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88. Jahrgang.

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Schwäb. Landwirt.

.U 126

Mittwoch, den 3. Juni

1914

Wichtiges vom Tage.

Unter Beteiligung von nahezu 8000 Lehrern aus allen Teilen des Reiches und auch aus dem Auslande haben am Pfingstmontage in Kiel die Verhandlungen des Deut­schen Lehrertages, welcher die Hauptversammlung des Deutschen Lehreroereins darstellt, begonnen.

Die sozialdemokratische Jugendorganisation Stuttgart wurde als politisch aufgelöst.

Der Zar wird zum Regimentsjubiläum der Kaiser Alexander-Garde-Grenadiere in Berlin erwartet.

Der Vorstand des K. Württ. Kath. Kirchenrats und Oberschulrats, Regierungsdirektor von Köninger, ist am Samstag in Bozen gestorben.

Der designierte Fürstbischof von Breslau Dr. Bertram hat an die Tagung der integralen Arbeitervereine ein Schreiben gerichtet, das zum Frieden mit den christlichen Arbeiterorganisationen mahnt.

Das Kabinett Doumergue trat offiziell zurück; Paul Deschanel wurde zum Kammerpräsidenten gewählt.

Nach Ansicht der internationalen Kontrollkommission ist die Lage in Albanien hoffnungslos.

Den bei dem Brand in Pera verwundeten Matrosen derSoeben" wurde durch Enver Pascha der Gruß des Sultans und die türkische Verdienstmedaille überbracht.

Amtliches.

K. Höevcrrnl Wagotd.

Ansteckende Krankheiten.

Die Ortspolizeibehörde« werden wiederholt darauf hingewiesen, daß die Anzeigen über den Ausbruch von an­steckenden Krankheiten sowohl an den K. Oberamtsarzt als das Oberamt unter Benützung des vorgeschriebenerr Vordruckes zu machen sind.

Vordrucke sind nötigenfalls vom Oberamt zu beziehen.

Nagold, den 2. Juni 1914.

_ Amtmann Mayer.

Auf die Bekanntmachung der K. Zentralstelle für Ge­werbe und Handel im Gewerbeblatt Nr. 21, betr. Kurs für Damenschneider und Damenschneideriune» im Juli und August d. Is. in Stuttgart, werden die beteiligten Kreise hingewiesen.

Das betr. Gewerbeblatt kann auf dem Rathaus ein­gesehen werden.

Den 25. Mai 1914. Amtmann Mayer.

Bekanntmachung betr. Ltedizinalvisitation.

Herr Obermedtzinalrat Dr. Camerer vom Kgl. Medi­zinalkollegium in Stuttgart wird anläßlich der Medizinal- Visitation vom 8. Juni 19^4 ab einschließlich 3 Tage im Bezirk Nagold anwesend sein und bei dieser Gelegenheit auch etwaige Wünsche und Beschwerden auf dem Gebiet

Km Irühlingstraum.

Eine Erzählung aus dem Leben von Fr. Lehne.

3) (Fortsetzung.) (Nachdr. verb.)

Es ist schon spät, lieber Berger; ich muß eilen! Aber ich komme wieder, und dann müssen Sie mir auch von den anderen Gräbern erzählen! Nochmals meinen Dank; leben Sie wohl!" Ich reichte den freundlichen Leuten die Hand und ging.

Das Gehört« beschäftigte mich sehr, um so mehr, da ich den Leutnant Wolfsburg so gut gekannt hatte. Zu Lebzeiten meines Mannes war er ein gerngesehener Gast, ein lieber Freund unseres Hauses, und ich hatte viel für ihn übrig,"da er ein goldtreuer, über alles streng ehrenhafter Charakter war. Da Hab' ich sein Wesen gekannt ernst und tüchtig; doch wenn er aus sich herausging, von herz­betörender Liebenswürdigkeit. Zum Begräbnis meines kleinen Alfred habe ich ihn zuletzt gesehen dann verließ ich meine Vaterstadt auf lange Zeit, da mir der Aufenthalt dort vorläufig unmöglich war ich mußte Abwechslung, Zerstreuung haben, wenn ich geistig nicht zu Grunde gehen wollte. Nach ungefähr einem Jahr bekam ich nach Isola bella die Anzeige seiner Verlobung mit einem Fräulein Ulrich nachgeschickt. Ich gratulierte; für mich hatte damals nichts Interesse, so daß mir sogar diese Verlobung gleich­gültig war, wenn ich mich auch darüber wunderte, da ihm, wie ich mich genau erinnerte, Fräulein Ulrich früher sehr

der öffentlichen Gesundheitspflege von Gemeinden und Privaten entgegennehmen.

Nagold. 2. Juni 1914.

Der Kgl. Oberamtearzt: Dr. Fricker.

Die deutsch-französische Verstiindigutigskonserenz.

Das ständige deutsch-französische interparlamentarische Komitee, das von der Berner Konferenz eingesetzt ist, trat am Samstag zusammen. Ueber den Erfolg der Verhand- lungen wird berichtet, daß das Komitee beschlossen habe, zunächst einen Nachrichtenaustausch zu organisie­ren, damit Deutsche und Franzosen gegenseitig unterrichtet werden über den wahren Sachverhalt der Ereignisse. Das Komitee erklärte ferner, daß es geboten sei, einmütig und nachdrücklich darauf hinzuwetsen, daß bei Schwierigkeiten in Regelung von Streitfällen das schiedsgerichtliche Verfahren, und zwar in den durch die Haager Kon­vention vorgesehenen Formen eingeleitel werde, das der Würde und dem Wohls der zivilisierten Völker am meisten entspricht. Das Komitee äußerte ferner, es sei zweckmäßig, um den Willen zum Frieden einer jeden der beiden Na­tionen der anderen gegenüber klar heroortreten zu lassen, zukünftig die Plenarversammlungen in Deutschland und Frankreich zu veranstalten. Das ständige Komitee veran­staltet noch in diesem Jahre, an demselben Tage, in Deutsch­land und Frankreich zwei interparlamentarische Versamm­lungen, an denen in jedem der beiden Länder aus dem Boden der Berner Konferenz stehende Parlamentarier Deutschlands und Frankreichs teilnehmen werden. Der Regierungspräsident des Kantons Basel-Stadt hatte an den Präsidenten der Konferenz ein Begrüßungsschreiben gerichtet. Die Konferenz beauftragte die beiden Präsidenten, dem Regierungspräsidenten persönlich den Dank der Kon­ferenz abzustatten. Die französischen und deutschen Teil­nehmer drückten ihre Befriedigung öder das Ergebnis der Konferenz aus. Nach der gemeinsamen Sitzung fand am Nachmittag ein Bankett statt, in dessen Verlaus Reichstags- abgeordneter Haußmann an die letztjährige Konferenz in Bern erinnerte und der Schweiz für ihre Gastfreundschaft dankte. Er trank auf dar Werk der Versöhnung und auf die Zukunft, welche die Erfüllung der heute gehegten Hoff­nungen bringen müsse. Senator d' Estournelles de Con- staut führte aus: Wenn die Zukunft reich an Verheißungen sei, so sei auch das bisher Erreichte bereits kostbar. Was man auch sagen möge, wir vertreten eine unbesiegbare Macht, die sich dem verderblichen Chauvinismus siegreich entgegenstellen wird. d'Estournelles trank ebenfalls auf die Zukunft und die baldige Verwirklichung des von dem per­manenten Komitee unternommenen Werkes. Blocher, Mit­glied des Regierungsrates der Stadt Basel, wies in einer mit warmem Beifall aufgenommenen Rede aus das große intellektuelle, moralische und ökonomische Interesse hin, das die Schweiz, besonders die Stadt Bafel, daran habe, daß die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarmächten sich immer herzlicher gestalten.

Die Unruhen in Albanien.

Aus Italien meldet man: Wenn es auch wahr sein sollte, daß die Türkei keine Schuld an den Vorgängen in Albanien trägt, so ist es doch wahr, daß von türkischer Seite in der letzten Zeit eine starke muselmanische Propa­ganda in Albanien getrieben wurde, die nur die Einsetzung eines muselmanischen Fürsten bezwecken konnte. So hat der frühere Sekretär des jungtückischen Komitees Midhat Schükri jüngst eine Rnhe wohlhabender Albanier nach Genua zusammengerufen und von ihnen die Zusage zu Beihilfen für die Agitation erhalten, nachdem die Versam­melten sich mit dem Agitationsziel einverstanden erklärt hatten. Man wollte erst später zur Tat schreiten, wenn, wie man verblutete, klar geworden wäre, daß Albanien unter einem christlichen Fürsten nicht zur Ruhe kommen könne. Die Aeußerungen, die dieser Tage der türkische Minister des Innern Talaat Bey gegenüber einem Redakteur des BukansterEpoca" tat. worin er Izzet Pascha als geeigneten Mann zur Leitung Albaniens empfahl, beweisen nachträglich, daß die Gerüchte, die vor einigen Monaten anläßlich des Putschversuches des jungiürkischen Majors Dekir zu Balona über die Kandidatur Izzet Paschas um­liefen, nicht ganz grundlos waren.

Politisches.

Kardinal KvPP und die christlichen Gewerk­schaften. In der neuesten Nummer derAllgemeinen Rundschau" behauptet Dr. Baumgarten-Rom, Kardinal Kopp habe vier Stunden vor feinem Tode einen Brief an den Erzbischof Dr. v. Hartmann diktiert, welcher eine um­fassende Zurücknahme feiner früheren Ansichten in der Ge« werkschastsfrage enthalte. Sehr wahrscheinlich klingt diese Meldung angesichts des kurz vor Kopps Tode veröffent­lichten Briefwechsels mit dem Grafen Oppersdorfs gerade nicht.

Sozialdemokraten «nd Kolonie«. Auf dem so­zialdemokratischen Parteitag sür Schwarzburg-Rudolstadt erklärte der Reichrtagsabgeortnete Artur Hofmonn, die sozialdemokratische Fraktion sei willens, in nächster Zeit einige Parteigenossen zum Studium der Kolonien dorthin zu senden, damit sich die Sozialdemokratie aus eigener Kenntnis ein Urteil über die Kolonien und das deutsche Kolonialsystem bilden könne. Der Genosse Hofmann selbst stellte fest, daß das ein grundsätzliches Preisgeben der Haltung der Sozialdemokratie in der Kolonialpolitik be­deutet. Man wird erst abwarten müssen, ob sich die Ge­nossen belehren lasten werden. Vielleicht handelt es sich nur um eine Berbrüderungsfahrt zu den Dualasreunden, denen wir zu dem Besuch herzlich gratulieren.

r Westmeyer «nd Polizei. Der sozialdemokratische Parteisekretär Friedrich Westmeyer hat von der städtischen Polizeidirektion die Mitteilung erhalten, daß über ihn eine Geldstrafe von 10 ^ verhängt wurde, weil er durch unge­bührliche Aeußerungen im schriftlichen amtlichen Verkehr die einer Behörde schuldige Achtung verletzt habe.

unsympathisch war; wenigstens hatte er sich mehr als ein­mal in diesem Sinne gegen mich geäußert. Jedoch Sympathien und Antipathien können sich ändern, und wer weiß, was ihn zu jenem Schritt gebracht hatte er hatte vielleicht Schulden und sie war eine reiche Erbin-!

Dann kam ich wieder hierher. Einmal besuchte er mich nicht lange. Er hatte etwas Zerfahrenes an sich, was ich früher nie an ihm bemerkt doch sieben Jahre sind eine lange Zeit: sie können viel ändern! Er wäre nach seiner Verheiratung einige Jahre in M. in Garni­son gewesen, so erzählte er mir, wäre dann wieder nach hier versetzt worden und hätte Aussicht, bald Major zu werden. Sein Söhnchen wäre ihm auch genommen. Bon seiner Frau sprach er nicht; ich stellte auch nur die un­umgänglich nötigen Fragen nach ihr, da ich gleich merkte, daß da etwas nicht im klaren war. Nachher hörte ich denn auch, daß er in sehr unglücklicher Ehe lebte und einige Wochen nach seinem Besuche bei mir trug sich denn das Schreckliche zu, das die ganze Welt in Aufregung brachte

der Selbstmord Wolfs von Wolfsburg-der in

einem Anfall von Geistesgestörtheit geschehen sein sollte!

Heute abend nun fange ich an, da», was Ich von den allen Leuten gehört habe, sowie das, was mir die alte Linde zugesliistert hat. zusammenzustellen und Dir, liebe Freundin, in Form einer Erzählung zu widmen, in der Hoffnung, daß Du sie nicht ungünstig aufnehmen wirst ! Es ist ja nur eine einfache schlichte Begebenheit, wie sie sich so oft im Leben zvträgt vielleicht ist sie für mich

nur darum so ergreifend, weil ich den Leutnant Wolfsburg so gut gekannt habe: aber ich hoffe, daß auch Du mit Deinem guten Herzen Teilnahme für jene beide haben wirst!

II.

Du bist wie eine Blume So hold und schön und rein:

Ich schau Dich an und Wehmut Schleicht mir ins Herz hinein.

Mir ist. als ob ich die Hände Ausl Haupt Dir legen sollt,

Betend, daß Gott Dich erhalte So rein und schön und hold.

Heine.

Hasso Woif von Wolfsburg war einer der beliebtesten Offiziere in Z. Sein nie ermüdender Fleiß, seine unge­wöhnlichen Kenntnisse, seine Tüchtigkeit im Dienst und die Liebenswürdigkeit, die er im Umgang entfaltete, halten ihn dazu gemacht. Dabei war er von einer wahrhaft rührenden Bescheidenheit; er machte sich gar nichts aus dem gesell­schaftlichen Leben, das er. seiner Stellung wegen, doch nicht ganz aufgeben konnte. Sein Ehrgeiz ging höher, als nur dahin, ein gefeierter Salonheld zu sein. Unermüdlich ar­beitete und strebte er, ohne doch jenem faden Strebertum, das so unangenehm berührt, zu verfallen. Sein Wunsch war. etwas Großes in seinem Berufe zu leisten, dem er mit Leib und Seele anhing. Am liebsten verkehrte er in dem Hause des Stabsarztes Dr. Schöne, den er sich zum Freunde erkoren hatte; dort fühlte er sich wahrhastzu Hause"; so sagte er wenigstens. Leider urde ihm dieses