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A Beilagen:

I» Plauderstübchen,

V* Illustr. Sonntagsblatt und

Schwab. Landwirt.

1914

Der Weltkrieg 1314.

ÄMtliches-

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betr. Verkauf von kriegsnnbranch- daren Militärpferden.

Am Donnerstag, den 8. OKI. d. I., vormittags 10 Uhr, kommen in Cannstatt in der Könrgsdragonerkaserne etwa 20 kriegsundrauchbare Pferde im Wege der Versteigerung zum Verkauf.

Zur Steigerung werden nur solche Personen zugelassen, welche durch eine ortspolizeiliche Bescheinigung Nachweisen, daß sie

u) Landwirtschaft im Haupt- oder Nebenberuf in Würt­temberg betreiben,

b) ein Pferd oder mehrere Pferde bei der Aushebung an die Militärverwaltung abgeben mutzten und

e) Ersatz für entzogene Gespanntere zur Fortführung ihres in Württemberg gelegenen landwirtschaftlichen Betriebs notwendig brauchen.

Der Wert der Tiere wird vorher geschätzt. Unter dem Abschätzungswelt zuzüglich den Unkosten werden die Pferde von der Zentralstelle nicht abgegeben. Der Gesamt- Lbererlös, welcher bei der Versteigerung über den Ab­schätzungswert zuzüglich der Unkosten erzielt wird, wild nach bestimmten Grundsätzen auf dis Steigerungspreise der­jenigen Pferde zurückerstattet, welche über den Abschätzungs- Wert gesteigert worden sind. Die Pferde sind bar zu be­zahlen. Die bei der Versteigerung erworbenen Tiere dürfen mährend der Kriegszeit nur mit Genehmigung der Zentral­stelle weiter verkauft werden. Im Uebertretungsfalle ist eine Vertragsstrafe von 200 zu entrichten.

Stuttgart, den 2. Okt. 1914. Sting.

Agk HSeuarnt McrgokL».

Bekanntmachttug.

Aus die Bekanntmachungen der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel im Gewerbeblait Nr. 40 betreffend:

1. Beratung und Unterstützung von Angehörigen des Baugewerbes während des Kriegs,

2. Fünfmonatlicher Winterkurs süc Bauhandwerker, beginnend am 3. November 1914.

3. Borbereitungskurs für die Aufnahmeprüfung in die 1. Klasse der Baugewerkeschuke, beginnend am 3. Novem­ber 1914,

werden die beteiligten Kreise hierdurch hingewiesen.

Das betreffende Gewerbeblatt kann aus dem Rathaus eingefehen werden.

Den 5. Okt. 1914. Oberamtmann Kommerell.

3m Kampf UM Autiverpe«.

W.T.B. Großes Hauptquartier, 5. Okt. (Amtlich.) Vor Antwerpen sind die Forts Kessel nnd Broechem zum Schweige« gebracht worden. Die Stadt Lierre und ein Eiseubahu- sort an der Bahn Mecheln-Antwerpen wurden ge­nommen.

Auf dem rechten Flügel in Frankreich wird der Kamps erfolgreich fortgesetzt.

In Polen gewannen die gegen die Weichsel vorgehenden deutschen Kräfte Fühlung mit russischen Truppen.

Bor Antwerpen wurden die Forts Kessel und Broechem zum Schweigen gebracht. Die Stadt Lierre und ein Eisen­bahnsort an der Bahnlinie wurden genommen. Das ist also die Arbeit des gestrigen Tages! Bom Demen bis Lierre ist alles in deutschem Besitz, das ist eine Bresche von über 20 Kilometer, nun wurden auch die Forts Kessel und Broechem zum Schweigen gebracht, sodaß sich das ungestörte Arbeitsseld unserer Einichließungstruppen wesent­lich vergrößert hat Es besteht nicht die Absicht, wie wir gestern schon andeutelen, sämiliche Autzenforts zu nehmen. Es genügt, eine große Bresche zu schlagen, die es ge­stattet, auf Amwrrpen selbst oorzugehen. Die inneren Forts, die nun Widerstand zu leisten haben, stam­men größtenteils aus dem Jahre 1869 und sind den furchtbaren Angrtffswaffen unserer Truppen nicht ge­wachsen. Sie werden also nur kurze Zeit nutzlos Wider­stand leisten ünd Antwerpen ist zur Uebergabe genötigt. Die inneren Forts sind von dem äußeren Fortsgürtel durch­schnittlich 1215 Kilometer entfernt, also eine Leichtigkeit für unsere Truppen, die Innenforts zu beschießen. Ein aus Belgien heimgekehrter Norweger berichtet in derAn- nonce Tidende" in Bergen über den Eindruck, den die deutschen 42 Zentimetermörser machen. Cr habe in einer Stadt nahe Antwerpen gewohnt, die von den Deutschen besetzt war. Unter der deutschen Artillerie, die gegen Ant­werpen aufgestellt war, befanden sich mehrere 42 Zenttmeter- mörser. Es war verboten, näher als bis auf 1 Km. Ent­fernung heranzutretkn. Die ganze Stadt bebte, wenn die Mörser ihre mächtigen Geschosse in Abständen von einer halben Stunde abfeuerlen. Es war wie der Ausbruch eines Vulkans.

Fortschritte in Frankreich.

Die Versuche, unsere Armee zu umklammern, sind vollständig ergebnislos gewesen, trotzdem die Aktion in großzügiger, genialer Welse eingelcitet worden war. Dem amtlichen französische« Bericht über den 2. Oktober war zu entnehmen, daß bei Roye starke deutsche Truppenmassen angesamnult sind. Der französische Bericht sprach von einerlebhaften Schlacht" in der Gegend von Roye: das Endergebnis dieser Schlacht, die Niederlage der Franzosen, die nach Süden gedrängt wurden, hütete er sich freilich mitzuteilen. Einem englischen Bericht über die letzte Kampseswoche an der Nordfrvnt war zu entnehmen, daß die französischen Truppen gewaltige Märsche von 40 Klm. täglich unternehmen mußten, um ihren linken Flügel bis an die Westfront heranzuschieben; es darf also damit ge­rechnet werden, daß die französischen Verstärkungen kark üöermüdet ins Gefecht kamen, was den deutschen Trup­pen ihren siegreichen Borstoß über Roye hinaus in südlicher Richtung wesentlich erleichtert hat. Der englische Bericht mußte sogar zugeben, daß ei« deutscher Durchvruchsversuch durch die srauzöstsche Arontfast gekuugen" wäre. Es wird also auch von dieser Seite zugegeben, daß die Deut­sche» mit Erfolg die Offensive ergriffe» -akeu. Nimmt man olle diese Momeme zusammen, so ergibt sich, daß die strategische Lage unseres rechte» Akügeks durchweg als günstig Seurteitt werden darf. Nunmehr wird der Kamps erfolgreich fortgesetzt, d. h. der Eegne- wird immer weiter zurückgedrängt. Dabei ist die Hauptsache, daß wir eine vorzügliche Offensive ergriffen haben. Das Zentrum un­serer Armee steht fest als unbezwingbares Bollwerk, wäh­rend um Birten, Toul und in den Argonnen der Kamps sicherlich nicht ohne Fortschritte fortgesetzt wird.

Zwischen Birten und Toul.

Ueber dm Kampfplatz unserer Truppen und vor allem unserer schweren Artillerie gegen den französischen Festungs­gürtel zwischen Birten und Toul lesen wir in derNeuen Züricher Zeitung": Fährt man von Metz über Conflans nach Frankreich hinein, so erhebt sich vor dem Auge plötz­lich ein Wall von waldbedcckten Hügeln, an dessen Hängen sich breite Weinberge dehnen. In zahlreichen Tälern fließen kleine Gebirgsbäche der Hochebene zu, und an den Tal- ausgängen leuchten die roten Ziegeldächer versteckt liegender Dörfer. Im Süden, gleichsam als Eckpfeiler dieserMaas- Berge", erhebt sich der 1412 Meter hohe Hattor,chLtel, von dem aus dann der Wald von Agremont hinüber in das

Me das 3. Bataillon L.-3.-Reg. 11 s feinen ersten Gefangenen bekam.

GKG. Bon Hauptlehrer R. aus E. der als Dizefeldwebel ins Feld rückte, geht uns folgender Feldpostbrief zu, den wir mit Genehmigung des Stelioertr. Generalkommandos wiedergeben:

Es war am 14. August. Wir lagen in T. und legten die schönen Weinberge um. um Schußfeld zu haben. Dann wurde tüchtig geschanzt. Bor uns ließ sich mächtiger Kanonendonner hören. In M. kam's offenbar zu einem Gefecht. Wer dabei sein könnte. Da kam wir waren eben mit dem Schützengraben fertig der Befehl, sofort nach M. abzurücken. Also doch! Sollte es Einst werden? Da dam frohe Botschaft!Exbazug!" Ah, also fahren. Unsere 12. Komp, kam als erste zum Bahnhof und fuhr zuerst ab. Eine herrliche Gegend war's, durch die wir fuhren. Wir hörten ob dem Sehen die Kanonen nicht. Ich saß mit einem Kameraden auf dem Trittbrett des Wagens. Bon da tauschten wir Grüße mit den Be­wohnern der Dörfer. Ernst und traurig grüßten die Alten, lustig die Jungen. Bald war M. erreicht. Droben aus dm Höhen standen unsere Geschüße und spien Feuer gegen einen mindestens 4 mal so starken Gegner. Da ein Zug nur zwei Komp, befördern kann, mußten wir am Bahnhof warten, bis die andern kamen. Momentan waren die Ge­danken ernst, und wir tauschten unter uns die Adresse der Angehörigen ausfür alle Fälle". Dann waren wir wieder guten Muts und stärkten uns im naheliegenden Wirt­

schaftsgarten ganz gemütlich. Endlich kam der Rest des Bataillons. Der Kommandeur, ein bayrischer Major, be­rief nun alle Führer ins Hotel, zur Erklärung der Situation. Er war ein strammer, tüchtiger Soldat. M. sollte gehalten werden bis zumletzten Mann". Dazu reichten die ihm zur Verfügung gestellten Kräfte nicht aus. Jetzt glaubte er es wagen zu können. Er wies uns an der Hand der Karte nach, welche Stellungen besetzt waren. Als wir vom Hotel kamen, war eben eine Feldküche angefahren. Die Mannschaften wurden abgespeist. Es wurde Abend. Da bekam die 12. Komp, den Befehl, den Bahndamm zu schützen. Ich selbst erhielt den Auftrag, mit 3 Gruppen (24 Mann) eine vorgeschobene Feldwache zur Sicherung einer Brücke mit danebenliegendem Park und Fabrik zu übernehmen. Das war mein Fall! Ich war doch selbst­ständig. Nachdem der Brückenposten ausgestellt war, fuchse ich den Park ab. Wie sah es da aus! Die alten, präch­tigen Tannen waren alle umgelegt, alles unpassierbar. Ich legte daher in die beiden Gebäude je eine der beiden Gruppen. Bon dort aus war die Anmarschstraße des Feindes gut zu übersehen und eot. unter Feuer zu nehmen. Dann ging ich noch meine Posten ab und instruierte sie. Drüber wurde es Nacht. Nun galt cs noch, die Brücke in Berteidigungszrstand zu setzen. Wir stellten einen Wagen über dtn Weg, schichteten drunter und drüber eiwas Holz auf: Jetzt kommt nur. Die Gewehre waren dereit- oelegt, und jeder meiner Leute lag dabei, 2 standen Wacht. Kaum 20 Meter vor uns begann der Wald, da hieß es scharf aufpassen. Die Glocke vom Turm schlug. Es war halb 11 Uhr. Da hörten wir Hundegebell, und sofort war

alles in Bereitschaft. Horch Tritte. Rich ig, da schiebt einer um die Ecke, direkt aus uns zu. Ader wer? Ich hatte die Funktion des Postens übernommen, und als die Gestalt auf zirka 20 Meter da war, tönte mein Halt! scharf in die stille Nacht. Und wiederum: Holt! Da steht er. Wer da? Keine Antwort. Statt dessen schiebt der Kerl wieder los. Halt! Schon sind von der Mann- schast zwei Schüsse raus. Nach dem ersten Schuß höre ich eine Stimme, verstehe aber noch so was wie: n'vst-ev pas? Nach dem zweiten Schutz legt sich der Kopf des Mannes auf die Brust, und die Gestalt sinkt zu Boden. Den hätten wir! Jetzt die andern. Aber nichts rührt sich mehr. Die ganze Nacht liegen wir in gespanntester Ermattung noch auf dem bloßen Boden (geschwitzt hat keiner!). Aber nichts mehr kommt. Der Kerl da vorn liegt mir wohl. Wenn's nur kein Zivilist ist! Gegen 5 Uhr wird's etwas licht, wir kamen also aus die Beschau Zwei Mann gehen mit. Ah, ein Franzose! Die Freude! Und der Kerl lebt! Da sieht er meinen Revolver, und nun geht'« an: Ob paräoo, pa-äon, prisonvier, ässsrtsur, und in Todes­angst sucht er Verständnis bei mir. Sobald er französische Laute hört, wird e: munter, zumal der Revolver nicht mehr aus ihn gerichtet ist. Er steht aus meinen Befehl auf, ist nicht einmal verwundet. Wenigstens ist d'e Nässe rings um ihn kein Blut!! So lag der Kerl die ganze Nacht! Ein Alpenjäger vom 30. Reg. wars. Er war aus Patrouille, gibt sich aber als Deserteur aus. Und wie ich nach dem Grund des Dcsertierens frage, sagt der Held: 3s n'uims pus Is ksu ü Stolz brachten wir ihn der Kompanie.