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88. Jahrgang.
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Wichtiges vom Tage.
Das Befinden des Gcoßherzogs von Mecklenburg- Strelitz ist ernst. Der Großherzog hat infolgedessen den Erbgroßherzog mit seiner Stellvertretung beauftragt.
Das braunschweigische Herzogspaar ist, nachdem es am bayrischen Hofe seinen offiziellen Besuch abgestattet hat, nach Gmunden weitergereist.
Nach dem in der badischen Zweiten Kammer angenommenen Voranschlag für den Eisenbahnbau werden 6l Millionen für Eisenbahnbauten gefordert.
Aus der Werst des Bremer „Vulkan" in Vegesack fand in Gegenwart des Grafen Zeppelin der Stapellauf eines für den nordamerikanischen Dienst des Norddeutschen Lloyd bestimmten Passagier- und Frachtdctmpfers, den Gras Zeppelin aus den Namen „Zeppelin" taufte, statt.
Das Ministerium Ribot ist konstituiert worden.
Ein Generalstreik ist in Italien wegen des Verbots einer Demonstration gegen Strafkompagnien im italienischen Heere ausgebrochen. In Florenz wurde bei einem Zusammenstoß ein Bürger getötet.
Amtliches.
A. HSevarrrL Wagotd.
Bekanntmachung.
betr. die Feld Vereinigung ans Markung Monhardt.
Aus der am 6. Juni d. I. im Berhandlungszimmer des Anwalts in Monhardt abgehaltenen Abstimmungstagfahrt ist das Abstimmungsergebnis über die beantragte'Feld- bereinigung auf der gesamten Feldmarkung Monhardt vorläufig wie folgt festgestellt worden:
Don 11 Stimmberechtigten mit einem Steuerkapital von 3227 ^ 80 ^ Steuerkapital haben abgestimmt:
I. mit „Ja"
5 Teilnehmer mit 1879 ^ 49 ^ Steuerkapital; ab- wesend waren und nach Art. 9 Abs. 3 des Feldbe- reinigungsgesetzes als zustimmend anzusehen sind: 5 Teilnehmer mit 894 ^ 22 ^ Steuerkapttal; insgesamt haben somit zugestimmt 10 Teilnehmer mit 2775 Mark 71 ^ Steuerkapital.
II. mit „Nein"
1 Teilnehmer mit 454 ^ 09 ^ Steuerkapital.
Es ist daher das Unternehme« als beschlossen anznsehe«.
Dies wird mit dem Anfügen bekannt gemacht, das die zur Minderheit gehörenden, sowie die nach Art. 9 Abs. Z bezw. Art. 11 Abs. 5 als zustimmend angenommener Grundeigentümer das Recht haben, innerhalb der unerstreck. lichen Frist von S Wochen vom Tag der Abstimmung an dem Oberamt die nach ihrer Ansicht der Ausführung des beschlossenen Unternehmens entgegcnstehenden Grünt« mündlich oder schriftlich darzulegen, soweit solches nichi schon bet der Abstimmungetagfahrt geschehen ist.
Binnen derselben Frist sind bei dem Oberamt Beschwerden gegen den Bescheid über die in Art. 10 Abs. 1 genannten Ansprüche auf Freilassung von dem Unternehmen und hieraus oder aus anderen Gründen abgeleitete Antrüge auf Berichtigung des Ergebnisses der Abstimmung oorzu- bringen.
Den 8. Juni 1914. Kommerell.
Der Gang nach Kanoffa.
Der „Tagt. Rundschau" wird aus Rom gemeldet: Römische unterrichtete Kreise halten die Hoffnungen der deutschen klerikalen Presse für aussichtslos, daß Wackere Schrift durch gelegentliche Aenderungen derart verbessert werden könne, daß das Indexoerbot zurückgenommen würde. Für solche gelegentliche Entgleisungen heißt es im Index „äonve oorrißLnir". Wackere Schrift dagegen wurde schlechthin verboten, während sich die erwähnte Formel in demselben Indexdekret für ein anderes Buch vorfindet. Die der Zentrumspartei so wenig freundliche römische Maßregel, die eine neue Verurteilung der Kölner Richtung durch den Papst darstellt, bleibt also bestehen.
Die badische Zsntrumspartei wird durch das Urteil der Indexkongregation natürlich schwer getroffen und die gegnerische Presse nützt dieses neue Agitationsmittel weidlich aus. Eine Kundgebung der bne spricht von einer vernichtenden Bloßstellung des Zentcumsführerr und einer katastrophalen Wendung im Zentrumsstreit selbst. Wacker habe in Essen den Integraltsmus als eine „religiöse Sekte" bezeichnet, und nun hätten die Sektierer an der entscheidenden Stelle einen glänzenden Sieg über Wacker erfochten. Was er als eine Verletzung seiner Priesterehre bezeichnete, habe jetzt den Stempel der höchsten kirchlichen Autorität erholten. Das sei ein Zusammenbruch, wie ihn -die politische Welt noch selten zu sehen bekam. Der ganze bad. Klerus teile die Blamage seines Führers. Der Beob. zeige bereits den Ausweg, Wacker werde seine Ansichten so formulieren, daß sie sich dogmatisch nicht mehr angreifen lassen, und dieses Manöver werde wohl in Rom Gnade sin- den. Aber der ganze Streit im Zentrumslager drehe sich um die Abhängigkeit des Zentrums »an den kirch- lichen Autoritäten. Gebe Wacker nach, so habe er und mit ihm das Zentrum durch eine konkludente Handlung den bündigen Beweis geliefert, daß das Maß der Unabhängigkeit des Zentrum» nicht von ihm, sondern von den kirchlichen Instanzen bestimmt wird. Die „rein politische, interkonfessionelle Partei" anerkenne damit, daß ihre Freiheit und Selbständigkeit, ja ihre ganze Existenz auf dem Felsgrunde der kirchlichen Autorität ruht. Niemand habe so sehr für die Sache des kurialen Katholizismus, für die absolute Gleichgültigkeit der hierarchischen Autorität gekämpft, wie Wacker. Wie ein Löwe habe er um jedes Titelchen der kirchlichen Machtansprüche gestritten, aber es sei eine unglückliche Idee von ihm gewesen, nun gerade vom Zentrumsstandpunkte aus die Grundsätze anzusechten, in deren Wahrung er bisher den einzigen Daseinszweck des Zentrums gesehen habe. Das sei ihm zum tragischen Verhängnis ge-
worden. So müsse er sich nun in seinen alten Tagen aus den Weg nach Kanoffa machen und dort sein Ansehen als Parteiführer opfern, um seine Vergangenheit und die Grundlage seines bisherigen Lebens zu retten. Der vortrefflich geschriebene Artikel schließt, der Kanossagang des bad. Zentrumsmarschalls sei mehr als ein billiger Anlaß zur Schadenfreude: er sei „ein Tatsachenbeweis für die Abhängigkeit des Zentrums von der Hierarchie, ein Triumph der Wahrheit und Konsequenz und eine Niederlage der tollen Rabulistik, mit der das Zentrum seit Jahr und Tag harmlose Gemüter zu verwirren sucht". Die volksp. und soz.dem Organe äußern sich in ähnlichem Sinn, nur daß bei ihnen das Persönliche über Wacker mehr in den Vordergrund tritt. _
Auslösung der Jugeudorguuisutiiiue».
Durch Verfügung der Kgl. Kreisregierung Ludwigsburg wurde, wie bereits kurz gemeldet, der Verein Freie Jugendorganisation Stuttgart mit den ihm ungegliederten Bezirksvereinen im Stadtdirektionsbezirk Stuttgart auf Grund des § 2 des Vereinsgesetzes ausgelöst. In der Begründung dieses Schritts wird u. a. ausgeführt, daß die Freie Jugendorganisation nach ihren Satzungen als ein Verein im Sinne des Vereinsgesetzes anzusehen sei; dessen Tätigkeit beschränke sich aber nicht aus die Pflege der in den Satzungen als Bereinszweck angegebenen Äufgaben, die geistige und körperliche Entwicklung seiner Mitglieder zu fördern, vielmehr gehe aus den Kundgebungen des Vereins in Presse und Versammlungen wie auch aus der Veranstaltung von Gedächtnisfeiern für August Bebel und von Märzseiern hervor, daß die Tätigkeit des Vereins vorwiegend politische Zwecke umfasse. Neuerdings habe der Verein in sein Programm die von der Sozialdemokratie am 1. Mai gehaltene Versammlung zur Maifeier ausgenommen. Einen Beweis für die politische Betätigung des Vereins bildeten auch die Vorgänge auf dem Iugendtag der freien Jugendorganisation in Eßlingen, auf dem der sozialdemokratische Retchstagsabg. Hildenbrand die Mitglieder als Rekruten der Sozialdemokratie ansprach und sie ermahnte, die Arbeit der älteren Genossen sortzusetzen. Der politische Charakter werde auch besonders bestätigt durch die Stellungnahme der sozialdemokratischen Partei Stuttgarts und ihrer Presse zu der Freien Jugendorganisation.
Unter der Spitzmarke „Eine Aussehen erregende Meldung" gibt das Zentrumsblatt „Germania" eine Nachricht des volksparteilichen „Beobachters" vom 5. Juni wieder, in welcher gesagt wird:
„In Regierungskreisen erwägt man allen Ernstes die Auflösung der einseitig konfessionellen Jugendorganisationen des Zentrums, und zwar aus folgenden politischen Gründen:
1. reißen dir Organisationen einer politischen Partei die Jugend in streng konfessionelle Lager auseinander und verhindern so das Gemeinsamkeitsempfinden des nachwachsenden Geschlechts und
Kin IrüKkngstraum.
Von Fr. Lehne.
(8. Fortsetzung.) (Nachdr. oerb.)
tN»u« Lbonn.nten erhalten den Anfang groll, nachge liefert.)
III.
Es blinkt der Tau in den Grösern der Nacht,
Der Mond zieht vorbei in stiller Pracht,
Die Nachtigall singt in den Büschen.
Es schwebt über Wiesen und Dümmerschein,
Der ganze Frühling duftet hinein —
Wir beide wandeln dazwischen.
O Lenz, wie bist du so wunderschön!
In dem blühenden Rausch bahinzugrhn,
Am Arm seine zitternde Liebe,
Mit dem ersten Kutz in dem Himmelsraum Und fest zu glauben im törichten Traum,
Dab es ewig, ewig so bliebe!
T. von Boddien.
Endlich war es Donnerstagabend — ein wundervoller, warmer Frühlingsabend. Der Vollmond warf sein silbernes Licht auf die Erde. In den berauschend duftenden Fliederbüschen schluchzte eine Nachtigall ihre sehnsüchtigen Lieder, und in den Zweigen der Bäume rauschte es geheimnisvoll und verheißend. Schon eine geraume Zeit wanderte Wolf an der bestimmten Stelle ungeduldig auf und ab, jeden Augenblick nach der Uhr sehend, ob es denn noch nicht an der Zeit wäre. Die Brust war ihm von einem unbeschreiblichen Glückzgesühl geschwellt; sein Herz schlug de« Mäd
chen seiner Liebe so heiß entgegen — wenn sie doch endlich käme — oder hatte sie die Verabredung vergessen, war es ihr etwa gar leid geworden? — Er setzte sich auf die Bank — wo sie nur blieb? Doch knirschte da nicht der Kies wie unter leichten Tritten? Hastig blickte er nach jener Richtung und in einiger Entfernung vor ihm stand die Er- wartete, zitternd und mit niedergeschlagenen Augen. Er sprang auf und eilte ihr entgegen; doch fast andächtig blieb er vor ihr stehen. Me süß war sie! Das holde Gesicht vom Mondlicht umflossen, erschien sie ihm wie die verkörperte Poesie! Endlich faßte er sich. Er trat auf sie zu, und indem er ihre beiden Hände ergriff, fragte er mit bebender Stimme:
„O Mädchen, sag', hast Du mich auch so lieb, wie ich Dich liebe?"
Da schlug sie die wunderbaren Augen voll zu ihm auf, und innig kam es von ihren Lippen:
„Wäre ich wohl sonst hier?"
Da schloß er sie voll innerer Bewegung in seine Arme und preßte seine Lippen in einem langen Kusse aus ihren Mund, den sie ihm willig bot. Selbstvergessen lag sie an seiner Brust, bis sie sich besinnend aus seiner Umarmung befreite.
„Was ist Dir, mein Lieb?" fragte er da, „furchtest Du Dich etwa?"
„Nein," entgegnete sie leise.
„Was ist es denn? Komm, setzen wir uns, und da sagst Du mirs, was Dich bedrückt!" Zärtlich umfaßte er sie und setzte sich, sie durch sanften Druck auf seine Knie
zwingend. Sie ließ es fast willenlos geschehen. „So, mein Süßes, nun beichte!"
„Herr von Wolfsburg —"
„Wie sagst Du? Hast Du keine andere Anrede für mich? Kennst Du meinen Vornamen nicht? Nenne mich Du, mein Süßes!"
Sie errötete tief, als er ihr Gesichtchen in die Höhe hob und nochmals fragte. Da kam es leise, fast wie ein Hauch, von ihren Lippen:
„Mein Wolf."
„Sag es noch einmal," bat er und dann küßte er ihr das Wort viele Male von den Lippen, die so weich und lind wie ein Blumenblatt waren. „Wie bin ich glücklich, daß ich Dich endlich habe, Du," flüsterte er dazwischen, „ich Hab' Dich so unbeschreiblich lieb — und das ofort beim ersten Sehen! Damals in der Kirche, weißt Du noch?"
„Und ob ich das weiß. Ich kenne Sie — Dich ja noch viel länger! In den letzten acht Tagen sind wir uns doch immer begegnet - ein reizendes Lächeln flog bet diesen Worten um ihren Mund.
„Du Schelm," und wieder küßte er sie. „nun mußt Du mir aber von Dir erzählen, Mary! — Wie lange bist Du eigentlich hier? "
„Seit ersten März. — Ach, ich kann nicht viel erzählen! Mein Leben hier ist ziemlich eintönig; im Geschäft habe ich so viel zu tun, daß ich mir nur Sonntags einen Spaziergang erlauben kann. Ab und zu gehe ich ins