Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier mit Tiägerlohn 1.20 im Bezirks­und 10 Lw.-Verkehr 1.25 '6, im übrigen Württemberg 1.35 Monats-Abonnements nach Verhältnis.

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Fernsprecher Nr. 29.

87. Jahrgang. Fernsprecher Nr. 29.

Dienstag, den 4. Hlovemöer

Anzeigen-Gebühr sür die einspalt. Zeile aus gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 /H, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Beilagen: Plauderstllbchen, Illustr. Sonntagsblatt und

Schwäb. Landwirt.

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Amtliches.

A. Hbevcrrnt Nagold.

Bekanntmachung

betreffend die Feldbereiniguug auf der Markung Jselshausen.

Nachdem die Maße und We te der Bereinigungsfläche festgesteilk sind, wird nunmehr

Besitzstand und Einschätznngstagfahrt auf Samstag, den 22. Nov. ds. Js., vormittags S Uhr auf dem Rathaus in Jselshausen anberanmt.

In dieser Tagsahrt können alle Interessenten ihre Ein­wendungen gegen die Besitzstandsausnahme und gegen die Schätzung Vorbringen.

Etwaige Einwendungen sind bei Ausschlußvermcidung bis zur Tagsahrt oder in letzterer selbst oorzudringeu. Gegen die Versäumung rechtzeitigen Vorbringens solcher Einwend­ungen findet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht statt.

Die Mitglieder der Bollzugskommission sind aus Ver­langen bereit, das von ihr eingehaltene Verfahren aus der Tagfahrt mündlich zu erläutern.

Bis zur Tagfahrt sind die betresstnden Akten zur all­gemeinen Einsichtnahme auf dem Rathaus in Jselshausen aufgelegt.

Der; 3. Nov. 1913. Kommerell.

Dom Evang. Oberschulrat ist am 31. Okt. eine ständige Lehr­stelle in Fünfbronn dem Schulamtsverweser Otto Hasenmaier in Rotenbach, OA. Neuenbürg, übertragen worden.

TageK-Neuigkeit n.

U-M Stad! Md Amt.

Nagold. 4. November 1913.

r Versicherungseinnahmen. Die Landesversiche- rungsanstolt Württemberg vereinnahmte im 3 Quartal 1913 aus Beitragsmarken die Summe von 2 584 800 ge­gen 2 347 455 im gleichen Vierteljahr 19!2 und gegen 2 490980 im zweiten Quartal 1913. Sonach haben sich die Einnahmen gegen das entsprechende Diekteljahr von 1912 um 273 345 ^ und gegen das letzte Quartal um 93 820 vermehrt.

Der Winter naht! Jeder Mensch bereitet sich in in seiner Kleidung und Lebenshaltung jetzt daraus vor. Wer Tiere hat, soll aber auch auf sie gebührend Rücksicht m hmen. Recht vernachlässigt ist oft der Kettenhund; man sichere daher seine Hütte gegen Wasser und Kälte. Unbedingt ist ein reichlicheres Stroh- oder Hculazer nötig. Den Eingang der Hütte stelle man so. daß er nicht in der Windrichtung liegt.

Werden die Tage und Nächte kälter, dann ist die Oeffnung noch mit einer Sackleinwand zu behängen, so daß das Innere der Hütte wärmer bleibt. Laßt den treuen Wächter aber nicht ununterbrochen an der Kelle. Um gesund zu bleiben, muß er auch Zeiten der Bewegung haben. Deshalb ist es viel besser, anstatt die Hunde anzuketten, die Hülle mit einem Gitter zu umgeben, sodaß der Wachhund inner­halb dieses Zwingers seine freie Bewegung behält und sich warm laufen kann.

Aus dem Nagolder Oberamt wird demSchwarz. Wälder Volksdlatt" (Horber Chronik) geschrieben: Mahnung zur Vorsicht an Eltern und Ge­schäftsleute! Wandelt da kürzlich einige schulpslichlige Mädchen die Lust an. sich teils an raren, teils schwarzen, teils Lederwürsten gütlich zu tun. Dtcse Lust zum Wurst­genuß mag sich daraus erklären, daß tur Magen der be­treffenden Mädchen wohl sehr seilen sich solcherLecker­bissen" erfreuen durste. Wie aber zum ersehnten Ziel gelangen? Der erfinderische Geist der Kinder wußte sich schon zu Helsen. Sie schrieben ein Zeltelcken, worauf sie Zahl und Art der Würste vermerkten, ebenso die Gründe sür den etwas hohen Beda f. und versahen das Schriftstück zum Schlüsse mit der Unterschrift einer Mutter, ein ander­mal mit der eines Vaters. Den Botengang zum Metzger besorgten sie das eine Mal selbst, das andere Mal war ein kleines Kind der Ueberbringer des Bestellzettels. Ahnungs­los übergab der Metzger die gewünschten Würste. Den Mädchen setzte es dadurch ein weit hinreichendes Vesper ab. Der erste Versuch war gelungen. Es wurde ein zweiter Versuch unternommen; er gelang gleichfalls, ebenso ein Dritter. Wie erstaunten aber die Kontoinhaber, als sie den Stand ihrer Kontos erfuhren, der den Betrag in Preishöhe von 36 Würsten erreicht hatte! Die Nachforschungen brachten alsbald den Tatbestand heraus, worauf die Bezahlung unter Aerger und Verdruß erfolgte. Der Fall dürste die Käufer daran mahnen, derartige Einkäufe in bar zu bezahlen. Umgekehrt können Geschäftsleute nicht vorsichtig genug sein beim Einkauf durch Kinder, um ihren Kunden nachträgliche Ueberraschungen genannter Art zu ersparen. Bei Bar­bezahlung sind derarrige Vorkommnisse ausgeschlossen.

ss Rohrdorf, 3. Nov. In aller Slills feierten heute die Friedrich Bräuning'schen Eheleute das seltene Fest der goldenen Hochzeit. Der Jubelbräutigam ist 74 Jahre alt und geht heute noch seinen beruflichen Pflichten nach. Seit 43 Jahren steht er ununterbrochen bei der Fa. T. Gauß hier in Arbeit. Die Jubelbraut ist 73 Jahre alt. Infolge Kränklichkeit der Letzteren mußte die Kirchliche Ein­segnung in der Wohnung des Jubelpaars oorgenommen werden. Herr Pfarrer Lörcher und Herr Schultheiß Kik- ling erüberreichlen dabei dasGnadengeschenk des Königspaares

und das Geschenk der Gemeinde. Sie verbanden damit die besten Wünsche sür einen guten Lebensabend. Allen diesen guten Wünschen und auch denen, die bei der familiären Feier am Abend in derSonne" zum Ausdruck gebracht wurden, bet welcher der Jubelbräutigam leider nur allein anwesend sein konnte, schließen wir uns auch an dieser Sielle recht gerne an.

AnS den Rachbarbezirken.

Calw, 4 Nov. Am Sonntag nacht 10 Uhr wurde ein 28jähriger Mann aus Aliburg auf Station Teinack bei Streithändeln mit Stollenarbeilern durch Messerstiche schwer verletzt; er wurde durch die Saniiätskolonne ins Bezirks- Krankenhaus verbracht. Lebensgefahr besteht n cht. Der Täter ist noch nicht ermittelt.

r Baiersbronu, 2. Nov. (Bahnbau und Ko­fi e l l e n b a u.) In den letzten Tagen wurden zehn Fuhren Bauholz aus dem württembcrgischen Murgtal nach Rau» münzach geführt. Sie sind sür bas Bahnhofsgebäude in Raumünzach bestimmt, das gegenwärtig aufgerichtel wird. Zwischen Raumünzach und der Londesgrenze werden Ver­messungen ausgesührt, die eine baldige Wetterführung des Bohnbaus nach Kirchbaumwasen und Schönmünzach erhoffen lassen. Auch das Kapellenbaucn ist recht im Schwung. Don aliers her haben sich die Sekten des Echwarzwalds darin sehr rührig gezeigt. Nachdem vor wenigen Jahren eine Metbodistenkopelle hier erbaut worden war, wurde in letzter Zeit auch in der Fitialgemeinde Tonbach eine solche errichtet und feierlich elngeweiht.

Freudenstadt, 3. Nov. Gestern nacht 11 Uhr hat ein hier beschäftigter 32jähiiger Schuhmachrrgeselle einen 23 Jahre alten Schlossergesellen nach kurzem Wortwechsel mit dem Revolver in die Brust geschossen. Der Verletzte wurde in das Bezirkskrankenhaus verbracht; die Verletzung ist eine sehr schwere. Der Grund zu der Tat ist in Liebes- händeln zu suchen. Der Täter ist verhaftet.

Landesnachrichten.

Stuttgart, 3. Nov. Herzog Philipp Albrecht von Württemberg, der älteste Sohn des Herzogs Albrecht, seit­her Oberleutnant iw Gren.Reg. Königin Olga, ist jetzt, in gleicher Eigenschaft, zum Dragonerregiment Nr. 26 versetzt worden.

p Stuttgart, 3. Nov. (Der neue Domdekan.) Das Domkapiiel von Rottenburg hat sür die erledigte Stelle des Domdekans aus der Zahl derjenigen Kandidaten, welche dem König zuvor benannt worden sind am 31. Oktober 0. I. den Domkapitular Prälaten von Walser erwählt.

r Stuttgart, 3. Noo. (Ueberfahren.) Heute früh 8 Uhr wurde ein ä.kercr Herr von einem in der Schloß- straße zum Bahnhof hinaufiahrenden Wagen der Dororts- straßendahn, Linie 16, überfahren. Als er unter dem Ma.

Historische Reminiszenzen.*)

Die geschichtlichen Ereignisse der Aera Bismarck sind in denGedanken und Erinnerungen" behandelt. Ich kann hier nur einige ergänzende Fragmente bieten.

Die Emser Depesche und der Deutsch-Französische

Krieg.

Mir hat Fürst Bismarck den Vorgang bei der Redi­gier ung der Emler Depesche, wie er von ihm in seinen Memoiren (8d. II, S. 87 ff.) dargrstellt ist, in kürzerer und drastischerer Weise geschildert. Ich lasse seine Erzäh­lung hier wörtlich folgen:

Molike und R wn waren bei mir zu Tisch, als das Abekcusche Telegramm über die Vorgänge in Ems einlief. Ich las es den beiden Generalen vor und der Eindruck war de , daß die beiden .ollen Blutve jießer' lange Gesichter mach en und Messer und Gabel niederlegten. Der Appetit war ihnen vergangen. Da Hobe ich sie gefragt: .Sind Sie wirklich ganz fertig mit dem Heere, so daß wir mit sicherer Aussicht aus Erfolg losschlagen können?' Beide bejahten das. Daraufhin setzte ich mich mrt dem Abekenschen Texl an einen Nebentisch und strich ihn, ohne ein Wort zu ändern oder hinzuzufügen, so zusammen, wie er als .Emser De­pesche' in der europäischen Presse veröffentlicht worden ist. Als ich die neue Fassung den beiden Generalen oorlas, nahmen sie ganz vergnügt Messer und Gabel wieder aus und die untrrbrochene Mahlzeit wurde mit sichtlichem De-

*) Aus dem demnächst erscheinenden WerkeFürst Bismarck ^001898". Von Hermann Hofmann, früherem leitenden politischen Redakteur der Hamburger Nachrichten. Stuttga t, Union Deutsche Vrrlagsgesellschafl. Zwei Ganzlcinenbände >6

Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags gestattet.

Hagen fortgesetzt. So wurde aus der Schamade die Fan­fare."

Gegen den Vorwurf einer Fälschung des Abekenschen Texles war der Fürst stets sehr empfindlich und ließ ihn jedesmal energisch zurückweisen, wenn er erhoben wurde. Ich verweise dafür aus die betreffenden Artikel im zweiten Teil dieses Werkes. Einmal führte der Fürst mir gegen­über zur Beleuchtung der damaligen Situation das Fol­gende aus:

Setzrn wir den Fall, daß ich in dem Bestreben nach Herstellung der deutschen Einheit den Kiicg mit Frankreich wirklich veranlaßt hätte, ohne dessen siegreiche Führung die Einigung Deutschlands nicht möglich war. weil wir wie ich es in Kisstngen einmal ausgedrückt habe die deutsche Kaiserkrone aus den französischen Bataillonen heraushausn mußten. Hätte mich dafür ein Vorwurf treffen können? Ich verweise darauf, wie andere Nationen, insonderheit Italien in analogen Situationen gehandelt haben. Daß die deutsche Einheit und die Verschmelzung des Nordens mit dem- Süden ohne kriegerische Abrechnung mit Frankreich nicht zu erreichen war, kann weder polilisch noch geschichtlich bezweifelt werden. Solche zur Herstellung nationaler Ein­heit nötigen Kriege herbeizusühien. hat Italien niemals Be­denken getragen, und die deutsche Kritik hat diese italienischen Bestrebungen bis zur toi-r-s, riseos8L niemals gemißbtlligt, oder gar in irgendwelcher Form sür ruchlos und unehilich erklärt. Caoour hat vor keinem europäisch?» Kriege zurück« geschreckt um die italienische Einheit zu verwirklichen, und die deutsche öffentliche Meinung hat diese Bestrebungen in keiner ibrer Handlungen getadelt.

Wenn ich unter dem Drucke der französischen Droh­ungen, wie sie vom 5. bis zum 13. Juli geschichtlich sest- stehen, mich hätte forlreißen lassen und auf eigene Verant- wortung hin den Krieg entfesselt hätte, würde ich dann etwas anderes getan haben, als was Caoour, dessen per­

sönliche Integrität bei uns niemand anficht, jahrelang wie­derholt getan hat, ohne daß sein Patriotismus und seine Ehrlichkeit deshalb irgendeinem Vorwuif ausgesetzt worden wären? Von italienisch nationaler Seite ist das sicher nicht geschehen; aber auch von unparteiischer deutscher Kritik ist ihm aus seinem, für den europäischen Frieden nicht immer rücksichtsvollen politischen Verhalten niemals ein Borwurf gemacht worden. Jede Nation kann in die Lage kommen, nach ihren Lebenstnterefsen einen Krieg für notwendig zu halten, und ein solcher kann im Interesse der Nation auf monarchistische, auf volkstümliche oder ministerielle Anreg­ungen erfolgen. Die Kritik deutscher Parteien hat in allen solchen ausländischen Fällen niemals ein hartes Wort für die Staatsmänner gehabt, die auf dem Thron oder im Kabinett einem derartigen Kriege nicht ausgewichen sind. Alle französischen Eroberungskriege verurteilt man bei uns natürlich, ober doch nur, ohne im Hinblick auf sie den Ur­hebern die persönliche Ehre abzuschneiden. Daß der Kaiser von Oesterreich den Krieg 1859 begann, daß England den Krimkrieg für eine nationale Notwendigkeit hielt und bet voller Unabhängigkeit der Regierung ,v»8 äriktin^ into var', darüber haben wir in Deutschland wohl sachliche Kritiken über die politische Richtigkeit erlebt, aber niemals persönliche Verdächtigungen des Charakters derjenigen Männer, von denen die Entscheidung über Krieg und Frie­den abhing. Nur bei mir ist es anders. Es gehört die ganze Stärke des deutschen Parteihaffes gegen mich dazu, um die irrtümliche Voraussetzung, daß ich 1870 den sür die dauernde Einrichtung der tu Nischen Einheit jederzeit un­vermeidlichen französischen Krieg gewollt und gefördert habe, zu Verdächtigungen meines Charakters und meiner Ehre in der Weise zu benutzen, wie es fortwährend mit dem Vor­wurf der Fälschung der Enffec Depesche geschützt."

(Schluß folgt.)