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er GeselljWer.

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Fernsprecher Nr. 29.

87. Jahrgang.

Fernsprecher Nr. 29.

4? S81

Montag, den t. ZtezemSer

Das K. Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, Verkehrs- abtetlung, hat am 26. Nov. ds. Is. die Stelle des Stationskassiers in Eutingen dem Eisenbahnassistenten Iesser in Mühlacker übertragen.

Der Wetterwart.

Zf-kttische Ilmschatt.

r Der Finanzausschuß der Zweiten Kammer hat in dieser Berichtswoche ein finanzpolitisches Problem von außer­ordentlicher Tragweite in Bearbeitung genommen, das einer Aenderung des Gemeindesteuer-Gesetzes nach der Richtung, daß die Einkommen-g rellen der Gemein­den erweitert und ihren zugleich die Katasterlasten gemildert werden sollen. Die Klagen über die zu starke Heranziehung von Grund, Gebäude und Gewerbe zu den Steuerlasten sind ebenso alt wie berechtigt und haben schon zu einer Reihe von Prrbesserungsoorschlägen geführt, die auch gelegentlich der jetzigen Beratung der Frage im Finanzausschuß wieder in mannigfacher Form austauchen, aber man kann heute schon als ziemlich sicheres Endresultat nur das Eine fest- halten, daß eine Heraufsetzung der Grenze für die Heran­ziehung der reinen Einkommen ungefähr im Rohmen des Regierungseniwurfs Zustandekommen wird. Das Wesent­liche des Regtcrungsentwurfs ist der Artikel 1, der Vorsicht, den Höchstbetrag der Einkommensteuer von seither 50 aus auf 65°/g hinauszufetzen, und bet den Gemeinden, deren Umlage über mehr als 12°/g der Katasterbeträge geht, bis auf 75 °/g. Diese Sätze dürften wohl als Mittelweg auzu- fkhen fein und die Mehrheit auf sich vereinigen gegenüber der doch immerhin recht radikalen Forderung, gleich auf 100 o/g hinaufzugchen. Denn am Ende sind auch von den­jenigen Elementen, die ein sog. reines Einkommen beziehen, wie Beamte, Prioatangestellte rc. dis wenigsten auf Rosen gebettet, und namentlich die Prioatangestellien rc., die noch durch Berstcherunqen aller Art sich und ihre Angehörigen für die spätere Zeit dezw. Todesfall wenigstens vor der allerdringendsten Not schützen müssen, würden eine derartige Heraufschraubung kaum noch ertragen können. Was aus der einen Seite gut gemacht werden soll, darf doch auf der andern nicht kurzerhand gesündigt werden, wenn anders die Gesetzgebung nicht den berechtigten Borwurf auf sich laden will, daß sie einfach den Teufel mit Beelzebub ausgelrieben hat.

Im Reichstag, der am Dienstag nach fast fünf­monatigen Ferien wieder zusammengetreten ist, hoben die Arbeiten in dem üblichen Rohmen von Petitionen und Interpellationen eingesetzt. Schon die erste, auf die Tages­ordnung gesetzte Petition um Maßnahmen gegen das Ueber- handnehmen von Warenhäusern, Filialen, Konsumvereinen usw. hat wieder die altbekannte Mitlllstondsdebatte in ollen ihren Variationen aufs Tapet gebracht, aber wie alle Vor­gänger dieser Art außer den breitauegesponnenen Erörte­

rungen nichts Positives gebracht und nichts Positives in Aussicht gestellt. Die Ansichten über diese Frage sind ja so vielgestaltig wie die Klagen und machen darum die Ziehung einer bestimmten Grenzlinie einfach zur Unmöglich­keit. Im übrigen sind diese Sondererörterungen ja nur das Vorspiel zu den großen Redekämpfen, die mit der Beratung des Etats voraussichtlich in nächster Woche ein- setzm und das Reichsparlament dann bis zu der Weihnachts- pauss in Anspruch nehmen werden. Die Interpellationen, die zu den Zaberncr Vorgängen eingebracht worden find, geben zwar "vn vornherein das Signal zu ziemlich leb­haften Auseinandersetzungen aus etwas längere Zeit, aber sie sind zu begrüßen, damit endlich die nötige Klarheit in dieser unliebsamen Sache geschossen wird. Es ist ja in den letzten Wochen fast kein Tag vergangen, an dem wir nicht Meldungen über eine neue Elsäßer-Affäre zu suchen halten, aber eben deswegen, weil von gewisser Seite unter großem Applaus der Franzosen, jede Kleinigkeit über Gebühr aus­gebauscht und aus jeder, noch so unverfänglichen Aeutzerung eine Staatsaktion gemacht wird, ist es notwendig, daß vor dem Forum der Volksvertretung eine bündige Aussprache gepflogen wird.

Der lange Aufenthalt des Königs Ferdinand von Bulgarien hat allen möglichen Gerüchten Nahr­ung gegeben und namentlich ständig wieder die Meldung oustauchen lassen, der König werde gar nicht mehr nach seinem Lande zurückkehien, das sich wegen des gegen Serbien und Griechenland verlorenen Krieges, der allein auf das Schuldkonto des Königs zu setzen sei, in starker Gärung befinde, oder er werde mindestens zu Gunsten seines ältesten Sohnes abdanken. Die Gerüchte sind ebenso oft, wie sie auftauchten dementiert wo. den, und man weiß heute noch nicht, wie sich die Sache in Wirklichkeit verhält.

Aber das ist ganz nebensächlich gegenüber dem bos­haften Streich, den ein sranzöstches Blatt, der Malin, dem Bulgarenkönig gespickt hat. Dieses Blatt ist durch irgend­eine grobe Indiskretion, die selbstverständlich nicht von Freunden Bulgariens ausgegangen ist, in den Besitz einer geheimen Mililärkonvemion gelangt, die Serbien und Bulgarien im letzten Jahre, vor Ausbruch des Balkan­krieges, miteinander abgeschlossen hatten und derzufolge einerseits Serbien für den Fall eines rumänischen Angriffs aus Bulgarien sich verpflichtete, letzteren militärischen Beistand zu leisten, während andererseits Bulgarien die viel schwerer wiegende Verpflichtung übernahm, Oesterreich den Krieg zu erklären, wenn dieses gegen Serbien Vorgehen sollte. Und mit dieser Veröffentlichung wartet das französische Blatt, skrupellos, wie es nun einmal ist, auf just zu der Zeit, da der Bulgarensürst tu Oesterreich weilt, selbstredend nicht um gutes Wetter abzuwarten, sondern um die Freundschaft

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Beilagen: Plauderstübchen, Illustr. Sonntagsblatt und

Schwäb. Landwirt.

1813

Oesterreichs für sich zu gewinnen, desselben Landes, gegen das es mit dessen ärgstem Feinde einen Berirag eingegangen hatte. Wenn auf diese Veröffentlichung hin Ferdinand nicht sch eunigst den Weg nach Sofia zmückfindet, dann glauben wir auch, daß ihm der heimische Boden gegenwärtig zu heiß erscheint, während er doch schon im fremden auf Kohlen stehen muß.

Die Wirren in Mexiko haben nun doch noch­mal in besonderem Maße die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken vermocht. Man hat lange mit dem ab­solut sicheren Eingreifen der Bereinigten Staaten gerechnet und konnte angesichts des ebenso absoluten und beharrlichen Widerstands des Präsidenten Huerta gegen die amerikani­schen Forderungen die Zurückhaltung der Amerikaner nicht recht begreifen. Man dürste nunmehr einen ziemlich sicheren Anhaltspunkt dafür haben in den heftigen Kämpfen, die sich seit einigen Tagen hart an der amerikanischen Grenze abspielen. Die amerikanische Regirrung hatte sicherlich Kenntnis davon, daß die mex iranischen Insurgenten hier alle Vorbereitungen zu einem Feldzuge gegen die Bundes­truppen getroffen hatten, ja alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß sie denselben durch Waffenlieferung rc. wirksame Unterstützung hat angedeihen lassen. Gelang es nun diesem Insurgentcnhcere, den Sieg zu erringen, so war es mit der Macht Huertas vorbei und die Bereinigten Staaten hatten nicht mehr nötig, einen eigenen Feldzug gegen diesen zu inszenieren. Blieb aber Huerta Sieger, dann halte es ja immer noch Zeit, die Drohung eines Einschreitens auszu- führen. Man kann also sicher damit rechnen, daß erst der Ausgang der gegenwärtig noch tobenden Kämpfe zwischen den Mexikanern selbst die Entscheidung über das endgültige Borgehen der Bereinigten Staaten bringen wird.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 29. Nov. Präs. Dr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 12.15 Uhr. Am Bundesratslisch ist Staats­sekretär Dr. Lisco erschienen. Zunächst werden eine Anzahl Rcchnungssachcn der Rechnungekommisston überwiesen. Es folgt die erste Beratung der Bemerkungen des Rechnungs­hof- zu der allgemeinen Rechnung für den Reichshaushalt 1909. Nos Ke (Soz.): Es ist dringend erwünscht, daß die Rechnungslegung schneller als bisher oorgenommen wird. Auch würde es sich empfehlen, daß sich der Reichstag inten­siver mit diesen Sachen beschäftigt. Erzberger (Z.): Auch ich bedaure, daß kein Mitglied des Rechnungshofes bei unseren Beratungen zugegen ist. Da« wichtigste Recht des Reichstags ist das Kontrollrecht. Dieses ist noch wich­tiger als das Bewilligungsrecht. Es ist dringend nötig, daß die Beschlüsse des Reichstags auch ausgesührt werden. Wo bleibt das Komptabtlilätsgesetz? Staatssekretär Kühn,

Eine Begegnmg mii Herz»» Ml EWU oo» Württemberg.'»

Unser Held wurde aus seinen Träumereien auf eine unangenehme Weise aufgeschreckt.

Er ritt eben durch einen der Waldstriche, welche von dem Hügelzuge herablaufen, den Herzog lKarls Lustschloß Solitude begriinzt, und war im Begriff, den Weg zu kreuzen, der in schnurgerader Linie von demselben nach Ludwigrburg geht, als ihm auf einmal ein sonderbarer Ton sausend und pfeifend am Ohr vorüderfuhr. Ea war nichts anderes, als eine abgeschossene Kugel, denn im gleichen Moment gelangte der Knall eines Gewehre« zu ihm, da« sich hinter seinem Rücken gegen ihn entladen hatte. Sein Pferd machte einen Satz; er blickte erschrocken rückwärts und sah einen Reiter im leichten Iagdröckchen, das bi« «den zugeknöpft war; die« mußte der Schütze sein, denn er nahm soeben die noch rauchende Flinte von der Wange und setzte sein Pferd im Galopp gegen unseren Helden. Dieser riß da« feine herum und begegnet« ihm.

.Was soll daß heißen?" rief er zornig,schießt man auf offener Straße nach einem Reisenden?"

,I' fach', Er 'n rechter Hasenfuß" rief der Un­bekannte mit fränkischem Akzent und die Worte rasch hervorstoßend ,d«ß Er meint, ich Hab' Ihn für 'n Hasen gehalten! Da, sperr oenlo»*) wa« liegt dort?

Heinrich folgte mit den Rügen seinem Fingerzeig und erblickt« wirklich einen unglücklichen Lampe, der mitten in

*) W r entnehmen dieser Episode dem Hauptwerk dr» Dichter- Hermann Kurz.Schillers Hetmatjihre', das heute neben dem .Sonnenwirtle" als etner der ersten Erzeugnisse erzählender Heimat- Kunst geschätzt wird.

st dir Augen.

dem Unternehmen, über die Straße zu setzen, von seinem Geschick ereilt worden war und nun in den letzten Zuckungen am Boden lag. Gleichwohl konnte er nicht umhin, dem Fremden, aus dessen Tone er abnahm, daß derselbe nicht seinesgleichen, sondem entweder etwas Bessere« oder etwas Schlechteres sein müsse, derbe Borwürfe zu machen, welchen er, da sie wenig zu wirken schienen, eine zornige Drohung beifügte.

Schau' mal, der hat Herz!" rief der Unbekannte und betrachtete ihn mit einer Mischung von Wohlgefallen und Spott,aber hat Er auch Waffen? wie? ich sag', ', ist unvernünftig, ohne Waffen im Wald mit einem wildfremden Menschen Händel anzufangen, der einen solchen unschätzbaren Langfinger oufzuweisen hat." Bei diesen Worten richtete er sein Gewehr gegen unseren Helden, welcher bemerkte, daß es eine sehr fein gearbeitete Doppel- flinte war.Ja", fuhr der Schütze fori und weidete sich an der Verlegenheit de« jungen Mannes, dem e« jedenfalls nicht ganz wohl zumute war,ich Hab' noch einen Schuß übrig. Wie, wenn ich jetzt sagen wollte: doursv ou

I» ei«?"')

Er rückte dem künftigen Pfarrer von Illingen auf den Leib, dieser aber gab augenblicklich seinem Roß beide Sporen, daß es sich hoch ausbäumte und mit den Forder- füßen über das Pferd de« Fremden herzusallen drohte. M t einem leichten Satze jedoch war da» wohldressiette Der. ehe sein Herr die Zügel ergreifen konnte, auf die Seit« entwichen und tanzte zierlich um da« schwerfällige Acker- pferd herum.

Er 'n verfluchter Kerl!" rief der andere, indem er sein Pferd zur Ruhe brachte,hütt ich doch nicht ge- glaubt, als Gr so kopfhängerisch einhertrottirrte und ich Ihm die Mucken zu vertreiben dachte, daß ein solcher Paladin 2) in Ihm steckt. Wie heißt Er denn?" st Geld oder Leben, st Held.

Unser Freund glaubte in dem Ton dieser Frage eine gewisse Insolenz ') zu finden, auch empörte es ihn, daß er beständig mit Er angeredet wurde. Er erwiderte ziemlich trotzig:Wenn man Euch darnach fragt, dann sagt nur, Ihr wüß»'« nicht!" Die» war eine von den diplomati­schen Phrasen, die er im Stift gelernt hatte.

Hoho", rief der Fremde,der Junge Hai den Teufel im Leibe!"

E» klang au« den Worten etwa« so Gebieterisches heraus, das unser Held geraten fand, seinen Ton zu ändern. Kenn' ich Sie doch auch noch nicht!" sagte er etwa« ein- lenkend hinzu

Na, für was hält er mich denn?" fragte der Unbe- kannte und stemmte de» Arm in die Seite.

Heinrich musterte ihn von Kopf bi« zu Fuße. Er schien in mittleren Jahren zu sein, hatte ein paar lebhafte blaue Augen, eine edel geformte Nase und v«n Natur um den Mund etwa» ungemein Weiche«, dem aber »in Zug von gebieterischem Dotze das Gleichgewicht hielt. Das durch eine enggeschnürte Halsbinde stark heroorgetriebe Ge­sicht war wie mir einer bläulich roten Kruste überzogen, was ihm einen Anschein »an derber Gesundheit gab; man mochte glauben, er sei durch Strapazen und Unbilden der Witterung so abgehä tet. Heinrich wurde durch da» »er­schossene grüne Iagdkleid, dar kleine abgetragene Hütchen, welche« tief in die Stirne gedrückt war, und die rauhen gelben Handschuhe, die der Reiter trug, in seiner Vermut­ung bestätigt.Ich hsffe nicht« dabei zu riskieren", be­gann er zögernd.

Kurz und gut!" unterbrach ihn der andere,wie komm' ich Ihm vor?"

Wie einer, der mit dem Herzog Halbpatt macht", fuhr Heinrich heraus, indem er auf den erlegten Hasen deutete.

st Frechheit. (Schluß folgt.)