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. U 2«6
Fernsprecher Nr. 29.
87. Jahrgang.
Fernsprecher Nr. 29.
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Beilagen: Plauderstiibchen, Illustr. Eonntagsblatt und
Echwäb. Landwirt.
Donnerstag, den 13. November
1813
Amtliches.
A. Höercrrnt Wagst-.
Bekanntmachung
betreffend den einjährig-freiwilligen Militärdienst.
Diejenigen im Jahre 18S4 geborenen jungen Leute, welche zurzeii ihren dauernden Aufenthalt im Königreich Württemberg haben, im Besitze gültiger (Schul-) Zeug nisse über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig- freiwilligen Dienst sich befinden und die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst erw-rb n wollen, werden daraus aufmerksam gemacht, daß dis Gesuche*) um Erteilung des Berechtigungsscheines zum einjährig-freiwillige« Dienst alsbald und spätestens bis zuw I. Februar IS14 unter Beifügung der in § 89 Ziff 4, ltt. L—o bezw. Z ff. 5 l t. u der deutschen Wehrordnung (?. Regierungsblatt für das Köm'gre'ch Württemberg vom Jahr 1901 Seite 275 u. ff.) vorgcschrübenen Papiere, nämlich
u) eines standesamtlichen Gebnrtszeugnisies,
d) der nach Muster 17 a zu Z 89 der deutschen Wehrordnung erteilten Einwilligungserklärung*) des gesetzlichen Vertreters,
e) eines Unbescholtenheitszeugniffes*) (d h. eines Leumundzeugnisses vom Geburte- und Aufenthaltsort und zwar je neueren Datums),
d) des (Schul) Zeugnisses «brr die wissenschaftliche Befähigung für den einjährigfreiwilligen Dienst,
bei der Kgl. Württ. Prüfungskommission für Einjährig-Freiwillige in Ludwigsburg schriftlich*) cin- zureichcn sind.
Hiebei wird bemerkt, daß es zulässig ist, schon vom vollendeten 17. Lebensjahre an um Erteilung des Berechtigungsscheins zum einjährig-freiwilligen Dienst nochzusuchen und es sich für die Nachsuchenden empfiehlt, mit der Einreichung des Gesuch; nicht bis Zum Eintritt Ln das militärpflichtige Alter zuzuwarten.
Im übrigen wird aus die Bekanntmachung der K. Württ. Prüfungskommission für Einjährig-Freiwillige vom 3. Juni 1913 (Staatsanzeiger Nr. IS6, Beilage) hingewiesen, worin das Nähere über die gedachte Berechtigung, ihre Nachsuchung und den dabei zu führenden Nachweis enthalten ist.
Nagold, den 10. November 1913.
_ K. Oberamt: Kommerell.
* Formulare hiezu können von der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung Nagold bezogen werden.
Bekanntmachung betr. den Transport von Echlachttieren.
Nachstehend werden die Bestimmungen der Minist.-Vers, vom 1. Fcbr. 1903 betr. den Verkehr mit Schlachtvieh nnd Fleisch, über den Transport von Schlachttreren zur Nachachtung bekanntgegeben:
8 8 .
Die Fesselung der Schlachiüere für den Transport hat so zu geschehen, daß weder eine aus die Dauer schmerzhafte Haltung des Körpers der gefesselten Tiere noch ein Wundreiben einzelner Körperteile noch e»n Einschneider! der Fesseln in die Gliedmaßen veranlaßt wird.
Der Transport gefesselter Tiere darf keine mmöüge Verzögerung erfahren.
Hunde dürfen zum Treiben von Schlochttieren nur mit einem das Beißen sicher verhindernden Maulkorb verwendet werden.
Der Vorschrift des § 8 Abs. 1 kann bei Verwendung von ganz oder teilweise freiliegenden Stricken nicht genügt weiden; sie setzt vielmehr die sorgfältige Anwendung von Riemen, Serien, Selbend-n oder Strohseilcn von genügender Breite voraus. Durch einfaches Unterschieden von Strohwischen läßt sich ein „Wundreiben einzelner Körperteile" und ein „Einschneiden der Fesseln in die Gliedmaßen" nicht vermeiden.
8 s-
Die zum T ansport von Schlachttieren benützten Wagen müssen so beschaffen sein, daß die Tiere hinlänglich Raum haben, nicht abspringen und nicht nach unten oder seitlich mit den Füßen oder sonstigen Körperteilen durchgleiten können. Auch muß durch reichliches Streumaterial ein Ausreiten oder ein zu hartes Ausliegen der Tiere verhütet werden.
Ueberelnander dürfen die Ti rs nur auf verschiedenen, im Wagen übereinander angebrachten Böden, wobei jeder Schichte ein genügender Luftraum gesichert ist, geführt werden.
Schweine und Kälber müssen bei gleichzeitigem Trans
port aus demselben Wagen in verschiedenen Abteilungen unieraebrachr werden.
Beim Transport gefesselter Kälber zu Wagen müssen die Tine in der Weise gelegt sein, daß keines von dem au dem belästigt wird, und daß kein Körperteil anschleift oder über den Wagen heraushängt. Auch sind gefesselte Kälber aus dem Transport gegen Hitze und Kälte tunlichst zu schützen.
Mit schmerzhaften Leiden behaftete oder aus sonstigen Gründen am Gehen behinderte Schlachiüere dürfen nur zu Wagen transportier'» werden.
Beim Auf und Abiaden der Tiere ist mit Schonung zu verfahren.
Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden entweder nach tz 360 Ziff. 13 R. St. G. B. oder Art. 7 Ziff 2 P. St. G. B. mit Geldstrafe bis zu 150 oder sechs Wochen Hast bestraft.
Die LandjägermannschasL, die Polizerbedienstetn und die Fleischbeschauer haben daraus Zu achten, daß die Bestimmungen eingehalten werden und Zuwiderhandlungen dem zuständigen Schultheißenamt zur Anzeige zu bringen.
Nagold, den 8. Nov. 1913. Amtmann Mayer.
Ser GMrtenrNWg
eine dedeNliche RiedeWWülMilunz.
Line Erwiderung.
kp.- Der Ar.ikel des Herrn Prehn v. Dewitz über den „Geburtenrückgang als Kuitureffcheinung", der in den letzten Tagen durch die Pressclging, kann nicht unwidersprochen bleiben. Der Herr Verfasser will den Geburtenrückgang als eine völlig „ungefährliche", naturgemäße Begleiterscheinung der Kultur und Zivil salton „aufzeigen", wobei er sich einerseits auf die sog. „Wohlstandetheoris" des Münchener Bolks- wirtschaftlers L. Brentano und andererseits aff die. Schrift des Neumaithufions Dr. Rohieder: „Geburtenrückgang eine Kuliursrage" beruf». Er erklärte dabtt rundweg jede ernstere Beurteilung dieser Erscheinung für „Geschreibsel unverantwortlicher Skribenten", für „schwarzseherischen Pessimismus und für ein Phantom, das die Wirklichkeit scheue".
Selbst auf die Gefahr hin, daß Herr Prehnjo. Dewitz uns diesen Unglücksraben zuzähit, halten wir gerade in einer so tüf einschneidenden Frage leichtfertigen Optimismus für besonders gefährlich und es scheint uns geratener, da der Wagen immer rascher bergab als bergan geht, bei Zerren vorzusorgen. Wir teilen dabei die Ansicht des Schreibers jenks Artikels, daß nämlich „die Oeffentlichkeit ein Recht darauf habe, die ungeschminkren Tatsachen zu hören". Aber gerade die Wirklichkeit muß für jeden, der sie nachdenklich und vorurteilsfrei betrachtet, ein Anlaß zu ernster Besorgnis werden. Wie sieht sie aus?
Grundlegend ist jedenfalls die unbestrittene Tatsache, daß die Zahl der Geburten, je auf 1000 Menschen gerechnet, bei uns in Deutschland von rund 43 im Jahre 1876 mit unheimlicher Regelmäßigkeit aus rund 29 im Jahre 1912 gesunken ist. Richäg ist, daß der Rückgang der Geburten seit etwa 40 Jahren eine internationale Erscheinung ist. Aber es gibt doch sehr zu denken, daß dieser Rückgang in den letzten Jahren bei uns in Deutschland, die wir im Vergleich zu anderen Staaten günstig standen, am schnellsten von allen Großmächten, auch schneller als in Frankreich sich vollzogen hat. Was sich in Frankreich über 80 Jahrs verteilt hat, das werden wir, wenn es im jetzigen Tempo abwärts geht, bereits in 10 Jahren erreicht haben.
Richtig ist ferner, daß trotz dieses Geburtenrückgangs sich seither Unsere Volk zahl vermehrt hat und zwar dank der geringeren Sterbichkeit. Mit Freuds dürfen wir feststellen, daß bei uns infolge der erfolgreichen Bekämpfung ansteckender K ankheitcn, besonders der Tuberkulose, infolge besserer Säuglingspflege, infolge des Ausbaus der Arbeiter- sürsorge und der Wohnungsreform und anderer sozialer und hygienischer Errungenschaften die Sterblichkeit in den letzten 30 Jahren, wieder auf 1000 Einwohner berechnet, von 33 auf 17, also fast auf die Hälfte zurückgegangen und eben dadurch die durchschnittliche Lebensdauer, besonders der Frauen, ganz beträchtlich in die Höhe gegangen ist, nämlich um beinahe 10 Jahre. Wenn jener Artikel aber behauptet, -in wirklicher Rückgang der Bevölkerungsziffer sei „dis jetzt bei keinem Kulturvolk sestzustellrn", auch nicht „bei dem so oft und fälschlich angeführten französischen Volk", so üb rsieht er, daß Frankreich im Jahr 1911 schon zum 7. Mal in den letzten Jaipzednten mehr Todesfälle als Geburten gehabt hat, also in diesen Jahren
zurückgcgangcn ist. Und auch bei uns darf nicht vergessen werden, daß der Ueberschuß der Geburten über die Sterbe- sälle rapid abnimmt, nämlich in den letzten 5 Jahren, die auffallenderweise in der Statistik des genannten Artikels fehlen, um 33^8 °/o, in Preußen allein im Jahre 1911 um 90 000 Meiychen. Sobald es aber nicht mehr möglich sein wird, die Sterbeziffer heiunterzudrückm und eben damit das Durchschnittsalter zu erhöhen und daß das seine natürliche Grenze hat, sieht jrder ein, sobald muß der Rückgang der Geburten mit katastrophischer Gewalt aus das ganze Staatswesen wi.ken.
Bei Untersuchung der Gründe des Geburtenrückgangs beschränkt sich der Herr Verfasser auf den volkswirtschaftlichen Gcstchikpulikt und zwar schließt e» sich hier der sog. „Wohlstandstheorie" an. Brentano glaubt nämlich ein „Gesetz" gesunden zu haben, das man kurzweg aus die Formel bringen kann: „Je größer der Wohlstand, desto kleiner die Kindcrzahi". Der Wohlstand soll also die Hauptursache des Geburtenrückgangs sein. Sollte man n cht viel eher denken, dies sei die Teuerung, wenn man sich auf den volkswirtschaftlichen Standpunkt beschränken will? In Wirklichkeit verwechselt jene Theorie die Ursache und die Wirkung. Nicht weil man reich ist, bekommt man weniger Kinder, sondern weil man weniger Kinder bekommt, wird man reicher. Der wahre Grund ist also nicht ein äußerer, volkswirtschaftlicher, sondern ein innerlicher, sittlicher, er liegt in dem Willen. Weil man reich werden will, verhütet man die Kindern umehrung. Eine weitverbreitete Ueberschätz ung des Besitzes ist also jedenfalls eine der Wurzein jener Erscheinung. Unzähligen unserer Volksgenossen gelten Sachen mehr als Personen. Wir sind zu klug, zu berechnend geworden, unsere Technik hat uns gelehrt, die Natur zu überlisten, anstatt sie zu achten. Aber das Weine Klugheit zum Tode. Wo wären wir, wenn unsere braven Alten so dumm gescheit gewesen wären? Naumann sagt treffend: „Solange ihr selber jung seid, seid ihr euch selbst genug, später aber, wenn ihr älter werdet, wird es leer um euch herum sein". Es ist eine kurzsichtige, blöde Gescheitheit. Gewiß man kann mehr verdienen und mehr verbrauchen, wenn dem e sten Kind kein weneres nachfolgt. „Gegen diese Rechnung läßt sich nichts einwenden", fährt Naumann fori. „Sie ist richtig! Nur die Menschen, die solche Rechnungen machen, taugen nichts." Statt des vielbegehrtcn augenblicklichen Wohlstands, der für viele ein Versucher zu einem weichlichen und genußsüchtigen Leben wird, brauchen wir etwas von dem derben alten Geist, der noch Pflichten und Opfer kannte, von jenem unmodernen Glauben, daß Kinder eine Gabe Gottes und ihre künstliche Ve Hütung ein frevler Eingriff in die Rechte des Schöpfers ist, von der Freude an dem großen runden Familb Misch, um den die Kinderschar am Abend bei Hausaufgaben und Spiel um das Eüernpaar sich sammelt und von dem ein erziehender und bewahrender Einfluß dis ins Alter hinein ausgeht.
Wenn es wahr ist, daß „der Geburtenrückgang eine Kulturerscheinung" ist — man denke übrigens auch an die Indianer in den Prärien und Wäldern Amerikas, die auf niederer Kultiu stufe stehm und doch aussterb-n — so muß eben etwas saut sein an unserer zweifellos hochentwickelten Kultur und Zivilisation. Und wer etwas Himer di > Kulissen sieht, der nimmt in unserem heutigen Volksleben eine weitverbreitete sittliche Fäulnis, eine Entartung des Geschlechtslebens wahr, die sich zwar im allgemeinen im Verborgenen bält, aber doch in einzelnen Effchetnungen unzweideutig zu Tag ttttt. Man denke nur an den Strom von Gift und Schmutz in Wort und Bild, in Schundliteratur und einer gewissen Sorte von Kinos und Witzblätter, der sich von den Großstädten aus bis in die entlegensten Dörfer wäizt. Ferner ist die in erschreckender Weise "zunehmende Vernichtung des keimenden Lebens ein Zeichen einer beklagenswerten Entsittlichung Auch die unaufhörlich', oft jeder Scham entbehrende Hervorzerrung des Sexuellen muß das gesunde Triebleben abstumpfen und zu immer neuen, raffinierteren Reizen treiben. Mag noch mancher andere Grund in düse komplizierte Erscheinung des Geburtenrückgangs hereinspielen, wie der Wunsch, den Kindern den Besitz ungeschmälert zu hinterlassen, sie auf eine höhere soziale Stufe zu heben, so wird doch sittliche Entartung weiter Bolkskreise neben jener erstgenannten Ursache (der Ueber- schätz- ng des Geldes) die zweite Hauptwurzel dieses Krebsschadens sein.
Helsen kann nur ein Wiedererwachcn gesunder sittlicher Grundsätze. Gewiß, der Staat und die Gemeinden können und müssen mit kleinen Mitteln nachhelsen, wie Steuernachlässe, wachsende Zulagen und Erziehmigsbeihilsen, Beschränkung des Handels mit gewissen Mitteln u. A. Aber eine sichere und dauernde Rettung vor dem langsamen, aber sicheren Sterben unseres Volkes liegt nur in dem Geist der