IlsWNt
«üi «mmah», de,
Norm, «od Festtagk.
Pni« vitttetjühritch Per wit L»äs«rlohn !L0 !« Bezirk«.
s«d IS L».-Berkrb- !.LS F. i« Lb rigra W»ritr»b«g i.SiiUk Nosair.NboiikMtll!, «rch BerZSUki l-
Itt GksklljWtt.
Aad- «ü Kmkiik-Klrtt flr kn Ammln-KM NnM.
Fernsprecher Rr. 28.
87. Jahrgang.
Fernsprecher Nr. 29.
Anzetge«,B«k»h» für die einspatl. Zetir au» gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung IS >4, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Beilage»: Plauderstitbcheu, Mustr. SonMaprblatt und
Schwöb. Landwirt.
n-U 313
Donnerstag, dm 11. Septemver
191S
Seine Königliche Majestät haben am 6. September d. I aller- gnädigst geruht, eine wissenschaftliche Hauptlehrstelle an dem Lehrerseminar in Nagold dem Hilfslehrer Dr. Georg Wagner am Gymnasium in Hall unter Verleihung des Titels eines Professors zu übertragen.
Vom Evangelischen Qberschulrat ist am K. September die erledigte Eeminaroberlehrerstelle in Nagold dem Hauptlehrer Ehni in Eßlingen-Wäldenbronn übertragen worden.
Zum Major wird u. a. befördert Freiherr v. Gültlingen, Mitglied der Gewehr-Prüfungskommission.
Zum Oberstleutnant wird u. a. befördert Freiherr v. Gült- lingen, Major im Dragoner-Regiment König Nr. 26: wird von der Stellung als Eskadronchef enthoben und tritt zum Stabe des Regiments über.
Erfurt« Urteil uud KourrMersuumluW«
erfahren in der Parteipresse verschiedener Richtung eine Be- Mteilung, die sich ziemlich nahe kommt. Co liegen vom Montag zwei Preßäußerungen vor, welche den konservativen und volkspacteilichen Standpunkt darleqen und sich in manchem begegnen. Die „D. Reichspost" resümiert:
„Der ehemalige Soldat sieht sich am Abend, wenn er m lustiger Stimmung ist, einem Gendarmen gegenüber, der in seiner Dienststellung als aktiver Wachtmeister zum Heere gehört und in dieser Änen Nacht Vorgesetzter aller von der Konlrolloersarnmlung kommender Reservisten und Landwehrleute ist. Da gibt es denn nicht gar zu schwer ein Unglück, und im Handumdrehen ist der „Aufruhr" geschehen, ist das Verbrechen der „Meuterei" begangen.
Keine einzige Partei im Reichstage hat es geleugnet, daß in solchen Fällen „mildernde Umstände" herangezogen werden müßten, und infolgedessen ist das bekannte Not- gesetz erlassen worden, auf Grund dessen setzt die Exzedenten von Erfurt vor dem Zuchthaus bewahrt geblieben und zu einer überdies kürzeren Gefängnisstrafe verurteilt worden sind. Man atmet aus. Und doch regen sich auch Bedenken.
Wie, wenn einmal ein wirklicher Ausruhr ausbricht? Wenn die von der Kontrollversammlung zurückströmenden Masten, verhetzt und berauscht, losschlagen? Haben nicht auch die Erfurter damit geprotzt, sie seien Sozialdemokraten?
In einem solchen Falle würden eben mildernde Umstände nicht zuerkannt werden und es bliebe bei Zuchthaus. So unsympathisch es einem auch sein mag, daß eine Aktion Liebknechts den Anstoß zu dem Gesetz gab, für das sich Reichstag und Dundesrat einmütig erklärten, so wird doch jeder, der gedient hat, die neuen Bestimmungen als richtig empfinden müssen. Nach der Kontrollversammlung macht niemand eine Revolution. Man erzählt sich etwas aus vergangenen Zetten und trinkt seinen Schoppen. Je weniger damit Polizei, Gendarmerie und Gericht in Berührung kommen, desto bester.
Es wird jetzt der Vorschlag gemacht, daß die Leute nur bis zum Schlüsse der Kontrollversammlung selbst den
Militärgesetzen unterstellt sein sollen. Das hieße wohl das Kind mit dem Bade ausschütten, aber darüber läßt sich wohl reden, ob nicht etwa eine Stunde Nachfrist genügen würde!"
Der „Beobachter" möchte auch diese Stunde gestrichen misten und schreibt: „Die Reservisten dürfen nur so lange den militärischen Gesetzen unterstehen, als die Kontroll- Versammlung dauert! Das genügt vollständig, die militärische Disziplin ausrecht zu erhalten. Wenn nach der Kontrollversammlung Ausschreitungen begangen werden, so sollen es Ausschreitungen von Zivilisten sein, die von den ordentlichen Gerichten bestraft werden. Diese Forderung ist um so berechtigter, als auch in der Verhandlung vor dem Oberkriegsgericht bestätigt wurde, daß Zechgelage nach Kontrollverfammlungen üblich sind; woraus zu ersehen ist, daß selbst das Militärstrasgesetzbuch mit seinen drakonischen Strafen es nicht verhindert, daß „Militärpersonen" sich im Wirtshaus oeisammeln und, um einen Ausdruck des Vertreters der Anklage zu benutzen, sich den Bauch oolltrinken. Bis zum Jahre 1886 war es auch selbstverständlich angesehen worden, daß die Reservisten nur während der Dauer der Kontrollversammlung Militärpersonen sind. Reichsgericht und Reichsmilitärgericht haben leiser in jenem Jahre entschieden, da z die zur Kontrollversammlung Einberufenen während des ganzen Tages bis Mitternacht den Militärgesetzen unterstehen. Es ist notwendig, daß nun eine neue Bestimmung ausgenommen wird, durch die der ursprüngliche Zustand Klipp und klar wiederhergestellt wird."
Tager-Renigkeite«.
Nus Stadt uud Nuü.
Nagold, 11. September 1813.
r Mahnung zu» Vorsicht. Es ist auch neuerdings wiederholt die Beobachtung gemacht worden, daß die dem Personal immer wieder eingeschärfte Bestimmung der Schutz- oorschriften, wonach Bahnarbeiter aus zweigleisigen Bahnen bei der Annäherung eines Zuges oder einer Lokomotive beide Gleise zu verlosten haben und keinesfalls aus das andere Gleis ausweichen oder sich mitten zwischen den beiden Gleisen stellen dürfen, von Bahnarbeitern nicht beachtet wurde. Im Juli dieses Jahres hat diese Gleichgültigkeit 2 Bahnarbeitern das Leben gekostet. Auch gegen die Vorschrift über das Gehen aus der Bahn wird häufig verstoßen. Dem gesamten Bahnunterhaltungspersonal ist die genaue Beachtung dieser sowie der übrigen Bestimmungen der Schutzvorschriften nochmals nachdrücklich eingeschärft worden. Bei Zuwiderhandlungen ist künftig mit Strafen einzu- schreiten. _
Altensteig, 10. Sept. (Korr.) Am vergangenen Sonntag nach dem Fcühgottesdienst wurde uns in der hiesigen
Stadtkirche ein hoher musikalischer Genuß zuteil. Mitglieder des gegenwärtig hier weilenden Mädchenwandems Ulm veranstalteten unter Mitwirkung von Organist Feucht hier ein Kirchenkonzert. Dasselbe war gut besucht und die Mitwirkenden boten den lauschenden Zuhörem wirklich Gediegenes. Fräulein Kauffmann-Ulm sang einige Arien, die durch die schöne Vortragsweise einen tiefen Eindruck aus die Zuhörer machten. Durch seine herrlichen Vorträge auf dem Cello zeigte Herr Professor Weller-Ulm sein Künstler sches Können. Die Begleitung sämtlicher Solls hatte Herr Organist Feucht übernommen, der sie sicher und mit schöner Registrierung ausführte. Auch seine Orgelvorträge stellten an ihn hohe technische Anforderungen, denen er sich in vollem Maße gewachsen zeigte. Möchten die Ulmer Wandervögel uns später einmal wieder mit einem ähnlichen Genuß erfreuen.
A«S de« Nachbarbezirke«.
Calw, 11. Sept. Am nächsten Sonntag den 14. September findet hier in der Städt. Turnhalle eine große Schau von Hunden aller Rassen statt, bei welcher Gelegenheit geboten ist, die Hunde von sachverständigen Richtern begutachten zu lasten. Es kommen anläßlich derselben viele Geld- und Ehrenpreise zur Vergebung. Der Beginn der Prämierung ist auf 12 Uhr festgesetzt; die an derselben teilnehmenden Hunde sollen um 11 Uhr am Platze sein.
Landesnachrichten.
p Stuttgart, 9. Sept. Die Deisetzungsfeier- lichkeiten für die verstorbene Herzogin Alexan- drine Mathilde von Württemberg fanden am Freitag in Carlsruhe in Schlesien statt. Die Beisetzung erfolgte in der Familiengruft. Dem Leichenwagen gingen voran vier Geistliche, die Dienerschaft der Verewigten, der sürstl. Reußsche Oberhosmarschall Frhr. v. d. Heyden-Rynsch, der K. Kommissar. Geheimer Legalionsrat Frhr. v. Herman und Schloßhauptmann o. Oppen. Dem Sarg folgten Herzog Albrecht von Württemberg, als Vertreter des Könige, der Neffe der Verblichenen regierender Fürst Neuß, sdie Schwester des Fürsten Reuß Prinzessin zu Solms-Braun- fels, die übrigen Leidtragenden, darunter der Herzog von Ratibor und Prinz Gottfried von Hohenlohe-Ingelfingen, Hofstaaten, sowie Vertreter der Behörden und Beamtenschaft, darunter Oberprästdent Dr. v. Guenther aus Breslau. In der Kirche hielt Hofprediger Suchner die Trauerrede, aus der wieder mit besonderer Eindringlichkeit hervorging, welch große und warmherzige Wohltäterin die verblichene Herzogin gewesen ist. Das zeigte sich auch in wohltuender Weise in der zahlreichen und herzlichen Beteiligung der Gemeinde Carlsruhe an der Trauerfeier.
Mit -er Baumeistertitelfrage befaßte sich eingehend die am letzten Sonntag den 7. Sept. im Hotel Textor in Stuttgart stattgefundene gemeinsame Sitzung der
Verschiedenes.
Ein Morgenbesuch bei Liszt.
Liszt pflegte bereits um 4 Uhr des Morgens auszustehen, und eü mal hat er in aller Herrgottsfrühe einen ganz merkwürdigen Besuch gehabt. Er selbst hat das drollige Abenteuer seinem Schüler Siloti, dessen Liszt-Erinnerungen in der „Zeitschttft der Internationalen Musikgesellschast" kürzlich veröffentlicht wurden, mit folgenden Worten erzählt: „Einmal um ^/z6 Uhr morgens meldete mir mein Diener, daß zwei Damen mich zu sehen wünschten; ich war in guter Laune und empfing sie trotz der frühen Morgenstunde. Zwei große schlanke Engländerinnen traten ein. Jede hatte einen Büdeker in der Hand. Sie sagien, daß sie aus der Durchreise in Weimar wären und daß ihr Zug in einer halben Stunde abginge, daß sie aber Weimar nicht verlassen könnten, ohne ..Liszt selbst" gesehen zu haben. Ich bedankte mich für ihre Liebenswürdigkeit. Sie sahen einander an und wolltet! mir offenbar etwas sagen. „Was wünschen Sie?" fragte ich. — „Ah, Mister Liszt, wir möchten so gern, daß Sie uns etwas Vorspielen. Sie zu hören, würde ein großes Glück für uns sein." — „Mit Vergnügen. Was wünschen Sie zu hören?" Sie warfen einander Blicke zu, und die ältere von beiden sagte: „Das, was Sie am besten spielen." Ich lachte, setzte mich aber ans Klavier und spielte die chromatische Etüde von Moscheles. Als ich fertig war, nickten die beiden beifällig mit dem Kopf und sagten einstimmig: „Gut, sehr gut. Sie spielen wirklich gut!" Dieser Besuch fing schon an mich zu belästigen. Plötzlich zogen sie ein dickes Album heraus und sagien: „Würden Sie vielleicht die Güte haben, hier Ihren Namen einzuschreiben?" Das gefiel mir schon nicht mehr; ich schlug es ziemlich trocken
ab. Ich weiß nicht, was sie gedacht halten, aber sie sagten zu mir: „Sie haben uns, wie es scheint, falsch verstanden." (Das waren Worte, die Liszt nicht vertragen konnte.) Da schrie ich: „Ich verstehe nie etwas falsch. Hier ist ein Fenster und eine Tür — wählen Sie den besten Weg, um hinauszukommen." Sie standen still auf und gingen fort; ich lachte lange nachdem sie fort waren."
Und «och einmal die „Lindenwirtin". In dem Streit, ob Aennchen Schumacher in Godesberg am Rhein die weltbekannte „Lindsnrvirtin" ist oder nicht, ob sie von Baumbach in dem schönen Liede gemeint wurde, ergreift die Nächstbeteiligte jetzt selbst das Wort. Ein in Halle lebender Enkel Ernst Moritz Arndts, der achtzigjährige Rechnungsrat Arndt, der mit seiner Gattin oft das Aennchen besucht, erhielt von „Aennchen, der Feinen", folgende Zellen: „Mein 50. Wiegenfest feierte ich leider schon vor drei Jahren, und ich kann nicht verstehen, wie das jetzt in alle Zeitungen kommt. Mir sind aus ganz Deutschland Briefe, Gedichte, Depeschen und Karten zngesandt worden, die alle drei Jahre zu spät angekommen sind". Also hätte die Lindenwirtin, zu der Zeit, als sie Baumbach besang, nicht 13. sondern 16 Lenze gezählt, und der Nachweis, daß sie wirklich Baumbachs Lindenwirtin war, scheint geglückt zu sein.
Das Ende des Eisenbahnrünbers.
Old Bill Miner, in den ganzen Vereinigten Staaten als der größte und merkwürdigste Straßenränder der letzten fünfzig Jahre bekannt, starb kürzlich auf der Gefäng- ntsfarm des Staates Georgia in der Nähe von Milledgeville. Mit Stolz rühmte sich der verstorbene Bandit, der beinahe 70 Jahre alt geworden war, daß er in seiner langen Karriere sich keiner „wirklich unehrenhaften Tat" zu schämen brauche, d. h. unehrenhaft im Sinne des eigenartigen Kodex
der Gesetzlosen, denen er seit den letzten fünfzig Jahren angehört hatte. Ehe er starb, diktierte Old Bill noch sein« Lebensgeschkchte, die nach feinem Tode veröffentlicht werden sollte. In dieser klärt er verschiedene Eisenbahnräubereien auf, die seit Jahren in Dunkel gehüllt waren. Trotz seines Räuberdasetns rühmte sich Old Bill, daß er niemals einer Frau oder einem Kinde irgend ein Leid zugefügt oder einen einzelnen Menschen ausgeraubt hatte. Seine Spezialität waren Expreßzüge, und seine Räubereien führte er zuweilen ganz allein aus. Er hatte seine eigenen „Geschäftsprinzipien" und seine Opfer waren fast ausschließlich Korporationen, besonders Pakeifahrtgesellschaften, die er vor allem in sein Herz geschlossen hatte. Unter den zehn Geboten, die er für sich selbst aufgestellt hatte und nach denen er arbeitete, hieß eines: „Stiehl nie, was einem anderen Mann gehört, sondern beraube nur Korporationen!" „Sei Frauen hilfsbereit!" „Sei mit jedermann Freund und gib Geld dem Bedürftigen!" lauteten andere. Miner hat die ganze Welt bereist, im amerikanischen Bürgerkrieg gekämpft und auch an den Indianerkämpfen im Westen teilgenommen. Die halbe Zeit im Jahre arbeitete er und in der anderen Hälfte genoß er die Früchte seiner Räubereien. Bor zwanzig Jahren führte er ein großes Haus in Newyork und hatte eine riesige Dienerschaft. Als er London besuchte, wohnte er in den vornehmsten Hotels und aß in den luxuriösesten Restaurants. Allen Lebeleuten in Paris und Berlin war er bekannt und einst unternahm er sogar eine Wallfahrt nach Rom. Sein Motto war: „Amerika ist das Land, wo man Geld machen kann, Europa, wo man es ausgeben kann." Seine größte Schwäche waren starke Getränke, die ihn auch schließlich zu Fall brachten. „Wenn ich ein Abstinenzler gewesen wäre," pflegte er zu sagen, „könnte ich heute einer der ersten Politiker des Landes sein."