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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw
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Ersch-inl Dt-nilag, Donn-rSla« und Samriag. Die <kinrückungSx-bühr b-lrSgt iin Bezirk und nächster Umgebung S Psg. die ?eile, sonst 12 Psg.
Dienstag,
den 6. Mai 1890.
AbrnnementSpreiS vieneljährlich in der Statt -0 Pfg. und 20 Pfg. Trägerlohn, durch d'e Post bezogen Mk. l. lb, sonst i» ganz LZürttenrberg Mk. 1. SS.
Der Kauer und die Zölle.
ii.
8. 6.-L Die Forterhebung der Kornzölle verhindert, wie wir gesehen haben, eine Entwertung des ländlichen Grundbesitzes; aber nicht nur das allein, sie kommt dem Kleinbegüterten auch direkt zu gute. Dieser hat zu wenig Grundstücke, um mit deren Bearbeitung seine ganze Zeit nutzbringend auszufüllen. In der Nähe von Jndustrieorten und größeren Städten findet er allerdings in diesen leicht Arbeit, namentlich wenn die Bauthätigkeit eine rege ist. Die ungeheure Mehrzahl der Kleinbauern aber ist darauf angewiesen, durch Taglohnarbeiten bei den stärker begüterten Bauern sich Geld zu verdienen. Wenn nun letzterem der — wahrlich sehr geringe — Vorteil, den ihm die Kornzölle bieten (die Kornpreise sind ja so niedrig wie nur je einmal!) weggenommen würde, so müßten sie naturgemäß die Taglöhne zurückschreiben oder schließlich manches Grundstück, das die Bebauungskosten nicht mehr trägt, entweder brach liegen lassen (in England liegt diese Wirkung vor, dort sind hunderttausende von Morgen, die früher mit Getreide bebaut waren, in Heideland umgewandelt!) oder aber, so weit es geht, ihre Aecker zu Wiesen machen. Wiederum wären die Kleinbauern die zuerst und am schwersten Geschädigten. Es zeugt also von blindem Unverstand oder gar von bösem Willen, wenn man den Kleinbauern weis zu machen sucht, ihre Interessen befänden sich zu denjenigen der Großbauern in einem gewissen Gegensätze.
Nur nebenbei, weil nicht strenge zu unserm heutigen Thema gehörig, wollen wir die jedem Vernünftigen ohne weiteres klare Thatsache berühren, daß, wenn durch Aufhebung der Kornzölle die Groß- und Kleibauern geschädigt sind, diese sich einschränken
müssen, wo es nur immer möglich ist. Wer leidet darunter: Zunächst der Kleinhandwerker und der Kaufmann, dann aber auch die Großindustrien und mit ihr die Sozialdemokraten. Letztere doppelt — denn viele besitzloswerdende Kleinbauern müßten, ob sie wollten oder nicht, ihr Brot in den Fabriken suchen, dort also das Arbeitsangebot vermehren und die Löhne herunterdrücken. Uebrigens aber wären viele Fabrikanten wegen des stark verminderten Absatzes an die einheimische und speziell die Bauernkundschaft gezwungen, ihren Betrieb einzuschränken, viele Fabriken würden sogar geschloffen werden müssen. Wenn also die Sozialdemokraten in ihrer Sucht, immer noch billigeres Brot zu bekommen, die Abschaffung der Kornzölle verlangen, so handeln sie nicht klüger als jener Mann, der den Ast, auf dem er saß, dicht am Stamme absägte.
Was übrigens die teueren Brotpreise an sich allein betrifft, so beruhen sie keineswegs allein oder auch nur zum größeren Teil auf der Wirkung der Kornzölle. Ungleich mehr als durch diese wird die Brotfrucht (und das Mehl) verteuert durch die Manipulationen mancher Getreidespekulanten, welche — namentlich an der Berliner Getreidebörse — einen Unfug treiben, der im preußischen Abgeordnetenhause scharf gerügt, von niemand geleugnet, aber bis heute noch nicht abgestellt ist. Jene Manipulationen zielen einfach darauf ab, die Kornproduzenten so lange mit den in Speichern aufgestappelten Massen ausländischen Getreides zu ängstigen, bis sie ihre Ware billig hergegeben haben. Dann aber wird der Getreidepreis rasch wieder in die Höhe getrieben. In einigen Schweizerkantonen hat man dem Unfug der Getreidespekulanten schon vor Jahren einfach dadurch ein Ende gemacht, daß man den Getreidehandel verstaatlichte und zwar ohne den bisherigen Getreidehändlern eine Entschädigung
zu zahlen. Dort wird also von Staatswegen das nötige Getreide aufgekauft nnd mit einem durchaus gerechten und billigen Zuschlag für Schwund und Verwaltungskosten zum Selbstkostenpreis an das Publikum wieder abgegeben. In Deutschland Hat unseres Wissens noch niemand den NM gehabt, eine ähnliche Maßregel vorzuschlagen. Daß sie in einem großen Reich ungleich größere Schwierigkeiten bereiten würde als in der kleinen Schweiz, ist zuzugeben. Undurchführbar wäre aber eine solche Maßregel keineswegs, auch wenn der monopolisierte Getreidehandel den Bauern das ihm angebotene Getreide abkaufen und sich nicht bloß auf den Verkauf des eingeführten fremden Getreides beschränken würde.
In einem sozialistischen Blatte finden wir als Betrag der Kornzölle im deutschen Reich pro 1888 die Summe von 57,167,000 eingestellt. Angenommen, aber keineswegs zugegeben, das Getreide würde um diese Summe billiger gewesen sein, wenn die Kornzölle nicht gewesen wären (mit größter Wahrscheinlichkeit kann man behaupten, daß dies nicht der Fall gewesen wäre; denn die Getreidespekulanten hätten schon dafür gesorgt, daß dieser Betrag in ihre Tasche geflossen wäre) so macht das auf die 46 Millionen Einnahmen Deutschlands repartiert noch nicht einmal ganz 1 25 iZ pro Kopf und Jahr und
dabei darf überdies nicht vergessen werden, daß das Reich, falls es diese Einwohner aus den Kornzöllen nicht gehabt hätte, Nie gleiche Summe aus Steuermitteln anderweitig hätte aufbringen müssen. Dann aber hätten die deutschen Bauern doch wieder einen guten Teil jener Summe aufzubringen gehabt. Wo bliebe dann die Ersparnis? — Wenn die Gegner der Kornzölle behaupten, letztere hätten nicht nur das ausländische Getreide um die angegebene Summe verteuert, sondern auch das inländische, so mag dies rich-
JeuMeton. «<. 4 ^--«-rb°un.
Nach hartem Ningen.
Roman von L. Dohrmann.
(Fortsetzung.)
„O, dann, bitte, singen Sie uns ein Lied von Schubert, liebes Fräulein!* rief Franziska lebhaft.
Helene verneigte sich leicht, um nach einem kurzen Präludium mit seelen- 'voller Stimme das Lied vom Heideröslein »Sah ein Knab' ein Röslein stehn —* anzustimmen.
Als der Gesang beendet war, gaben der Assessor und seine Schwestern ihren Beifall in geräuschvoller Weise zu erkennen.
»Herrlich, wundervoll, entzückend!* so tönte es von ihren Lippen.
Elfriede sowohl, als auch Baron Herbert schienen jedoch dieses Entzücken nicht zu teilen. Indes als Helene, den auf sie eindrängenden Bitten Folge leistend, noch ein zweites Lied gesungen hatte und abermals mit Lob überschüttet wurde, da richtete auch Baronin Elfriede sich nachlässig auf und sagte:
»Sie haben wirklich eine ausgezeichnete Stimme, Fräulein Schwas. Doch ich bin erstaunt, daß wir dies Talent erst so durch Zufall entdecken müssen. Es wäre, denke ich, Ihre Aufgabe gewesen, der Mama bereits öfter Etwas vorzusingen, zumal sie so sehr den Gesang liebt.*
„Die Frau Baronin,* entgegnete Helene ruhigen Tones, .hatte bisher noch nicht den Wunsch geäußert, mich singen zu hören*
»Ah, welche lobenswerte Bescheidenheit.* erwiederte Elfriede sarkastisch. .Ich bin überzeugt davon, Fräulein Schwarz, daß Sie sich großen Erfolg errungen haben würden, wenn Sie sich für die Bühne hätten ausbilden lassen.*
Helene zuckte zusammen unter diesen Worten, deren Stachel sie nur zu wohl Mite. Dann aber, ihre Augen fest auf die Sprecherin richtend, sagte sie kalt:
„Ich glaube kaum, das geringste Talent zur Bühnenkünstlerin zu besitzen, gnädige Frau, und außerdem würden meine Eltern einen solchen Entschluß meinerseits niemals zugegeben haben.*
In den Augen Elfriede's blitzte es auf.
„So hatten Ihre Eltern eine entschiedene Abneigung gegen den Beruf einer Künstlerin? Ich dächte, da Sie so früh verwaist sind, konnte deren Wille Ihnen kein Hindernis sein, Ihrer Neigung zu folgen, wie Sie wollten?*
Die Empörung trieb Helene das Blut in die Wangen, doch noch bezwang sie sich, im gemessenen Tone zu erwidern:
„Sie haben mich mißverstanden, gnädige Frau; ich hegte niemals Neigung zur Laufbahn einer Künstlerin.*
„Das ist beklagenswert um Ihr Talent,* versetzte die junge Witwe spöttisch „Jedenfalls haben Sie die musikalischen Studien mit vielem Eifer betrieben, wie man an ihrem Spiel erkennt. Darf man erfahren, in welchem Institut Sie Ihre Ausbildung genoffen haben?*
„In dem Pensionat der Frau Doktor Herder in D.*
Helene verfärbte sich leicht; nach einem kaum bemerkbaren Zögern antwortete siet »Frau Doktor Herder? Ah! Erhielten Sie dort besondere Ausbildung im Gesang?*
»Nein. Meine Stimme ist ein Erbteil meines Vaters, wie ich auch meine Fertigkeit auf dem Klavier größtenteils ebenfalls ihm zu verdanken habe.'
»Wie interessant!* rief Elsriede scheinbar teilnahmsvoll. »Welchem Berufe gehörte Ihr Vater denn an?*
Helene's Erbitterung über dieses taktlose Examinieren in der Gegenwart von Fremden war von Minute zu Minute gewachsen. Stolz richtete sie sich jetzt empor und entgegnete mit eisiger Stimme:
»Meine Ettern leben in meiner Erinnerung, Frau Baronin; ihr Andenken vor den Ohren Fremder zu enthüllen, halte ich mich nicht für verpflichtet!*
„Ganz nach Belieben, Sie pietätvolles Kind! Meine Frage war völlig harmlos gestellt. Ich wußte nicht, daß Sie den Stand Ihrer Ettern zu verheimlichen