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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw
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Erlchrint Dienstag, Donnerstag und SamStag. i Die EinrücknngSgebühr beträgt iin Bezirk und nächster Umgebung S Psg. die.steile, sonst 12 Pfg.
Allgemeine Anfllelsermrg.
8.0.-L. Es kann nicht geleugnet werden, daß die Lage sehr vieler Industriearbeiter eine sehr gedrückte ist, so daß die Betreffenden selbst bei langer und angestrengter Arbeit nicht weiter verdienen können, als sie zur Fristung eines kärglichen Lebens unbedingt notwendig haben, so daß sie außer Stande sind, für Zeiten der Arbeitslosigkeit, sei es infolge von Krankheit oder Alter, sei es infolge mangelnder Arbeitsgelegenheit einen Sparpfennig zurückzulegen. Durch die Gesetze bezüglich der Krankenkassen, der Unfall- ^ Versicherung und der Altersversorgung ist das deutsche Reich allen andern Staaten ein Muster dafür geworden, wie man wenigstens die schlimmsten Härten im Leben des Arbeiters mildern kann und soll.
Damit war das Reformwerk selbstredend nicht abgeschlossen. Der junge und thatkräftige Kaiser Wilhelm hat es in die Hand genommen und in seinen bekannten Erlassen gewissermaßen das Programm vorgezeichnet, nach welchem weiterhin vorzugehen ist, um die soziale Frage, soweit dies eben möglich ist, zu lösen. Die Berliner Arbeiterschutzkonferenz hat — unter begreiflichem Verzicht auf eine internationale Regelung der Löhne — wertvolle Grundzüge dafür aufgestellt, wie der allzugroßen Anspannung der körperlichen Arbeitskraft ein Ziel gesetzt werden könne. Die auf der Konferenz vertretenen Negierungen können es sich nun überlegen, ob und wie sie nun gesetzgeberisch Vorgehen wollen. Ein deutsches Arbeiterschutzgesetz, welches die Kinder- und Frauenarbeit in den Fabriken einschränken, die Sonntagruhe regeln und für die einzelnen Industriezweige die regelmäßige Arbeitszeit sestsetzen wird, ist in Vorbereitung. Es soll im kommenden Spätherbst dem Reichstag vor- gelegt werden und schon am 1. April 1891 in Kraft
Dienstag, den 22. April 1890.
treten. Es geschieht in der That sehr viel für die Industriearbeiter.
Daß die Sozialdemokratie auch mit dem weitestgehenden Arbeiterschutzgesetz nicht zufrieden sein, sondern dieses wie alle seitherigen sozialpolitischen Gesetze nur als „noch lange nicht genügende Abschlagszahlungen hinnehmen" und immer neue schärfere Forderungen stellen wird, ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Sie verlangen nicht blos Arbeiterschutzgesetze, mit einem Maximalarbeitstag u. s. w., sondern vor allem auch eine erhebliche Lohnaufbesserung und zwar sowohl für diejenigen, welche einer solchen in der That bedürfen, als für diejenigen, die schon bisher recht gut bezahlt sind und wie die Erfahrung lehrt, die erhöhten Einnahmen von Woche zu Woche glatt durchbringen zu müssen glauben, sogar mit Zuhilfenahme eines blauen Montags oder sogar noch eines weiteren Privatsonntags; ja es giebt, dies sei nur nebenbei gesagt, gut bezahlte Arbeiter, welche nur die drei letzten Tage in der Woche arbeiten, während der übrigen aber in den Wirtshäusern — ein „menschenwürdiges Daheim für den geknechteten Arbeiter" sordern.
Hiezu verwenden sie mehrfache Mittel, vor allem die Massen-Arbeitseinstellungen, durch Zusammenschließung in fachgewerbliche Verbände, welche einen Streik leichter verbreiten helfen, durch sogenannte Boycottieruna von Geschäften aller Art, welche solange in Verruf erklärt werden, bis sie sich den Forderungen der Arbeiter unterwerfen. Kein Arbeiter kaust z. B. einen Hut, der nicht eine sozialistische Steuermarke am Schweißleder trägt.
Die fortgesetzten Mehrforderungen für Löhne gehen nicht einmal immer von der Mehrzahl der Industriearbeiter aus, sondern von einzelnen Agitatoren, welche das verhaßte „Protzentum" überhaupt nicht
ÄbonnrmenLrprrir vlrrreljöhrttch in der Stadt DO Psg. und 20 Pfg. LrSgerlohn, durch d'e Post bezogen Mk. sonst i»
ganz Württemberg Mt. 1. SS.
zur Ruhe kommen lassen wollen. Die Bergleute in Westfalen verdienen beispielsweise täglich 5 aber es wird ein weiterer Lohnaufschlag von 50°/«, d. h. täglich auf 7'/, ^ gefordert. Ein Bergmann meinte nun, er sei eigentlich mit 5 ^ schon zufrieden, aber täglich 50 mehr würde er auch gerne annehmen. Der Mann wußte also nicht einmal, daß 50°/« in diesem Falle fünfmal so viel bedeuten, als er sich denkt.
Wenn die Lohnsteigerung so weiter geht, kann die Sache gemütlich werden. Die Arbeitgeber müssen, ob sie wollen oder nicht, die erhöhten Löhne auf den Preis ihrer Ware schlagen. Wir haben gegenwärtig eine förmliche Kohlenteuerung. Die Großindustrie, welche mit Dampfmaschinen arbeitet, muß für die erhöhten Kohlenpreise und für die gesteigerten Arbeitslöhne überall ihre Fabrikate entsprechend teurer verkaufen und wo sie es machen kann, schlägt sie auf ihre Ware auch etwas mehr, als die erhöhten Gestellungskosten betragen. Das gleiche müssen natürlich auch die Kleingewerbetreibenden, Schuhmacher, Schlosser u. s. w. thun, selbstredend auch die Kaufleute für alle ihre Maaren; denn auch sie müssen darnach trachten, sich schadlos zu halten. Die Hausbesitzer, welche alles teurer bezahlen müssen, schlagen mit ihren Mieten auf. Den erst kürzlich aufgebesserten Beamten werden dann über kurz oder lang wieder Teuerungszulagen gewährt werden müssen.
Also Aufbesserung auf der ganzen Linie. Aber ein Stand bleibt übrig, welchem nicht auf-, sondern im Gegenteil noch etwas abgebessert werden soll — der Bauernstand. Die Kornzölle müssen fallen, Brot und Fleisch billiger werden, so verlangen es die Deutschfreisinnigen und vor allem die Sozialdemokraten. Wie der Bauersmann dafür entschädigt werden soll, daß seine Produkte nn Preise noch erniedrigt werden, während er jetzt schon nicht weiß, wie er es machen
Jeuille ton. «- 4 ^-
Nach hartem Bingen.
Roman von L. DoHrmau«.
(Fortsetzung.)
Ehe sie ein Wort der Erwiederung hatte finden können, war er mit schnellen Schritten gegangen. Vor dem Zimmer seiner Mutter angelangt, pochte er leise. Als er aus ihre Aufforderung eintrat, rief die Baronin, sobald sie seiner ansichtig «ard, ihm entgegen:
„Lieber Herbert, Du brauchst meinetwegen keine Besorgnis zu hegen. Ich hatte nur ein wenig Kopfschmerz, befinde mich jetzt aber bereits ganz wohl."
„Das freut mich, zu hören, liebe Mutter. Ich erfuhr soeben erst von Fräulein Schwarz, daß Du Dich nicht gut befändest; aber ich kam noch zu einem anderen Zweck zu Dir. Elfriede hat geschrieben."
Er zog einen Brief aus seiner Rocktasche und überreichte ihn seiner Mutter, die das Kouvert sofort erbrach, während er an ein Fenster trat. Nachdem die Baronin den Brief gelesen hatte, reichte sie denselben ihrem Sohne ohne weiter« Bemerkung und Herbert las die von Damenhand eng beschriebenen«»! vier Oktavfeiten aufmerksam durch.
Die Absenderin des Briefes, welche die Baronin in demselben mit „liebe Mama" anredete, schrieb, daß sie von der Krankheit der Gesellschafterin gehört habe und dieselbe der lieben Mama wegen, die dadurch in eine fatale Ungelegenheit geraten sei, tief bedaure. Jedenfalls würde die Baronin nicht so plötzlich eine passende junge Dame wiederfinden und sie, die Schreiben», habe sich daher entschlossen, wenn es der lieben Mama recht sei, ihr die nächste Zeit die Gesellschafterin zu ersetzen, damit sie sich in der Wahl einer solchen nicht zu übereilen brauche. Die Mama möge ihr nicht widersprechen, denn sie freue sich so sehr darauf, in der Nähe der Mutter ihres teuren Alberts zu weilen. Außerdem werde ihrer kleinen Jda die Landluft sehr gut sein, denn die Kleine sehe erschreckend blaß aus und habe hocher
freut in die Händchen geklatscht, als sie ihr erzählt, daß sie Beide nun bald zu der Großmama und Onkel Herbert reisen würden. Sie erwarte umgehend eine zustimmende Antwort und freue sich schon jetzt wie ein Kind, die traute Stätte wiederzusehen, wo ihr geliebter Albert, über dessen Verlust sie sich noch immer nicht zu trösten vermöchte, die Jahre seiner Kindheit verlebt habe. Unterzeichnet war der Brief mit „Elfriede von Wallheim, geb. von Lossow."
Baron Herbert hatte den Brief mit finsterer Miene zu Ende gelesen und legte ihn jetzt mit spöttischem Lächeln auf den Tisch, indem er sarkastisch sagte:
„Für dies Mal kommt die teure Schwägerin in ihrer Fürsorge für Dich zu spät. Es wird nicht Deine Absicht sein, Fräulein Schwarz Elfriede's wegen, für die Du, wie ich, nur geringe Sympatie hegst, wieder fortzuschicken."
Die Baronin vernahm die Worte ihres Sohnes mit Ueberraschung. Wenn sie seiner Auslassungen über ihre neue Gesellschafterin am Tage nach deren Ankunft auf Schloß Wallheim gedachte, so mußte sie seine heutige Sprache über das jung« Mädchen notgedrungen frappieren. Sie hütete sich aber wohl, ihren Gedanken Ausdruck zu geben, sondern antwortete nur leichthin:
„Du hast Deine Meinung über meine Gesellschafterin geändert? Das ist mir lieb, zu hören. Ebenso hast Du Recht darin, daß ich für Elsriede nur wenig Sympatie hege. Dennoch kann ich Ihren Wunsch, einmal in der Heimat des verstorbenen Gatttn zu fein, nicht abweisen. Auch freue ich mich wirklich, die kleine, herzige Jda wieder um mich haben zu sollen und aus ihrem Kindermund den Namen „Großmama" zu hören. Ich will sogleich mit Fräulein Schwarz des Kindes wegen sprechen. Wenn Elfriede erst hier ist, werde ich selbstverständlich ihre Gesellschaft nicht mehr beständig in Anspruch nehmen, und sie wird Zeit genug zur Erziehung Jda'S haben, eine Abwechselung in ihrer Thätigkeit, die wie ich hoffe, sie mit Freuden begrüßen wird."
9. Kapitel.
Elfriede von Wallheim war die Schwiegertochter der alten Baronin, die Witwe von derem zweiten, schon im dreißigsten Lebensjahr verstorbenen Sohne, dem Lieutenant Albert von Wallheim. Dieser und Baron Herbert waren die einzige« Kinder der alten Dame. Während nach dem Tode ihre» Gemahls dem ältesten