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Aonnrrslag, den IS. März
1814
Die Einwanderung nach dev Vereinigten Staaten im Jahre M3.
Berlin» 17. März. 3n einer vor kurzem in Newyoik veröffentlichten amtlichen Mitteilung wurde bekanntqegeben, daß im Jahre 1913 die Zahl der fremdländischen Einwanderer nach den Bereinigten Staaten aus 1 197 892 gestiegen ist. Diese Ziffer übertrifft alle Ziffern scit 1907 und ist um 359 720 größer, als die Etnwanderungsz-ffer des Jahres 1912. Der durch die Einwanderung überhaupt erzielte Bevölkerungszuwachs der Bereinigten Staaten betrug, abzüglich der Auswanderung im verflossenen Jahre, 875303. Im ganzen wurden 3461 aus strafgesetzlichen Gründen wieder adgeschoben. Da jeder Fremde, der sich in den Bereinigten Staaten niederlassen will, 8 Mark Personen- steuer zu zahlen hat, so konnte dos Staatsschatzomt ca. 12 Millionen Mark aus dieser Einnahmequelle holen.
Im Jahre 1913 kamen nur 15 Prozent aus Nordeuropa. Dagegen kamen 75 Prozent der Einwanderer aus Ost- und Süden:opa und dem westlichen Asten. Im einzelnen wunderten nach den Bereinigten Staatrn aus: Belgien 7405, Dänemark 6478, Frankreich 9675, Deutschland 34 329, Holland 6902, Norwegen 8587, Schweden 17202, Schweiz 4104. England 43 363, Irland 27 876. Schott- land 14 220, Wales 2745. Italien verlor 265 542, Ruß- land (speziell das südliche) 291040, Oesterreich 137 245 und Ungarn 117 580. Die deutsche Auswanderung nach den Bereinigten Staaten hat auch in diesem Jahre wieder abgenommen. Diese Abnahme ist bekanntlich schon seit einer ganzen Reihe von Jahren zu konstatieren. Sie ist nicht zum wenigsten ein guter Beleg dafür, daß jetzt die Lebensbedingungen in Deutschland selbst als wesentlich günstiger erachtet werden als vor Jahren, wo die Deutschen nach Zehntausenden nach der Union einwanderten.
Im Hinblick auf die ständig wachsenden Einwanderungsziffern und auf die Tatsache, daß die Bereinigten Staaten jetzt bald eine Bevölkerungsziffer von 100 Millionen erreicht haben, ist bereits die Frage in der öffentlichen Dis- kusston der Union brennend geworden, ob Amerika auf die Dauer sortfahren soll, so große Mengen fremdsprachlicher Elemente aufzunehmen. Der Staatssekretär des Departements of Labour. William Wilson, der selbst in jungen Jahren als schottischer Auswanderer und Zwischendecker nach Newyork kam, hat noch vor einigen Wochen auf einem Bankett erklärt, daß er die Zeit für gekommen halte, um dir Schranken niederzulassen.
Tages-Neuigkeiten.
Aus Stadt Md Amt
Nagold, 19. März 1914.
* Vom Rathaus. Aus der Sitzung des Gemeinderats am 18. d. Mts. können wir Mitteilen, daß in der Sach? betr. Gesuch der Firma Tannhauser und Städele wegen Anfahrtsweg zu deren Lederkohlenfabrikariwesen eine Aenderung des Gesuchs oorliegt, wornach der Weg nun auf dem Grundstück der Petenten geführt werden soll, wozu ein schmaler Streifen städtischen Eigentums notwendig ist und dieser im Tauschweg abgetreten wird. Soweit bet der Anfahrt des Wegs und beim Uebergang über den Graben flädt. Eigentum notwendig wird, wird solches unentgeltlich und in widerruflicher Weise zur Benützung überlassen; letztere Bedingung soll nur bei unumgänglicher Notwendigkeit seitens der Stadt in Anwendung kommen. — Be- schlossen wird zufolge eines Gutachtens von Oberamtstierarzt Dr. Metzger einen Bock und einen Eber zu veräußern. — Zur Sprache kommt der Artikel im „Gesellschafter" betr. den neuen Fahrplanentwurf. Der Vorsitzende bemerkt, daß die Stadtverwaltung in dieser Sache, was Abwendung von Verschlechte ungen bezw. was Einführung von Bei- desserungen in Zug-Verbindungen anbelarge'olles getan habe, um Stadt und Bezirk Nagold in dieser Hinsicht so günstig als möglich zu stellen. Es seiin diesbezügliche Eingaben seitens der Stadt gemacht ward n am 28. Jan. d. I. und am 5. März d. I., auch sei der Vorsitzende noch am letzten Dienstag bei Direktor v. Leo in der Sache eingehend und dringend vorstellig geworden. Besonders sei er für die Beibehaltung der Mittageverbindurg rach Stuttgart mit Anschluß an den D-Zug 278 und die Einführung einer Triebwagenfahrt von Eutingen ab an Sonntagen abends im Anschluß an die letzten Züge eingetreten; auch habe er in letzterer Beziehung verlangt, daß wenigstens ein Versuch gemacht würde. Bon Seiten der Generaldirektion, bezw. von Direktor v Leo sei ein ablehnender Standpunkt betbehalten worden mit der Begründung, daß jetzt nich's mehr zu machen sei (obwohl uns die Aenderung mit dem
Schnellzug erst anfangs März bekannt wurde). Ein An- schluß an den D-Zug 278 sei nicht möglich, weil sonst der ganze Durchgangsverkehrssahrplan, welcher von der Berliner E senbahndirektion angesetzt sei, gestört würde. Das einzige Entgegenkommen der württ. Generaldirektion sei darin ent- halten, einen Anschluß des Nagoldtals an den Lokalzug 12 Uhr 31 in Eutingen zu ermöglichen, der 10 Minuten nach der bisher. Ankunft des D-Zugs also 2.13 in Stutt- gart ankomme. Der Vorsitzende betont noch, es sei dringend notwendig auch semerhin die Interessen der Stadt Nagold betr. Nah- und Fernverkehr energisch zu verfolgen und spricht seine Genugtuung darüber aus, daß mit dem besagten Artikel im „Gesellschafter" auch aus der Mitte der Ein- wohneischaft sich eine gewichtige Stimme erhoben habe; er begrüße diese Ausführungen und gehe mit denselben vollkommen einig. — In Beratung eines Gesuchs betr. Fortsetzung der Leonhardstraße bis zur yerrenbergerstkaße unter Erbreiterung des bestehenden Fußwegs wird beschlossen, mit dem Petenten und den Anliegern nochmalige Rücksprache zu nehmen.
* Aus Indien. Bon unserem Landsmann Herrn Missionar CH. Renz, Generalsekretär der Jugend-Mission — Basler Mission jetzt in Puthiyara P.O. Indien, dessen Name den Lesern des „Gesellschafters" von früheren Veröffentlichungen her wohl bekannt ist, erhielten wir wieder einen Brief, datiert aus Puthiyara P O. vom 26. Febr. d. I. Gr schreibt u. a.:
„Durch Ihr geschätztes Blatt den Gesellschafter bleibe ich stets in Verbindung mit dem Nagoldtal.
Es ist z. Zt. sehr heiß in Kal'kut; ich bin sehr viel draußen in den Schulen und muß meistens mit dem Rad gehen, trotz dem dicken Tropenhut spürt man die Hitze sehr.
Heute ist ein großes Heidensest; nicht weit von unsrem Haus weg befindet sich der große Hindutempel; das Geschrei und Getrommel übertönt alles. Hunderte von Hindus kommen vom Inland um zu Ehren des Gottes Shiva in den Tempel zu gehen und Sündenvergebung zu erlangen. An dem Weg zum Tempel sind viele Kausbuden ausgestellt, so daß alles eher einem Volksfest gleichsieht.
Das Volk wehrt sich um seine Religion und alle Kräfte werden eingesetzt dem Christentum gegenüber, aber wir find getrost „Jesus wird Sieger werden". „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat".
Heute früh kam ein Sanskrit-Gelehrter mit dem ich schon lange bekannt bin und die B bel gelesen habe und br kannte strahlend, daß er nun Christ werden wolle. Alle Wedas und Puronos habe er gelesen und mit der Bibel verglichen. Er finde, daß Jesus allein der wahre Erlöser sei. Er wird nun auf unserer Station Tellicherny in den Taufunterricht gehen, sich taufen lassen und vielleicht, seinem Wunsche gemäß, in unser theolog. Seminar eintreten, um ein Prediger des Evangeliums zu werden. Das sind als erhebende Augenblicke wenn solche Leute kommen und aus voller Uebrrzeugung Christen werden. Eine große Gefahr für unfern Distrikt ist der Muhammedanismus und es gilt mit allen Kräften diesem gewaltigen Feind entgegenzuarbeiten. „Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren". Aber eines wissen wir: Jesus Christus wird das Feld behalten!"
^ Tnrnkurs. Zur Hebung und leichteren Einführung des Mädchenturnens wurde an 5 Nachmittagen unter Leit- ung von Mtttelschullehrer Sandler mit mehr als 30 Lehrern des vorderen Schulbezirks Nagold ein Turnkurs abgehalten. Für die Lehrer des Hinteren Bezirks wird auch in Altenstrig ein Kurs gegeben werden. Gestern kam der hiesige Kurs zum Abschluß. Bor einer Anzahl geladener Gäste wurden von den Kursteilnehmern manche Hebungen oorgeführt, desgleichen von den Schülerinnen der Mittelschule. Herr Schulrat Schott, der den Kurs auch eröffnet?, sprach dem unermüdlichen Letter und den Teilnehmern den Dank aus und wünschte, daß auch das Mädchenturnen namentlich auf dem Land draußen zum Segen der Heranwachsenden Mädchen sein möge. Herr Oberlehrer K e m p f-Stammheim dankte Herrn Sandler im Namen der Teilnehmer für seine treue Hingabe an die Sache. Im Rößle war noch ein gemütliches Beisammensein.
* Nachzntrage« ist in der Konfirmandenliste unter den Knaben der eoangel. Kirchengemeinde Nagold: Hermann Stickel.
r Vorsicht! Ein Schwindler sucht gegenwärtig das Land heim. Er beruft sich meist auf einen ahnungslosen Bekannten, stellt sich vor als Vertreter einer in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Firma und hat zu wirklich unglaublichen billigen Preisen Schurzzeug. Leinen, Damast usw. zu verkaufen. Die oorgelegten Muster reizen die Hausfrau zu großen Bestellungen, Lieferung wird für den
nächsten Tag versprochen. Schließlich kommt noch etwas ganz besonderes Vorteilhaftes, nämlich Anzugefloff. Davon werden aber nur drei Stücke abgegeben um zusammen 55 -6. Hier kann das Geschäft gleich abgeschlossen werden (der Stoff wird aus einer nahen Wirtschaft geholt)
gegen Barzahlung natürlich. Aus das Eintreffen
der billigen Schurzzeuge usw. wartet man aber vergebens und der Anzugstoff wäre sonstwo mindestens zum gleichen Preise zu haben gewesen, auch reicht ein Stück nicht immer zu einem Anzug. Also Vorsicht!
* Naturalienpreise im Mobilmachuugsfall. Der Slaatsanzeiger veröffentlicht die Durchschnittspreise für Naturalleistungen an die bewaffnete Macht im Fall einer Mobilmachung. Die aus Grund der Monatsdurchschnitts- preise der letzten 10 Jahrgänge berechneten Preise für den Hauptmarktort (Oberaml) Nagold betragen je für 1 Ztr. Kernen 10.85 Roggen 9.68 X, Kernenmehl 13.16 Roggenmehl 12.59 Haber 8.16 Heu 2 92 Stroh 2.89 Das sind so ziemlich die höchsten Durchschnittspreise des Landes.
r Vogelzug Beobachtuug im Jahre IS14 Die
K. Naturaliensammmlung in Stuttgart hat an die Schulvorstände, ersten und einzigen Lehrer einen Fragebogen hinausgeschickt, um die genauen Ankunftszeiten verschiedener unserer Zugvögel festzustellen. Zu beobachten wären: Rauch- oder Dorfschwalbe (Merkmale: Brust rötlich weiß, kleineres, flacheres Nest aus Stroh und Erde, in Ställen, Scheunen, auf Balken); Haus- oder Stadtschwalbe (Merkmale: Brust reinweis, großes und tiefes Nest aus Lehm, zahlreich an der Außenseite von Gebäudenl und Kuckuck. Bei den Schwalben ist anzugeben die erste Beobachtung überhaupt und die erste Beobachtung am Nest und zwar Datum, Tageszeit, Witterung und Temperatur in der vergangenen Nacht; beim Kuckuck der erste Ruf. Sollte die Unterscheidung der beiden Schwalben nichd möglich sein, so wäre dies zu bem rken, eine etwaige Beobachtung über die Schwalben dennoch mitzuteilen. In einem Begleitschreiben drücken die beiden Oberschulräte die Erwartung aus, daß sich die Lehrerschaft der erbetenen Mitarbeit ohne Zweifel nicht entziehen werde.
Laudesuachrlchteu.
Vom Landtag.
p Stuttgart, 18. März. Die Zweite Kammer führte heute die Eingabe des neuen Ellenbohnerverbande» wegen der Schaffung einer Eonderanflolt der Inoaliden- und Hinterbliebenenoeificherung für die württ. Derkehrsan- stallen zu Ende. Abg. Graf (Z) verwahrte sich gegen den Borwurf der parteiischen Berichterstattung und polemisierte in längeren Ausführungen gegen die Abgg. Mattutat und Fischer. Er glaubte einen Widerspruch in den Aeuße- runqen des Sachverständigen und in denen des Ministerpräsidenten hinsichtlich der neuen Anstalt zu finden. Seine Partei werde für den Zusatzanb ag Hiebet und für den Antrag Mattutat stimmen. Wenn der Antrag Kiene keine Mehrheit finden sollte, sei doch durch die Eingabe des neuen Eisenbahnerverbandes und deren eingehende Behandlung erreicht worden, daß die Regierung die in den Anträgen Mattutat und Hieber enthaltenen Verbesserungen ohne weiteres zugesagt habe. Abg. Keil (Soz ) stellte den Antrag. den Antrag Mattutat dahin abzuändern, daß im nächsten Etat drr staatliche Zuschuß für die Arbeiterpensionskaffe in den württ. Berkehreanstalten in dem Umfang erhöht wird, daß ihre Leistungen denen der Abteilung 8 der Arbeiterpensionskasien der übrigen Bundesstaaten gleichgestellt werden können. Der Redner erklärte die Zustimmung seiner Partei zu dem Antrag Hieber und bestritt, daß sachliche Vorteile für die Staatsarbeitkr aus der Errichtung der Sonderanstolt sich ergeben würden. Abg. Stiefel (BK.) sprach sich für seine Person gegen den Antrag Kiene au« und stellte sich auf den Standpunkt des Aba. v. Hieber. Abg. Vaumann erklärte sich für seine Person für die Errichtung der Sonderanstalt und für den Antrag Kiene«; dieser Antrag und der sozialdemokratische könnten nach seiner Auffassung nebeneinander bestehen. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker meinte, die Idee der Sonderanstalt habe sich als weniger unschuldig heraus- gestellt als er in seiner Harmlosigkeit bisher geglaubt habe; er laste sich nicht von seinem unparteiischen Standpunkt abbringen. Der Ministerpräsident verteidigte die Versicherungsanstalt Württemberg qeaen die Auffassung, als ob sie den chrlstlich-iozialen Bestrebungen weniger freundlich gegen- überstehe. Die Anstalt Hobe an katholische Körperschaften 3700000 -6. an Protestant sche Bereinigungen 3038000 ^ Darlehen gegeben Mit einer längeren Auseinandersetzung, die heiterer Momente nicht entbehrte, schloß die heut ge