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87. Jahrgang.
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Schwäb. Landwirt.
1913
Seine Königliche Majestät haben am 11. Oktober d. I. allergnädigst geruht, die II. evangelische Stadtpsarrstelle in Nagold dem Stadtpsarrverweser Immanuel Schal rer in Tübingen zu übertragen.
Ludwig III. König von Bayern.
Der lausende Novembermonat ist bedeutungsvoll in der Geschichte zweier deutscher Bundesstaaten: am 3. ds. hielt in der alten Weifenstadt Braunschweig der junge Herzog Ernst August von Braunschweig-Lüneburg seinen Einzug, nachdem seit 1884 das Land von einem Regenten verwaltet worden war; uns die kommenden Tage machen der Regentschaft auch in einem anderen Bundesstaate, in Bayern, ein Ende, indem dort von dem bisherigen Verweser des Thrones, Prinzregent Ludwig, in einer Proklamation die Uebernohme der Königswücde kundgegeden wird.
Hat der Umschwung der Dinge in Braunschweig wohl mehr wegen in der Vergangenheit, als in der Zukunft gelegener Umstände immerhin einige politische Bedeutung, so kommt solche dem Wechsel in Bayern kaum zu; denn sowohl hinsichtlich der innerpoiitttchen Verhältnisse, wie der Stellung Bayerns zum Reich und im Kreise der Bundesstaaten wird ja alles beim Alten bleiben.
Nichtsdestoweniger scheint anläßlich des Vorganges ein kurzer Rückblick am Platze. Der Tag — Pingsten 1886 — au dem König Ludwig . von Bayern zu Schloß Berg am Starnbergsee aus dem Leben schied, war für Bayern ein doppelt unglücklicher: er rief den, wenn später auch auf geistige Abwege geratenen, so doch genialen und hochgemuten König Ludwig II. im schönsten Mannesalter auf tragische Weise von hinnen, und fand den zur Uebernahme der Kror e Berufenen, des Königs Bruder Otto, bereits in geistiger Umnachtung. So übernahm denn, schon an der Schwelle des Greisenalters stehend, damals der Onkel der beiden Unglücklichen unoermählten Könige, Luitpold aus der Psalz-Birkenselder Linie die Regentschaft, um sie bis an sein im Winter vorigen Jahres e ngelretencs Lebensende zu führen. Da König Ottos Zustand sich bis dahin in keiner Wei e zum Bessern geändert hatte, ging die Regentschaft ohne weiteres, während König Otto nominell König blieb, auf den Sohn des Prinzregenten Luitpold, den Prinzen Ludwig über.
Hatte es nun schon während der Regentschaft des Prinzen Luitpold nicht an ernsten Versuchen gefehlt, dem Regierungsinterim durch Uebertragung der Köngiswürde auf den Prinzregenten Luiipold zu beenden, so traten diese Versuche lebhafter zutage nach der Uebernahme der Regentschaft durch den Prinzen Ludwig; und während dessen Vater eine Aenderung der Dinge strickte abgelchnt Haie, mußte sich Prinzregent Ludwig nun doch zu einer solchen verstehen: im Lande empfand man die Regentschaft trotz der hohen Verdienste, die sich Prinzregent Luitpold um sein Land erwerben konnte als auf die Dauer unhaltbaren Zustand; und im besonderen war es die Residenzstadt München, die aus repräsentativen und wirtschaftlichen Gründen wieder nach einer königlichen Hofhaltung verlangte.
Nachdem alle zuständigen Stellen sich mit einer Aenderung einverstanden erklärt hatten und im besonderen die Volksvertretung sich dafür ausgesprochen, wird nun diese Aenderung erfolgen: Bayern hat neben dem kranken König Otto, demnächst einen wirklichen König Ludwig N .
König Ludwig III. (Leopold Joseph Maria) ist geboren am 7. Januar 1845, ist also etwas älter als der 1848 qe- borene König Otto. Vermählt ist König Ludwig seit 1868 mit Prinzessin Maria Theresia aus dem Hause Oesterreich- Este. Seit Dezember v. Is. führte König Ludwig als Prtnzregeni die Regentschaft von Bayern. Das neue Königs» geschlecht ist bereits in der dritten Generation vertreten: der Thronfolger ist der Sohn des Königs, Prinz Rupprecht, der. 1869 grboren, u. a. einen 1901 geborenen Sohn, Prinz Luupold, Hut. Die Gattin des Prinzen Rupprecht. Prinzessin Gabriele, eine Tochter weiland des Herzogs Karl Theodor aus Bayern, verstarb bekanntlich vor nicht allzulanger Zeit ganz unerwartet rasch fern ihrer bayrischen Heimat.
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München, 5. Noo. Die heutige Morgennummer der M. N. N. meldet: Heute vormittag gegen 9 Uhr wird Prinzregent Ludwig von Bayern, die Regentschaft für beendigt und den Thron für erledigt erklären. Damit ist der Thron frei und fällt ihm als König Ludwig t . zu. Dies wird sofort durch eine fetei liche königliche Kundgebung bekannt gegeben werden. Die Proklamation wird durch Anschlag erfolgen, wie es i. I. 1886 geschehen ist. Die Eidesleistung des Königs Ludwig lü. wird aller Voraussicht nach am Samstag erfolgen, nachdem die beiden Kammern sich zu dem ihnen unterbreiteten Material über
den Geisteszustand des Königs Otto verfassungsmäßig geäußert haben. Die Eidesleistung geschieht in einer feierlichen Versammlung der Staatsminister und der Mitglieder des Staotsrols, sowie einer Abordnung des Landtags. Die Vereidigung der Truppen wird im Anschluß an die Eidesleistung des Königs wahrscheinlich am Sonntag stattfinden. Für Milte nächste Woche ist eia Landcshuldigungsakt in der Residenz in Aussicht genommen.
r München, 5. Noo. König Ludwig III. hat aus Anlaß seiner Thronbesteigung dem 10. Infanterieregiment und dem 1. Fögerbataillon den Namen „König" verliehen und ferner bestimmt, daß die Offiziere und Mannschaften des 1. Infanterieregiments auf den Epautetls bezw. Achselklappen den Nomenszug des Königs tragen. Kronprinz Rupprecht von Bayern wird von der Inhaberschaft des 20. Infanterieregiments enthoben und Prinz Franz zum Inhaber des Regiments ernannt, das nunmehr seinen Namen führt.
r München, 5. Noo. Die beiden städtischen Kollegien haben heute abend in einer Festsitzung König Ludwig gehuldigt. Die Festrede, die stehend angehört wurde, hielt Oberbürgermeister Ritter v. Borscht, der das Sehnen des Volkes nach Aenderung dcs bisherigen unhaltbaren Rechts- zustandes hcroorhob. Er gedachte des Prinzregenten Luitpold, der sich gegen eine Aenderung ablehnend verhalten habe. Die Stellung und das Ansehen Bayerns, dcs zweitgrößten Bundesstaats, werde dadurch gehoben, daß es wirklich das Reich eines die Regierung kraftvoll führenden Königs sei. Mit dem Gelöbnis der Treue und einem dreifachen Hoch schloß der Redner.
München, 5. Noo. Aus Anlaß der Thronbesteigung hat König Ludwig III. eine umfassende Amnestie sowohl für Zivil- wie für Miiitärpersonen erlösten.
L«ge--Rerrigkeiterr.
A>< Vtadt und Amt.
Nagold. 6. November 1913.
* Weihuachtspakete für unsere Blaujacken. Weih- nachtspakete für die Besatzungen der Kriegsschiffe werden seefrachtfrci nach dem Auslande befördert, wenn diese Sendungen dis zu einer bestimmten Zeit portofrei abgeliesert worden sind und zwar für S. M. Kl. Kreuzer Geier bis 4. November, für S. M. Stationsschiff Loreley und S. M. Gr. Kreuzer Hansa dis 10. November bei Matthias Rohde und Co. in Hamburg. Das gleiche gilt für E. M. Kanonenboot Condor und Cormoran, für die Pakete bis zum 8 November bei Matthias Rhode L Jürgens in Bremen abgegeben sein müssen. In jedem Falle "müssen 0,30 ^ für Berpockungs- und Berladungsgebühren deigelegt werden.
r Postsendungen nach fremden Ländern. Die Aufschiisten von Postsendungen nach fremden Ländern, wo die deutsche Sprache wenig oder gar nicht gebräuchlich ist, werden noch immer häufig nur in deutscker Sprache und in deutschen Schristzeichcn abgesaßt. Dadurch entstehen tm Bcstimmungslande Weiterungen und Verzögerungen bei der Zustellung der Sendungen an d n Empfänger. Die Postanstalten wurden deshalb erneut auf die sorgfältige Beachtung der Bestimmung des Briefposttaüfs hingewiesen, wonach den Absendern in ihrem eigenen Interesse für solche Fälle die Benutzung der Sprache des Bestimmunglandes oder einer anderen dort bekannten Sprache, mindestens aber die Anwendung von lateinischen Schriftzeichen, anzuempfehien ist.
Die Kirche in Wart.
Am kommenden Sonntag den 9. November 1913 soll die Einweihung der umgebauten Kirche in Wart stattfinden in Gegenwart des Herrn Generalsuperintendenten von Reutl'nqen, Prälaten v. von Hermann, und des Herrn Dekans Pfleiderer der Diözese Nagold.
Das alte Gotteshaus zu St. Peter, erstmals erwähnt unterm 11. November 1329, dann 1768 und wieder 1859 umgebaut, war mehr und mehr einer Erneurung dringend bedürftig geworden. Bor Inangriffnahme der Bauarbeiten war ober zuerst eine Auseinandersetzung zwischen den beiden als Mutter, und Tochtergemcinde zusammengehörenden Gemeinden Wart und Ebershardt nötig, weil letztere seit alter Zeit zu einem Dritlcl die Bau last an der Kirche zu Wart zu tragen hatte. Als eine beide Teile befriedigende Ablösung erreicht war, konnten die Bauarbeiten am 7. April ds. Is. unter Leitung der Architekten Th. Dolmetsch und Pros. F. Schuster-Stuttgart in Angriff genommen werden. Neben der Neugestaltung der Umgebung und des äußeren Gewands der Kirche waren besonders tm Innern durch
greifende Aenderungen erforderlich. Anfffolidem Betonboden mit rotem QaarzrtoiSplallenbelag steht nun ein einfaches, bequemes Gestühl. Ueber dem Schiff ist die früher zu niedere Flachdecke trapezförmig mehrere Meter in die Höhe gehoben, so daß die nmgedaute Orgel nun ganz anders als bisher ihre Klänge entfalten kann. Durch den ganz neu gewölbten Chorbogen sieht man in den architektonisch und malerisch zu einer stimmungsvollen Einheit umgeschoffenen Chor, in dem der aus unserem heimischen Sandstein gehauene Altar mit seinen edlen Formen die Aufmerksamkeit besonders in Anspruch nimmt. Drei schöne Chorfenster, davon eines nach dem Entwurf von Kunstmaler Peltn, Jesus und die Emmausjünger darstellend, geben diesem Raum ein seines Gepräge. Auf dem Turm hängen statt der 2 bis- heiigen 3 neue Glocken, gegossen von H. Kurtz-SLuttgart; auch steht da droben eine neue Turmuhr von I. Perrot- Calw. Sämtliche Arbeiten wurden im wesentlichen von einheimischen Meistern oder solchen der näheren Umgebung gefertigt. Als schön gelungen darf namentlich auch die ornamentale Bemalung der Kirche durch Kunstmaler A. Reiie-Stuttgart angesprochen weiden, von dessen Werk wiederum drei Gemälde im weißen Feld über dem Chor- bogen (segnender Christus, Apostel Petrus und Paulus) im Vordergrund stehen.
Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 20000 Hiezu erhielt die Gemeinde u. a. einen Anteil an einer Kirchenkollekle m t 7000 Die Gemeindeglieder selbst spendetkn freiwillige Beiträge in Höhe von rund 2000 Herr und Frau Privatier D ü r r°Pforzheim und Herr und Frau Gutsbesitzer Desfner-Wart stifteten gemeinsam die große Glocke. Der Christliche Kunstverein für Württemberg gab 120 ^ zur Beschaffung von Paramenten; die Bibelanstalt stiftete eine prachtvolle Altarbibel. So freut sich die Gern inde, die nicht in der angenehmen Lage ist, wie so manche andere Kirchengemeinde an deren Kirchengebäude der Staat oder sonst wer die Baulast zu tragen haben, mit vollem Recht des Tags, der ihr die Vollendung dieses Werks bringen und sie wieder einsühren soll in ihr würdig geschmücktes Gotteshaus. Zur Teilnahme an der Einweih- ungsfeier sei jede, mann herzlich eingeladen! L.
Aus den Nachbarbezirken.
Vollmaringen, 3. Nov. Am gestrigen Sonntag abend versagte hier sowohl die elektrische Kraft- als Licht- leitung. und man mußte wieder zu den alten Lampen seine Zuflucht nehmen. Heute ergaben die angestellten Nachforschungen. daß Schüler zwischen Göttelfingen und Boll- muringen Drähte aus einer Hopfenanlage über die Leitung gcworsen haben, welche somit unterbrochen wurde und leicht großen Schaden hätte anrichten können. Denn, wenn jemand mtt dem Draht in Berührung gekommen wäre, dann bätte die 5000 Botihochspannung unbedingt eine löbliche Wirkung zur Folge gehabt. Die Eltern der betreffenden Knaben werden wohl für den entstandenen Schaden auizu- kommen haben. (Echw. D.)
Hochdorf OA. Horb, 5. Noo. (Korr.) Heute vormittag landete mitten im Ort ein Registrierballon der meteorologischen Station Straßburg. Der Korb mit den Instrumenten konnte völlig unversehrt geborgen werden.
r Freudenstadt, 4. Nov. (Das Murgkraflwc-rk ) Als Bewerber um den An-bau der Murgwasierkräfte bei Schönmünzach ist nunmehr auch die Stadtgemetnde Freudenstadt aufgetreten, indem sie die Genehmigung der Kreis- regierung des Schwarzwaidkreises für ein dem hiesigen Oberamt oorgelegtes Projekt nachjuchte, das von einem Wehr unterhalb der Schwarzenberger Brücke das Murg- wasser durch einen fast 500 Meter langen Kanal zum Turbinenhaus bei Schönmünzach leiten will.
r Wildbad, 5. Noo. (Todesfall). Im Alter von 68 Jahren ist der General a. 1 s des Königs, General der Infanterie a. D., Karl von Schott hier gestorben. Er war am 9. April 1845 in Eßlingen geboren und im Jahre 1866 als Landwehrmann eir berufen worden. 1868 wurde er zum Offizier befördert, 1870 Oberleutnant, 1874 Hauptmann, 1884 Major, 1889 Oberstleutnant, 1891 Oberst, 1896 Generalmajor, 1899 Generalleutnant und 1912 als General der Infanterie charakterisiert. Er hat den Feldzug 1870/71 mitgemacht und war u. a. Kommenrur des Mtli- täroerdtenstordens, den ihm der König 1899 verlieh.
r Wildbad, 5. Noo. (Zum Tode des Generals von Schott.) Der General a. l. s. des Königs, General der Inf. a. D. Karl o. Schott ist in einem Anfall von Schwermut aus dem Leben geschieden. Er hat den vor wenigen Jahren erfolgten Tod ferner Frau nie verschmerzen können und seither lasteten Gram und Trauer um sie auf dem verdienten Offizier, der auch mit dem König in Freundschaft verbunden war.