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^ S14

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Fernsprecher Nr. 29.

88. Jahrgang.

Postscheckkonto Nr. 5113 Stuttgart

Beilagen: Plauderstübchen,

» Illustr. Sonntagsblatt und

Echwäb. Landwirt.

Samstag, dm 13. Septemöer

1914

p Weltkrieg 1314.

UMjches.

K. Hbevarnt Wcrgotd.

Bett. Landsturmmusterung.

Bezugnehmend auf die Bekanntmachung vom 9. d. M. (Ges. Nr. 212) wird noch darauf aufmerksam gemacht, daß die von der K. Generaldirektion der Staatseisenbahnen und der Posten und Teiepraphen sür unabkömmlich erklärten Beamten und Unterbeamten von der Gestellung im Musts- rrmastermin befreit find, ihre Unabkömmlichkeitsbeschelnigung jedoch sofort einzureichen haben.

Den 11. Sept. 1914. Kommerell.

An die Herren Ortsvorsteher.

Die Herren Ortsvorsteher derjenigen Gemeinden, die am Montag, den 14. d. M. sowohl an der Landsturm- Musterung als an der Pferde- und Wagenanshebnng beteiligt find, werdcn veranlaßt, für letztere einen Stellver­treter milzubringen, (o. Ges. Nr. 212 und 213.)

Den 11. Sept. 1914. Kommerell.

Ein russisches Armeekorps zurüikgeschlagen.

Berlin, 12. Sept. (W.T.B.) Das zwei- undzwanzigfte russische Armeekorps (Finn­land) versuchte über Lyck in den Kampf in Ost­preußen einzugreifen, wurde aber bei Lyck zu- rückgeschlagen»

Einen schweren Stand hat Generaloberst von H!nden- burg in Ostpreußen. Bei dem Kampfe, in welchem er die Russen gegen den Niemensluß drängte, versuchte- das finnländische Armeekorps der Russen gegen Lyck vorzu­dringen, um unseren tapferen Truppen in die Flanke zu fallen. Es wurde zurllckgeschlagen. Diesem neuen großen Siege in Ostpreußen ist eine große Tragweite beizumessen, da er die vollständige Verdrängung der Russen ausO st preußen bedeutet. DerLok.-Anz." schreibt: Dafür dankt nicht nur die schwergeprüfte Provinz, ganz Deutschland dankt dem genialen Heerführer.

Was unsere Soldaten schreiben.

Ein ergreifendes Zeugnis von dem starken und tüchtigen Geist, der unsere Truppen im Felde beherrscht, bietet mancher der Briefe, die aus der Feuerlinte nach Hause kommen.

Mit den nachfolgenden Zeilen teilt ein junger Ein­jähriger den Tod seines Zwilltngsbruders mit. Beide waren durchs ganze Erdenieben hindurch äußerlich und innerlich aufs Engste verbunden; sie hatten dieselbe Er­ziehung und Bildnngsiaufbahn; studierten miteinander Theologie, machten dieses Frühjahr ihre Dienstprüfung, traten als Einjährige in dasselbe Regiment und dieselbe Kompanie, in der sie dann in den Krieg zogen, ohne ihre in der Ferne wohnende Eltern noch einmal gesehen zu haben. Auch im Krieg waren sie stets beieinander, abge­sehen vom letzten Kampftag, der sie dann sür immer auf dieser Erde trennen sollte. So schmerzlich und erschütternd die Todesnachricht auch sür die Eltern sein mußte, so tröst­lich und erhebend ist für sie der Brief, der ein so schönes Zeugnis sür den siegeshaften Glauben beider Brüder und den heldenhaften Mut des Ueberlebenden ist. Er lautet:

S.. den 25. VIII. 14.

Lieber P.I

Weil Du sehr wahrscheinlich in S. sein wirst, möchte ich Dir für alle die l. Verwandten mitieilen, was ich zu schreiben habe. Das ist etwas sehr Trauriges. Wir hatten gestern ein sehr schweres Gefecht. 3m Nebel wurden wir von den Franzosen bei St. B. angegriffen und kamen in ziemliche Verwirrung. Ich war während

Der Kampf mit Russen.

Wien, 10. Sept. (W.T.B. Nicht amtlich.) Pol­nische Blätter schildern die außerordentlichen Schwierigkeiten des Vormarsches der österreichischen Truppen in Russisch Polen infolge der großen Geländeschwierigkeiien, die na­mentlich das Vorgehen der Artillerie außerordentlich erschwert. Jedes Geschütz müßte, statt mit 4, mit 10 Pferden bespannt werden. Dabei müßten Bretter unter die Räder gelegt werden, um das Versinken der Geschütze zu verhindern. Die russische Infanterie schießt hinter starken, längst vorbe­reiteten, durch Lehm- und Strohblenderl geschützten Deckun­gen, die nur durch Artilleriefeuer zerstört werden können. Die als Landsturm einberusenen Bauern haben im Rücken der Russen derartige Schanzgräben zu bauen, sodaß die zurückgesandten Feinde fortgesetzt Deckungen finden. Hinter denselben schießen die Russen, solange sie selbst geschützt sind. Nach Eingreifen der Artillerie oder bei Sturman­griffen verlassen die Raffen häufig die Deckungen, werfen die Gewehre weg und erflehen Pardon, woraus es sich zeigt, daß ihre Munition meistens vollständig verschossen ist.

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- Zeichnet die Kriegsanleihen! -

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Vor der Entscheidung.

ImBerliner Tageblatt" schreibt Major Moraht zu der neuen Siegesmeldung aus dem Westen:Daß wir mit unseren sieben Armeen des westlichen Kriegsschauplatzes vor einer Entscheidungsschlacht stehen, wird überall in Deutschland empfunden. Das Ausland überschwemmt uns mit schauerlichen Kriegsnachrichten. Deshalb ist es doppelt erfreulich, daß mitten im Kampf vor Paris dis Hauptquartier sich Zeit nahm, uns gestern ein flüchtiges Bild der Lage zu senden."

Mit klopfendem Herzen", so schreibt dieKreuzztg.", harren wir näherer Nachrichten. Wir wissen nur, daß unsere vorgestohenen Heeresteile, die die Marne überschritten haben, nicht nur mit einem übermächtigen, sondern auch mit einem von dem Mut der Verzweiflung erfüllten Feind zu Kämpfen hatten, und daß die große Entscheidung, die bereits wahrscheinlich in vollem Umfange entbrannt ist, sich ebenfalls gegen einen Feind richtet, der mit seiner letzten Kraft um seine Existenz ringt. Im Westen hat, wie wir weiter erfahren, der Kronprinz neue Erfolge zu verzeichnen.

des ganzen Tag« von K. getrennt und erst am Abend bekam ich Nachricht über ihn. Gesehen habe ich ihn nicht mehr. Er ist tot. Ein Schuß in den Hinterkops hat ihm einen raschen, schönen Tod gebracht. Er hatte sich mit vielen anderen an die Mauer eines Hauses ge­legt, um sich vor dem unerträglichen Kugelregen einiger­maßen zu schützen. Er blieb nach dem Schuß ruhig liegen, als ob nichts geschehen wäre. Ich hoffe, daß er sofort tot war.

Und jetzt geht'« weiter, nach Frankreich hinein, ohne K., ober mit Gott. In seiner Hand ruhen wir alle und dürfen ihm danken für seinen Frieden in diesem grausigsten Krieg.

Bitte, denkt an mich. Ich bin jetzt Gefechisordonnanz geworden beim ersten Zug unserer Kompanie. Das Aemtlein bringt viel Verantwortung und Gefahr mit sich. Wir wollen beherzigen, was K. vor 5 Tagen im heftigen Granatenfeuer zu mir gesagt hat und Phil. 4, 6 steht:Sorget nicht, sondern in allen Dingen lasset eure Bitten im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden." Bitte, teile diese Nachricht allen Ver­wandten mit . . .

Herzlichen Gruß

Dein einsamer Bruder 8.

Mit Gott für König und Vaterland.

Stuttgart, 10. Sept. Die Vereidigung der in voriger Woche zur Fahne eingerückten Ersatzreservisten fand dieser Tage für die Evangelischen in der Garnisons-, für die Katholiken in der Eberhards Kirche in Stuttgart statt. Die Nichtrvürt-

Das Bedeutsame an der Meldung der Fortschritte seiner Armee lieg! darin, daß Verdun von der letzten Verbindung mit den französischen Heeren adgeschnitten ist."

Die 4L Zentimeter-Mörser.

Ueber die gewaltigen deutschen Belagerungsgeschütze darf ein Mitarbeiter derMünch. N. Nachr." jetzt ewiges berichten.

Daß diese Riesen eine lichte Weite von 42 em an den Röhren haben, fügt schon ihr Name. Die Rohre selbst sind sehr lang. Die Geschosse sind gewiß mannshoch. Eines wiegt viele Zentner. Die Sprengladung allein geht in die Zentner. Eingepflanzt wurden die zwei in Deutsch-Avricourt Verwendeten, sobald unsere Truppen den Krieg endgültig in Feindesland geworfen hatten. Nicht weit vom Bahn­hof begannen sie ihr schreckliches Duett, mit dem sie das mächtigste der französischen Sperrsorts, Manonviller, nieder- riugen sollten und niedergerungen haben. Notabene in in einer Entfernung, von ein paar deutschen Meilen! Die sie bedienen, sehen also ihr Ziel nicht. Berge liegen da­zwischen. Aber was man nicht sieht, kann man berechnen. Da sind genaue Karten da. Aber nicht auf sie allein ver­läßt inan sich auch ein Fesselballon steigt an ihrer Flanke in die Höhe. Die darin sind, sehen die Wirkung drüben. Und dann dauert es gar nicht lange, bis die Treffer Haarschars sitzen. Alls zehn Minuten folgten bei einem Geschütze die Schüsse, und als die beiden nach kurzer Zeit zusammen in Wirksamkeit traten, alle fünf Minuten. Die in der Nähe waren, hatten vom Klange allein das Gefühl, als würden sie umgeworfen. Anderthalb Tage bauerte das Eisenlied, und !m ganzen wurden 120 Schüsse abgegeben. Dann schwiegen die Kolosse. Denn Manonviller war genommen. Merkwürdig war die Rich­tung dieser Rohre anzuschauen. Fast senkrecht. Es sah aus, als schössen sie gerade in den Himmel. An die 20 Sekunden lang war das Pfeifen der adgeschossenen Ladung hörbar, deren höchste Flugbahn, wenn die Geschütze am Fuße des Montblanc ausgestellt würden, bcquem über den höchsten Berg Europas reichen würde.

Die österreichischen 30,5 Mörser.

Die zuerst bei der Belagerung von Nomur mit so großem Nutzen verwendete österreichische Waffe, Kaliber 30,5, wurde erst kürzlich in den schweren Belagerungspark einge­stellt, war also gerade zu gutem Dienst bereit. Die Skoda- werke haben in ihrer neuesten Konstruktion ein Meisterwerk geliefert, da diese Mörser durch Verlegung zum Automobil-

temberger wurden im Hose der großen Infanterie-Kaserne auf den Degen mreidtgt. Wegen dcr Masse mußte die Vereidigung in drei Abteilungen stattfinden. Links und rechts vom Altar der Garnisonskirche war je eine Fahne mit dem Fahnenträger und je einem Offizier ausgestellt. Zum Beginn der Feier wurde von dcr Knabenkapelle Ritter dasNiederländische Dankgebel" geblasen; währenddessen betrat der Garnisons Prediger, Herr Feldprobst Blum, die Kanzel. Nachdem der erste Bers vonEin feste Burg ist unser Gott" verklungen war, sprach er in kernigen Worten über die Bibelstelle:Siche ich bin mit Dir und wo Du hingehst will ich mitzehen" und über den Fahneneid. Er führte in seiner Rede als packendes Beispiel an, daß auch sein Sohn gefallen sei und bei ihm Beileidskundgebungen mit dem Inhalt eingelaufen seien, daß sein Sohn mit seinem Leben das seiner Kameraden gedeckt habe. Wie mag dieser Mann in seinem Herzen bewegt gewesen sein.

Nach der Predigt wurde von einem Leutnant die Eides­formel oorgelesen, die von sämllichen Ersatz-Reservisten unter Hinzufügung ihres Namens nachgesprochen wurde.

Nach dem Gebet drs Geistlichen wurde der zweite Bers von obigem Lied gesungen und zum Schluß von der Kapelle Ritter ein Bers von dem Lied:So nimm denn meine Hände" geblasen.

Eine überaus feierliche Handlung in dir sei ernsten Jett hat ihren Abschluß gefunden und nicht nur die Wangen der anwesenden Frauen, sondern auch viele Eoidatenwangen waren bei dieser ergreifenden Handlung feucht geworden, in der ein Baier mit trauerndem Herzen um den Verlust seines eigenen Söhres den die Kirche aussüllenden Soldaten für ihren militärischen Beruf Trost und Mut zusprach. V.