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88. Jahrgang.

Fernsprecher Nr. 29.

Samstag, den 37. Juni

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Beilagen: Plauderstübchen,

* Illustr. Sonntagsblatt und

Schwäb. Landwirt.

1914

Samstag im Norf.

Wir heilig ist drr Mbend heul....

Ns kommt auf weichen Wogen Mein Heimwehlag im Westgeläuk Der Wlocken Herzogen.

Denn wie die letzte Vlocke schweigt, Erstirbt das Merklagsforgen.

Nin Vngleitt nur im Herren geigt Den Sonntag rin für morgen.

Lar! Ernst Knodt.

AusDer heilige Garten" (Verlag Lugen Salzer, Heilbronn.)

Wichtiges vom Tage.

Die deutsche Regierung hat in der chinesischen Pro­vinz Schantung den Bau und Betrieb einer neuen Bahn­linie konzessioniert erhalten.

Die bayerische Regierung beabsichtigt, im Bundes- rot eine Reichsarbeitslosenoersicherung zu beantragen.

In Dittigheim in Baden wurden durch ein Größ­te uer 52 Gebäude zerstört.

In der Berliner Landesverratsassäre ist auch der in Dresden unter dem Namen Dr. Blumental wohnende Kurt Paul geständig. Aus Düsseldorf werden drei weitere Verhaftungen wegen Verdachts des Landes­verrats gemeldet.

In Paris wurden fünf Deutsche unier dem Ver­dacht der Spionage und Beihilfe zur Fahnenflucht verhaftet.

Die letzte Landverbindung Durazzos ist abgeschnitten. Die Verhandlungen über eine internationale Unterstützung des Mbret gelten als gescheitert.

Die Akademie Fran^aise hat dem Karikaturen- zeichner Hans! (Waltz) einen Preis von 1000 Francs zuerkannt. (Diese Verhöhnung deutscher Gerichte läßt uns wohl ziemlich kalt!)

Die Stadt Salem (Massachusetts) wurde durch einen Brand fast halb zerstört. 10000 Menschen sind obdachlos.

Die Konferenz von Niagara Falls hat das Endprotokoll unterzeichnet; die Rebellen machen immer weitere Fortschritte.

Amtliches.

A. Hbevcrmt Wagokd.

Besprechung der Bauordnung.

Im Auftrag des K. Ministeriums des Innern, Abtei­lung für das Hochbauwrsen, wird Herr Baurat Irion am Donneret»,. Ke« S. Inli 1914, von 1912 Ahr vormittags nn» 25 Ahr nachmittags l« FrrnkenßM eine Besprechung der wichtigsten Bestimmungen der Bau­ordnung abhalten, bei welcher auch Herr Ministerialrat

Ein Irühlingstraum.

Bon Fr. Lehne.

(23. Fortsetzung.) (Nachdr. verb.)

Mary hat mir doch geschrieben, daß sie heute unter keinen Umständen kommen könnte" sagte Wolf,Sie haben sich getäuscht, Berger"

Nein; nein," beharrte dieser,ich sah sie bestimmt; sie hatte das dunkelblaue Kleid an. das ich ganz genau kenne und aus dem Kopfe trug sie den kleinen, blauen Strohhut; sie sah allerdings blaß aus!"

Also da drüben," sagte Wolf heiser,ja, ja, sie wird mich schon erwarten. Guten Abend, Berger!"

Der sah dem jungen Offizier kopfschüttelnd nach, wie er mit schwerem Schritt sich nach der Linde wandte.

Da ist was nicht in Ordnung," murmelte der Alte vor sich hin,er weiß nicht, daß sie hier ist, trotzdem sie ihm geschrieben, sie könne nicht kommen. Seltsam, seltsam

sollte sie vielleicht mit einem andern ? aber das wäre ja eine Schande nein nein!" Und er ging weiter nach einem seiner Pflege übergebenen Grabe, um dort die Rosen abzuschnetden, die von dem Regen gelitten hatten.

Wolf sah Mary nicht; halblaut rief er ihren Namen

jedoch erfolgte keine Antwort. Vielleicht hatte der Alte sich doch getäuscht; aber das war ja wieder nicht möglich, wenn sie ihn sogar gegrüßt hatte! Schwer ließ er sich auf

Kälber behufs Beantwortung etwa gestellter oerwaltungs- rechtlicher Fragen Mitwirken wird.

Der Raum, in welchem die Besprechung stattfinden wird, wird später bekanntgegeben.

Die Herren Ortsvorsteher sowie die sonst im Baupoli­zeidienst tätigen Beamten, die an der Besprechung teilnehmen wollen, werden hiedurch dazu eingeladen.

Nagold, 26. Juni. 1914.

Amtmann Mayer.

Der Wetterwart.

politische Ilmsch««.

x. Wenn man von den Tagungen und Kongressen, die gegenwärtig in Ueberfülle ansallen, absehen und nicht in der einen oder andern Frage, wie sie regelmäßig in die Tagesgeschichte Hereinspielen, etwas Kombinationspolitik treiben will, können wir auch unserer heutigen Berichtspe­rtode die Signatur der letzten geben: Beherrschung durch die auswärtige Politik: Flickversuche an den durchlöcherten französischen Staatsfinanzen, französisch-russische Flottenpo­litik hinter den Kulissen, russisch-rumänischer Berbrüderungs- versuch, als etwas für uns Erfreuliches der Besuch des Vereins Berliner Kausleute und Industrieller in London, Aufnahme der Ulsteroermittlungssrage im englischen Ober­hause, Entspannung in dem griechisch-türkischen Konflikt und, last, not least, Albanien.

Frankreich, der Gläubiger von aller Welt und von Rußland im besonderen, ist in schweren Ftnanznöten, der Staatshaushalt weist gähnende Löcher auf und niemand will helfen, sie zu verstopfen, weil eben eines obenan steht, die Interessenpolitik. Das laufende Budget allein weist ein Defizit von 800 Millionen aus, und man glaubt sich einigermaßen behelfen zu können durch eine progressive Einkommensteuer. Herumgedoktort wird schon lange'daran, aber ob was draus wird, weiß heute noch niemand, weil man eben bei der Operation niemand weh tun will. Immer­hin ein Kunststück.

Aber die Franzosen haben wenigstens die eine große Freude, die ihnen noch immer über alles gegangen ist, auch wenn sie noch so tief in den Beutel greisen mußten, eine weitere Stärkung ihres Bündnisverhältnisses zu Rußland vor sich gehen zu sehen. Hat doch der französische Ministerpräsident anläßlich des Besuches des Chefs des russischen Marinegeneralstabs, des Admirals Russin, in Paris betont, Frankreich werde kein Opfer scheuen, um seinen Ueberlieferungen, feinem Bündnis mit Rußland und seinen Freundschaften treu zu bleiben. Und diese Treue wird sich, nachdem Rußland mit gewaltigen Rüstungen zu Lande vorangegangen und Frankreich zu verstehen gegeben hat, daß es von ihm mindestens die Be­harrung auf dem Dreijahrsgesetz verlange, im wetteren nun auch in vermehrten Flottenrüstungen bekunden, für die ja Rußland gegenwärtig ebenfalls horrente Aufwendungen macht.

Bei dem Besuch des Zaren in Konstanza hat, soweit sich jetzt aus den hierüber vorliegenden Verlaut­barungen urteilen läßt, das Ergebnis mehr in schönen

der Bank nieder, um seine Gedanken einen Angenblick zu sammeln. Eisig griff er nach seinem Herzen, und eine lähmende Angst erfüllte ihn. Was halte Mary hier zu suchen, nachdem sie ihm die Zusammenkunft verweigert? War sie seiner vielleicht gar überdrüssig? War all ihre keusche Zurückhaltung vielleicht nur Schein und Berechnung? Sehnte sie sich nach Abwechslung? Nun gut, das war ja die beste Lösung für ihn dann stand ja nichts mehr im Wege, Gabriele zu heiraten und ein Leben voller Be­haglichkeit zu führen! Warum überlief cs ihn so kalt, wenn er daran dachte ? Tor, der er doch war! Gewaltsam schüt­telte er die Gedanken von sich ab und sprang aus. Das war ja alles Unsinn Himgespinste, womit er sich quälte Mary war ja sein sein süßes Märchen, die ihm un­möglich untreu sein konnte I Wie er in einen Seitenweg einbiegen wollte, kreuzte dicht vor ihm ein junger Mann seinen Weg. der es sehr eilig hatte, fortzukommen. Flüchtig blickte ihn Wolf an und sah eine schlanke, elegant ge- kleidete Gestalt, ein blasses, schmale», bartloses Gesicht mit schönen, regelmäßigen Zügen der Mann machte den Eindruck eines Künstlers. Eine seltene Erscheinung aus dem Friedhof, doppelt um diese Zeit; vielleicht hatte er auch ein Liedchen, das er hier traf! Fast unwillkürlich schlug Wolf den Weg ein, den der junge Mann gekommen war; da sah er vor sich ein Taschentuch liegen; er bückte sich mehr mechanisch danach ein leiser Hejiotropdust flog ihm daraus entgegen; ein Dust, den Mary so über alles liebte! Aufgeregt faltete er das Taschentuch auseinander.

Worten als in realen Wirkungen bestanden. Französische Blätterstimmen wollten uns zwar glauben machen, daß als erstes greifbares Ergebnis ein gemeinsames Vorgehen Ruß­lands und Rumäniens in der Dardanellenfrage zu konsta­tieren sein dürste, aber darüber, daß hier der Wunsch der Vater des Gedankens war, wird man wohl kaum hinaus­kommen, denn zur Verwirklichung dieses Planes braucht man noch einen dritten, sehr gewichtigen Faktor, England. Bon dem aber weiß man zum voraus, daß es hier nicht mitmacht, daß sein Wunsch vielmehr nach einer andern Richtung geht, dahin nämlich, daß Rußland mit seiner Flotte sein säuberlich im Schwarzen Meere bleibt.

Die unverkennbare und im Interesse der Weltpolitik sehr zu begrüßende Annäherung zwischen England und Deutschland hat ihren Ausdruck neuerdings in dem Besuch der englischen Flotte und in den warmen Be- grüßungskundgebungen gefunden, die zwischen den Leitern der Londoner Handelskammer und den sie besuchenden, oben genannten deutschen Gästen ausgelauscht wurden. Bei der offenen Zurückhaltung, die die englische Politik, sehr im Gegensatz zu früher, gegenüber den russisch-französischen Bündnisbewerbungen übt, ist es jedenfalls außerordentlich erfreulich, daß die Erkenntnis, welch große gemeinsame Interessen bet aller Konkurrenz auf dem Weltmärkte die englische und die deutsche Nation verbinden, immer liefere Wurzeln schlägt.

Die Ulster-Homerulefroge, die Frage der Gewährung der Selbstverwaltung an Irland, ist zwar immer noch kritisch zugeschnitten, aber die Gefahr eines drohenden Bür­gerkrieges hat wenigstens die politische Einsicht soweit ge­streift, daß auch das Oberhaus, früher ein unentwegter Gegner von Homerule, jetzt nach Mitteln und Wegen sucht, die Gegensätze durch irgend einen friedlichen Ausgleich ab­zuschleifen. Und so strebt man gegenwärtig nach einer Einigung aus dem von uns schon vor langem als wahr­scheinliche Lösung bezeichneten Wege, daß der der Selbst­verwaltung widerstrebende Teil von Irland, die Provinz Ulster, zunächst aus eine gewisse Zeitspanne von der Neue­rung ausgenommen bleiben soll. Und man wird mit dem Standpunkt, daß Zeit gewonnen alles gewonnen heißt, wohl euch am besten durchkommen.

Was wir von dem griechisch-türktschenKon- flikt vor acht Tagen an dieser Stelle sagten, daß es trotz allen Alarms jetzt wohl nicht zum Kriege kommen werde, haben die darauffolgenden Tage bestätigt. Es sind zwischen den Kontrahenten loyale Verhandlungen angeknüpft worden, die, von dem wohlwollenden Vermitteln der Mächte begleitet, wohl auch bald zum Ziele führen dürsten. Die gegenseitigen Reibungen werden sich dadurch freilich nicht ganz beseitigen lassen, aber die akute Gefahr ist wenigstens abgetan.

Die internationale Politik hat ja auch noch genug Sorgen wegen des albanischen Wirrwarrs, wo die Haltlosigkeit des maßgebenden Stellen der albanischen Regierung mit dem Mbret, dem Iürsten. an der Spitze ein Unheil um das andere anrichtet. Erst verhandelt man mit den Aufständischen, deren Bolkscharakter ollen fremd zu sein scheint, durch die internationale Kontrollkommission.

den Namen zu suchen-und als er ihn gesunden,

ließ er die Hand mit einem tiefen Stöhnen sinken das Tuch war eins von den feinen Batisttüchern, die er ihr ge­schenkt, gestickt mit ihrem Vornamen. Das also war es, warum sie nicht gekommen war sie hatte sich nach Abwechslung gesehnt er hatte sein Herz einer Dirne geschenkt o! Vielleicht halte sie gar in den Armen ihres Liebhabers über ihn gespottet, über seine Schwerfälligkeit! Anscheinend ein Künstler, verstand es der andere vielleicht bester, sie zu unterhalten, als er mit seinem kleinlichen Be­denken I Und da erfaßte ihn eine rasende Wut, daß er am liebsten alles um sich her vernichtet hätte! Mit tiefem Stöhnen ließ er sich auf eine Bank nieder. Nur ein Ge­danke beherrschte ihn: Mary ihm untreu, sie, die er so heiß

liebte, hatte ihn belogen-er hatte sein bestes, sein

heiligstes Mannesempfiaden an eine Dirne weggeworfen! Wer weiß, wie viele vor ihm sie schon mit ihren Augen betört, mit ihrer Gunst beglückt hatte! Er dachte gar nicht daran, daß sie vielleicht noch da sein, daß er sie finden könnte nichts es üderkam ihn ein namenloses Weh. vor dem alles andere versank. So fand ihn Berger, dessen Näherkommen Wolf ganz überhört hatte. Ties erschüttert betrachtete der alte Mann den jungen vor sich. Er trat wieder ein paar Schritte zurück und gab dann sein Näher­kommen durch lautes Husten kund. Wolf sprang auf; es brauchte niemand, der da kam, ihn in seinem Schmerz zu sehen. (Fortsetzung folgt.)