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Fernsprecher Nr. 29.
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87. Jahrgang.
Fernsprecher Nr. 29.
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Beilage«: Plauderstttbche«, Mustr. So««taä»blaU und
Schwäd. Vovdwirt.
^4» 202 Samstag, dm 30. August MS
Amtliches.
An die Evang. Pfarrämter.
Das jährliche Bezirksmisfionssesl findet hier Sonntag, den 7. Sept., nachm. ^2 Uhr, statt. Dies wolle im morgigen Hauptgottesdienst den Gemeinden bekannt gegeben werden.
Nagold, den 30. Aug. 1913.
Eo. Dekanatamt:
Psteiderer.
Der Wetterwart.
^oMische Nmschav.
x Eine eindrucksvolle Kundgebung für den Reichsgedanken war die von den deutschen Bundesfürsten zu Anfang diefer Woche in dem bayerischen Städtchen Kelheim veranstaltete Jahrhundertfeier zur Erinnerung an die Befreiungskriege. Bor 50 Jahren hat der Großvater des fetzigen Prinzregenten von Bayern, König Ludwig 1.. der als einer der wenigen unter den deutschen Bundesfürsten schon damals von vaterländischer Begeisterung erfüllt war, als die anderen noch unter dem Banne Napoleons standen, in Kelheim den Tempel der Befreiung errichten lassen, dem nunmehr die gesamten deutschen Bundesfürsten mit dem Kaiser an der Spitze durch eine vornehme festliche Veranstaltung ihre Weihe gegeben haben. Und an der Bedeutung dieser Veranstaltung wird auch nichts gemindert durch die bedauerliche, aber bei uns gewohnte Tatsache, daß von gewissen Organen an ihr herumgemäkelt wird, weil die Fürsten eigentlich gar kein Recht hätten, das Fest der Befreiungskriege zu feiern. Anstatt daß man sich freuen würde, daß es eben anders geworden ist, daß man Gott sei Dank, wie auch Prinzregent Ludwig betonte, heute nicht mehr mit der Eifersucht der Reichsglieder rechnen kann, daß es hier weniger aus die „Erinnerungen", auf die zurückliegenden Begebnisse als aus das durch die Zeitentwicklung Geschaffene ankommi und daß ein Zeichen der Zeitentwicklung eben auch diese Feier der deutschen Bundesfürsten ist. Und was dort Prinzregent Ludwig, der Enkel des Erbauers der Be- sreiungshalle, gesprochen, das darf doch, meinen wir, jeder Deutsche hören, wenn es auch, oder gerade weil es aus Fürstenmunde kommt, und so zeigt, daß wir eben heule andere Zeiten haben, als ehedem, da auch noch andere Fürsten die deutschen Stämme führten und irreführten.
In die Hochsaison der politischen Sommerslille ist, kaum allgemein bemerkt, eine Retchstagsersatzwahl gefallen, die deswegen besonderes Interesse beanspruchte, well es sich hier um eine neue Kraftprobe zwischen Liberalen und Konservativen handelte. Der Wahlkreis Ragnit- Pillkallen war seit 1878 konservativ vertreten, davon die letzten 24 Jahre durch den auch durch die Gegner in seiner Bedeutung als einer unserer ersten Parlamentarier stets anerkannten Grafen Kanitz. Diesem hatten früher die Freisinnigen, die in den ersten sieben Jahren das Mandat selber besaßen, den Wahlkreis streitig gemacht, waren aber mit der Zeit immer mehr durch die Nalionalltberalen verdrängt worden, die im Laufe der Jahre die liberale Führung an
sich gerissen halten und auch diesmal den Kandidaten stellten, für den die Aussichten diesmal umso günstiger waren, als es sich bet der Wahl des Grasen Kanitz fast um eine ausgesprochene Personenwahl, wie bei so vielen anderen auch, gehandelt hatte. Eo kam es denn, daß der konservative Kandidat diesmal zwar noch den Sieg davontrug, aber mit einer so Knappen Mehrheit, daß diese alte konservative Hochburg für die Zukunft ernstlich gefährdet erscheint.
Nachdem die deutsche Regierung eine offizielle Teilnahme an der Weltausstellung in San Francisco adgelehnt hat, regen sich private Kreise, wenigstens eine teilweise Beteiligung der deutschen Industrie, soweit dies die geschäftlichen Interessen wünschenswert machen, zu sichern. Man dann diesem Bestreben volle Sympathie entgegenbringen und auch den Wunsch unterstützen, daß unsere amtlichen Stellen denjenigen Industriellen, die sich zu beteiligen beabsichtigen, jede Förderung zu teil werden lassen, und daß auch unsere konsularischen Vertretungen in Amerika in geeignetster Weise Mitwirken. Es wird sich dabei in der Hauptsache wohl nur um unsere Schwerindustrie, unsere hochentwickelte chemische Industrie, Feinmechanik rc. handeln, sodaß also Deutschland ohne den Aufwand, den eine offizielle Teilnahme an der Ausstellung erfordert hätte, wohl einen guten Platz aus der Ausstellung einnimmt und hinter seinen Konkurrenten auf dem Weltmarkt nicht allzusehr zurückstehen dürste.
Weniger erfreulich als diese Betätigung des deutschen Unternehmungsgeistes ist eine andere Erscheinung: die Beteiligung deutscher Firmen auf einer polnischen Ausstellung. Die Presse verzeichnet nämlich die bedauerliche Mitteilung, daß die in Thvrn stattfindende national-polnische Gewerbeausstellung, also eine Ausstellung, die als ausgesprochene polnische Absonderungsaktton anzusehen ist, auch von deutschen Geschäftsleuten beschickt worden. Man kann diese Entwürdigung deutschen Bewußtseins tatsächlich nicht besser würdigen, als daß man die Schilder dieser Firmen in des Wortes wirklicher Bedeutung „niedriger hängt".
Die Lösung des Balkankonflikts vollzieht sich langsam aber sicher unter der Devise des Rückzugs der Großmächte. Keine Verschiebung des Status quo war deren Losung vor Ausbruch des Krieges und heute sind wir so weit, daß alle Verschiebungen, die im Lauf von ^ Jahren vor sich gegangen sind, sich zum großen Teil gegen den Willen der Mächte vollzogen haben. Die letzte Etappe ist die Wtederauslieferung Adrtanopels an die Türkei. Zwar sind die bezüglichen Meldungen alle noch voller Widersprüche. aber sie ändern nichts mehr an der Tatsache, daß Adrianopel, um das die Bulgaren Ströme von Blut vergossen haben und an dem ihre Hauptkraft gebrochen ist. den Türken verbleiben wird. Ob Bulgarien hierfür von der Türkei noch irgendwelche Konzessionen gemacht worden sind, oder noch gemacht werden, tut nichts dabei, denn bestenfalls kann es sich ja nur darum handeln, daß die Türkei sich dazu verstanden hat, weitere Angriffe auf bulgarisches Gebiet nicht zu unternehmen; das schwer heimgesuchte Land erhält damit wenigstens, was ihm zunächst am meisten not tut: Ruhe zur Erholung von dem opserschweren Feldzuge, durch den es seinen ehemaligen Verbündeten und
nunmehrigen Rivalen so gewaltige Vorteile und positive Macht verschafft hat. Damit ist aber zugleich die Signatur für die künftigen Verhältnisse gegeben: Bulgarien wird alles daran setzen, aus Revanche hinzuwirken und wäre es mit Hilfe der Türkei, gegen deren „Joch" in Mazedonien der blutige Krieg geführt worden ist.
Ta-e»-Re«igIette«.
So« Stadt iwd Amt
Nagold. 30. August 1S13.
r Neues Papiergeld. Beim Direktorium der Reichsbank sind die Entwürfe für den Typ eines neuen Hundertmarkscheines, die aus Veranlassung der Reichsbehörde von Künstlern gefertigt wurden, bereits eingegangen. Voraussichtlich dürfte der Typ eines Düsseldorfer Künstlers gewählt werden. Die Entscheidung hierüber soll nach einer offiziösen Korrespondenz in nächster Zeit erfolgen. Die neuen Hundertmarkscheine sollen das zweckmäßige Format des alten Scheins erhalten, der sich im Berkehr durchaus bewährt hat. Was die Ausgabe der Schrine anbelrifft, so ist zu berücksichtigen, daß ihre technische Herstellung voraussichtlich lange Zelt erfordert, so daß ihr Erscheinen für den öffentlichen Verkehr noch geraume Zeit auf sich warten lassen muß. Im preußischen Parlament war erklärt worden, daß auch eine Abänderung der Reichskassenscheine im Werte von 10 Mark oorgenommen werden soll. Die Erwägungen, die über die Ausgabe eines neuen Typs für die Zehnmarkscheine schweben, sind aber zunächst zurückgestellt worden, da vorerst wieder 100 Millionen Mark Zehnmarkscheine zur Erlangung von Gold für den Reichskriegsschatz benötigt werden. Mit der Herstellung dieser Scheine ist bereits begonnen worden. Seit einiger Zeit werden die Zehnmarkscheine, deren jetziger Entwurf von dem bekannten Professor Thumann stammt, von einem festeren und haltbareren Papier als vorher hergestellt, was zur Folge gehabt hat, daß die Klagen der Handelswelt und des Publikums über die Unzweckmäßigkeit der Scheine verstummt sind. Ein besonderer Vorzug, der weiter hervorgetreten ist, besteht darin, daß diese Scheine fast gar nicht nachgemacht werden. Die Nachfrage, die sich gerade nach diesen Scheinen bemerkbar gemacht hat, ist angeblich so erheblich, daß man zu ungunsten der Fünfmarkscheine, von denen nur 20 Millionen im Umlauf sind, 100 Millionen Zehnmarkscheine in Umlauf gesetzt hat, während früher nur 90 Millionen von diesen Reichskaffenscheinen ausgegeben wurden. Neuerdings sind allerdings wieder Gesuche um eine vermehrte Ausgabe von Fünfmarkscheinen eingegangen. Rechnet man die Zahl der vorliegenden Reichskasienscheine für die Erhöhung des Kriegsschatzes zu den bereits im Umlauf befindlichen Scheinen hinzu, so wären im ganzen für 200 Millionen Reichskassenscheine im Werte von 10 ^ und 40 Millionen im Werte von 5 vorhanden.
r Weinfässerversand ans der Bahn. Die Generaldirektion der Staatseisenbahnen hat auch in diesem Jahr wieder zur Vermeidung von Verwechslungen und Verschleppungen leerer und gefüllter Weinfässer die Güter- stellen angewiesen, nur solche Fässer anzunehmen, die an
Die Bäbeleseich.
Von Joseph Laub.
(Nachdr. verb.)
Inmitten des großen Weitharts, des uralten Forstes zwischen dem Bussenderg und Heiligenberg in Obcrschwaben, führt ein kleiner Waldteil unweit der südlichen Kreuzstraße die Bezeichnung „Bäbeleseich". Das Landvolk umher nimmt aber nichts mehr wahr, weder von einem Bäbele, noch von einer Eiche. Beide waren einmal da und sind seit mehr als Menschengedenken mit Rumpf und Stumpf ausgerottet, und säst auch die Erinnerung an sie.
Eine Rieseneiche erhob sich dort. Nicht mehr nisteten die Vögel in ihrem Schatten, denn die Eiche mit ihrem brüchigen Stamm und zunderdürrer Rinde streckte nur noch blätterlose Astrumpfe gleich dürren blutleeren Menschenarmen aus, hinweg über dichtes schützendes Grün. Im hohlen Stamm hausten kleine Waldtiere. Zersaust vom Sturm wie ein altes Menschenleben stand die Baumgestalt da, und es war, als ob sie zu ihrer kraftvollen Umgebung spräche: „Wehret mir den Sturm, ich ertrage ihn nicht; haltet mich, sonst stürze ich." Die Leute gingen nicht achtlos an der ehrwürdigen Greisin vorüber.
Im nahen Ablachdörfchen Rulfingen an der Dauphinstraße, unten am Waldrand, hauste, allein und verlassen, ein Kräuterweiblein, das alte Bäbele. Tagtäglich zur warmen
Jahreszeit, zog sie ihr ausgelaufenes, federloses Handwägelchen zum Weithart. Den Holzhauern, Waldhütern, Jägern und Wilderern kündigte das Geraffel des Wägelchens die Nähe der Babel an. Wie ist diese aber alt und müde, und wie lange ist es her, daß sie als junge frische Bärbel wie eine wilde Hummel im Donauland umher schoß!
Seit Jahren wandelt die Alte in ihrem Armutsschäcken unter Baum unter Strauch, in sonniger Lichtung des Wettharts, umher, um Leseholz für Ofen und Herd und Heilkräuter zu einem Notpfennig zu sammeln. Im nahen Städtchen Mengen verkauft sie die Kräuter. Die Bäbel hatte längst gelernt, bedächtig wie eine schlaue Krähe Nutzen aus dem Wald zu gewinnen. Ihre Füße trugen sie aber bei diesem Sammelwerk jedesmal, wie unbeabsichtigt, zur alten Eiche beim Kreuzweg, deren Stamm in Menschenhöhe »it einem kleinen metallenen Anhängkreuzlein und einem Büschelein Waldblumen geziert war. Das war von Bäbeles Hand. Bei jedem Gang zur Eiche brachte das Weib eine Hand voll frischer Waldblumen mit. Der Baum hatte tiefe Wurzeln in das Innerste der alten Bäbel geschlagen. Da stand die Mummelgreisin dann vor ihrem Lieblingsbaum, in Andacht versunken, starrte mit ihren müden, roten Augen auf zum Licht, und hob bisweilen ihre dürren, blutleeren Arme empor, wie die Eiche ihre Aeste. Das bunte Kopftuch verbarg das faltige Gesicht, in das die Alte wohl die trüben Gedanken eines langen Pilgerlebens verhüllen mochte. Die Waldleute ließen das Weib ungestört.
So ging es viele, viele Jahre. Das Bäbele wurde fieinali; der Weithart hatte ihr das Alter verlängert. Eines Tages schlich das Kräuterweibletn auf ihrem Waldgang wieder zur Eiche, fand aber an ihrer Stelle einen glühenden Aschenhaufen, Bruchstücke und Splitter des Stammes, zerschlagene Teile von Aesten lagen klostend, kreuz und quer, umher und weiße Rauchwölkchen wirbelten feierlich-friedlich, wie ein frommes Dankopfer, durch die leise knisternden Tannenwipfel. Lange stand das Bäbele nachdenksam da. Dann durchstöberte sie mit Fuß und Hand den Aschenhaufen, hob nach einer Weile etwas vom Boden auf und ging der Heimat zu.
Eine Wendezeit war für das Kräuterweiblein angebrochen. Der Handkarren rasselte nicht mehr im Weithart. Als nach einem kurzen Faden Zeit eines Morgens, da die Sonne schon hoch gestiegen war, an Bäbeles Häuslein Türe und Fensterladen verschlossen blieben, schauten die Nachbarn nach dem Weib. Auf der Bühne, in einem Häuflein Leseholz, fanden sie den entseelten Leib, um den entblößten Hals ein schmutzgeschwärztes Kreuzlein — vormals die Zier der alten Eiche.
Diese Geschichte fällt in die Napoleonifchen Kriegsjahre. Auch das Landvolk umher war mit der „Bäbeleseich" fast verwachsen, denn der dortige Waldteil führte diese Bezeichnung noch nach drei Menschenaltern fort.