Immunität zu verfügen und für die st asrechiltche Deifolgung ist freie Bahn.
Was den Abgeordneten für Metz, Dr. Weil!, betrifft, so liegt seine Straftat vollkommen klar. Nach ß 88 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich wird ein Deutscher, welcher während eines gegen das Deu-sche Reich aus- gebrochenen Krieges in der feindlichen Kriegsmacht Dienste nimmt oder die Waffen gegen das Demsche Reich oder dessen Bundesgenoffen trägt, wegen Landesverrat mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher Festungshaft bestraft. Die Festunqrhast kann nur in F-age kommen, wenn die st osbare Handlung nicht aus ehrloser Gesinnung entsprungen ist. Im vorliegenden Fall, wo »in Vertreter des deutschen Volkes in einer feindlichen Armee gegen Deutschland zu Felde zieht, kann selbstverständlich nur von Zuchthaus die Rede sein. Im Emsührungsgesetz des Srrasgc- setzbuches für Elsaß-Lothnngen ist aber im Artikel IV bestimmt. daß für eine Reihe von Verbrechen, zu denen auch der Lan desverrat im § 88 gehört, an Stelle der lebem länglichen Zuchthausstrafe die Todesstrafe tritt, wenn das Verbrechen in einem Teile des Reiches, welcher in Kriegszustand erklärt ist, oder während eines gegen das Reich ausgebrochenen Krieges aus dem Kriegsschauplätze begangen ist. Dar Kriegsgericht, das nach Brseiligung der Eigenschaft des Dr. Weill als Reichstagsabgeoidneler das Strafverfahren in eontumLciLu« durchzusühren hat, dürste mithin wohl auf Todesstrafe erkennen.
Der „Vorwärts" veröffentlicht folgende Erklärung des sozialdemokratischen Parteivorstandes und des Vorstandes der sozialdemokratischen Rrichslogsfrak-ion:
Bon dem Abgeordneten unserer Partei Dr. Georg Weill haben wir seit Schluß der letzten Reichstagssession keine Nachricht erhallen. Auch unsere Nachforschungen bleiben ohne jeden Ersatz. Bestätigen sich die durch die Presse gebrachten Mitteilungen, daß er i r die s aizvstsche Armee eingetreten ist, so Hot er sich durch diese auss schärfste zu verurteilende Handlung selbstverständlich außer-