!

>

1

i

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn» und Festtage.

Preis vierteljährlich hier mit Trägerlohn 1.35 im Bezirks­

und 10 Lm.-Berkehr 1.40 im übrigen

Württemberg 1.50 Monats-Abonnements nach Verhältnis.

M 128

kl Gksellschkstn.

AM- md Lijki-k-SlM filr!>n> NdermIs-SeKK WI>>.

Fernsprecher Nr. 29.

88. Jahrgang.

Postscheckkonto Nr. 5113 Stuttgart

Anzeigrn-Gebühr für die einspalt. Zeile aus gewöhnlicher Echrist oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Beilagen: Plauderstübchen. .

Illustr. Sonntagsblatt und

Schwäb. Landwitt.

Ireitag, den 5. Juni

1814

Wichtiges vom Tage.

Kolonialsekretär a. D. Lindequist wurde zum stell­vertretenden Vorsitzenden der Deutschen Kolonialgesellschaft gewählt.

Die Dreibundsmächte haben der Entsendung eines internationalen Geschwaders nach Durazzo zugestimmt. Die Entscheidung der Dreioerbandsmächte steht noch aus.

Die internationale Kommission hat ihre Vermitt­lungsversuche bei den Aufständischen in Albanien eingestellt, da diese auf ihrer Forderung beharren.

Der Sozialist Bioiani hat die Neubildung des französischen Kabinetts übernommen.

Auf Veranlassung des amerikanischen Präsidenten wurde eine Vorlage entworfen, die aus die Unabhängigkeit des Philippinen-Archipels hinzielt.

Das nächste deutsche Turnfest wird im Jahre 1918 in Stuttgart stattfinden.

Amtliches.

A. Hbevcrrnt Aagoc-.

Bekanntmachung.

Am Samstag, de« t ». Juni d. I.. vormittags

s Uhr findet auf dem hiesigen Rathause die ordentliche

Amtsversammlung

statt.

Nach der bestehenden Reihenfolge find stimmberechtigt die Gemeinden:

Nagold mit 7 Stimmen, Altensteig-St. mit 4 Stimmen, Haiterbach und Wildberg mit je 2 Stimmen, Beihingen, Berneck. Ebhausen. Egenhausen. Enztal. Gültlingen, Oberschwandorf, Rohrdorf, Rotfelden. Schönbronn, Simmersseld, Sulz, Untertalheim, Walddorf. Wart mit je 1 Stimme.

Die nach der Reihenfolge von der Stimmberechtigung ausgeschlossenen Mitglieder der Amtsoersammlung, sowie die ordentlichen, nicht aus der Mitte der Amtsoersammlung gewählten Mitglieder des Bezirksrats sind befugt, an den Verhandlungen mit beratender Stimme teilzunehmen.

Tagesordnung:

f. Wahlen (periodische Neuwahl des Bezirksrats und verschiedener Kommissionen).

2. Neubesetzung der Distriktsarztstelle Haiterbach.

5. Schaffung einer Distriktstierarztstelle in wildberg und Wahl des Inhabers derselben.

-1. Anschluß der Oberamtssparkaffe an den württ. Giroverband; Wahl eines Abgeordneten und von 2 Stellvertretern in die Verbandsversammlung.

5. Aenderung der Sparkassensatzung unter Erhöhung

der Einlagehöchstsätze und Einführung der täg­lichen Verzinsung.

6. Bestellung eines Nechnungssachverständigen für die Oberamtssparkaffe; Neufestsetzung der Belohnung desselben.

7. Anstellung eines Kaffenboten für die amtskörper­schaftlichen Verwaltungen.

8. Erwerbung von Grundstücken zur Erstellung eines Amtskörperschaftsgebäudes; Errichtung desselben.

9. Verwendung des Vermögens der geschloffenen Bezirkskrankenpflegeversicherung.

10. Abgabe von Körperschaftspostwertzeichen an die Allgemeine Grtskrankenkaffe Nagold.

11. Neufestsetzung der Vergütungen der zum II. haupt­amtlichen Verwaltungsaktuarbezirk gehörigen Ge­meinden für die Inanspruchnahme des Verwal­tungsaktuars.

j2. Wanderarbeitsstätte. Anstellungs- u. Belohnungs- Verhältnisse des Hausmeisters.

15. Versicherung der Amtskörperschaftskassen gegen Einbruch und Diebstahl.

1H. Stellungnahme zur Frage der Einführung einer staatl. Oberamtsbaumwartprüfung.

15. Beitragsverwilligungen an Vereine, Anstalten u. dergl.

16. Amtsvergleichungskosten vom Jahr 1915.

17. Voranschlag der Amtskörperschaft für 191H-

18. Abhör der amtskörperschaftlichen Rechnungen für 1912.

19. Mitteilungen und minderwichtige Gegenstände. Den 3. Juni 1914.

Oberamtmann Kommerell.

Die Gemeindebehörden

haben zuverlässig dis SV. ds. Mts. hieher anzuzeigen, ob in ihrer Gemeinde im abgelaufenen Kalenderjahr Grenz­berichtigungen und Vermarkungen landwirtschaftlich benütz­ter Grundstücke im Gesamtmeßgehalt von mindestens 1 da (gleichviel, ob sich da« in Frage kommende Gewand für die Durchführung einer Vereinigung geeignet hätte oder nicht) beschlossen oder ausgesührt worden sind. Dabei wolle jeweils angegeben werden, wann der Zentralstelle die in ß 34 Abs. 5 der Ministerialoersügung vom 1. Eept. 1899 (Reg.Bl. S. 667) vorgeschriebene Anzeige gemacht worden, ist, wie groß die neuvermarkten oder für rin« Neuvermarkung in Aussicht genommenen Flächen sind, welche Kosten auf das du der schon vollzogenen durchgreifenden Bermarkungs- ergänzungen erwachsen sind (oergl. hiezu Seite 18 unten und Seile 19 ff. der Denkschrift25 Jahre Feldbereinigung in Württemberg") und wer für diese Kosten aufzukommen hatte. Zutreffendenfalls ist Fehlanzeige zu erstatten.

Den 3. Juni 1914.

Kommerell.

Sie «e«e SchMztolMisLtios in WSMMerz.

Durch das am 1. April o. I. in Kraft getretene Oberamtsarztgesetz ist der Schularzt für alle Schulen in Württemberg obligatorisch gemacht worden. Ueber die bisherigen Erfahrungen mit diesem Gesetz machte Oberme­dizinalrat Dr. o. Scheurlen-Stuttgart auf der in Stutt- gart «öffneten Tagung de« Deutschen Vereins für Schul« gesundheitspslege und der Vereinigung der Schulärzte Deutschlands außerordentlich interessante Mitteilungen auf Grund von Aeuherungen der beteiligten Aerzte. In Stutt­gart, Ulm, Reutlingen, Ludwigsburg, Göppingen, sowie weiteren 20 Oberämlern, die durch Zusammenlegen von je 2 zu 10 Bezirken vereinigt wurden, sind insgesamt 15 voll beschäftigte Oberamtsärzte angestellt, während in den übrigen 39 Oberämtern Württembergs noch Oberamtsärzte tätig sind, denen die Ausübung der Privatpraxis gestattet ist. Hiezu kommen noch die voll beschäftigten Stadtärzte in Stuttgart, Ulm und Heitbronn und die praktizierenden Stadlärzte von Eßlingen und Schwenningen, sodaß insge­samt 17 nichtprakttzierende und 41 praktizierende Aerzte die Schularzttätigkeit im Jahre 1913 ausgeübt haben. Die Schularztlätigkeit nahm durchschnittlich in einem Oberamts- bezirk 50 Tage in Anspruch, in zusammengelegten Bezirken etwa 90 Tage. Bei der Untersuchung ergab sich, daß die im eigenen Haushalt beschäftigten Schüler häufiger und mehr ermüdet sind, auch schlechter aussehen als die gewerb­lich tätigen. Die Zahl der an einem Tag untersuchten Kinder beträgt etwa 60; durchschnittlich 7 Minuten bean­sprucht jedes Kind. Me Frage der Entkleidung veranlaßte nur in ganz vereinzelten Fällen Einsprachen und Schwie­rigkeiten. Im Gegensatz zu den gehegten Befürchtungen berichtet eine Reihe von Schulärzten, daß die Mutter eine eingehende Untersuchung erwarteten, wie vom Hausarzt. Mehrfach wurde versucht, Kinder zur Untersuchung einzu­schmuggeln, die gar nicht an der Reihe waren. Die Zu­nahme durch derartige außerordentliche Untersuchungen be­trug zeitweilig bis zu 10°/o der pflichtmäßig eingehenden Untersuchungen. In zwei Bezirken glaubte der Ortsgeist­liche Anlaß zur Einsprache gegen die Entkleidung der Kin­der zu haben. Aus den Ergebnissen der Untersuchung ist heroorzuheben, daß in vielen Bezirken der A l l g e m ei n- zu st and der Kinder sehr enttäuscht hat, ins­besondere bei Kindern im 1., aber auch noch im 4. Schul- jahr. Vereinzelt glaubt der untersuchende Arzt eine Ver­schiedenheit der Konstitution nach Gemeinden zu finden. Blühend« Kinder sind eine Seltenheit, ruft ein Oberamtsarzt aus. Als Ursache werden angegeben weiter Schulweg, Entbehrung des Mittagessens, häusliche Arbeit, besonders soziale Verhältnisse usw. Fast alle Schul­ärzte find einstimmig der Ansicht, daß das schädlichste der unsinnige Mostgenuß und die Unkenntnis der ein­fachsten Ernährungsregeln ist. Es handelt sich dabei nicht um den meist recht geringen Alkoholgehalt des württ. Obstmoste«, sondern um die Gewöhnung des Geschmacks. Mit Widerstreben werden die Kinder meist an Most ge­wöhnt und haben dann den Geschmack an Milch verloren Noch ganz anders als bisher müssen künftighin die Schul-

Gin Irüylingstraum.

Eine Erzählung aus dem Leben von Fr. Lehne.

5) (Fortsetzung.) (Nachdr. verb.)

Strachwitz," sagte da Wolfsburg stehen bleibend und ihm ernst ins Gesicht schauend,Strachwitz! haben Sie sich denn auch ernstlich überlegt, was Eie da sagen? Sind Sie sich nicht der Frivolität bewußt, die in Ihren Worten liegt?"

Aber, lieber Freund, was habe ich denn verbrochen, daß Sie mich so strafend arischen, als ob ich ganz etwas Ungeheures begangen hätte? Es ist doch nun einmal so. daß"

Io, es ist einmal so leider" unterbrach ihn Wolf,es liegt mir fern, mich als Sittenrichter ausspielen zu wollen mag jeder treiben, was er will mir ist'« gleich. Aber wenn mir zugemutet wird, solch eine junge, holde Mädchenblume zu knicken, nein, nein! Das Hab ich niemals verzeihen können, wenn einer dazu gewissenlos genug ist! Eine Zeit lang mag solch Verhältnis wohl dauern aber wenn die Ernüchterung eintritt. was dann? Meistens ist doch ein solches Wesen dann moralisch verderbt, » es kein Zurück mehr für dasselbe gibt und es der an­ständigen Gesellschaft verloren ist!"

Ach. Sie sehen ja viel zu schwarz! So ganz un­recht Kann ich Ihnen indes nicht geben, wenn ich bedenke"

entgegnete Strachwitz sinnend,ich glaube, wenn man über das, was man zu tun vor hat, mehr nachdächte und sich die Folgen vorstellte, würde mancher Unrecht unterbleiben!

Aber wozu grübeln! Das ist das Vorrecht des Alter«

warum sich dadurch seine schöne Jugendzeit verbittern! Wir können es doch nicht ändern I Leben und leben lasten, daß ist meine Devise! Gehen Sie, Cato Sie sind «in rechter Grillenfänger." Da« letztere sagte er wieder in seinem früheren übermütigen Tone.

Nein, Strachwitz. da» bin ich durchaus nicht! Früher war ich sogar ein ziemlich toller Junge aber di« Ver­hältnisse haben es so mit sich gebracht, daß ich ernst wmde! Ein solches Unrecht wie das, von dem wir vorhin sprachen, habe ich mir aber noch niemals zu schulden kommen kaffen I Vielleicht kennen Sie auch da» Heinesche Gedicht: Hab eine Jungfrau nie verführt mit Schmeichelwort und Rederei usw. Heine ist sonst gar nicht mein Geschmack na kurzum, Strachwitz, Sie solle« mich «icht für eiuen Gries- gram hatten, wenn ich auch jetzt etwa» ernster denke als Sie! Damals bei den 12. Husaren hätten Sie mich sehen sollen"

Mensch, Sie waren bei den 12. Husaren? Das weiß ich ja gar nicht! Sagen Sie mir nur um alles in der Welt, was Sie dann nach hier verschlagen hat?"

Strachwitz hielt plötzlich inne, da er fühite. daß er etwas taktlos mit dieser Frage gewesen war. Wolfsburg sah ihn groß und ruhig an, als er mit wehmütigem Lächeln sagte:Die Verhältnisse, lieber Freund, die ich vorhin schon

berührte. Vielleicht ein andermal darüber! Und dann mit dem kleinen Mädel nicht wahr?" Er stockte, suchte offenbar nach Worten, doch Strachwitz kam ihm zuvor. Ec drückte ihm warm die Hand,ich verstehe, Wolfsburg," sagte er herzlich,es wäre auch schade um so etwas Süßes,

Holdes!"-

Am andern Tage, gerade in der Mittagsstunde, ging Wolfsburg über den Rolandsplatz. Wie zufällig blieb er vor dem geschmackvoll dekorierten Schaufenster von Frau Gündel stehen, und bemühte sich, einen Blick in den Laden zu werfen. Hantierten dort nicht ein Paar weiße, zarte Hände? Sah er nicht ein süßer Mädchengesicht sich eifrig über einen Karton, gefüllt mit bunten Bändern, neigen? Das war aber alles so flüchtig vielleicht gar nur ein Spiel seiner Einbildungskraft. Hastig ging er weiter; doch nach ein paar Minuten konnte er es sich nicht ver- sagen, in der Hoffnung umzukehren, das holde Geschöpf zu sehen. Er hatte auch Glück; nicht weit vom Gündel- schen Geschäft begegnete sie ihm. Schon von weitem hatte er ihre gazellenschlanke, reizende Gestalt erspäht; er bemerkte, wie da» junge Mädchen bei seinem Anblick etwas stutzte und wie sich eine dunkle Blutwell« über ihr Antlitz ergoß, als sie aneinander vorübergingen. Nach einer kleinen Weile wandte er sich um und sah sie an einem Schaufenster stehen und ihm ebenfalls nachblicken.

(Fortsetzung folgt.)