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88. Jahrgang.
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Plauderstübchen,
* Illustr. Sonntagsblatt und
Schwöb. Landwirt.
1814
Diese Nummer umfaßt 8 Seiten.
Bitte an den Sonntag.
Allen, die in Trübe inen, sollst du eine Heimat sein.
Nimm sie aus den grauen Wirren in dein strahlend Schloß hinein.
Allen Müden, die die schwere, sorgendunkle Woche brach, sei mit deinem Seraphheere ein entglühter Siegestag.
Allen, die nach Liebe gingen sechs verarmte Tage lang, sollst du sieben Leuchter bringen, sieben Harfen voll von Klang.
Alle, die nach Hause wollen, nimm an deine weiche Hand.
Zeig du uns die wundervollen Berge von dem andern Land.
Schüler
aus: Der heilige Garten.
Rumänische Politik.
Während an der Adria der laute Lärm lobt, bereiten sich am Schwarzen Meere wichtige Dinge vor, die nicht minder Beachtung verdienen. Der von Herrn Ssasanow in der Duma verkündete Zarendesuch in Rumänien soll jetzt im Juni stattfinden. Die russische Diplomatie arbeitet mit einem starken Mittel, wenn sie die Person des Zaren selber emsetzt, der sich zurückzuhalten, dessen Erscheinen darum eine starke Wirkung auezuüben pflegt. Die offizielle Ankündigung des Zarenbesuchs hat tu Bukarest überrascht und einen tiefen Eindruck gemacht. Anderwärts erblickt man darin eine Bestätigung der Neuorientierung der rumänischen Politik. Das Heiratsprojekt zwischen dem Prinzen Karol und der zweiten Tochter des Zaren taucht wieder auf. König Karol werde zur Vermählung nach Petersburg reisen, da sei es unerläßlich, daß Kaiser Nikolaus zuvor den Besuch erwidere, den der rumänische König ihm vor langen Jahren in Petersburg gemacht habe. Beachtung verdient auch der Umstand, daß zuvor Talaat Bey die Verhandlungen in Bukarest begonnen hat, die durch den voraufgegangenen Besuch und die Auszeichnungen des türkischen Ministers in Livadia ihren Stempel erhalten. So deutet alles darauf hin. daß Rußland durch den rumänischen Hebel seinen während der letzten Kriege geminderten Balkaneinfluß neu zu stärken trachte.
3n Deutschland lebte man bisher der Ueberzeugung, daß die Person des yohenzollernhenschers die Gewähr dafür biete, daß alle Versuche, Rumänien aus dem Kreise des Dreibundes in den des Dreiverbandes hinüberzuziehrn, vergeblich fein würden. Wir möchten auch weiter bis zur Erbringung des strikten Gegenbeweises an dieser Ueberzeu- gung festhallen. Aber Rumänien erblickt seine Ausgabe
Gin IrMingstraum.
Bon Fr. Lehne.
(11. Fortsetzung.) (Nachdr. verb.)
<N.ne Abonnenten erholten den Anfang gratis nachgeliefert.)
„Nun will ich Dir ans meinem Leben erzählen, Wolf," begann sie nach einer Weile, „viel ist es nicht, aber doch genug des Traurigen für ein schwaches Menschenkind wie ich bin. Ich habe eine schöne Kindheit gehabt und eine sorgfältige Erziehung genossen, bis mir, als ich sechzehn Jahre alt war, nacheinander Pater und Mutter starben — ganz plötzlich. Mein Baler war deutscher Arzt in Riga, und meine Mutter stammt aus einer russischen Fürstenfamilie. Nun stand ich allein da — wohin? Die Verwandten von Mama wollten nichts von mir wissen; sie hatten sich gänzlich von ihr losgesagt, weil sie einen Bürgerlichen und noch dazu einen Deutschen geheiratet hatte. Vermögen war nicht da; die Eltern haben ein großes Haus geführt — Mama war so verwöhnt und sollte doch nichts vermissen, und der Vater war in diesem Punkte so schwach und nachgiebig — seine schöne Frau wurde von ihm mit allem Luxus umgeben, mehr als sein Einkommen gestattete! Und er — ach, er wurde von allen, die ihn kannten, geliebt uxd verehrt, er war so gut und hochgebildet! Ich war sein Herzblatt — wenn er wüßte, wie ich in der Welt herumgestoßen werde, daß ich Ladnerin sein muß, um auf anständige Weise mein Brot zu verdienen -" vor Erregung konnte sie nicht weiter sprechen.
nicht mehr darin, ein wichtiges, vielleicht das entscheidende Anhängsel einer der beiden europäischen Staatengruppen zu sein. Durch die jüngsten Kriege ist ihm eine eigene große Mission zugefallen,^ die Führerschaft aus dem Balkan. Während die anderen Nationen blutige Opfer brachten, gelang es der Staatsklugheit König Karols, dieses Ziel beinahe kosten- und ristkolos zu erreichen. Diese neue Ausgabe bestimmt aber die Orientierung der rumänischen Politik. Wer ihre Lösung zu fördern verspricht, dem reicht Rumänien die Hand, wer sie hemmt, von dem wendet es sich ab.
Es läßt sich nun nicht leugnen, daß König Karol bei Verfolgung dieses Weges in Wien wenig Unterstützung und in Budapest Schwierigkeiten gefunden hat. Der österreichische Widerspruch gegen den Bukarest« Frieden wurde in seiner unerwünschten Wirkung nicht dadurch beseitigt, daß Deutschland sich ihm nicht anschloß. Das mangelnde Entgegenkommen Ungarns seinen rumänischen Staatsangehörigen gegenüber hindert eine aufrichtige Verständigung. Auf der anderen Sette wirbt Rußland seit Jahr und Tag um die rumänische Freundschaft. Allerdings ist der Verlust Bessa- radiens noch nicht vergessen, aber es ist wohl kein Zufall, daß gerade in jüngster Zeit eine Deputation aus diesem Lande dem Zaren ihren Dank darbrachte für das Zugeständnis des Gebrauches der rumänischen Sprache in den Schulen und Kirchen. Eine geschickt inszenierte Demonstration, die dis magyarische Unduldsamkeit im ungünstigsten Lichte erscheinen läßt. Talaat Bey warb offenbar in Bukarest um Rumäniens Beteiligung an einem neuen Balkanbund, dessen Spitze sich gegen Griechenland wendete, dessen Führer König Karol werden würde. Man vermutet, daß Rußland diesen Plan unterstützt, um auf diesem Wege die entzweiten slawischen Brüder, Bulgarien und Serbien, wieder zusammenzusühren. Nachdem du;ch die Ereignisse im Epirus eine Entfremdung zwischen Rumänien und Griechenland eingelreten ist, erscheint es nicht unwahrscheinlich, daß Rumänien sich dieser Kombination geneigt zeigt, in der seine führende Stellung auf dem Balkan seine Stütze finden würde. Aber trotz seiner Patenschaft wird es Rußland schwerlich gelingen, in solchem Bunde ein gefügiges Werkzeug seiner Politik zu schaffen. Dafür bürgt König Karols Klugheit, daß die von ihm geleiteten Balkanvölker ihre Selbständigkeit wahren werden gegenüber Rußland und Oesterreich. Daß man in Wien wie in Budapest die rumänischen Vorgänge im Verein mit den albanischm Schwierigkeiten mit ernster Besorgnis verfolgt, kann nicht wunder nehmen. Man wird nicht umhin können, die Lösung der rumänischen und serbischen Probleme nunmehr ernsthaft ins Auge zu fassen, die Pester Widerstand und Wiener Unentschlossenheit bisher verhinderten.
Ser Tübinger Bering 8. Juli istt.
r Herzog Ulrich von Württemberg (1498—1550) ist eine jener Fürstengestalten aus der Geschichte, die heute noch trotz all ihrer starken Fehler im Gedächtnis des Volkes fortleben. Der Sohn des Grafen Heinrich, des Bruders
„Aber, mein Mädchen, schweige doch darüber, wenn Dich die Erinnerung so ausregt — und wüßte ich nichts von Dir, so genügte mir das Bewußtsein, daß Du mich lieb hast, ja? Du kannst ja nichts dafür, Du bist süß und gut," tröstete er sie, „siehst Du, nun weide ich mir alles reiflich überlegen, über meine zukünftige Beschäftigung Nachdenken, daß wir uns bald heiraten können; nach dem Manöver werde ich meinen Abschied einreichen, und schon Weihnachten bist Du dann meine kleine Frau — vor allem gibst Du Deine Stellung hier auf; ein passendes Unterkommen für meine Braut finde ich."
„Bar fünfzehnten Juli kann ich das nicht, Wolf; ich bin Frau Gündel etwas verpflichtet und möchte sie jetzt, wo viel zu tun ist, nicht im Stich lassen. Und so können wir uns doch noch öfter sehen, ja? Wir haben uns ja kaum gefunden! Und vor allem übereile Du nichts, Wols! Ich weiß doch, wie gern Du Soldat bist! Ach Wols, jetzt will ich Dich genießen — ich bin ja so glücklich, so sehr, daß ich das Erwachen aus diesem Traum fürchte! Es ist ja zu schön, als daß es von Dauer sein kann — ich soll kein Glück haben," setzte sie traurig hinzu.
„Aber Kind, woher die trüben Gedanken auf einmal? Komm, sei so gut, und laß mich Deinen Mund küssen, damit er nicht wieder so Trauriges sagt."
Weltvergessen, ihrer Umgebung nicht achtend, saßen sie da. Es war so unheimlich still um sie her geworden; eine drückende Schwüle lag in der Luft, und kein Blättchen regte sich. Am Horizont stand eine dicke schwarze Wolkenwand, die immer näher kam. Da führte ein plötzlicher
Eberhards II., von diesem erzogen, war von Frühe an ein selbstwilliger und unbändiger Charakter. 11 jährig ritt er 1498 in Stuttgart ein als Herzog, und wurde vom König Maximilian mit der 6jährigen Herzogin Sabine von Bayern verlobt. Schon 1503 für volljährig erklärt, begann der Sechzehnjährige seine Regierung. 3m bayerischen Erb- solgekrieg, in dem sich Bayern und Pfalz um den Nachlaß des Herzogs Georg von Bayern-Landshut stritten, stand er mit einem Heer von mehr als 20000 Mann auf der Sette von Bayern und vergrößerte durch eine Reihe von Siegen sein Land. Freilich hatte dieses dasür ungeheure Lasten auf sich nehmen müssen, aber für jetzt wenigstens gelang cs dem jungen Herzog durch sein glänzendes Auftreten, die Herzen des Volkes für sich zu gewinnen. So wurde denn auch seine Hochzeit, der bekanntlich eine keineswegs glückliche Ehe folgte, mit großer Pracht gefeiert. Eine ganze Woche lang wurden 16000 Menschen gespeist. Seine Mitgliedschaft zum Schwäbischen Bund erschien ihm mehr und mehr als eine Last. Er wollte eine Politik freier Bündnisse und löste sich allmählich ganz von dem Bunde. Dabei konnte fein durch Seuchen und Teuerung hetmge- suchtes Land die ihm aufgelegten Lasten kaum mehr trogen. Ohne daß die Landschaft gefragt wurde, schuf der Herzog zur Befriedigung seiner Prachtliede und seiner Leidenschaften alle nur irgendwie denkbaren Steuern und ries dadurch eine Empörung wach, die in dem Ausstand des Armen Konrad 1514 ihren Ausdruck fand. Um dieser Empörung Herr zu werden, berief der Herzog nach langem Zögern den Landtag aus 25. Juni ein, wegen des Anwachsens der Aufregung kamen aber die Abgeordneten schon am 16. des Monats in Stuttgart zusammen. Sie traten sofort dem Gerücht entgegen, als ob der Herzog fremde Kriegsvölker ins Land berufen habe, ermahnten jedoch zugleich die Grenzstädte, wachsam zu sein und ihnen sofort das etwaige Nahen fremder Kriegsvölker zu melden. Aus ihren Antrag berief man auch Abgeordnete des Landvolkes, weil sonst der Aufstand nicht gestillt werden könne. Der Herzog verlangte sofort Geld von ihnen zur Bezahlung seiner Schulden und zur Unterdrückung der Empörung. Allein dis Abgeordneten verlangten die Abstellung der seitherigen Mißwirtschaft und schlugen dem Herzog vor, zu gestatten, daß künftig vier Personen vom Adel, vier aus den Städten und vier aus den Dörfern mit ihm regierten, dann wollten sie ihm eine jährliche bestimmte Summe aussetzen, die übrigen Landeseinkünfte aber zur Bezahlung von Schulden verwenden, die Überflüssigen Güter der Klöster und Stifter mit dem Kammergut zu vereinigen. Dieser Gang der Verhandlungen schreckte den Herzog und seine Räte sehr, und da sie ihn dem Einfluß der Stuttgarter Bürger und des im Remstal und bei Leonberg in drohender Stellung versammelten Landvolkes zuschrieben, verlegten sie am 20. Juni den Landtag noch Tübingen, wohin sich jedoch die Abgeordneten des Landvolkes nicht, sondern nur die Städteabgeordneten und Prälaten begaben und wo auch Gesandte des Kaisers, des Kurfürsten von der Pfalz, des Bischofs von Würzburg, des Markgi asen von Baden und der Schweizer als Vermittler auftralen. Hier begannen die Sitzungen am 26.
heftiger Windstoß Marys Hut, der neben ihr lag, hoch in die Luft — erschreckt fuhren beide auf.
„Wolf, ein Gewitter", kam es ängstlich von ihren Lippen.
„Beruhige Dich, Mary, es wird nicht so schlimm sein", tröstete er, „ich will schnell Deinen Hut fangen."
„Nein, laß nur, bleibe hier", bat sie zitternd, sich wie ein scheues Vögelchen an ihn schmiegend, „o, nur nichts sehen, nichts hören!" Er knöpfte seinen Waffenrock aus und nahm das angstbcbende Mädchen an seine Brust, den Rock um sie schlagend und sie vor der Gewalt des Sturmes zu schützen suchend, der unheimlich brausend daher kam. L-ie Bäume beugten sich unter seiner Macht; hochauf wirbelte er Blüten und abgeknickte Blumen und Zweige durch die Luft. Ein Blitz, der auf eine Sekunde die Gegend taghell erleuchtete, durchschnitt das Gewölk — gleich daraus folgte ein krachender Donner, und nun ging es los — Blitz auf Blitz, Donner auf Donner! Große Regentropfen begannen zu fallen — ratlos sah sich Wolf um — der Baum bot nicht genügenden Schutz — im Gegenteil — aber wohin? Er war für sich nicht ängstlich, aber das Mädchen in seinem Arm! Da fiel ihm ein, daß ganz in der Nähe das Haus des Friedhoswärters war; dorthin wollte er. Kurz entschlossen zog er den Rock aus, hüllte trotz ihres Widerstrebens Mary fest darin ein und eilte, sie auf dem Arme tragend, des strömenden Regens nicht achtend, nach dem Hause. Die Tür gewährte einigen Schutz; behutsam ließ er das Mädchen zur Erde gleiten und klopfte dann an das Fenster, das mit Läden verschaffen war,