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* Mustr. Sonntagsblatt und
Fernsprecher Nr. 29.
88. Jahrgang. Postscheckkonto Nr. 5113 Stuttgart Schwäb. Landwitt.
IlrelLag, den 36. Juni
1914
Wichtiges vom Tage.
Herzog Georg II von Sachsen-Meiningen ist in Bad Mldungen gestorben.
Die Handelskammer Stuttgart hat ihren Mitgliedern die Beteiligung an der Landesausstellung von 1916 empsohlen, zugleich aber beschlossen, zum Ausdruck zu bringen, daß man in den Kreisen von Industrie und Handel von der Veranstaltung der Ausstellung ohne vorgängige Befragung von Industrie und Handel nicht besonders erbaut sei.
Im badischen Landtag wurde die Ueberweisung von Zuschüssen an Gemeinden für die Arbeitslosenversicherung beschlossen und die Regierung aufgesordert, im Bundesrat aus eine reichsgesetzliche Arbeitslosenversicherung zu dringen.
Im bayerischen Landtag wurden namens der Liberalen wegen der trostlosen Finanzlage der Postverwaltung die Aufhebung des bayerischen Postreservats gefordert.
Gegenüber der welsischen Agitation verlangen die hannoverschen Kriegervereine ein Treuebekenntnis zum Hohenzoöernhause von den Neueintretenden.
Die große österreichische Alpensahrt hat mit einem Siege der deutschen Automobil-Industrie geendet.
Die neue französische 3^/z°/oige Anleihe von 805 Millionen wird zum Kurse von 91 ausgegeben.
Im Pariser Hauptpostamt kam es zu einem schweren Zusammenstoß zwischen 600 Briefträgern und Polizei- beamten. Die Beamten haben sich dazu verstanden, die Arbeit endgültig wieder aufzunehmen.
Amtliches.
Bekanntmachung des Medizinalkolleginms, Tierärztliche Abteilung, betreffend Abwehrmaßregel« gegen die Manl- und Klauenseuche.
(1) Die im Abs. 1 Buchst, k der diesseitigen Bekanntmachung vom 12. November 1913 (Staatsanzeiger Nr. 266) angeordnete Maßregel der polizeilichen Beobachtung ist von jetzt ab aus die Herkünfte (Wiederkäuer und Schweine) aus
den K. Preuß. Provinzen Ostpreußen, Westpreußen, Brandenburg, Posen, Schlesien, Sachsen mit Ausnahme des Regierungsbezirks Erfurt, Schleswig-Holstein, Hannover mit Ausnahme der Regierungsbezirke Osnabrück und Aurich, Westfalen mit Ausnahme des Regierungsbezirks Minden, Rheinprovinz mit Ausnahme des Regierungsbezirks Trier, den K. Preuß. Kreisen Neustettin (Reg.-Bez. Köslin, Provinz Pommern), Fritzlar (Reg.- Bez. Kassel, Prov. Hessen-Nassau);
den K. Bayer. Regierungsbezirken Oberbayern, Mittelsranken, Schwaben» den K. Bayer. Amtsbezirken Landau a. I. (Reg.-Bez. Niederbayern), Tirschenreuth (Reg.- Bez. Oberpfalz), Rehau, Wunsiedel (Reg.-Bez. Ober- franken) Kitzingen (Reg.-Bez. Unterfranken);
dem Königreich Sachsen;
dem Großh. Bad. Landeskommissariaisbezirk Karlsruhe, dem Großh. Bad. Amtsbezirk Schopsheim (Land.- Komm.-Bez. Freiburg):
der Großh. Hess. Provinz Rheinhessen, dem Großh. Hess. Kreis Frtedberg (Prov. Oberhessen):
den Großherzogtümern Mecklenburg-Schwerin, Meck- lenburg-Strelitz;
dem Großh. Oldenb. Amtsbezirk Fürstentum Lübeck;
den Großh. Sachs.-Weim. Amtsbezirken Eisenach, Neustadt a. O.;
den Herzogtümern Braunschweig, Sachsen-Altenburg, Anhalt;
dem Fürstentum Lippe;
den Freien und Hansastädten Lübeck, Hamburg;
dem Els.-Lothr. Bezirk Lothringen, dem Els.-Lothr. Kreis Zubern (Bez. Unterelsaß) mit der Wirkung anzuwenden, daß bei der Einführung von Wiederkäuern und Schweinen aus den genannten Gebietsteilen die oorgeschriebene Anzeige zu erstatten ist und die im Eisenbahn- oder Schiffsverkehrs eingeführten Tiere bei dem Entladen der amtstierärztlichen Untersuchung unterliege». Soweit im Vorstehenden dem Namen des Kreises oder Amtsbezirks nicht ausdrücklich „Stadt" beigefügt ist, ist jeweils der Stadt- und Landkreis gemeint.
(2) im übrigen bleiben die Bestimmungen der Bekanntmachung vom 12. November 1913 unberührt.
Stuttgart, den 22. Juni 1914. Nestle.
Georg II, Herzog z» Sichsen-MMen f.
Meiningen, 25. Juni. Hrrreg Seirz vo« rachsrs.Meiuiutr« ist i« »er letzte« Nacht 2 Uhr i« Wild««re« zestsrde».
Mit Herzog Georg ist der älteste der deutschen Bundesfürsten gestorben und zugleich derjenige, welcher die längste Regierungszeit unter ihnen hatte. Als einziger Sohn des Herzogs Bernhard II am 2. April 1826 zu Meiningen geboren, übernahm er 1866, da seinem Vater der Beitritt zum Norddeutschen Bund widerstrebte und er deshalb am 20. September 1866 abdankte, die Regierung. Der Herzog verheiratete sich dreimal: 18. Mat 1850 mit der Prinzessin Charlotte, der Tochter des Prinzen Albrecht von Preußen (gest. 1855), 23. OKI. 1858 mit Prinzessin Feodora von Hohenlohe-Langenburg (gest. 1872) und 18. März 1873 morganatisch mit der Schauspielerin Ellen Franz, die durch sachsen-meiningische Verleihung vom 18. März 1873 zur Freifrau von Heldburg gemacht wurde. Aus den beiden ersten Ehen stammen vier Kinder: Erbprinz Bernhard (geb. 1. April 1851), Prinzessin Marie (geb. 23. Sept. 1853) und die Prinzen Ernst (geb. 27. Sept. 1859. vermählt seit 1892 mit Katharina Freifrau von Saalfeld, Tochter des Dichters Wilhelm Iensen) und Friedrich (geb. 12. OKI. 1861, vermählt feit 1889 mit Gräfin, jetzigen Prinzessin Adelheid zur Lippe-Biesterfeld).
Unvergängliche Verdienste erwarb sich Georg II um die Hebung des deutschen Theaters. Die „Meininger" (wie
die durch ihre zahlreichen Gastspiele im In- und Ausland bekannt gewordene Hoftheatergesellschaft Meiningens genannt wurde) können als die Gründer der modernen Theaterkunst angesehen werden. Der Herzog selbst war eine schlichte Persönlichkeit, dem die Pflicht etwas selbstoerständ- liches war. Und so trat er auch als Offizier auf, als er 1870 dem Rufe ins Feld folgte. Er ist der letzte, der als regierender Fürst den großen Krieg mitgemacht hat.
Sein
Nachfolger
ist Erbprinz Bernhard Friedrich Wilhelm, geb. 1. April 1851. Vermählt ist der Nachfolger mit Prinzessin Charlotte vonPreußen, der ölte st enTochter Kaiser Friedrichs III. Er hat sehr starke literarische Neigungen gezeigt, die sich in Uebertragungen klassischer Dichtungen bekundeten. Auf Grund dieser hat ihn die Universität zu Breslau, wo er mehrere Jahre kommandierender General des Schlesischen Armeekorps war, zum vr. pdil. douorls eauss, ernannt.
Der englische Flottenbesuch in Kiel.
Seit 9 Jahren ist es das erste Mal wieder, daß die englische Flotte in Deutsch and einen Besuch abstattet. Don der Presse wird dieser Besuch als ein Zeichen von einem freundschaftlichen Verhältnisse zwischen England und Deutschland betrachtet. So schreibt u. a. der Londoner „Daily Graphic": Wenn dem britischen Flottenbesuche in Kiel durch die Kieler Woche etwas mehr Nachdruck verliehen wird, so entspricht das nur den Erfordernissen der internationalen Lage und den Wünschen Englands. Die Welt verlangt keine Versicherung, daß der Besuch der englischen Schiffe in Reval und Kronstadt ein Zeichen der herzlichen Beziehungen zwischen dem englischen und dem russischen Bolke sei, aber in dem Falle Deutschland hat das Symbol mit viel Unkenntnis und Vorurteilen zu Kämpfen. Es ist daher wünschenswert, darüber klar zu werden, daß die gegenwärtigen Beziehungen der beiden Länder ausgezeichnet sind, daß die Souveräne und Staatsmänner wünschen, sie möchten so bleiben, und daß selbst auf dem Gebiete der entschiedensten Rivalität ein natürliches Gefühl gegenseitiger Bewunderung und Kameradschaft sie verbindet. Ist nicht der Deutsche Kaiser ein britischer Admiral, und zwar einer, aus den alle britischen Seeleute mit Recht stolz sind? Wir in England freuen uns über diese wie über jede Gelegenheit, Seiner Majestät unsere Grüße zu senden, nicht nur als dem begeisterten Seemann und als dem Souverän eines großen Reiches, mit dem wir in Freundschaft zu leben wünschen, sondern als einem Muster von Gemeinfinn und Grobheit in allen Lebenslagen.
v Kiel, 25. Juni. Der Kaiser gab auf der „Hohenzollem" heute eine Abendtafel zu Ehren der Offiziere des englischen Geschwaders, zu der u. a. geladen waren der englische Botschafter Goschen, Großadmiral von T i r- p i tz, der englische Kommodore William E.Goodenough,
Gin Irüytingslraum.
Von Fr. Lehne.
(22. Fortsetzung.) - (Nachdr. verb.)
Gabriele hatte da höhnisch aufgelacht. „Seine Armut? Sag lieber meine Putzmacherin, dann hast Du es richtig getroffen! — Ja, Papa, kannst mir glauben, so ist es! Ich weiß es ganz genau; er trifft sich fast jeden Abend mit ihr; erkundige Dich nur danach — um diese Person verschmäht er mich!" Und sie war da in Tränen ausgebrochen, in heiße, eigensinnige Tränen. Sie hatte ihm leid getan in ihrem Schmerze, so daß er ihr die größten Versprechungen gemach» hatte, um sie zu beruhigen. Nun war jenes Ereignis mit dem Wechsel eingetreten — und er sollte seiner Tochter nicht helfen? Er hatte ihr einige Andeutungen gemacht, daß es in seiner Macht stünde, ihr vielleicht ihren Wunsch erfüllen zu können, und wie glühend dieser in ihr lebte, hatte er an ihrer Freude sehen können. Listig schmeichelnd war es ihr gelungen, ungefähr die Sache zu erfahren — und was sie nicht von ihrem Vater wußte, das kombinierte sie — und fast richtig — in ihrem schlauen Sinn — wie Wolf auch richtig gedacht hatte, daß ihr dieses Geheimnis nicht unbekannt sei. —
Die verflossene Stunde war gerade nicht angenehm für den alten Ulrich gewesen, und ein Schamgefühl überkam ihn bei dem Gedanken an die Rolle, die er vorhin zu spielen genötigt gewesen war. Durch das Oeffnen der Tür wurde er in seinem Sinnen unterbrochen und unwillig
blickte er auf; aber als er feine Tochter, denn diese war der Störenfried, erblickte, glitt ein Lächeln über sein Gesicht. Schmeichelnd legte Gabriele die Arme um seinen Hals und dann schmiegte sie ihr Gesicht an seine Wange.
„Nun, Papachen, er ist fort? Was wolltest Du von ihm? Erzähle mir!"
„Kind, das langweilt Dich — es war geschäftlich!"
Sie warf schmollend die Lippen auf. „Was ihn bekifft, nicht! Sag' nur —"
„Es hat wirklich nichts aus sich! Aber das, was er von mir wollte —"
„Was denn? O, sag schnell, Papa —"
„Kleine Neugierige! Also, er hat mich um die Erlaubnis gebeten, morgen zu kommen und um Deine Hand anzuhalten." Er war doch bet diesen Worten etwas de- fangen und vermied, seiner Tochter ins Auge zu sehen.
„Ah," ein tiefer Atemzug hob Gabricles Brust, „ah, also doch! Wie kam das, Papa, erzähle!" Sie behielt ihren Vater fest im Auge, da sie vorhin seine Unsicherheit gesehen. Sie wollte wissen, was er sagte — er brauchte ja nicht zu ahnen, daß sie vorhin — gehorcht und auch das meiste verstanden hatte. O, das sollte ihr Wolf büßen, daß er sie um jene Putzmacherin verschmähen wollte — daß er von einem Handel gesprochen, der mit seiner Person getrieben wurde!"
„Was ist da viel zu sagen, Kind! Genug, daß es so ist! Mache mir das Herz nicht schwer — Du weißt ja doch, wie lieb Du mir bist — meine Einzige!" erwiderte er wehmütig.
„Aber Papa, es ist doch einmal so, daß man die Eltern verlassen muß," rief sie übermütig, „und wenn es zu meinem Glücke ist?"
„Das wolle Gott, mein Kind! Das ist ja mein einziger Wunsch!" Er küßte sie gerührt auf die Stirn.
„Sag, Papa, wie hat er sich nur so schnell besonnen? Er hat wohl viel Schulden und nimmt mich daher nur des Geldes wegen?" Ein lauernder Zug legte sich bei dieser Frage um ihre Lippen.
„Wo denkst Du hin — Wolfsburg und Schulden! Die Schulden eines Leutnants mit dem Gelds meines Kindes und vielleicht auch mit dessen Glück bezahlen, das tue ich nicht!" sagte der Bankier ausstehend. „Seine Zu- rückhaltung hat darin ihren Grund, daß er nicht als Mitgift- oder Glücksjäger gelten wollte — das seine eigenen Worte I"
„Wirklich, Papa? — O, wie bin ich glücklich!" Und jubelnd umfaßte sie ihn und wirbelte mit ihm durch das Zimmer, bis er pustend und ächzend um Einhalt bat. — „O, Papachen, er ist doch so schön, nicht wahr? Sie werden mich alle um ihn beneiden — ach, er ist so vornehm, so aristokratisch! Und die Wolfsburg haben so vornehme Verwandte — eine richtige Fürstin als Tante hat er! Ich
glaube aber, Geld haben sie alle nicht viel?-Was
werde ich nur für ein Bisitenkleid nehmen, elegant und apart muß es sein — was es kostet, ist doch gleich, nicht wahr. Herzenspapa?"
„Ja, ja," lächelte dieser, „mache, was Du willst! Das