Ei» Kulturbild aus dem Oste».

Berlin, 3. Aug. Wie der Deutschen Tagesztg. von einem an der russischen Grenze wohnhaften Gutsbesitzer de» richtet wird, steht die russische Stadt Kalisch in Flammen. Auf die Nachricht, daß deutsche Soldaten an der Grenze ständen, sei die Stadt von ihrer russischen Besatzung ver­lassen und dem Feuer übergeben worden. Daraus hat der Pöbel sich auf die Besitzenden gestürzt und die Stadt aus­geplündert, die überall brennt.

Amsterdam, 4. Aug. Amtlich wird die Meldung von einem Einrücken deutscher Truppen in holländisches Gebiet mit allem Nachdruck dementiert.

r Prag, 4. Aug. Bei der gestern nachmittag erfolg­ten Abreise der reichsveurschen Reservisten kam es zu einer Sympathiekundgebung für die deutschen Bundeegenossen. Die Freunde der Abreisenden, sowie die Mitglieder der reichsdeutschcn Kolonie mit dem Konsul an der Spitze, stimmten bei der Abfahrt des Zuges die Wacht am Rhein, die österreichische Dolkshymne undHeil dir im Sieger­kranz" an.

v Rom, 3. Aug. DieTribuna" meldet: Gestern mittag begab sich der deutsche Botschafter in die Consulta und teilte dem Minister des Aeußern, Marquis di San Giuliano, ärmlich mit, daß Deutschland und Rußland sich im Kriegszustände befänden, Marquis di San Giuliano nahm von der Mitteilung Kenntnis und erklärte, daß Ita­lien gemäß dem Geist und dem Wortlaut des Dreibund- Vertrages Neutralität beobachten werde. Der Minister drückte die freundschaftlichsten Gefühle für Deutschland aus. Der deutsche Botschafter machte ketne Mitteilung über die gegenwärtigen deutsch-sranzösischen Beziehungen.

r Petersburg. 3. Aug. Großfürst Nikolai Nikola- jewitsch ist zum Generalissimus der russischen Streitkräste ernannt worden. In einer Reihe von Gouvernements wurde der Kriegszustand erklärt. Der Kriegsminister for­derte zur Geheimhaltung aller militärischen Maßnahmen aus unü betonte, der Generalstab sei beauftragt, die Oeffent- lichkeit über den Gang der Kriegsereignisse zu unterrichten.

Petersburg, 3. Aug. Durch Kaiser!. Ukas wird an­gesichts der gegenwärtigen Lage die Reichsduma und der Staatsrat zu einer außerordentlichen Sitzung einberusen. Ferner wird durch amtlichen Ukas ein Moratorium ange­ordnet.

Berlin, 4. Aug. In einer öffentlichen Bekanntmachung ersucht das Kriegsministerium alle zur Unterstützung des Kriegssanttätsdienstes bereiten Genossenschajten, Vereine und Personen, soweit sie sich hierzu nicht schon im Frieden oder bei staatlichen Annahmestellen für Pflegepersonal ver­pflichtet haben, ihre Anerbieten an den Kaiserlichen Kom­missar und Militärinspekteur der Freiwilligen Krankenpflege Berlin 8 Behrenftraße 70 I zu richten und dessen weiteren Bestimmungen Folge zu leisten, sowie alle freiwilligen Spenden und Materialgaben für die Krankenpflege wie für die bewaffnete Macht überhaupt und für sonstige Zwecke den vom Kaiserlichen Kommissar bekanntgegebenen Stellen zuzuweisen.

Stuttgart, 4. Aug. (Abgang des französischen Konsuls.) Der hiesige französische Konsul Armez ist abgereist.

Stuttgart, 4. Aug. (Flugzeugwachen.) Frei­willige vor! Der Luftflottenverein hat gestern abend in einer unter dem Borsitz von Generalleutnant z. D. v. Berger gehaltenen Besprechung beschlossen, von heute ab ständige Flugzeugwachen auf allen Aussichtstürmen des Landes ein­zurichten, die jedes Erscheinen eines Flugzeugs oder Luft­schiffs von fernerher rechtzeitig an eine bestimmte militärische Behörde zu melden in der Lage sind. Militärfreie Frei­willige, die sich für die Dauer des Kriegs zu mehrstündigem Dienst täglich verpflichten können, mögen sich sofort bei der Geschäftsstelle des Lnftflottenvereins Dr. Marquard, Königstr. 31 d, persönlich melden.

p Stuttgart, 3. Aug. Französische und russische Spione sind in den letzten Tagen mehrfach im Lande und Reiche aufgetaucht und haben versucht, Schaden zu stiften. Das Generalkommando des Württ. Armeekorps ersucht, das Publikum zu Selbstschutz und damit zugleich zur Unter­stützung der Miltärbehörden in der Abwehr feindlicher Spione und Zerstörungsversuche auszusordern. Nach allen Seiten und an allen Orten sollte das Publikum ein wach­sames Auge haben und die Verhaftung verdächtiger Per­sonen vornehmen. In Stuttgart wurde ein verbrecherischer Anschlag von Spionen auf das Hauptpostamt versucht. Die Täter versuchten in der Kleidung von Telegraphenarbeitern die Telephondrähte zu durchschneiden. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. Auf der Berbindungsbrückezwischen Neustadt und Waiblingen wurde von französischen Spionen ebenfalls ein Angriff versucht. Ein Automobil, das sich am Tage vor der Mobilmachung an der Brücke zu schaffen wachte, wurde von Feldschützen beschossen und flüchtete gegen Stuttgart; es wurde dort ermittelt. Eine als Frau ver­kleidete Persönlichkeit wurde in Waiblingen verhaftet.

Verhastuuge» von Tpioueu.

r Reutliuge«, 4. Aug. Gestern mittag wurden auf dem hiesigen Postamt zwei Russen, die ein chiffriertes Te- legramm aufgeben wollten, dort zurückgehalten und dann verhaftet.

r Hall, 4. Aug. Ein Unbekannter, der sich in ver­dächtiger Weise in der Nähe der Tullauer Eisenbahnbrücke aushielt, soll, wie verlautet, durch den militärischen Be­wachungsposten festgenommen worden sein.

r Hürden OA. Heidenheim, 4. Aug. Gesternmittag wurde hier ein russischer Spion verhaftet und einstweilen im Ortsarrest untergebracht. Er gab an, Ingenieur bei

der Firma Beith in Heidenheim zu sein Aus telephonische Anfrage soll die Firma erklärt haben, daß der Russe vor einiger Zeit entlassen worden und der Spionage verdächtig sei.

r Riedliugeu, 4. Aug. Zwei Herren und eine Dame, anscheinend Engländer, die mit einem Auto durch­fuhren, wurden hier verhaftet. Ihre photographischen Auf­nahmen wurden entwickelt, ergaben aber nur Bilder von Landschaften, Häusern und Denkmälern. Die Verhafteten sollen an die belgische Grenze abgeschoben werden.

Et« Gottesdienst unter freiem Himmel.

Berlin, 2. Aug. Heute Bormittag 11^ Uhr fand am Bismarckdenkmal vor dem Reichstagsgebäude ein Gottesdienst unter freiem Himmel statt. Tausende und Abertausende füllten den Platz und die Freitreppe zum Reichstagsgebäude. Auch das Bismarckdenkmal selbst war dicht besetzt. Eröffnet wurde die Feier mit dem gemein­samen von der Kapelle des Gardefüselierregiments begleiteten Gesang des Niederländischen Dankqedets. Dann sprach der Geistliche Hosprediger Lizenclat Döring mit weit vernehm­barer Stimme ein Gebet und hielt dann unter Zugrunde­legung des Bibeltcxtes:Sei getreu bis in den Tod" eine von warmem patriotischem Gesühl erfüllte Predigt, in der er darauf hinwies, daß uns der Kamps ausgedrungen worden sei, den wir nicht gesucht und nicht gewollt haben. Denn wir seien bis zum letzten Augenblick friedfertig ge­wesen. Aber würden nun tn diesen Kamps mit dem Ge­löbnis des Mannes ziehen, der in Erz gegossen vor den Augen der Gemeinde stehe:Wir Deutschen fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt." Mit einem Gebet um den Sieg für unsere tüchtige Armee und für die Männer, die hinausziehen, und für die Frauen, die zu Hause dulden, schloß der Geistliche seine Predigt. Dann sprach die ganze Gemeinde, in der man Männer und Frauen aller Bekennt­nisse sah, laut das Vaterunser. Mit dem LiedGroßer Gott wir loben Dich" schloß der von tiefem Ernst erfüllte Gottesdienst Und nun intonierte die Militärkapelle die in den letzten Tagen so oft gehörten patriotischen Weisen. Die Menge sang begeistert mit und brach in Hochrufe auf das Kaiserhaus, die deutsche Armee und auf das deutsche Vaterland aus.

Verdeutschung fravzöfischer Firmenschilder.

Leipzig, 4. Aug. Das bekannte Cafs Francais ent­fernte gestern das Wort Francois (Felsche) von dem Schild unter großem Jubel der Bevölkerung.

Braunschweig, 3. Aug. Aus Anregung der Her- ogin wird im herzoglichen Residenzschloß ein Lazarett eingerichtert werden, in dem bis zu 150 Betten Aufstellung finden werden. Im Anschluß an die Lazarettcäume werden Untersuchungs- und Berbandszrmmer eingerichtet werden. Die Einrichtungen sind in derartig großem Um­fang vorgesehen, daß fast der ganze Südflügel des Resi­denzschlosses tn Anspruch genommen wird. Ferner wird auf Befehl der Herzogin warmes Mittagessen allen be­dürftigen Frauen und Kindern von zum Heeresdienst ein- berufenen Wehrpflichtigen auegcgeben werden.

Sie übrigen Möchte.

v Stockholm, 4. Aug. Der deutsche Botschafter in Petersburg, Graf Pourtales, ist mit dem Personal der Botschaft und des Konsulats gestern nachmittag auf einem unter amerikanischer Flagge fahrenden Dampfer hier ange­kommen und hat am Abend in einem Sonderzug seine Reise nach Trelleborg fortgesetzt.

vr Haag, 4. Aua. Don amtlicher Seit« wird die Nachricht, daß dmtsche Truppen einen Einsall in holländi­sches Staatsgebiet unternommen hätten, energisch als falsch bezeichnet. Der Bürgermeister von Antwerpen hatte in einem Erlaß davon gesprochen, deutsches Militär sei in holländisch Limpurg aufgetaucht.

r Washington, 4. Aug. Durch Beschluß des Senats wird der Marinesekretär ermächtigt. Schiffahrtslinien zu errichten zur Beförderung von Post, Passagieren und Frach­ten nach Südamerika und Europa. Der Gesetzentwurf geht an das Repräsentantenhaus weiter.

Die skandinavische« Länder.

Bon Dänemark, Schweden und Norwegen wird man wohl gleichzeitige und übereinstimmende Neutralitätserklä­rungen zu erwarten haben (von Norwegen ist sie bereits erfolgt, Red.), ähnlich wie dies beim Balkankrieg geschah. Bor allem verfolgen die maßgebenden Kreise in Dänemark die Ereignisse mit Aufmerksamkeit, und es fand bereits am 30. Juli auf Veranlassung des Konseilspräsidenten Zahle eine Konferenz der gesamten Regierung und der Führer der Reichslagsparteien statt, wobei die Regierung Mittei­lung über die auswärtige politische Lage und die Maß­regeln machte, die nötigenfalls ergriffen werden würden. Aus Helsingfors wird gemeldet, daß Finland von der rus­sischen Regierung aufgefordert worden sei, 3000 Eisenbahn­wagen zur Verfügung der russischen Behörden zu halten. Ebenso wird von dort berichtet, vor Hangö sei eines der größeren und neueren Schiffe der russischen Ostseeflotte auf Grund geraten und habe bedeutenden Schaden erlitten. Der Name des Kriegsschiffes ist nicht bekannt.

r Washington, 4. Aug. Das Repräsentenhaus hat 250000 Dollars zur Heimbringung von Amerikanern aus Europa bewilligt.

r Koustantinopel, 4. Aug. Die türkischen Blätter betonen die Notwendigkeit der raschen Mobilisierung in der Türkei, da sie ihre Neutralität verkündet habe. Der Tanin erklärt: Rumänien, Griechenland und

Bulgarien haben noch nicht mobilisiert, aber ihre Mo- bilisiernng kann in einer Woche vollzogen sein, während die Türkei lange dazu braucht und daher schon jetzt daran denken mußte. Jetzt ist der lebhafteste Wunsch der Tüikel die rasche Wiederherstellung des Friedens.

Bemme» ist die vornehmste Mgeroflichi.

Unter dieser Ueberschrift bringt das Militärwochenblatt folgende beherzigenswerte Ausjührungrn: Das deutsche Volk tut gut, sich in nächster Zeit in seinem Vertrauen, das es von jeher besonders in se.ne Wehrmacht gesetzt hat, nicht wankend machen zu lasten, denn der Vorrat dieses Ver­trauens muß vielleicht noch längere Zeit und in ernsten Zeiten Vorhalten. Man vergegenwärtige sich, daß für die Armee im Jahre 1870 der 17. Juli der erste Mobil- machungstag gewesen ist, und bereits nach 18 bis 20 Tagen am 4. und 6. August fielen die scharfen Schläge von Wetßenburg, Spichern und Wörth. Die Mobil- machungsverhältnisse sind seit 1870 nicht schwieriger ge­worden ; denn mit der seither eingetretenen erheblichen Ver­größerung der Armee hat die Vergrößerung des Eisenbahn­netzes Schritt gehalten. Es ist kein Geheimnis, daß die Vorbereitungen der Bezirkskommandos für die Einberufung der Reserven insofern erheblich besser geworden sind, als ein großer Teil der jüngeren Mannschaft, der 1870 erst seinen Gestellungsbefehl abwarten mußte, seit einigen Jahren schon im Frieden seine Krtcgsbeorderung in Händen Hot. Unsere Nachbarn im Osten und Westen haben tn den letzten Tagen wiederholt und vernehmlich die Welt versichert, daß ihre Armeen bereit seien (das seit 1870 ominösearchipret" ist noch nicht erklungen.) Mit dieser Versicherung, die uns Deutsche nicht ängstigt, braucht sich eine Armee, die im Frieden stets ihre Schuldigkeit getan hat, nicht zu rühmen, denn die Offiziere dieser Armee würden nichts taugen wenn es anders wäre. Die Bereithaltung einer großen Wehrmacht legt im Frieden dem Vaterland große personelle und finanzielle Opfer auf; als Gegenleistung hierfür hat die deutsche Wehrmacht cs immer für ihre vor­nehmste Ausgabe gehalten, bis aufs äußerste ihrevolle Pflicht und Schuldigkeit" zu tun, um die hehre Aufgabe jeden Augenblick erfüllen zu können, der Hort unseres ge­liebten Vaterlandes zu sein. Das deutsche Volk wird sich versichert halten können, daß seine Wehrmacht in ernsten Zeiten bis zum Ende ihre Schuldigkeit zu tun bestrebt sein wird; um dies zu können, dazu bedarf sie besonders aber ihre leitenden Stellen des vollen Vertrauens der Nation von Anfang ihrer Tätigkeit an. Der Deutschen Haltung sei in diesen Tagen demütig gegen Gott, den großenAlliierten" unseres alten Fritz, voller Liebe und Anhänglichkeit gegen unseren Kriegsherren, ocller würdiger Ruhe im Hinblick auf die Kraft unserer Nation.

Aus Stadt und Land.

Nagold, k. August 1914 .

Kriegerabschied. Das sind unvergeßlich ernste Feiern für die Ausziehenden und die Zurückbleibenden, wenn in diesen Tagen jeden Morgen 5 Uhr unsere braven abmar- schterenden Männer vor dem Rathaus hier verabschiedet weiden. Da heißt es, allmählich ganz das Eigene vergessen und der hehren Pflicht sich hingeben und das schneidet tief ins Herz. Im Namen der Heimat widmet Herr Stadt- schultheiß Maier den in Reih und Glied Getretenen herz­liche Worte des Dankes und des Abschieds und der frohen Hoffnung auf ein gutes Wiedersehen. Dann wiesen die Geistlichen der Stadt, heute früh Herr Dekan Pfleiderer und Herr Stadtpfarrer Stemmler, die Herzen aufwärts auf unseren Gott, dessen Nähe man jetzt so ernstlich spürt und braucht, vorwärts auf den Feind, der uns Deutschen das Lebenerecht absprechen will. Die Gelöbnisse, die jetzt aus allen Gewissen aufsteigen, mögen sie gehalten wer­den ! Dann ein Gebet, ein Lied, ein Hoch aufs Vaterland und im Zuge gehts, Weib und Kind Gott befehlend, das Auge oorangerichtet dem Bahnhof zu.

Allgemeiuer Kriegsbettag i« Württemberg.

vp. Mit Genehmigung des Königs hat die eo. Ober­kirchenbehörde für den nächsten Sonntag einen allge­meinen Buß- und Bettag angeordnet, für den als Texte bestimmt sind: für die Dormittagsprcdigt: Hebr.4,16: Lasset uns hinzutreten mit Freudigkeit zu dem Gnaden­stuhl, aus daß wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden auf dies Zeit, wann uns Hilfe not sein wird." Für die Nachmiltagspredigt: Psalm 91, 1:Wer unter dem Schirm des Höchsten fitzt und unter dem Schatten des All­mächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott aus den ich hoffe." Der Er­laß empfiehlt, wo irgend möglich, die Veranstaltung beson­derer Kriegsbetstunden mit anschließendem Abendmahl.

Giugesaubt. 3u den Kriegsvorbereitungen gehört auch Geld. Das deutsche Reich hat eine Wehrsteuer aus- geschrieben. Säume keiner, sie jetzt sofort zu bezahlen! Wartet nicht, bis sie fällig ist, bringt unverzüglich eure Opfer auf den Altar des Vaterlandes. Wer die Wehr­steuer aus einmal zahlen kann, statt in 3 Jahresraten, lue es. Das Vaterland braucht Hilfe in jeder Weise.

Einer, der mit dem Beispiel voranging.

r Feldpoftdieust. Infolge der Mobilmachung tritt für die Postanstalten im Deutschen Reiche dieFeldpost- Dienstordnung" in Wirksamkeit. Die allgemeinen Anord­nungen der obersten Postbehörde in Bezug auf den Feld- postdienst werden durch Feldpost-Erlasse zur Kenntnis ge­bracht werden.