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88. Jahrgang. Postscheckkonto Nr. 5113 Stuttgart

Montag, den 8. Juni

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Beilagen: Plauderstübchen, Illustr. Sonntagsblatt und

Schwöb. Landwirt.

1914

Wichtiges dom Tage.

Der Reichstagsabgeordnete des Wahlkreises Königs­berg II-Labiau-Wrhlau, Ludwig von Massow (Kons.) ist im Alter von 70 Jahren nach längerer Krankheit ge- gestorben. Dadurch wird eine Nachwahl bedingt.

In Berlin haben die Armeewettkä rupfe be­gonnen, an denen sich 1000 Offiziere und Mannschaften von der Armee und noch etwa 200 von der Marine beteiligten.

Der ehemalige preußische LandVirtschasteminister Frei­herr Hammer st ein-Loxten ist gestorben.

Der Führer des Zentrums in Baden Wacker steht nach einer Nachricht desOsservatore Romano" auf dem Index, (sie!)

Die bayerische Kammer der Abgeordneten bewilligte einstimmig den 25-prozentigen Zuschlag für die Reichs- erbschastssteuer.

Die Bildung eines Kabinetts Diviani ist gescheitert; der französische Präsident verhandelt mit Delcass 6.

In Oedenburg (Ungarn) hat sich ein anscheinend Geistesgestörter auf einen Kirchturm geflüchtet, in dem er belagert wird. Zwei Personen wurden von ihm getötet und vierzehn verwundet.

Es verlautet, daß die albanische Regierung die von den Epiroten ausgestellten Forderungen genehmigt hat. (?)

In Durazzo wurden ein italienischer Oberst und ein Professor verhaftet.

Die Dagni-Indianer im Staate Sonora (Nord, mexiko) sind aufständisch. Die amerikanische Bevölkerung wandert aus; die Ausländer sind in Gefahr.

Amtliches.

A. HSevarnt Flagolö.

Bekanntmachung, betreffend die Aushebung der Militärpflichtigen.

Die diesjährige Aushebung findet am Mittwoch, de» 17. Juni und Douuerstag, den 18. Juni ds.Js., je vormittags vo« 8 Uhr an auf dem Rathaus in Nagold statt.

Es haben zu erscheinen : am Mittwoch, den 17. Juni d. I., vorm. 7/s Uhr:

Die zum Landsturm «nd zur Ersatzreserve vorgrschlazenen Militärpflichtigen, die zur Verfügung der Ersatzdehördcn entlassenen Mannschaften, über welche noch zu entscheiden ist, die vorläufig beurlaubten Rekruten, die vo» ben Truppen teilen abgewiesenen Einjährig-Freiwilligen und die Feld dienstunfähigen;

am Donnerstag de« 18. Juni d. I., vorm. 7/z Uhr:

sämtliche als tauglich bezeichne!«« Militärpflichtigen,

sowie die Reklamierten, über die eine endgiltige Entscheidung zu treffen ist, mit ihren Angehörigen.

Die Herren Ortsoorsteher erhalten die Weisung, die vor die K. Oberersatzkommission zu beordernden Militärpflichtigen, über welche ihnen besondere Verzeichnisse zukommcn werden, mit dem Ansügen »orzuladen, daß sie bei Vermeidung der gesetzlichen Strafen «nd Rechtsnochteile an den genannten Tagen vormittags 7 V, Uhr aus dem Rathaus in Nagold pünktlich und in geordnetem Zustande zu erscheinen haben. Auch sind die Militärpflichtigen auf die Bestimmungen der Wehrordnung §§ 65 Z. 3, 71 Z. 7 und 72 Z. 3 aufmerk­sam zu machen, wonach Versuche Militärpflichtiger zur Täuschung gerichtlich bestrnst werden, die Entscheidungen der K. Oberersatzkommisston endgültig sind und jeder in den Grundlisten de» Aushebun^bezirks enthaltene Militär­pflichtige berechtigt ist, am Allshebungstermin zu erscheinen und der Oberersatzkommission etwaige Anliegen vorzutragen.

Ferner haben die Herren Ortsvorsteher darauf hinzu- wkrken, daß die Militärpflichtigen mit reingewoschenem Körper und reiner Wäsche erscheinen. Diejenigen Militär­pflichtigen, welche an Schwerhörigkeit zu leiden behaupten, haben das Innere der Ohren gründlich zu reinigen, um eine Untersuchung derselbe» zu ermöglichen.

Allgemein bekannte Fehler der Militärpflichtigen (geistige Beschränktheit, Epilepsie re.) st«d, soweit solche nicht schon bei der Musterung zur Sprache gebracht wurden, vor der Aushebung dem Obkramt anzuzeigen. Bei Schwerhörigen, Neroenleidenden, Stotterern, Geisteskranke» oder Taub­stummen verlangt die K. Oberersatzkommission Vorlage von Zeugnissen des beamtete» Arztes (Oberamt-arztes).

Die Eröffnungsurknnden über die Vorladung der Militärpflichtige« sind ««ter Anschluß der Musteruugsansweife spätestens bis 12. Inn» d. I. hierher oorzulegen. Ueber sämtliche vorhandenen Schneider und Schuhmacher (tauglich und nichttauglich) find Arbeit-^ Zeugnisse vorzulegen.

Militärpflichtige, di« sich auswärts aufhallen, dürfen nicht von anderen Bezirken hierher zur Aushebung berufen werden, sind vielmehr zu belehren, daß sie sich am Orte ihres dauernden (nicht bloß vorübergehenden) Aufenthalts zur Stammrolle anzumelden «nd zur Aushebung zu stellen haben.

Sodann haben die Herren Ortsnorsteher darauf zu achten, daß keine Scheinoerzüge »orkommen. Be! denjenigen Militärpflichtigen, welch» vor der Aushebung sich wieder nach Hause begeben, ist frstzustellen, ob sie nicht in der Ab­sicht gekommen sind, um an der Aushebung teilzunehmen und alsdann wieder an ihren früheren Ort zurückzukehren. Es ist daher von jetzt an bei jeder Neumeldung zu berichten, ob nicht ein Scheinoerzug de. Militärpflichtigen vorliegt.

Bon der Beiziehung der Herren Ortsvorsteher zum Aushebungsgeschäst wird auch Heuer abgesehen.

Endlich werden dt« Herren Ortsvorsteher beauftragt, die Stammrollen für ISIS, ISIS «nd 1S14 samt den Beilagen zum Zweck der Prüfung durch den Zivil- Vorsitzenden der Oberersatzkommission zuverlässig bi- IS. Juni d. I. an das Oberamt einzusendrn.

Sollten in neuerer Zeit Strafe« gegen Militär­pflichtige erkannt worden sein, so wären solche in den Stammrollen nachzutragen und dem Oberamt in beson­derem Bericht sofort anzuzeigen.

Den 5. Juni 1914. Kommerell.

Die Schuld von Durazzo.

Eine in Rom und in Wien gut gemeinte und ehrlich gewollte Politik ist in Durazzo durch die Hand einer an­ders gerichteten Persönlichkeit in den gefährlichen Sumpf geführt worden, in der jetzt diealbanische Frage" stecken bleibt. Alioti heißt der Schuldige und zugleich Verant­wortliche; und italienischer Gesandter ist er in Durazzo. Ueber feine unheilvolle Tätigkeit herrscht so wenig ein Zweifel mehr, daß endlich auch die italienische Regierung sich genötigt sieht, «inzugreifen. Der italienische Gesandte Alioti am albanischen Hof in Durazzo hat sich als Werk­zeug des italienischen Chauvinismus betätigt und sich dofür hergegeben, gegen die Politik des österreichischen Bundes­genossen sich einzusetze«. Alioti ist der Ratgeber, der zum Fürsten Wilhelm in den Konak gekommen ist und ihm zugeredet hat, er solle den Schutz eines Kriegsschiffes aus­suchen für seine FamUie und für sich. Alioti hat diesen Rat" in einer Form oorgebracht, die den Fürsten fast zwang, davon Gebrauch zu machen, wenigstens für seine Familie. Und Alioti hat damit auch das erreicht, woraus er gerechnet hat: einen Verlust des sür den italienischen Chauvinismus als deutsch-österreichisch verdächtigen Fürsten an Ansehen und Einfluß. Wenn man die Einzelheiten der fraglichen Zusammenhänge hört, ist man geneigt, sogar an eine wirklicheFalle" zu glauben.

Die italienische Regierung hat mit diesen Umtrieben wie gejagt nichts zu tun, ebensowenig wie mit der italienischen Preßstimmung gegen Oesterreich; auch sie kommt aus Durazzo und von Alioti. An der Tatsache eines völ­ligen Ein»erstSnd»iffer zwischen Rom und Wien in der albanischen Frage, nicht nur in der Form einer Loyalität, sondern in der einer Intimität, ist nicht zu zweifeln. Aber in der Auswahl ihres Vertreters für den gefährlichen und heiklen Posten in Durazzo hat Rom ein« entweder unvor­sichtige »der sicherlich ungeschickte Hand bewiesen; und so- lange Männer vom Schlag von Alioti die Interessen Ita­liens neben Oesterreich zu vertreten haben, solange wird eine solche Aufgabe gegen Oesterreich sich richten.

Oesterreich selbst wird sich von der Schuld nicht srei- sprechen können, i« de« zweihundert Jahren, seit es als Herr de» katholischen Kultus in Albanien sich betätigt, ge­rade da» Gegenteil v»n dem getan zu haben, was dazu geeignet ist. einen österreichischen Einfluß zu sichern und zu mehren. Ich habe t« der ganzen Interessensphäre Oester­reichs in Albanien nicht einen einzigen Priester gesprochen, der die deutsche Sprache kennt; dabei sind sie alle von oder viele gar in Oesterreich ausgebildet. Aber Oesterreich hat die albanischen Zögling« in seinem italienisch-sprachigen Be. zirk in Klöster gesteckt, mit demErf»lg", daß die albani.

Gin IrüUingstraum.

Eine Erzählung aus dem Leben von Fr. Lehne.

S) (Fortsetzung.) (Nachdr. oerb.)

Am nächsten Tag begegneten sie sich wieder, ebenso an den darauffolgenden Tagen. Es war kein Zufall mehr, sondern er suchte dieses Zusammentreffen, und an ihrem ! jedesmaligen Erröten sah er, daß auch sie Interesse für ihn hatte. Er fühlte, daß er von diesem Mädchen, noch ehe er es recht kannte, nicht mehr loskommen konnte! Wohin sollte da» alles führen wie enden? Mit einer Heirat? Unmöglich er, der Träger eines alten angesehenen Namens. Offizier und sie eine kleine Putzmacherin, die nichts als den allerdings ungewöhnlichen Liebreiz ihrer Person in die Wagfchale zu werfen hatte! Tagelang grübelte und sann er, wa» tun wenn er bas Rädchen erst ein­mal gesprochen hätte! Wie sollte er sich aber nähern? Und wenn dann mußte er sich doch auch klar sein, was er eigentlich wollte! Er konnte ihr doch nicht gleich einen

Hetrataantrag machen-da stanb zu viel für ihn aus

dem Spiel; mußte er doch dann dem geliebten Soldaten­slande Batet sagen, er. der mit Leib und Seele seinem Könige dient«. Und würde schließlich der Gewinn dieses Opfer lohnen?

Strachwitz beobachtete ihn unausgesetzt; ihm fiel der Wechsel in Wolfs Wesen aus früher von vornehmer, sicherer Ruhe jetzt eine unstetige Hast; es mußte etwas

Zwingendes, Mächtiges sein, das den geliebten Freund so bewegte. Nicht länger »«mochte er di« R»lle eine» stillen Beobachters zu spielen, und so suchte er den Freund denn eines Abends in der Wohnung auf. Wolssburg lag grg. delnd auf dem Diwan, al» ihm Strachwitz gemeldet wurde. Ah, willkommen," rief er aufspringend,welcher gute Geist führt Sie bei dem Hundewetter zu mir?"

Ihr guter Geist, Wölfchen," entgegnet« er bedeuiungs- v»ll,na, ich will mich aber erst mal verpnsten die zwei Treppen hier herauf puh wie kann man über­haupt zwei Treppen hoch wohnen! 'nen Kognak? Ja, den nehme ich! Prssit!" Er leerte das dargereichte Gla« auf einen Zug,ah, das tut gut bei der Maikühle draußen!"

Zigarre gefällig?"

Danke, ja Sie wissen, meine Sorte!"

Biel Auswahl habe ich nicht"

Na ja, wer solch Sonntagsrauchsr ist, wie Sie" er brannte sich die Zigarre an und blies den Rauch in kunstgerechten Ringeln von sich, während er sich behaglich im Schaukekstuhl wiegt,sa, nun ist'« gemütlich Donner- wett«, ich weiß nicht, woran da» liegt, bei Ihnen, Wölf­chen, fühle ich mich immer am woblsten."

So, das freut «ich; dann kommen Sie nur recht oft; ich sehe Sie am liebsten bei mir. Strachwitz, weil Sie ein guter Kerl sind," sagte Wolf herzlich.

Wirklich. Wölfchen? Das freut mich ganz unbändig, wenn Sie das sagen. Auf das, was die anderen sagen, pfeife ich. Da sind so ein paar, wissen Sie, die drei, die

da unten immer am Tische sitzen weiß Gott, die Kerls sind mir so zuwider mit ihrer scheinheiligen Visage die Pfennigfuchser, die einem das bischen Geld nicht gönnen, das man «ehr hat als sie!" In seiner Erregung setzte er den Schankelftuhl in immer heftigere Bewegung.

Nur langsam." lächelte Wolf,ich habe ja auch nichts! Lassen Sie die Kerle nur in Ruhe; mir sind sie auch nicht s»nderltch sympathisch, hauptsächlich der Brenner"

na, das beruht ja auf Gegenseitigkeit; der wünschte Sie auch am liebsten dahin, wo der Pfeffer wächst! Denn nach seiner Ansicht sind nur Sie ihm bei der Ulrich ins Gehege gekommen das Mädel ist ja ganz verrückt nach Ihnen"

Lösten Sie bas doch, Strachwitz! Sagen Sie lieber, was Sie trinken wollen Pilsener oder einen leichten Mosel ich habe ba eine ganz vorzügliche Sorte" nee. lieber Pilsener, wenn es Ihnen egal ist!"

Nachdem ber Bursche das Gewünschte gebracht und sich wieder entfernt hatte, stärkte sich Strachwitz durch einen kräftigen Schluck; dann fuhr er fort, hartnäckig am vorigen Thema festhaltenb:

N«, leugne« können Sie doch nicht, daß di« Ulrich in Sie g«nz gehörig verschossen ist schön ist's schon nicht mehr, wie Sie Ihnen nachrrnnt. Sie soll gesagt haben ich muß ihn haben ich muß koste es, was es wolle. D<» sagen Sie dazu? Verrückt, was? Zwar eine gute Partie ist sie, Moos ist eenug da, ein hübsches Mädel ist sie auch, sür meinen Geschmack allerdings zu