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wird die Kaiserin und die Prinzen die VillaMartha", das Gefolge die anstoßenden VillenJenny" und Käthe" bewohnen. Für den Fuhrpark ist ein Mar- stall gebaut, der 11 Pferden und 6 Wagen Platz gewährt. Pferde, Wagen und Bagage sind bereits in Saßnitz angelangt. Ganz Rügen schmückt sich zum festlichen Empfange der Kaisern. Die Städte Bergen, Sagard und die Ortschaft Lietzower Fähre prangen im Festschmuck. Crampas hat seine Grenze durch eine Ehrenpforte geschmückt. Saßnitz hat gleich­falls alles aufgeboten, durch Festschmuck die Kaiserin und die kaiserlichen Kinder herzlich zu empfangen. Wie verlautet, hat die Kaiserin ersucht, alle geräusch­vollen Ovationen bei ihrem Empfange zu unterlassen.

Helsingör, 28. Juni. Kaiser Wilhelm ist mit dem deutschen Geschwader heute nachmittag 3'/» Uhr hier eingetroffen und wurde unter Kanonen­salut vom Könige, sowie den Prinzen des Königs­hauses, welche dem Kaiser auf demDanebrog" ent­gegengefahren waren, auf der Landungsbrücke begrüßt. Nach der Vorstellung der höheren Offiziere durch den König fuhren beide Monarchen, denen Prinz Heinrich und der Kronprinz von Dänemark im zweiten Wagen folgten, nach dem Bahnhofe und von da nach Fredens- borg. Die hohen Herrschaften wurden überall enthu­siastisch begrüßt.

Fredensborg, 28. Juni. Der deutsche Kaiser traf heute nachmittag um 5 Uhr hier ein und wurde an der Schloßtreppe von der Königin, der Kronprinzessin, der Prinzessin Waldemar und der Erbprinzessin von Anhalt empfangen. Um 7 Uhr fand Tafel im Schlosse statt. Die Stadt hat Flaggen­schmuck angelegt.

Berlin, 27. Juni. Die Arbeiterschutz- Kommission tritt am Dienstag wieder zusammen und gedenkt noch zwei oder drei Sitzungen abzuhalten, um nach Abschluß der Beratung über die Frauen-, Kinder- und Nachtarbeit sich ebenfalls zu vertagen. In parlamentarischen Kreisen wird angenommen, daß die Kommission bereits ein paar Wochen früher als das Plenum seine Arbeiten wieder aufnimmt.

Berlin, 27. Juni. Das Abkommen mit England wegen der ostafrikanischen Schutz­gebiete ist, wie es heißt, im Laufe des gestrigen Tages definitiv zu Stande gekommen und wird vor­aussichtlich alsbald dem englischen Parlamente zur Genehmigung vorgelegt werden. Die Insel Mafia an der ostafrikanischen Küste soll dem deutschen Schutz­gebiet zugewiesen sein.

Besuch des Kaisers beim Grasen v. Moltke. Wie dieSchlesische Zeitung" aus sicherer Quelle hört, wird der Kaiser während seiner im Herbste bevorstehenden Anwesenheit in Schlesien auch den Generalfeldmarschall Grafen von Moltke auf dessen Gute Creisenau besuchen. Möglicher­weise wird die Kaiserin hierbei ihren Gemahl be­gleiten.

Berlin, 27. Juni. Die gestrige Abend- unterhaltung bei dem Reichskanzler General v. Caprivi vereinigte in dem Palais in der Wilhelms­straße außer zahlreichen Mitgliedern des Bundesrats und den preußischen Ministern Abgeordnete aller Frak­tionen, mit Ausnahme der Sozialdemokraten. Die Tafel war in dem völlig renovierten, prächtig aus­geschmückten Congreßsaal aufgeschlagen. Außer Rot- und Rheinwein wurde Sekt und Spatenbier kredenzt.

Trinksprüche wurden nicht ausgebracht. In zwang­loser Unterhaltung blieben die Gäste bis gegen Mitter­nacht beisammen. Der Reichskanzler hatte für jeden der Erschienenen ein freundliches Wort, besonders lange unterhielt er sich mit dem Abg. Dr. Windt- h o rst. Im Gespräch mit konservativen Abgeordneten berührte General v. Caprivi u. a. das deutsch- englische Abkommen und äußerte, daß gemeinhin den Gebieten am Tana ein zu großes Gewicht bei- aelegt werde, was um so weniger begründet sei, als bereits durch Schiedspruch die Inseln Patta und Manda den Engländern zugesprochen seien. Ohne den Besitz jener Eilande aber sei das übrige abge­tretene Gebiet anerkanntermaßen ohne wesentlichen Wert. Wiederholt wies Herr v. Caprivi auch auf die besondere Wichtigkeit der freundschaftlichen Be­ziehungen zu England hin. Auch seiner Genugthuung über die Annahme der Militärvorlage in zweiter Le­sung gab der Reichskanzler mehrfach Ausdruck.

Bücke bürg, 26. Juni. Die Kaiserin Friedrich traf mit den Prinzessinnen Viktoria und Margarethe heute Nachmittag 5 Uhr hier ein, wurde vom Fürsten, der Fürstin, den Prinzen und den Prin­zessinnen des fürstlichen Hauses und den Spitzen der Behörden am Bahnhofe empfangen und durch die reichgeschmückten Straßen, wo die Bürgerschaft Spalier bildete, zum fürstlichen Schlosse geleitet. Bei der später stattgehabten Tafel brachte der Fürst einen Toast auf das Wohl der Kaiserin aus. Am Abend brachte die Bürgerschaft der Kaiserin einen Fackelzug dar, später wurde ein großes Feuerwerk auf dem Schloßwalle abgebrannt. Prinz Adolf von Schaum­burg-Lippe, der Bräutigam der Prinzessin Viktoria, wird die Kaiserin auf ihrer Reise nach England be­gleiten.

Die Stadt Frankfurt richtete sich heute Samstag zur Abschiedsfeier für Se. Exzellenz Herrn Dr. Miquel. In Betreff des für Montag abend geplanten Lampionzuges zu Ehren des scheidenden Herrn Oberbürgermeisters Dr. Miquel fand heute (Samstag) Mittag unter Vorsitz der Frankfurter Turnerschaft eine Sitzung der beteiligten Kreise (Turner, Sänger, Schützen, Feuerwehr) statt, zu welcher auch die Herren Bürgermeister Heussenstamm, Stadtrat Varrentrapp und Stadtrat Grimm erschienen waren. Nach den getroffenen Vereinbarungen wird die Auf­stellung des Zuges am Bockenheimer Thor nach der Mainzer Landstraße hin um 8 Uhr abends erfolgen und sich von hier aus am Opernhaus vorbei über den Reuterweg, Gärtnerweg nach der Leerbach an der Wohnung des Herrn Oberbürgermeisters vorüber be­wegen. Der Rückmarsch erfolgt nach dem Opernplatz, wo der Zug sich wieder auflöst. Am Zuge selbst kann sich jeder an der Bürgerschaft beteiligen; es werden mehrere Musikkorps vertreten sei. Eme recht große Beteiligung von seiten unserer Bürgerschaft fft wohl zu erwarten, umsomehr, als man für Lam­pions L 25 ^ ain Sammelplatz Sorge tragen wird.

Ein Manifest der Einwohner Hel­golands. Gegenüber der Behauptung verschiedener englischer Blätter, daß die Helgoländer nur ungern deutsch werden, sei die Aufmerksamkeit gelenkt auf ein von den Einwohnern Helgolands ini Januar 1871 erlassenes Manifest in Antwort aus eine Einladung, Lootsen für die französische Flotte auf der Höhe der deutschen Küste zu liefern. Gerichtet an den fran­

zösischen Flottenkommandanten, lautet die Erklärung der Insulaner wie folgt:Wir, die Einwohner von Helgoland, fühlen uns gezwungen. Sie daran zu er­innern, daß wir noch immer deutsches Blut in unfern Adern haben. Deutsch ist unsere Sprache- in der Schule wie in der Kirche, jetzt wie immerdar.. Wir kennen keine andere Sympatien als unsere eigenen deutschen Sympathien. Wir glauben, daß es ziemlich- hoye Zeit ist, Deutschland daran zu erinnern, daß es- hier mimtten des Meeres Deutsche giebt, welche der Befreiung harren."

Ausland.

Stanley empfing am Samstag den Ehren­bürgerbrief der Stadt Manchester und sprach dabei: wieder über das afrikanische Abkommen: Während- seines Zuges durch das Herz Afrikas hätten die Deutschen aus den kleinen Anfängen ihre Macht in Afrika wunderbar entwickelt, sich allmählich über den ganzen Osten des Festlandes ausgebreitet und 600,000 Quatratmeilen verschlungen. Nach England zurück­gekehrt, habe er vernommen, daß diese 600,000 Qua­dratmeilen nur ein kleiner Bruchteil von dem seien, worauf Deutschland sein Augenmerk gerichtet habe. Jetzt aber habe sich alles zum guten gewendet. Der Ausspruch des konservativen Abgeordneten Howard- Vincent, daß Lord Salisbury die schöne Insel Hel­goland gegen einen Wald voller Zwerge abgetreten habe, sei lächerlich. Auf Helgoland solle es ja 8 Kühe und 30 Schafe geben. Die Insel Pcmba mit. ihren 20,000 Acres bebauten Landes sei einem Garten zu vergleichen. Am meisten sei das durch Lord Salys- bury's Diplomatie erreichte Abkommen deshalb zu loben, weil es dem brittischen Unternehmungsgeist in Afrika fast grenzenlose Möglichkeit eröffne. Noch vor kurzem habe die Brittisch-Ostafrikanische Gesell­schaft nur den Besitz von 150,000 Quatratmeilen erstrebt, jetzt habe sie 500,000 Quadratmeilen hinzu­bekommen. Der Besitz sei im Nordosten herrlich be-- grenzt von einem 500 Meilen langen Flusse (Juba> einer natürlichen Grenze gegen den italienischen Ein­fluß. Zöge man die stamme des Sudans, welche jetzt von den Mahdisten von der Teilnahme an der Gesittung ausgeschlossen werden, alle jene Stämme in dem Gebiet zwischen dem Viktoria Nyanca und Abessinien und dem prächtigen Weideland zwischen dem Albert Edward- und Viktoria-See bis zum Ale- xandrischen Nil 1 Grad südlicher Breite in Rechnung, so verdiene Lord Salisbury wohl ein Ehrengeschenk von den Bürgern Manchesters.

Tages Neuigkeiten.

Lauffen a. N., 27. Juni. Gestern vormit­tag zwischen halb 7 und 7 Uhr ereignete sich in einem. Steinbruch des Zementwerks ein beklagenswertes Un­glück. Beim Felsensprengen ging ein Schuß unver­sehens los, wodurch zwei Arbeiter ziemlich stark im Gesicht verbrannt wurden und einem dritten die Hand zerschmettert ward, daß sie abgenommen werden mußte.

Heilbronn, 27. Juni. Heute ist vom Schwurgericht der 19 Jahre alte Bauer Gottfried Sommer von Tiefenbach OA. Maulbronn wegen Mords, begangen an einem 9jährigen Knaben, dem er mit einem Rasiermesser den Kopf glatt abrasiert:

Endlich betrat Mister Hall, völlig angekleidet, das Deck. Ich erwachte aus I meinem Versunkensein, als er sich mir näherte und ausrief:Hatten Sie irgend- ! welchen Argwohn, daß der Kapitän solch eine furchtbare Thal plante?"

Nein, nicht im geringsten!" antwortete ich.

Da möchte man wirklich glauben, daß er nicht ganz Unrecht hatte, als er von dem Mißgeschick sprach, das er von dem Verkehr mit einem Fahrzeug erwartete, welches auf Vmiderdecken gestoßen," sagte er mit einer gewissen Aufgeregtheit in seiner Stimme, die mich erraten ließ, wie sehr der unerwartete Schlag seine Nerven er­schüttert hatte, während seine Augen ruhelos über das Wasser schweiften, was man bei dem schwachen Schein des trüben Mondenlichtes bemerken konnte.Ach was!" fuhr er fort, als wenn er alle auf ihn eindringenden Vorstellungen abschütteln wollte, der Umstand, daß er so abergläubisch war, sollte eigentlich seine That schon genügend erklären. Ich habe oft gedacht, daß er eine Ader besitze, die mit Wahnsinn ge­tränkt sei."

Das.war für mich außer Frage," erwiderte ich.

Das ist eine häßliche Nacht," bemerkte er, wobei es wie ein Zittern durch seinen Körper fuhr;auch deuten alle Anzeichen auf böseS Wetter. Wir werden diese schwache Brise gleich verlieren." ES durchschauerte ihn abermals und er fuhr fort: ^8ei der Majestät Gotte-, solch ein Anblick wie da unten ist dazu angethan. Einem die prachtvollste Sommernacht zur Hölle zu machen! Es ist das Plötzliche, Unerwartete, das unsere Einbildungskraft so auswiegelt! Glauben Sie mir, Fenton, ich würde, so arm ich bin, gern eine Handvoll Guineen für einen sich erhebenden Sturm oder für sonst etwas hingeben, das wenigstens meinen Geist wieder in's Gleichgewicht brächte, denn solch ein grausiges Erlebnis" dabei blickte er über sichkann Einem das Herz in der Brust ersticken."

Derartige Worte aus dem Munde eines so einfachen, prosaischen Mannes ließen mich ermessen, wie tief es sein Innerstes aufgeregt hatte. Ich bat ihn um Erlaubnis, hinabgehen zu dürfen, um ihm rin Glas Rum zu holen.

Nein," sagte er,jetzt nicht. Ich muß erst mit diesen Burschen da sprechen." Mit dieser Aeußerung schritt er ein wenig Vorwärts und rief nach dem Bootsmann. Als dieser Offizier antwortete, fragte er:Sind alle Hände auf Deck?"

Ich glaube, fast alle, Herr," erwiderte der Bootsmann.

Pfeifen Sie Alles herbei!" befahl Mister Hall.

Die klare schrille Bootsmannspfeife gellte laut durch die dunkle Nacht, «in Ton wie geschaffen, uns aus unserer Erstarrung aufzurütteln und zu ermuntern.. Die Matrosen waren im Nu vollzählig versammelt, einige Latemcn wurden herbei- geholt und in ihrem Lichtkreise stellte sich die Mannschaft nahe dem Wachthaus auf.,

Und ein seltsamer Anblick war es! Der Lichtschein reichte nur bis zur Mitte des Schönfahrsegels, das ruhig, von seiner Schwere gehalten, herabhing und dessen so erhellter Teil sich aus der Dunkelheit wie ein goldgelbes Tuch abhob; höher hin­auf verschwand Alles im Schatten, der Mastkorb glich einem Tintentropfen auf dem Antlitz der Finsternis, die Segel, färb- und glanzlos, schienen im Begriff sich auf- lösen und verschwinden zu wollen, die Gesichter der Matrosen waren alle bleich, nur in den Augen flimmerte und funkelte es. Die Schatten der Nacht krochen an unfern Füßen empor und kaum hatte sich der Mond ganz verborgen, so bedeckten sich See und Schiff mit noch dichterer Finsternis.

Mister Hall's Ansprache war kurz. Er berichtete der Versammlung, wie er,, von dem Flintenschuß aufgeweckt, aus seinem Bett gesprungen und, da er Pulver­dampf aus des Kapitäns Kajütenthür strömen sah, in dieselbe eingedrungen sei Hier hätte ihn der Leichnam des Kapitäns und der schreckliche Zustand seines zerschmetter­ten Schädels so mit Entsetzen erfüllt, daß er sich jählings nach oben auf Deck ge­stürzt habe. Daß sich der Master des Schiffes mit eigener Hand erschossen, sei zweifellos. Doch was geschehen, sei geschehen. Das Kommando über das Schiff falle rechtmäßig chm zu, doch nun sei es an ihnen, zu sagen, ob er das Fahrzeug. an seinen Bestimmungsort oder zurück nach der Tafelbay bringen solle, wo ein. neuer Kommandant leicht zu bekommen sei.

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