Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

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«ti- mi> AiM- fir des GdklMls-ögild IlWld.

Fernsprecher Nr. 29.

88. Jahrgang.

Postscheckkonto Nr. 5113 Stuttgart

Beilagen: Plauderstübchen, Illustr. Sonntagsblatt und

Schwäb- Landwirt.

Montag, den 27. April

1814

Bestellungen auf den Gesellschafter

für die Monate Mai und Juni

werden bei allen Postanstalten und Landpostboten sowie in der Expedition angenommen.

Amtliches.

K. Hberarnt Nagold.

Die Herren Ortsvorsteher werden aus den Min.- Erlaß vom 31. März d. Is., betr. die Hagelversiche­rung (Min.Abl. S. 169) mit dem Auftrag hingewiesen, durch öffentliche Bekanntmachung in der Gemeinde den Landwirten die Versicherung ihrer Felderzeuqnisse gegen die drohende Hagelgesahr düngend zu empsihlrn.

Hierüber ist Eintrag im Schultheißenamtsprotokoll zu machen.

Den 25. April 1914._ Kommerell.

Die infolge Rücktritts des seitherigen Agenten der Württemdergischen Eparkaffe (Landessparkaffe) erledigte Agentur derselben in Snlz, Oberamts Nagold, ist dem Friedrich Wörner jun. Schmied daselbst übertragen worden.

Den 24. April 1914. Kommerell.

Bekanntmachung,

betr. die Wafferbeuütznngsanlagen.

Nachdem die Klagen über vorschriftswidrige Hand­habung der WasserbenÜtzungsanlagen und über durch eine solche hecbeigefühlte Unregelmäßigkeit im Wasserlauf der öffentlichen Gewässer des Oberamtsbezirks immer wieder­kehrten, haben sich die Wasserwerksbesitzec entschlossen, Mittel und Wege ausfindig zu machen, um eine regelmäßige Wasserführung künftig sicherzustellen.

Als eine von verschiedenen Maßnahmen ist eine un­vermutete Untersuchung der WasserbenÜtzungsanlagen auf die Einhaltung der Vorschriften der Verleihung«-- und Genehmtgungsurkunden und der Bestimmungen des Wasser­gesetzes und des Fischereigesetzes in Aussicht genommen.

Die Besitzer von Wafferbeuütznngsanlagen werden auf diese unvermuteten Untersuchungen aufmerksam gemacht und aufgefordert, auf die Einhaltung der erteilten Vorschriften Bedacht zu nehmen. Insbesondere wird auf die Bestimmung des § 104 der Bollz.Berf. zum Wasser­gesetz vom 16. Nov. 1901 (Reg Bl. S. 379) htngewiesen.

Nach dieser Bestimmung ist insbesondere zu vermeiden ein Absenken des Oberwasserspiegels an einer Stauanlage durch einen die während bestimmter Zeit zufließende Wasser­menge übersteigenden Wafferoerbrauch in Verbindung mit einem demnächstigen Aufstauen des Wassers. Es ist vielmehr darauf Bedacht zu nehmen, daß das Oberwasser während des Betriebs möglichst gleichmäßig aus der genehmigten Stauhöhe gehalten wird und daß das Wasser gleichmäßig abläuft, insbesondere daß bei Triebwerken mit Stauanlagen beim Schließen der Arbeitsfalle die Leerschußfalle entsprechend geöffnet wird.

Den 25. April 1914. Kommerell.

Sankt Urbans Krug.

Ein Schwank aus dem Bagantenleben des 16. Jahrhunderts.

Don Hermann Kurz.

(Fortsetzung.)

Sind denn die Nürnberger nicht lutherisch?" fragte der Bauer mißtrauisch.

Ja. aber ihr Uckan ist gut katholisch geblieben." sagte der Schüler, der nicht so leicht aus der Fassung kam. Und sein Segen hat die Kraft und Tugend der Flasche noch um ein Beträchtliches verstärkt."

Was hat sie denn für eine Tugend?"

Das sollt Ihr gleich sehen." sagte der Schüler,aber rühre sich keines von seinem Platze, so lieb ihm sein Leben ist." Er nahm die Flasche, stellte sie vor das Fenster und murmelte einen unverständlichen Spruch. Dann schloß er das Fenster, kehrte ihm den Rücken zu und blieb eine All lang mit gekreuzten Armen stehen. Dann forderte er Bauer und Bäuerin, Sohn und Tochter und die jüngeren Kinder lachend nacheinander auf, die Flasche hereinzuholen, aber niemand hatte den Mut. Endlich ging er selbst Fenster, öffnete, griff hinaus und brachte die Flasche gefüllt herein. Alles sperrte Mund und Augen ^ ""5 den Tisch setzte und ein starker, lieb­licher Wetnduft sich aus ihr verbreitete. Tr forderte einen Becher, schenkte ein und reichte ihn dem Bauer. Der aber schüttelte den Kopf und meinte, das sei Hexenwerk, dem er nicht traue. Aus das Zureden des Schülers sprach die

Tages-Neuigkeiten.

Aus Stadt uud Amt.

Nagold. 27. April 1S14.

^ Blaukreuzkoufereuz des Bezirks Nagold.

Ja erfreulich reicher Anzahl kamen die Mitglieder des Blau- Kreuzbundes aus den umliegenden Tätern und von den Schwarzwaldhöhen bis nach Besenfeld bei dem schönen Sonntagswetter in unserer Stabt zusammen, um sich ge­meinsam über ihre Arbeit, die Rettung so vieler einzelner und unseres ganzen Volkes aus der Alkoholnot, zu beraten. Etwa 60, meist fast zerstreut und einander unbekannt, fan­den sich ein und pflegten zuerst in geschlossenem Kreise di« tiefen religiösen Grundlagen des Bundes. Von 3 Uhr an vereinigten sie sich mit zahlreichen hiesigen Gemeinde- gliedern zu einer Festfeier im Bereinehamsaal, die bei allen Beteiligten tiefe Eindrücke hinterließ. Herr Stadtpfarrer Dr. Schairer verglich in seiner Festansprache diese Arbeit mit den Kreuzzügen des Mittelalters, wo einGott will es!" gewaltige Scharen gegen den Feind im heiligen Land a-chirs. Heut« haben wir den Feind im eigenen Land; bis in die kleinsten Schwarzwalddörsrr hat er seinen Weg gesunden. Und wieder eriönt einGott will es!" und der Ruf, gegen ihn das Kreuz zu nehmen. Mit dem Ntchttrinken, das oft im Vorder­grund zu stehen scheint, ist es beim Blauen Kreuz nicht getan. Die Enthaltung vom Alkohol ist nur eine selbst­verständliche Voraussetzung für den. der hier energisch Helsen will. Aber das Wichtige ist, anstelle der falschen, täuschen­den Freuden de» Alkoholgenuffes und Wirtshauslebenr wahre, bleibende Freude zu setzen. Erlösungsgerwßheit. Befreiungslust und Gottesglauben. Es wurde auch nachgewiesen, daß das heutige Trinken keineswegs im Sinne Jesu sei und sich nicht auf ihn berufen könne; viel­mehr verlange Jesu Gesinnung, die wenigen Annehmlich­keiten des Trinken» zu opfern gegenüber dem vielen Jammer, der daraus entsteht. Herr Sekretär Molitor aus Stuttgart gab mancherlei Erlebnisse der letzten Wochen aus seiner Arbeit kund, als Zeichen für dis große Not, die vielen geknickten Blüten, aber auch, die herrlichen Erlebniffe einer Rettung menschlich gerechnet verlorener Existenzen. E» war ergreifend, diesen erfahrenen Berufsarbeiten des Blauen Kreuze? mit seinem Ernst, aber auch seinem Mut und seiner Hoffnungsfreudigkeit zuzu­hören und zu vernehmen, wie es da und do t im Lande oft unerwartete Bewegungen gibt, wie aber die Trinksitten überall noch viel Gutes unterdrücken. Als lebendige Denkmäler der rettenden Macht Gottes im Blauen Kreuze traten dann eine ganze Reihe ernster Männer vor die Ver­sammlung, die in erschütternder Welse ihr früheres Elend und ihre jetzige Freude schilderten; früher Verschuldung und Verkommenheit, schon den Revolver zum Selbstmord angesetzt, nun als fröhliche, wohlhabende, tüchtige Bürger ihres neugeschenklen Lebens sich freuend. Wenn jemand am Wert und an der Berechtigung dieser Arbeit noch zwei­felte der Anblick dieser Helden mußte ihn überzeugen. Herr Sekretär Molitor beantwortete dann noch einige

Bäuerin ein langes Gebet über der Flasche und dem Glase und bekreuzte sich mehrmal«, worauf der Bauer erst zu trinken wagte.

Er nahm erst einen kleinen Schluck, dann einen star­ken. roch in das Glas und sagte:Das ist, schätz' ich, vom Besten."

Allemal." erwiderte der Schüler.Das Hab ich durch Sankt Urbans Segen gewonnen, daß das Fläschletn immer vom besten Jahrgang spendiert, der just ge­wachsen ist."

Da wär's also Vierziger!" rief der Bauer mit steigender Verwunderung.

Ganz gewiß wird's Vierziger sein." sagte der Schüler. Ihr werdet ihn ja kennen."

Nein," entgegnete der Bauer,versucht Hab' ich ihn nie. weder da er neu war. noch in den sieben Jahren, seit er alt und älter worden ist. Aber verdienen Hab' ich ihn helfen. Der Neunundreißiger. von welchem gereimt worden ist:Tausend fünfhundert dreißig und neun galten die Fässer mehr als der Wein," der mußte geschwind wegge- trunken werden, um dem Bierziger Platz zu machen, denn im August gab es schon neuen. Da konnte man das Ohm zu einem Botzen haben und noch billiger, ja viele machten den Kalk mit Wein statt mit Wasser an. Unser gnädiger Junker aber, der einer von den Gewitzten ist, schenkte den Seinigen umsonst aus und zwang uns, ihn in der Fron zu trinken. Alle Wochen mußten wir zweimal vors Schloß und Käs' und Brot mitbringen, doß es einen Durst gab, und dann schlucken aus Leiber krästrp. Das saure

Fragen aus der Versammlung; aber diese Einwürse äußer­licher Art treten, so betonte er ernst, weit zurück, gegenüber dem Anliegen des Vereines, der Rettung von Menschen- seelen. Es schloß die Festfeier, belebt und verschönt durch einige Gesänge des hiesigen Blaukreuzsingchores, mit einem Schlußgebet von Herrn Verwalter Bauer. Ein Zeichen des tiefen Eindrucks waren mehrere Unterzeichnunven solcher, die sich auch getrieben fühlten mttzuhelfen. Das Beste aber haben die zusammengekommenen Getreuen mit Hinausgelragen in ihre einsamen Dörflein, zur Stärkung Im Kampf, wo es weiterwirken wird zum Segen unseres Volkes.

r Befreiung von der GebSudebrandversicherung. Don jeder durch den Berwallungsrat der Gebäudebrarid- verstchenmgeanstalt zugelassenen Brf eiung ist den Hypo- thekengläubigem stets unverzügliche Anzeige zu machen. Die Brandcntschädlgung,-soweit sie fällig ist, darf eist aus­bezahlt werden, wenn die Hypothekengläubiger mit der Auszahlung ausdrücklich sich einverstanden erklären oder binnen der Frist von einem Monat vorn Empfang der Anzeige Einsprache nicht erhoben haben. Ebenso ist zu verfahren, wenn die festgestellte Vergütung dem Beschädigten, ohne daß es einer Befreiung bedarf, deshalb ohne Wieder­herstellung des abgebrannten Gebäudes ausdezahlt werden muß, weil der Wiederaufbau des abgebrannten oder beschädigten Gebäudes auf demselben Grundstück aus polizeilichen Gründen,'d. h. ans Grund des beftrhenden Ortsbauplans, nicht gestattet wird. Ist der Aufenthalt eines Hypothrkengläubigers unbekannt, so genügt die Ab­sendung eines die Benachrichtigung enthaltenden einge­schriebenen Briefs nach seiner letzten bekannten Wohnung. Nicht bloß in denjenigen Fällen, in denen die Entschädigung ohne Derwendungsnachweis ausbezahlt werden soll, sondcm grundsätzlich bei allen Besreiungsgesuchen ist eine Aeuherung des Gemeinderats und des Obmanns der Schätzungs- Kommission über den gemeinen Wert (Derkausswert) des zerstörten oder beschädigten Gebäudes zur Zeit des Brandes den dem Berwallungsrat vorzulegenden Akten anzuschlteßen.

4. Gtaatslotterie. Die 5. Klaffe wird in der Zelt vom 8. Mai bis 4. Juni d. I. an 22 Ziehungstagen in Berlin gezogen. In dieser Havptklosse kommen 174000 Gewinne mit zusammen 63 Millionen 813160 Mark zur Ausspielung und zwei Prämien von je 300 060 Mark zur Verteilung. Es werden also von den 828 000 Losen dftser Klasse rund 41 °/g Gewinnummern. Die Prämien werden derjenigen Nummer der beiden Losabteilungen I und II zu­geschieden. auf die am letzten Ziehungstage, dem 4. Juni d. I., und soserne «n ihm eine Nachmittagsziehung statt­findet, in dieser der zuerst gezogene Gewinn von 1000 und darüber fällt.' Sollte zu dieser Zeit ein solcher Gewinn nicht mehr im Rade sein, so werden die Prämien derjenigen Nummer der beiden Losabteilungen l und II zugeschlagen, die zuletzt gezogen wird. Unter den Gewinnen dieser Klaffe sind zwei mit mit je 500000 dos sog. große Los, neben Gewinnen von 200000 X, 150000 100 000

75000>b. 60000^, 50000^, 40000X. 30000^* 15000 10 000 5000 bis herunter zu 240 X

Lose zu dieser Lotterie ein Achtel 25 Mark sind bej

Zeug stieg einem doch jedesmal zuletzt ln den Kopf, denn, sagt da« Sprichwort,die Biele lut's," und dann gab's Händel und Schlägereien genug, die vor den Junker als Gerichlrherrn kamen, so daß er an Bußgeldern mehr ge­wann, als wenn er seinen Sauren verkauft hätte.

Der Schüler schlug ein Helles Gelächter auf.Wohlan", sagte er,so laßt Euch die Gottes- und St. Urbansgabe schmecken, da Ihr sie in jedem Betrachte sauer verdient habt."

Der Zuspruch erwies sich jedoch als überflüssig, denn der Bauer hatte während seiner Erzählung nicht gefeiert, und die große Flasche war leer. Als der Schüler dte» gewahrte, nahm er sie, stellte sie wieder vor da, Fenster und wiederholte sein Sprüchlein, worauf er die Flasche abermals gefüllt hereinbrachte. Der Bauer ließ sie jetzt freigebiger unter den Seinen Kreisen, die sich trotz ihres fortwährenden Erstannen« allmählich an da« Wunder ge­wöhnten und gegen den Wundertäter zutraulich wurden. Daß er über Nacht behalten wurde, verstand sich nun von selbst. Die Bäuerin versprach ihm eine gute Streu in der Stube zn machen. Auch wollte sie ihm zu so später Zeit noch eine Platt« voll Küchlein bereiten, der Gast ließ es aber nicht zu.Fasten gezieme ihm besser," sagte er mit erbaulichem Tone,und wenn er auch sein verwöhntes Fleisch noch nicht ganz abgetötrt habe, so wolle er es wenig­stens heute nicht mehr mit Wohlleben kitzeln." Die gleiche Kasteiung bewies er gegen dm Wein und tat nur hie und da auf heftiges Zusprechen des Bauern mit einem kleinen Zuge Bescheid.