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Fernsprecher Nr. 29.

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88. Jahrgang.

Kreitag, den 12. Juni

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Schwäb. Landnstrt.

1S14

Wichtiges vom Tsge.

Der Groß Herzog vonMecklenburg-Stre- litz ist gestorben.

In der bayerischen 2. Kammer erklärte der Finanz­minister, daß die bayerische Staatsregierung einem weiteren Eingriff des Reiches in das direkte Steuersystem energisch Widerstand leisten werde.

Zum Oberpräsidenten in Posen wurde Unterstaats- sekretär von Eisenhart-Rothe ernannt.

Die Affäre des Warenhauskonkurses W. Wertheim in Berlin beginnt zu Skandalprozessen zu sichren. Der frühere Besitzer Wolf Werthelm, der in den letzten Tagen durch ein Telegramm von London an den Kaiser Aufsehen heroorzmusen verstanden hat, hat seine Rechtsanwälte be­auftragt, gegen den Fürsten von Fiirstenberg und gegen den Fürstenkonzern im Wege der Zivilklage wegen Ver- mögensschädigung durch arglistige Täuschung beim Ankauf des Warenhauses vorzugehen.

Der Generalstreik in Italien wurde für be­endet erklärt. Die Angelegenheit wird noch in den Kam­mern besprochen werden. Die italienische Regierung hat die Führer der Streikbewegung telegraphisch zu Truppen­übungen einberufen.

Die französischen Linksparteien sind entschlossen, dem Ministerium Ri bot ihr Mißtrauen auszusprechen.

Bei dem Heere und der Flotte Norwegens wurde der Alkoholgenuß völlig verboten.

Der russische Kriegsminister hat 353 Flugzeuge nach französischem Muster in Auftrag gegeben.

In Nordamerika herrscht in einigen Staaten eine Hitzwelle. die 50 Opfer forderte. Hunderte liegen krank in Spitälern.

Ser SroWrzvz »o» Meyenburg, srreliz f.

Der Großherzog von Mecklenburg-Strelttz Adolf Friedrich ist am Mittwochabend 8.17 Uhr gestorben.

Die Rezierungszeit des jetzt nach langwieriger und schmerzhafter Krankheit verstorbenen Großherzogs Adolf Friedrich verlies politisch ziemlich bedeutungslos. Er über­nahm die Regierung 56jährig am 30. Mai 1904, als sein Vater, Großherzog Friedrich Wilhelm, 85jährig, gestorben war. Gleich seinem Vater zeigte der Verstorbene nur wenig Neigung für Politik. Immerhin bol seine Regierungszeit politisches Interesse durch den Verfassungskamps. Beide Mecklenburger Großherzöge waren im Gegensatz zu den gemeinschaftlichen Ständen für die Einführung der Verfassung. Adolf Friedrich war am 14. August 1909 bereit, zu den bereits bewilligten 2 Millionen für Rückstände der Verwaltung noch weitere 10 Millionen der künftigen Staatskasse zu überweisen, wovon mindestens 5 Millionen

Gin Irühkingstraum.

Bon Fr. Lehne.

(10. Fortsetzung.) (Nachdr. verb.)

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Süßes Mädchen," flüsterte er vor sich hin. Gerade als er vor der Pforte stand, trat aus einem Seitenwege ein älterer Mann der Friedhofswärter der ihn groß und erstaunt ansah. Dies Zusammentreffen war Wolf doch etwas peinlich; grüßend faßte er an die Mütze und sagte: Guten Abend, na, Sie lassen mich doch noch passieren?" Der Alte warf ihm einen seltsam beredten Blick zu, der wohl zu fragen schien,was tust Du hier? Deinesgleichen ist doch hier eia seltener Gast und um diese Zeit Gutes hast Du sicher nicht im Sinn gehabt!" Wolf hatte das Gefühl, als wenn er etwas sagen müßte; deshalb bemerkte er gezwungen lustig:Ich habe mir nur eine Grabstelle ausgesucht! Sie erlauben doch?"

In solchen Sachen scherzt man nicht, Herr Leutnant," entgegnete der Alte ernst,da kann man schneller hinkom­men, als man denkt! Na, guten Abend, Herr Leut­nant," erwiderte er Wolfs Abschiedsgruß. Langsam ging dieser seiner Wohnung zu. Das Herz war ihm so voll, und er war ja glücklich, wie er sich noch nie in seinem Leben gefühlt hatte. Das holde Mädchen war sein sie liebte ihn! Aber wer war sie eigentlich? Er wußte so gar nichts von ihr und hatte ihr doch die feierlichsten Versprech­ungen gemacht. Wie, wenn sie seiner nicht würdig war?

Mark für allgemeine Zwecke übrig geblieben wären. Die Bersassungsoorlage der Regierung wurde aber abgelehni und später zurückgezogen.

Großherzog Adolf Friedrich von Mecklenburg-Strelttz. Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Gras zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr, ist am 22. Juli 1848 in Neustrelitz geboren. Sein Vater war der regierende Großherzog Friedrich Wilhelm, seine Mutter die Großherzogin Augusta Karolina, geb. Prinzessin von Groß­britannien und Irland. Adolf Friedrich machte die übliche militärische Karriere durch und avancierte in der preußischen Armee zum General der Kavallerie. Außerdem wurde er als Chef des 2. Bataillons des Großh. Mecklenburgischen Grenadier-Regiments Nr. 89 und des 2. Pommerschen Ulanenregiments Nr. 9 geführt. Am 17. April 1877 ver­mählte er sich mit Elisabeth, Tochter des verstorbenen Her­zogs Friedrich von Anhalt und seiner Gemahlin Antoinette, Prinzessin von Sachsen-Alienburg. Aus der Ehe sind vier Kinder heroorgegangen. Die beiden Töchter wurden ins Ausland verheiratet, die ältere, Herzogin Marie (geb. am 8. Mai 1878), am 22. Juni 1899 an den päpstlichen Conte Georges de Iametel die Ehe wurde am 31. De­zember 1908 wieder geschieden, die jüngere, Herzogin Jutta (geb. am 24. Januar 1880), am 27. Juni 1899 als Miiitza an den Kronprinzen Danilo von Montenegro.

Die beiden Söhne sind der neue Großherzog Adolf Friedrich II. (geb. am 17. Juni 1882 in Neustrelitz) und Herzog Borwtn, der schon in jungen Jahren durch eigene Hand starb. Adolf Friedrich ist trotz seiner 32 Jahre noch unverheiratet. Ec steht als Hauptmann L la snitv des Großh. Mecklenburg. Grenadierregiments Nr. 89 (seit 1899) und Rittmeister L 1a snrts der Armee.

Nationale Würdelosigkeit.

DieEinigkeit", die Zeitschrift der freien Bereinigung der sozialdemokratischen Gewerkschaften, brachte in ihrer Nr. 13 einen Schmähartikel auf unser deutsches Vaterland, der so hanebüchen ist, daß er als sozialistisches Kultur­dokument mitgeteilt zu werden verdient. Es heißt in dem Artikel u. a.:

. . . Seit der Gründung der Militär- und Adels- Konvention im Jahre 1871, die sich den TitelDas Deutsche Reich" beilegte, wird das mittelalterliche Deutschtum von dem gellenden Preußentums übertönt. Die Bundesstaaten bilden einen Adels- und Monarchistentrust. Ein selbständiges Landesgesetz besitzt kein Bundesstaat . . . Welche Selbständigkeit bleibt nun aber diesen auf deutschem Gebiete zusammengewürfeltenNationen"? Nun, dem Volke, den Steuerzahlern bleibt die echt deutschnationale Pflicht, in jedem Adelsqebiete (Bundesstaate) den Adel samt seinem gekrönten Oberhaupte zu unterhalten! . . . 1815 gab es noch 34 gekrönte Adelige, im Herbst 1866 nur 22. Die verwaisten Völker waren der Ehre ver­lustig gegangen, die Adelsprivilegten ihres erstklassigen Standes weiter zu tragen und die ehrwürdigen Regenten

Hatte er nicht gar zu unbedacht gehandelt? Aber nein, der Ausdruck dieser Augen, dieses Lächeln waren echt so konnte die Lüge sich nicht verstellen. Zu Haus angekom­men, fand er doch nicht gleich Schlaf; deshalb schrieb er seiner Mary noch einen langen, liebeatmenden Brief voll leidenschaftlicher Beteuerungen. Er brachte ihn noch selbst in den Postkasten, damit die Geliebte einen Morgengruß habe, und dann erst ging er fröhlichen Herzens sschlasen

Kaum konnte er den nächsten Abend erwarten; er war wieder vor der bestimmten Zeit am Platz. Diesmal kam Mary gleich nach ihm; er breitete die Arme aus, und sie flog ihm um den Hals.Da bin ich, Geliebter," lächelte sie, zu ihm ausschauend,ich habe mich aber beeilt, Dich nicht warten zu lasten. Dank auch für Deinen Brief." Er strich über ihr heißer Gesichtche».

Wie Du glühst, mein Mädchen!"

Ja, es ist auch so schwül," klagte sie,es nimmt mir fast den Atem wenn nur kein Gewitter kommt!"

Fürchtest Du Dich etwa?"

Ja, unbeschreiblich ich habe dann eine Unruhe in mir, die mich fast umbringl schilt mich kindisch, mein Wolf ich kann aber nichts dafür!"

Kleiner Hasenfuß, ich bin ja bei Dir," lächelte er.

Ja, Du bist bei mir!" Es klang eine unendliche Zuversicht aus ihren Worten, und in ebensolchem Vertrauen schaute sie zu ihm empor, daß er gerührt ihre Augen küßte. Fürchte nichts, mein Mädchen!" Wieder wie gestern saßen sie aus der Bank; sie lag in seinem Arm, und unverwandt schaute er in ihr holdes Gesicht, an dem er sich nicht satt

weiter zu bezahlen... Der Deutsche fühlt sich nur national als Schranze oder als der laut ver­nehmbare knechtende Befehlshaber. Die deutschen Herrennatmen und säbelrasselnde Maul­helden, die selbst weit ad vom Schuß mit vor­lauten Kundgebungen das Draufgängertum zu nationalen Freoeltaten ouspulschten. Hat Bismarck während seiner Regierungszeit jemals in der Front gestanden? Bewahre! Im Vaterland verkroch er sich hinter der Polizei, im Feindesland ritt er, in Generalsunisorm, weit hinter der Feuerlinie. Der Adel war und ist nicht geeignet, einer nationalen Entfaltung als Podium zu dienen. Darum ist das meiste, was in den deutschen Gebieten an Intelligenz zu bemerken ist, vom Ausland hereingetragen. Die Klassiker der deutschen Musik, die vom Auslände ent­stammenden Komponisten Bach, Beethoven, Haydn, Mozart verpflanzten ihre ererbte Kunst nach Leipzig und Wien. Die deutschen Nachahmer Shakespeares, Goethe und Schiller, haben die dramatische Kunst ihres Vor­bildes nirgends erreicht. Die Wissenschaft leitet ihre Wurzeln vollständig vom Auslande her. Newton, Stcffensohn, Darwin, die bahnbrechenden Naturwissenschaftler, waren Engländer, ebenso die Nationalökonomen Smith und Mill. Say vertrat Frankreich. Als die andern Kulturvölker sich längst eine konstitutionelle monarchische Regierungspräsentanz erkämpft hatten, hinkte auch die Militärkolonie Preußen und die noch kleineren demschtümclnden Adeleherrschasten nach. Zu der Roheit, ihre eignen Könige, Herzöge und Grafen himichten zu lassen, wie es die verwahrlosten Eng­länder und Franzosen taten, haben sich die wohlerzogenen Deutschen" niemals Hinreißen lasten. Der echte Deutsche wird seinen angestammten Herrn nie verraten, niemals wird er sich in roher Notwehr empören. Er stellt sich als patrio­tischer Soldat in eines der vielen niedlichen deutschen Vater- ländchen um für das große Adels- und Militärheim Preußen-Deutschland gern und freiwillig sein Blut zu opfern. Gibt es etwas Deutscheres, als mit Gott für König und Vaterland drauflos zu gehen, zu fallen, zu verkrüppeln auf dem nationalen Ehrenfeld der Schlacht oder der nationalen Industrie?" . . .

Eine Kritik erübrigt sich. Wir meinen, daß dem deutschen Arbeiter die Schamröte ins Gesicht steigen muß, wenn er die Ausführungen liest, die einen derartigen Tief­stand der Gesinnung wie der wissenschaftlichen Bildung verraten, wie die vorliegenden.

Politische Nachrichten.

Aormationsänderuug beim Heere. Die aus

Anlaß des Reichshaushaltsetats 1914 zu treffenden Formationsänderungen werden im württcm- bergischen Militärverordnungsblott veröffentlicht. Darnach werden neu errichtet: Vom 1. Oktober 1914 ab: 1 Fuß- artillerie-Dataillon mit niedrigem Etat- Standort Ulm

und 1 Befpannvngs-Abteilurig bei diesem Bataillon mit hohem Etat. 2. Das Bataillon führt die Bezeichnung Württ. Fussart.-Bat. No. 13". Die Offiziere und Unter.

sehen konnte. Spielend zog er die Nadeln aus ihrem Haar, daß das dicke, goldige Gelock über ihre Schultern fiel und sie wie ein Heiligenschein umwob.

Wie wunderschön ist Dein Haar, wie entzückend die Farbe Du trägst Deinen Namen mit Recht, Du bist mein einzige» süßes Märchen!"

Und mir ist es ein Märchen, ein Traum, daß Du mich hältst, mein Einziger!" flüsterte sie,Du, den alle anbeten, Du gehörst mir! Höre, wie die Nachtigall singt! Ach, wie ist es doch schön, Wolf!"

Ja, mein Mädchen, welches Glück, daß wir uns endlich haben, Du mein" und immer wieder küßte er sie. So saßen sie und kosten miteinanden. Der ernste Mann war wie verwandelt; seine Züge waren durchstrahlt von Glück, wenn er das holde Geschöpf im Arme hielt.

Ihr aber war es noch immer unfaßbar, den Mann zu

besitzen, den alle Frauen anbeteten, ihn liebeflehend zu ihren Füßen zu sehen sein ein und ollcs zu sein! Und wie innig er sie liebte, das fühlte sie aus allem heraus. Wie hinreißend konnte er bitten und flehen, wie unterstützte der Blick seiner Augen die Worte seines Mundes. Sie war so überseltg in dem Bewußtsein seiner Liebe, und in ihrer holden, mädchenhaften Weise sagte sie ihm das leise ver­schämt ins Ohr-. (Fortsetzung folgt.)

In der Zinchyandknag. Unteroffizier: Möchte einen Liebesbriefsteller aber nicht so langatmige Chosen kurz, knapp, militärisch.