Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn» und Festtage.

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Württemberg 1.35 Monats-Abonnements nach Verhältnis.

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Fernsprecher Nr. 29. 87. Jahrgang. Fernsprecher Nr. 29.

Samstag, den 13. Dezember

Anzeigen-Gebühr für die einspalt. Zeile aus gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 -H, bet mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Beilagen: Plauderstübchen, Illustr. Sonntagsblatt und

Schwäb. Landwirt.

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Wcrgotd.

Die Ortsarmenbehörde hat beschlossen, auch Heuer wieder die

auszugeben.

Wer eine Karte im Preis von mindestens 1 ^ bei der Armenpflege (Stadtpfleger Lenz) entnimmt, von dem wird angenommen, daß er auf diese Weise seine Wünsche zum neuen Jahr darbringt und ebenso seinerseits auf Besuche und Kartenzusendungen verziehst i.

Wir laden zu zahlreicher Beteiligung mit dem An­fügen ein, daß die Liste der Teilnehmer noch zeitig oor dem Iahresschluß im Gesellschafter bekannt gegeben und daß der Ertrag der Karlen unter die verschämten Hausarmen verteilt wird.

Nagold, den 10. Dezember 1913.

Die Worstände der Hrtsarmerrvehörde:

Dekan Pf lei derer. Stadtschultheiß Maier.

Der Wetterwart.

politische Umschau.

x Die Landtagsersatzwahl in Tuttlingen hat in ihrem vorläufigen Ausgang den allgemeinen Erwar­tungen entsprochen und der parteipolitischen Konstruktion des Bezirks entsprechend eine Nachwahl erforderlich gemacht. Bet dieser wird sich wie früher die Enttscheidung wieder zwischen Doikspartei und Sozialdemokratie abspielen. Da bei der letzteren auch in diesem Bezirk eine gewisse Stag­nation zutage getreten ist, rechnet die Bolkspartei ziemlich zuversichtlich mit einem für sie glücklichen Ausgang der Wahl, doch hängt dieser von der Stellungnahme der beiden Min- derhritspartcien und der Möglichkeit der noch sehr starken Reserven ab.

Der Finanzausschuß der Zweiten Kammer hat mit der Frage derBesteuerungderKonsumvereins- raba 1 te eine sehr delikate Materie in Angriff genommen, deren Beratung jedenfalls im Plenum weitschweifige wirt­schaftliche Auseinandersetzungen im Gefolge haben wird. Ein positives Resultat wird man sich von der Behandlung dieser Frage kaum versprechen dürfen, schon um deswillen nicht, weil die Regierung die großen Bedenken, die einer Lösung nach der einen oder andern Seite e rlgegenstehen, selbstoer- stiindltch nicht verkennen und deshalb in mehr oder weniger unverbindlicher Form über die ganze Frage hinweggehen wird.

In der vorläufigen Lösung der durch die Vorgänge in Zabern heroorgerufenen innerpolitischen Krisis hat der Kaiser durch seine Verfügung, das Zabsrner Regiment einst­weilen von dem unliebsamen Schauplatz wegzuosrlegen, eine sehr glückliche Hand gezeigt, denn diese Versitzung bedeutet eine fühlbare Rüge an beide Teile, an die Garnison wie

Mi", das neue Mimimnder.

DerSerprntiula»;. Der triumphierende Khauffenr. Die leuchtende Zeitung. Der imprägnierte Schutzmann.

Das so lange bearbeitete Problem, das Radium, wel­ches bisher nur in der Medizin zur Verwendung gelangte, gewerblichen und industriellen Zwecken dienstbar zu mach n, ist nunmehr gelöst worden. Dem Be liner Chemiker Wil­ly Wolfs ist es nach Jahren heißester Arbeit gelungen, dem wertvollen Stoff auch diese Verwendungsmöglichkeit abzuringen. Ein Gang durch sein Laboratorium zeigt uns das bisher praktisch Erreich e und eröffnet uns zugleich die ungeahnten Perspektiven für die Zukunft. Di« Aufgabe, welche sich der Erfinder stellte, bestand darin, die Leucht­kraft des Radiums, sowie der Radiump- äparate auszunützen. Bei reinem Radium werden nur die Gamma-Strahlen dem Auge sichtbar, währendsdie Alpha- u. Beta-Strahlen unsichtbar bleiben. In den Präparaten des Erfinders werden jedoch auch letztere intensiv, so daß die Präparate und die mit diesen zubereiteten Leuchtfarben die Strahlung des reinen Radium bei weitem übertreffen. Es ist gelungen, Gewebe aller Arten, Baumwolle, Seide, Wolle und Flachs, außer- dem olle Gesteirwrlcn, Gips, Holz, Papier und Glas mit den Radium Leuchtfarben zu imprägnieren. Ein mitTida" so nennt der Erfinder sein Präparat. behandelter Stoff er­glüht bei ei "tretender Dunkelheit in herrlichstem Grün, Vio­lett, Blau, Rot und Gelb. Ohne Benützung einer anderen

an die Bevölkerung von Zabern, von denen sich kein Teil einwandfrei benommen hat. Und wenn man auch schließ­lich bedauern mag, daß hier der Schuldige mit dem Un­schuldigen leiden muß, in solchen Fällen geht es eben nicht anders und dieser Umstand gerade mag die heilsame Lehre sein. Besonders zu begrüßen aber ist, daß die Entschließung des Kaisers eine Korrektur des Verhaltens der lokalen Militärbehörde sowohl wie des Kriegsministers und des Reichskanzlers ist, deren Einseitigkeit die allgemeine Ver­stimmung zu einer so tiefqehcndcn gemacht hat. Mag der Reichskanzler, dem der Reichstag mit einer Einhelligkeit, wie sie noch selten zutage getreten ist, sein Mißtrauen aus­gesprochen hat, vorerst auf siinem Posten bleiben, weil es der Kaiser so wünscht, das Tadelsootum der Volksvertret­ung dürfte doch nicht spwlos an ihm oorüdergehen und ihm für die Zukunft etwas andere Wege weisen, als er sie bisher in seiner sterilen Doktrin gegangen ist. Sollte das wider Erwarten nicht der Fall sein, so sind die Tage dieses Kanz­lers gezählt.

Auf Grund einer Interpellation, wie sie an den Reichs­tag herangetreten ist, das schwierige Problem der Arbeits­losenversicherung zu lösen, ist ein gar merkwürdiges Unterfangen und die Interpellanten werden sich wohl selbst keiner Täuschung darüber hingegeben haben, daß auch die ausgiebigste Debatte hierüber nicht einmal die primitivsten Grundlagen hiesür schaffen kann. Die Unterredung, die eine Vertretung der sozialdemokratischen Landtagsfraktion Württembergs mit unserer Regierung hatte, ließ viel eher als dis weitschweifigen Auseinandersetzungen im Reichstag erkennen, daß an dieies soziale Uebel in erster Linie der Maßslab der Kleinarbeit zu legen ist. daß wohl schließlich ein Zusammenwirken von Staat und Gemeinden mögt ch ist, aber nur insoweit, als sich dies aus der Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse, der industriellen und land­wirtschaftlich m getrennt und wieder in Gegenüberstellung, ergibt, aber nie in der großen Verallgemeinerung, die eine Gesetzgebung von Reichswegen nach sich ziehen müßte, die uns wohl einen großen Apparat von unfruchtbarem Auf­wand, aber nie wirklich praktische Abhilfe bringen könnte. Man denke nur z. B. an die Ausländerfrage. Für unsere württembergische Regierung war cs eine Kleinigkeit, die Zusage zu geben, daß bei staatlichen Arbeiten so gut wie möglich nur die einheimische Arbeiterschaft berücksichtigt werden solle. Wie aber z. B. in den großen rheinischen Industrie­gebieten, die tausende und abertausende von auswärtigen Arbeitern herangezogen und zum Teil sogar seßhaft gemacht hat? Und wie bei der norddeutschen Landwirtschaft, die ohne die Hilfe der ausländischen Mafien die Ernte gar nicht bewältigen könnte, weil sich einfach keine einheimischen Arbeitskräfte dazu finden. Glaubt man diese Verhältnisse durch gesetzgeberische Maßnahmen ändern zu können. Es ginge im Lause langer Zeiten vielleicht, aber dann nur unter dem Arbeite zwange, aber von diesem wollen ja ge- rade diejenigen, die die Arbcitslosen-Fürsorge für eine so einfache Sache erklären, nichts wissen. Und so Schwierig­keiten nach jeder Richtung, die sich in ihrer Unmenge erst zeigen würden, wenn man daran gehen wollte, sie zu be-

Lichtquelle tanzt mir der ernste Mann der Wissenschaft in seinem verdunkelten Laboratorium den entzückensten Serpen­tintanz vor, Loie Full«r könnte ihn darum beneiden. Künst- liche Blumen, Schleier, Schä pen, Bühnendekorationen, welche bei Tageslicht und bei künstlicher Beleuchtung ihr gewöhnliches Aussihen wahren. erscheinen in der Dunkel­heit von satten Farben durchglüht. Die Leuchtfarben wirken derart stark, daß sie auch nach außen hin Licht abgebsn.

Der Bei wendungsarten sind mannigfaltige. Reklame- schilder aus Glas und Emaille künden aus dem dunkeln Ladeninnern, welches die beste Zigarette, der wohlschmeck- enste Fleischextrakt ist. Der Lichtschalter, welcher sich immer an derjenigen Seite der Zimmertür befindet, an der wir ihn gerade nicht suchen, markiert sich von nun ab durch ei­nen glühenden Punkt. Der Bergmann findet seinen Weg im dunkelsten Stollen so sicher, wie bei hellstem Tageslicht. Ein einfacher, kinderleicht zu bewerkstelligender Anstrich ßenügi um die Gänge zu bezeichnen. Das Ruder- und Segelboot trägt an seinen Außenwänden dieTida". scharf zeichnen sich seine Umriffe im Dunkel der Nacht. Der Wag-nführer braucht Ke nePolizeistrase mehr zu fürch­ten, der Fußgänger nicht mehr um sein Leben zu zittern. Die Wagenlakrue kann erlöschen. die weithin sichtbare Leuchtfarbe erlöscht nie. Auf mindestens zehn Jahre wäh­rende Dauer berechnet der Erfinder die Leuchtkraft des ein­mal erfolgten Anstriches. Dunkle Treppen und Gänge werden ungefährlich, die Anschlagssäule bietet nns des Nachts keine Rätsel mehr.

fettigen. Es kann in der Frage Praktisches geleistet wer­den, gewiß, aber nicht durch eine verallgemeinernde Gesetz­gebung, sondern nur durch individuelle, aus die engsten Verhältnisse zugeschnittcnen Maßnahmen, und dazu ist der von der württ. Regierurig vorgesehene Weg vorerst wohl der einzig gangbare. Das Uebel selbst wird auch er nicht beseitigen, denn dieses ist eine Krankheit, gegen die man wohl im einzelnen ankämpfen, die man aber nie aus der Welt schaffen kann.

Dis deutsche Militärmission ist nun auf dem Wege nach Konstantinopel, den ihr russisch französische Intriguen noch in letzter Stunde versperren wollten. 40 deutsche Offiziere unter der Leitung eines Generals werden die Reorganisierung der türkischen Armee in die Hand nehmen. Aus dem, was sich daraus für die Zukunft ergeben kann, versteht man den Widerstand Rußlands, das seinen fran­zösischen Freund oorschob, um die Hetze gegen Deutschland zu inszenieren. Denn für Rußland steht ein Teil seiner ganzen politischen Zukunft aus dem Spiele. Die tückische Regierung hat es zwar mit seiner Beschwichtigung der künstlich genährten russischen Erregung versucht du^ch die Erklärung, daß die deutsche Mission nichts mit der Frage der Dardanellenbefestigung zu tun habe. Das mag direkt zutreffen, aber daß der verschlagene Türke aus den Lehren, die ihm seine deu scheu Instruktoren geben, nicht selbst die Nutzanwendung ziehen und die deutschen Reformen nicht dann überall da anwenden wird, wo er es für notwendig hält, das wird auch der leichtgläubigste politische Laie nicht annehmen. Rußland hat sich darum, um wenigstens vorerst etwas zu haben die Hetze gegen die deutsche Mission wird natürlich'ystrmalisch fortgesetzt werden ein zt« mlich förmliches Protektorat über Armenien beansprucht, hat sich aber damit eine ebenso formgerechte Absage der Türkei geholt. Daß es sich damit zufrieden geben wird, ist selbstverständlich nicht anzunehmen, und so wird uns hje nächste Zeit das Schauspiel eines neuen Wettrennens um die politischen Einflüsse der einzelnen europäischen Mächte in der asiati- schen Türkei bringen, nachdem die europäische mehr un­glücklich als glücklich verteilt worden ist.

Tages-Neuigkeiten.

Aus Stadt und Amt.

Nagold, 13. Dezember IS13.

Vom Schenke«.

Geben lernt man, wie viele große Dinge, nur durch Uebung. Dann aber wird es eine der größten Lebens­freuden. Hilty.

*

Liebe ist der Geist und der Gott aller Geschenke.

» Emerson.

Es mag manches G.schenk hundert Mark und mehr gekostet haben, ein Weihnachtsgeschenk ist es doch nicht, wenn der andere nicht dran spürt, man hat mich lieb und ganz dunkel daran ahnt: Gott hat mich lieb! Wo ober etwas vom Geist der großen Liebe daran zu spüren

Aber auch die Untiefen des Wassers können der Wirk­ung des neuen Präparats kein Hindernis entgegensetzen. Es sind auch hier praktische Versuche angestellt worden, welche ergaben, daß man von der Oberfläche aus die Be­wegungen der Taucher bis auf 50 Meter Tiefe deutlich be­obachten kann. Das mit dem Präparat bestrichene Taucher- Kostüm wird so dem Wagemutigen zum Sicherheitsfaktor, da ihm schon im ersten Augenblicke der Gefahr Hilfe ge- leistet werden kann.

Die Leuchtfarben können sogar für den Dcuckgebrauch hsrgestellt werden. Und wenn sich die Sache in dieser Vcr- wendungsform nicht zu teuer stellt für alle anderen hier ausgezählten ist das Verfahren durchaus billig, so dürfte die Zeit nicht fern sein, in der wir unsere Zeitung auch im Dunkeln lesen können.

Alle mit Tida behandelten Körper erleiden keinerlei Materialschaden, ebenso wie die Leuchtfarben keine Gesund­heitsschädigung herbeiführen.

Unserer Phantasie eröffnet die Erfindung den weitesten Spielraum. Man denke an den unauffindbaren, von nun an imprägnierten Schutzmann, der, unserm Auge weit­hin sichtbar, im Dunkel der Nacht auftaucht. An den Aeroplan, der einem leucht nden Vogel gleich über unfern Häuptern die Lüfte durcheilt. Und wer des Tages von seinen Mitmenschen unbemerkt und unbeachtet durchs Leben wsudUt, dem wird die Wohltat wenigstens des Abends sein Licht leuchten lassen.