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88. Jahrgang.
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Schwäb. Landwirt.
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Amtliches.
A. Hberarnt Wcrgokd.
An die Ortspottzeibehörde».
Eichung der Bierfässer.
Unter Bezugnahme auf § 39 Abs. 2 der Eichoerfügung (Reg.-Bl. 1912 S. 42) werden die OrlspoHzeidehördm beauftragt von Zeit zu Zeit in den Wirtschaften prüfen zu taffen, ob die im Gebrauch befindlichen Bierfässer geeicht beziv. rechtzeitig nachzeeicht sind.' Säm liche Bierfässer müssen geeicht sein. d. h. den Eichstempel und das Iahrcszeichen 1912 oder 1913 tragen. Tragen sie das Iahreszeichen 1911 oder da? eines vorhergehenden Jahres, so ist die rechtzeitige Nacheichung unterblieben. In diesen Fällen, sowie wenn übirhaupt das Eichzeichen fehlt, liegt e ne Uebertretung des Gesetzes durch die das Bier liefernde Brauerei vor und es ist deshalb Anzeige an das Oberami zu erstatten.
- Nagold, den 14. Febr. 1914.
Amtmann Mayer.
Türkisches Erwachen.
Konstantinopel, im Februar. Die Platzkommandantur von Konstontinopil hat dieser Lage folgende Mitteilung erlassen: Don nun an wild jeder Offizier oder Militärbeamte zur Disposition gestellt, sofern er öffentlich alkoholische Getränke zu sich nimmt, sei es auch nur ein einziges Glas; mit zwanzig Tagen Gefängnis bestraft wird jeder Offizier oder oder Miiitärbeamte, der m l aufgeknöpftem Unisormcock oder Mantel betroffen wird. Wenn Offiziere es gegenseitig an der erforderlichen Höflichkeit fehlen lassen, so wird derjenige, der den niederen Grad besitzt, mit 15 Tagen Gefängnis bestraft.
Seitdem diese Verordnung eilassen morden ist bietet Stambul ein ganz verändertes Bild. Die Wirkung ist allenthalben zu spüren. Ganz besonders bei den Offizieren, denen der Spaziergänger begegnet. Von einem Tag zum andern hat sich ihrAeußeres zu ihrem Vorteil verändert: die Soldaten, die Hand in Hand durch die Straßen ziehen, passen auf, ob sie nlcht einem Offizier begegnen, nehmen, wenn sie einen nahen sehen, schon Achtungstellung an und salutieren vorschrlftsgemäß. So auch die Offiziere unter sich. Früher gingen sie achtlos aneinander vorüber und dachten nicht im geringsten daran, die Hand an den Kalpak zu legen. Die Kaffeebuden Stambuls sind bedeutend leerer geworden. Die Zivilisten sind j tzt in der Ueberzahl. Auch bei Toaktlian in Pera macht sich die Veränderung bemerkbar. Die Uniform ist sozusagen ganz verschwunden, jedenfalls aber ganz und gar das Mastik- oder Bierglas, dar die Herren Offiziere sich gern so zwischen sechs und sieben Uhr abends hinstellen ließen. Die Quelle dieser neuen Verordnung ist natürlich nicht weit weg zu suchen. Auch darin ist der Einfluß der deutschen Mililä Mission zu sehen, der sich in der Umgebung des Kriegeministers geltend gemacht ha!. Nun, dies war zu erwarten. Dagegen erscheint es mir bewundernswert, wie schnell der Soldat und der einfache Offizier sich an den neuen Gang der Dinge gewöhnt und wie rusch er sich mit der Neuordnung vertraut gemacht hat. Dies ist zweifellos ein Beweis dafür, daß das alles schon früher hätte erreicht werden können, wenn dafür gesargt worden wäre. Ganz unverkennbar macht sich in der türkischen Nation noch und nach so etwas wie ein nationales Empfinden bemerkbar.
Mannigfache Anzeichen lasten 'darauf schließen. Der Tod des Dichters Ekrem Bey. den seine Schüler als den Reformator der türkischen Sprache bezeichnen, hat so recht gezeigt, wieviel und wie einflußreiche treibende Kräfte am Werk sind, das türkische Volk aus seinem Iahrhundert- schlaf zu wecken und wie wenig Einblick eigentlich das zusehende Europa in die türkische Arbeitsstätte bisher gehabt hat. Sozusagen nichts ist draußen von der ungeheuren Bewegung bekannt geworden, die in den letzten Jahren aus dem Gebiet der- türkischen Literatur eingesetzt hat, von der Umwälzung, welcher die türkische Sprache aus dem Weg der Befreiung aus den Fesseln der arabischen und persischen Literatur unterworfen war. Niemand weiß, wie es um die türkische literarische Sprache vor einem Menschenalier bestellt war, und nur wenige können darüber urteilen, welche große Fortschritte die Modernen gemacht haben. Langsam hoi sich der nationale Geist, den man seit laniem bei den Türken heraufzubeschwören suchte, in das Bolksempfinden hineingedröngt, ist er von der Literatur aus die Kunst und Architektur übergespwngen. Alte Denkmäler türkischer Architektur und türkischer Kunst werden seit zwei Jahren, in letzter Zeit besonders von Hahri Bey, dem Wakufminister, ausgesucht und wiederhergcstellt; Im
Kunstgewerbe zeigt sich nationales Empfinden, und auch das Theater will sich langsam loslöscn aus der alten Tradition. Noch nie aber war dieser At.m des Erwachens in der Weise zu hören, wie gerade augenblicklich. Die schwere Prüfung, so scheint es, mußte überstar.den werdkn, damit man sich endlich auf sich se>bst besinnen lernte. Die neue Richtung der türkischen Politik deute! darauf hin. Fehler wurden eingesehen, und diese Einsicht brachte die Fungtürken aus den richtigen Weg. Dies wird man auch dann anerkennen müsset', wenn man sich heute noch nicht mit allen Mitteln einvcrstandcn erklären kann, welche die. die Geschicke des Reiches lei enden Männer anwenden, um ihr Ziel zu erreichen. Das wird man ihnen lassen müssen, daß sie den Versuch wagten, den nationalen Geist zu pflegen. Die Haltung der nicht türkischen Elemente der früher betriebenen Zentralisationspolitik gegenüber hat notwendigerweise auch bei den Türken den nationalen Geist wachgerufen. Das Komitee „Einheit und Fortschritt" wirkt nun in diesem Sinne, nicht weniger der ihm verbundene Flottenverein, der in allerjllngster Zeit Gelegenheit hatte, seine bisher entfaltete Tätigkeit in das rechte Licht zu stellen.
Auch der türkischen Frauenwelt kommt dieser Umschwung zugute. Noch hast man zwar aus Anstand und gute S tte und sorgt dafür, daß die Schleier nicht allzu durchsichtig werden. Dafür aber werden die Hanums durch die Zulassung zur Siambuler Universität reichlich entschädigt; sie ist ihnen vor wenigen Tagen gewährt worden. Bereits wurden Unterrichiskurse für Frauen eingerichtet, die einstweilen allerdings noch der mehr oder weniger geringen Vorbildung der Hörerinnen werden Rechnung tragen müssen, die aber, wenn auch die Wissenschaft nr ch nicht als neutraler Boden für beide Geschlechter betrachtet wird, dieker Einrichtung historische Bedeutung verleihen. (Bad. Presse).
Tages-Neuigkeiten.
Aus Stadt uud Amt.
Nagold, 16. Februar 1914
* Konzert. Mo'gen Dienstag 17. d. M. abends 8 Uhr find« in Calw im g:oßen Saal des Badischen Hofs ein Liederabend von Stadtpfarrer Werner in Berneck statt. Lieder von Schubert, Cornelius, Brahms und Hugo Wolf. Besucher aus der Nagolder Gegend werden den Zug noch gut erreichen.
* Futzballsport. Am gestrigen Sonntag standen sich aus d.m Sportplatz in Hirsau die I. Mannschaft des F. C Iuventud Calw rnd die I. Mannschaft des F. C. Nagold im Wettspiel gegenüber, welches von unserer Mannschaft mit 5:3 Toren gewonnen wurde. In Juventus von der Handelsschule in Ealm. eine internationale Mannschaft bestehend aus nur Ausländern und zwar überwiegend Franzoien, batte Nagold stets einen starken Gegner, der seit langer Zeit jetzt mal wieder besiegt wurde. Das Zusammenspiel unserer Leute war sehr gut und die Leistungen besonders unserer Verteidiger und des Torhüters vorzüglich. Unserem Fußballklub fernerhin viel Glück!
sp Warnung vor Anslandsstellen. Wir erfahren erneut aus brasilianischen Berichten, daß es dringend notwendig ist, junge Mädchen aus das Eindringlichste davor zu warnen, ohne sichere Auskunft und genaue vorherige Orientierung eine Stelle in Brasilien und überhaupt im Ausland anzunehmen. In dem so ganz andern brasilianischen Klima können die Deutschen nur schwer m beiten. Der romanische Menschenschlag liegt ihnen nicht. Es herrschen andere Begriffe von Sitte und Moral, von Kindererziehung, andere Lebensweise, Ansprüche und Gehalt. Ein in Europa abgeschlossener Kontrakt hat drüben keine Gültigkeit, selbst nicht, wenn er von einem amerikanischen Konsul unterzeichnet ist. Unkenntnis der Verhältnisse, der Sprache, andere Geldrechnung, Ausbeulrng durch die Dienstherrschaft, Menge! an Stellenangeboten und daher die Unmöglichkeit, den einmal anoenomenen Dienst wieder aufzugeden, die g'oße sittliche Gefährdung, und noch vieles mehr sind d e Schwierigkeiten, die sich solchen Mädchen in den Weg stellen. Zähe Gesundheit u d vor allen Dingen ein fester, sittlicher Charakter sind daher die erste Vorbedingung, um den Entbehrungen. Enttäuschungen und Gefahren, im Ausland zu trotzen. Es sollte niemand hü übergehen, der sich nicht eingehend über alles informiert hat. Zu diesem Zweck hat das „Nallonalbüro der Freundinnen junger Mädchen" in Darmstadt Adressen solcher Damen gesammelt, die längere Zeit im Ausland lebten und zuverlässigen Rot und Auskunft erteilen können Erkundigungen vermittelt für Württemberg kostenlos das Stuttgarter Büro der „Freundinnen junger Mädchen", Moseistr. 12.
Pfrondorf, 14. Febr. (Korr.) Bei der heutigen Gemetnderatsersatzwahl errang Gottlieb Renz, Bauer mit 30 gegen 23 Stimmen den hclßumstritlenen Sitz. Es darf wohl als eine Seltenheit angesehen w^den, daß in einem Oerlchen mit etwas weniger als 300 Einwohnern innerhalb 6 Wochen 1 Schultheiß. 1 Gemeindepsleger, 2 Bürgerous- schußmitglieder und 4 Gemeinderäte gewählt werden müssen.
Aus den Nachbarbezirke«.
Horb, 12. Febr. Letzten Samstag fand im „Linden- hos" eine gut besuchte Versammlung der realistischen Lehrer des oberen Neckargaus statt. Rektor Krimmcl aus Tübingen hielt dabei einen von gründlichem Studium zeugenden, gehaltvollen Bortrag über: „Die Entstehung der Allmande". Die allgemeine Anschauung sei gewesen, daß die Allmande eine allgermanische Einrichtung seien, die sich ursprünglich im Besitze der Marktgenofienschast befunden habe. Der Franzose Fustei de Coulanges sei in einem größeren Werk dieser Anschauung entgeaengetreten und habe es zu beweisen gesucht, daß die Allmande sich erst später aus dem Großgrundbesitz heraus gebildet habe. Redner schließt sich dieser Auffassung in der Hauptsache an. Noch manche Wort wurde dann über Bodenreform gesprochen. Rektor Krimme! machte hierauf noch Mitteilungen übÄ die Tätigkeit des Ausschusses des Philologen?-eins im letzten Jahr. Daran schloß sich die Besprechung eines E'lasses der Ministertalabteilung für die höheren Schulen, der sich mit der Versetzung der Schüler befasse. Der Rest der Zeit war der geselligen Unterhaltung gewidmet. Rektor Dr. Knödel aus Calw da litte dem seitherigen Gauoor- stand, dem nach Stuttgart beförderten Rektor Hauo, für die anregende und liebenswürdige Art, mit der er den Verein geleitet hatte. Der Scheidende versprach, auch ferner noch sich für den Verein zu interessieren. Zum neuen Vorstand des Gaus wurde Rektor Müller aus Tuttlingen gewählt. Die nächste Versammlung, an der sich auch die Damen beteiligen, soll im Mai in Freudenstadt slatlstnden.
Altheim (Horb). 14. Febr. Zu dem Bericht in Nr. 34 des Gesellschafters betreffend Körperverletzung mit nachgefolgtem Tode wird uns berichtigend geschrieben: Der Täter heißt nicht Kirch, sondern Proska. Singer wollte bei einem entstandenen Wortwechsel abwehren, dann stand Proska, der einen Groll gegen Singer hatte, auf und gab dem Singer den tödlichen Hieb. Proska ist ein verwegener Mensch und hat die Gelegenheit, dem Singer eins zu versetzen, gesucht und benützt. Auch ging Singer nicht blutüberströmt nach Hause; er hatte gar keine offene Wunde. Singer ließ sich von dem arimmigen Schmerz nicht einmal viel anmerken. In der Nacht wollte er noch Umschläge machen; da wurden seine Eltern aus ihn aufmerksam. Es war zu spät. Er verlor da? Bewußtsein und kam nicht mehr zu sich. Die Sektion der Leiche ergab, daß die Hirnschale zertrümmert und Blut ins Gehirn eingedrungen war. Singer war ein gutwütiger, arbeitsamer junger Mann, keineswegs streitsüchtig, (was auch dein Mensch behauptet hat. D. Red.) und bei jedermann wegen seines gefälligen, freundlichen Wesens beliebt. Am Mittwoch wurde er unter großer Anteilnahme hiesiger und auswärtiger Leidtragender zu Grabe getrogen. Der Täter, 24 Jahre alt, ist ein angetretener Sohn des vor einigen Jahren hierhergezogenen Steinbrechers Fürst.
Landesuachrichten.
B»m Lnndtag.
p Stuttgart, 14. Febr. Die zweite Kammer führte heute endlich die Beratung über das Körperschaslsbcamien- Pansionsgesetz zu Ende. Als Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes wurde der 1. April bestimmt. Eine Resolution des Ausschusses fand nahezu einstimmig Annahme, in der die Regierung ersucht wird, zu erwägen, ob nicht schon vor der Vorlage des Bermarkungsgesetzes eine Regelung der Rechtsverhältnisse der Katostergeomeier im Sinne der Anstellung als Körpetschasis- oder Staatsbeamte erfolgen könne. Minister des Innern Dr. v. Fleischhauer erklärte, die Regierung müsse sich ihre Stellungnahme zu dieser Frage Vorbehalten, eine Aeußerung könne er nicht abgeben, da das Finanzministerium zuständig sei. Dann würde zur Beratung zweier zurückgestellter Resolutionen übkrgegrwgen. Der Ausschuß batte beantragt, die Regierung zu ersuchen, eine Ergänzung der Gemeinde- und Bezirksordnung in der Richtung in die Wege zu letten, daß die Körperschafisbeamten und Unterbeamien gegen Kündigung ohne wichtigen Grund einen ausreichenden Sckutz erhalten, so zwar, daß diese Ergänzung möglichst gleichzeitig mit der Verabschiedung des Körperschoftkpensionsgeützes zur Einführung gelangt. Die Abg. Rembold-Aa'en (Z.)