die neue Markthalle liegenden allen Häuser. Er führte dabei u. a. aus, daß nicht nur das Aussehen der Häuser an sich häßlich sei, sondem daß die Umgebung der neuen Markthalle auch in hygienischer Beziehung beeinträchtigt werde. So münde z. B. ein Abortrohr aus einen zm Markthalle gehörigen Hof, und es komme nicht selten vor, daß sich besten ganzer Inhalt aus den Hof ergieße. Weiter wäre angebracht, wenn man von der Markthalle aus eine gute Verbindung mit der Engestraße herstelle und dann noch, wenn der neue Markttarif herausgegeben werde. Wegen der gerügten schlechten Zustände sei wohl schon etwas geschehen, fügte er noch hinzu, aber es seien lediglich Schriftsätze gewesen, die zwischen den Behörden gewechselt worden seien. Die Antwort ging dahin, daß die Hausbesitzer die polizeiliche Auflage erhalten hätten, die Rückfronten ihrer Häuser bis 1. Sept. in Stand zu setzen, so lange müsse man eben noch warten. Der neue Markttarif werde in Bälde ausgegeben und die Frage der Erbauung eines Durchgangs von der Markthalle zur Engestraße werde von der Baukommission behandelt. Ts bestehen dagegen vor allem Kriminal- und sittenpolizeiliche Bedenken.
v Stuttgart, 22. Aug. (Vermächtnisse.) Der kürzlich verstorbene Hotelbesitzer Hermann Marquardt hier hat den hiesigen Liederkranz, dessen Ehrenmitglied er war, mit einem Vermächtnis von 100000 bedacht. Auch die Stadtgartengesellschaft, die Schützengilde und einige andere Vereine, sowie die Hotelangrstellten erhielten Legale zugewiesen.
r Stuttgart, 22. Aug. (Tod in der Ferne.) Der Familie Wilhelm Maier, Gärtner in Wangen-Stuttgart, wurde gestern vom Kaiser!, deutschen Konsulat in Kolbing die Trauerbotschaft zugestellt, daß ihr hoffnungsvoller 19 Jahre alter Sohn, der aus dem Segelschiff „Erna" als Schiffsjunge angestellt war. am 3. Aug d. I. in Kattegat über Bord gefallen und ertrunken sei. Trotz zweistündigem Absuchen der Unglücksstelle sei die Leiche nicht aufzufinden gewesen.
r Stuttgart, 22. Aug. (Der kälteste Juli seit 139 Jahren.) Es ist eine der auffallendsten Erscheinungen in unseren Witterungsoerhältnissrn, daß sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts die großen Witterungsabnormitäten förmlich häufen. So hatten wir nach dem „Neuen Tagblatt" 1902 den kältesten Mai, der seit 1755 beobachtet wurde. 1905 den kältesten Oktober. 1906 den wärmsten November und voriges Jahr den kältesten September, sowie überhaupt den kältesten Herbst seit 1775. Nun schließt sich diesem Rekord derjenige des heurigen Juli an, der um so bemerkenswerter ist, als wir erst im vorigen Jahr einen August hatten, der zu den kältesten zählt, der je bei uns oorgekommen ist. Der letzte Juli, der solch tiefe Temperatur aufweist wie der heurige, war der des Jahres 1774.
r Stuttgart, 22. Aug. (Ins Manöver.) Das Grenadier.Regiment Nr. 119 ist heute mit der Eisenbahn nach dem Truppenübungsplatz Münsingen befördert worden. Nach Erledigung der Uebungen wird das Regiment mit dem Ins. Regt. Nr. 125 ins Manövergelände befördert. Die Rückkehr beider Regimenter nach Stuttgart erfolgt nach Schluß der Herbstübungen am 24. September.
Stuttgart, 20. Aug. (Der Raubmordoersuch am Kernen ein Schwindel.) Die Aussagen des angeblich überfallenen Feilenhauers Josef Kästner bei seiner ersten gerichtlichen Vernehmung und andere auffallende im Zusammenhang mit der Sache stehenden Erscheinungen unterstützen den Verdacht, daß die Räubergeschichte erfunden sein dürste. Wie man hört, besuchte Kästner sehr häufig die Kinematographen und las massenhaft Indianergeschichten, welche Einwirkungen auf seine Phantasie wohl einen unheilvollen Einfluß ausgeübt haben. In seiner letzten Arbeitsstelle in Stuttgart war er etwa fünf Wochen, zeigte sich als ein brauchbarer Arbeiter und ließ sich nichts zu schulden kommen, doch soll er wegen bei seinen Arbeitskollegen gemachten Schulden nach dem letzten Zahltag ohne Kündigung verschwunden sein. Die Bewußtlosigkeit, in welcher der junge Mann aufgesunden wurde, wird mehr auf Schwäche zurückgeführt werden können und durch eigene Manipulationen entstanden sein.
r Stuttgart, 22. Aug. (K. Ho st he ater.) Die Ausgabe der Karlen für das am 1. September d. I. beginnende neue erste Abonnement der Spielzeit 1913/14 erfolgt am Montag den 25. August und Dienstag den 26. August vormittags von 10—1 Uhr an der Kasse des großen Hauses. Der Kartenverkauf für die ersten Vorstellungen nach den Ferien, 31. August „Der fliegende Holländer" im großen Haus und „Im weißen Röß!" und „Als ich wieder kam" im kleinen Haus, sowie für Montag den 1. September „Des Meeres und der Liebe Wellen" im kleinen Haus beginnt am Mittwoch den 27. August.
r Rottweil, 22. Aug. (Erdbeben). Während des Gewitters in der Nacht vom letzten Dienstag auf Mitt- wcch, wurde, wie erst jetzt bekannt wird, in verschiedenen Stadtteilen eine fast unheimliche Wahrnehmung gemacht. Ein greller Blitz hatte einen starken, dröhnenden Donner heroorgerufen. An diesen schloß sich unmittelbar ein längeres dumpfes Rollen an, während dessen zwei Stöße die Fenster zum Klirren, an den Wänden hängende Gegenstände zum Erschüttern brachten und im Bett liegende Personen etwas hochwarsen.
r Kirchheim «. T., 22. Aug. (Zwei Ausreißerinnen.) Zwei junge Mädchen im Alter von 16 Jahren brannten dieser Tage mit zwei Italienern unter Mitnahme einer Barschaft von 20 durch. Die Reise führte bis Lindau, wo die Ausreißerinnen von den lieblosen Söhnen Italiens schmählich verlassen wurden. Da die Mädchen nunmehr ohne alle Mittel waren, wurden sie von der Lindauer Polizei
aufgegriffen und per Schub in die Heimat befördert, um ihren besorgten Eltern wieder zugeführt zu werden.
r Göppingen, 22. Aug. (Nach Hildenbrand Lindemann.) Auch der sozialdemokratische Abgeordnete Dr. Lindemann will seine parlementarische Tätigkeit dauemd, ebenso wie Hildenbrand, einschränken. Er beabsichtigt, im 10. Reichslagswahlkreis, den er von 1900—1906 vertrat, nicht wieder zu Kandidieren. Für den 31. August ist eine außerordentliche Kreisgeneralversammlung der Partei ausgeschrieben, die anstelle Lindemanns einen neuen Kandidaten für die nächsten Reichslagswahlen ausfindig machen soll.
Ulm, 21. Aug. Die Geländeübungen der Feldartillerie, die nach ursprünglichem Plan in der Gegend von Böhmenkirch und im Manövergelände bei Hall gehalten werden sollten, werden mit Rücksicht auf die verspätete Ernte auf den Truppenübungsplatz Münsingen verlegt. Di« hiesigen Feldart.-Regimenter marschieren am 30. Aug. nach Münsingen. Dort finden auch die Regiments- und Brigade- besichtigungen statt. Am 9. Sept. werden die Truppen mit der Bahn ins Manövergelände befördert.
Deutsches Reich.
r Berlin, 22. Aug. Die Deputation der Stadt Adrianopel ist auf dem Bahnhof von einigen Herren der türkischen Botschaft empfangen worden. Üeber die Aufnahme der Sendlinge in Wien und Petersburg äußerten sich letztere sehr befriedigt.
i- Berlin, 22. Aug. Im Auswärtigen Amt empfing heute der Dirigent der politischen Abteilung, Herr v. Stumm, die türkische Deputation aus Adrianopel und nahm deren Darlegung sowie eine schriftliche Aufzeichnung entgegen, die er dem Staatssekretär zur Kenntnis bringen zu wollen erklärte. Nach einer Unterhaltung mit de» einzelnen Mitgliedern der Deputation verabschiedeten sich die Herren von Herrn o. Stumm.
r Berlin, 22. Aug. Eine Bereinigung konservativer polnischer Großgrundbesitzer hat in Posen die Beteiligung an der Huldigungsseier während der Anwesenheit des Kaisers beschlossen. Der nalionaidemokratischs „Courier" ist über diesen Zwiespalt empört und sagt unliebsame Folgen voraus.
r Berlin, 22. Aug. Am 19. August hat, wie die „Tägl. Rundschau" meldet, Landesgeologe Professor Keil- harck über Sibirien eine Studienreise nach Shantung, Japan und Ceylon angetreten.
r Berlin, 22. Aug. Der Monteur Kossan, der in der Nacht zum Sonntag seine Geliebte, Frau Eckelt aus der Warschauerstraße, ermordet hat, ist in der letzten Nacht durch drei Personen aus dem Publikum dingfest gemacht und der Polizei übergeben worden. Man fand unter seinem Mantel verborgen einen Tesching und eine Browningpistole, sowie eine Schachtel mit etwa 50 Patronen. Man sagte ihm aus den Kopf zu, er sei Kassan. Er gab dies ohne weiteres zu und erklärte, er sei seit vier Tagen ohne Obdach herumgeirrt.
r Berlin, 21. Aug. Die in einigen Morgenblättern verbreiteten Nachrichten über den Krupp-Prozeß sind, wie wir zuverlässig erfahren, in den Hauptsachen unrichtig. Authentisches kann erst nach Eröffnung des Hauptverfahrens bekannt werden.
Ttraßbnrg, 22. Aug. Generalleutnant a. D. Exz. Schotten, früher Kavallerie-Inspekteur in Saarbrücken, wurde gelegentlich eines Spazierrittes heute morgen, als ihm in der Nähe der Trainkaserne das Pferd durchging, aus dem Sattel geschleudert; er brach das Genick und war sofort tot.
r Breme», 21. August. Zu der Einrichtung neuer Linien teilt der Norddeutsche Lloyd mit: Der Verkehr nach Boston ist so bedeutungsvoll, daß der Lloyd schon seit langer Zeit mit dem Gedanken umging, diesen Hafen in seinen Verkehr einzubeziehen. New-Orleans ist wegen seines großen Baumwollexports von besonderer Wichtigkeit für Bremen. Die Errichtung einer regelmäßigen Linie Bremen—Boston —New-Orleans war bereits dieses Jahr definitiv beschlossen.
Ausland.
r Urga, 21. Aug. Der Hutuchiu hat die Vereinigung der Süd- und der Nord-Mongolei verfügt. Den mongolischen Befehlshabern wurde besohlen, Leben und Eigentum friedlicher Chinesen zu schützen, den Verkehrsweg Urga- Kalgan wiederherzustellen und freundschaftliche Beziehungen mit der Mandschurei anzuknüpfen. Die Regierung der Mongolei hat den chinesischen Kausleuten versprochen, aus China kommende Karawanen militärisch zu schützen.
Newyork, 22. August. In einer Fensternische des Stadthauses fand man vier Dynamitpatronen und abgebrannte Streichhölzer daneben. Der Bürgermeister Gaynor, der sich zur fraglichen Zeit in seinem Bureau befand, will nicht an ein Attentat glauben. Das Dynamit hätte genügt, um das Rathaus vollständig in die Luft zu sprengen.
2«. Friedenskongreß.
r Haag, 22. Aug. Die Teilnehmer des Friedenskongresses besuchten gestern den Friedenspalast, wo die Büste Hugo Grotius enthüllt wurde. In der Sitzung des Kongresses protestierte der Franzose Lefoyer gegen die Beschuldigung, die diplomatische Konferenz in London habe den Balkankrieg verlängert, statt ihn aufzuhalten. Der Redner zollt« Grry die Anerkennung, daß er außerordentlich zum Frieden beigetragen habe. Än Carnegie wurde ein Huldigungsielegramm abgesandt.
r Haag, 22. Aug. Der Friedenskongreß nahm eine Resolution zu Gunsten einer Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich an und befürwortete eine zweite Resolution, daß der die Panamakanalakte betreffende englisch- amerikanische Zwist für den Fall, daß er nicht sauf diplo
matischem Wege geschlichtet werden könne, dem Haags: Schiedsgericht unterbreitet werden solle. Der Kongreß sprach sein Bedauern darüber aus, daß die internationale Finanz während des Balkankrieges die Kriegführenden unterstützt habe und gab dem Wunsche Ausdruck, daß verschiedene Fragen (u. a. die Todifizierung des internationalen Rechts und die Frage des obligatorischen Schiedsgerichts in allen Streitigkeiten) auf die Tagesordnung der dritten Friedenskonferenz gesetzt und daß unverzüglich vorbereitende Kommissionen gebildet werden sollen, damit die Konferenz im Jahre 1915 zusammentreten könne. Der Präsident des Berner Bureaus, Lafontaine, legte die Notwendigkeit dringender Schritte der Friedensfreunde insbesondere bei der niederländischen und der amerikanischen Regierung dar, damit die Friedenskonferenz ohne Verzögerung an dem von der Konferenz von 1907 festgesetzten Zeitpunkt stattfinden könne, weil das Gerücht gehe, die Konferenz werde nicht im Jahre 1915 stattfinden. Der Kongreß nahm eine Resolution in diesem Sinne an.
Explofionskatastrophe auf dem Schießplätze von
Pola.
Drei Prrstar» getötet, f«»f schwer verletzt.
Pola, 21. Aug. Auf dem Schießplätze des Kriegs- Hafens Pola fanden heute vormittag Geschützübungen mit scharfer Munition statt, die dem Einschießen von demnächst zur Ausstellung gelangenden Schiffsgeschützen galten. Die Versuche an einem riesigen 30,5 Zentimeter-Geschütz waren in vollem Gange, als plötzlich eine Katastrophe eintrat. Das die Puloerladung enthaltende Bodenstück eines Geschützes kam durch einen — bisher nicht aufgeklärten — Zufall vorzeitig zur Entladung. Vizeadmiral 'Graf Karl Lanjus, der den Exerzitien beiwohnte und unmittelbar hinter dem Geschütz stand, wurde zu Boden geschleudert; beide Füße waren ihm unter den Knien zerschmettert. Der Admiral wurde sofort ins Hospital geschafft, wo beide Unterschenkel amputiert werden mußten. Drei Geschütz-Bor- meister wurden sofort getötet, weitere fünf Mann schwer verletzt, während einige Ingenieure mit leichten Verletzungen davonkamen. — Vizeadmiral Graf Lanjus ist Präsident des marinetechnischen Komitees.
r Wie«, 22. Aug. Der Schießplatz bei Pola bot nach der Explosion des Riesengeschützrs ein entsetzliches Bild. Drei Matrosen lagen als gräßlich verstümmelte Leichen am Boden. Während der Stuhl, aus den sich Vizeadmiral Graf Lanjus stützte, unversehrt blieb, erli.t dieser selbst an beiden Deinen schwere Verletzungen und wurde sofort bewußtlos. Erst im Spital kehrte er zum Bewußtsein zurück. Bevor zur Operation geschritten wurde, machte er sein Testament. Der Luftdruck der Explosion war so stark, daß mehrere Matrosen zu Boden geschleudert wurden und starke Eisenteile umher flogen. Ein Geschütz, das in der Nähe stand, wurde zehn Meter weit auf einen dahinter liegenden Hügel geworfen.
r Pola, 22. Aug. Der allgemeine Zustand des bei dem Geschützunfall schwerverletzten Vizeadmiral Lanjus hat sich zwar etwas gebessert, ist aber noch sehr bedenklich. Der Kaiser hat in einem Telegramm an die Hafenadmiralität seine tiefe Erschütterung Über den Unglücksfall ausgesprochen, die Kriegsmarine seines wärmsten Mitgefühls versichert und den Wunsch nach unverzüglichen weiteren ausführlichen Meldungen über Lanjus und die anderen Schwerverletzten ausgesprochen.
r Pola, 22. Aug. Vizeadmiral Gras Lanjus ist heute abend seinen Verletzungen erlegen.
Die neue Lage auf dem Balkan.
Sofia, 21. Aug. Die griechischen Truppen, die sich aus dem bulgarischen Gebiet zurückzogen, zwangen die Bevölkerung, ihnen zu folgen, indem sie die Besitzungen der Bulgaren in Melnik plünderten und die Stadt in Brand steckten. Die Griechen nahmen auch 3500 Bulgaren aus diesem Gebiet als Geiseln mit.
r Bukarest, 21. Aug. Um die Einschleppung der Cholera durch die zurückkehrenden Truppen zu vermeiden, werden umfangreiche Maßregeln getroffen. Das Groß der Truppen befindet sich bereits in der Nähe von der Donau, die sie bei Koradia, Zimnica und Magurelle überschreiten. Die Truppenkörper, in denen Cholera festgestellt wurde, sollen eine 5tägige Quarantäne an der Donau einhalten, bevor sie in die Friedensgarnisonen abrücken. Einem amtlichen Bulletin zufolge, hat die Zahl der Todesfälle in der Armee 6 Offiziere und 867 Mann betragen.
r London, 22. Aug. Wie das „Reuter'sche Bureau" erfährt, ist in London über die Annahme eines endgültigen Vorschlages betr. Adrianopels durch die Großmächte nichts bekannt. Demnach wird das in Wien verbreitete Gerücht, daß die Ueberreichung einer Kollektivnote der Mächte in Konstantinopel nahe bevorstehe, als den Tatsachen vorauseilend angesehen. Man ist der Ansicht, daß Lurch die von der kaiserlich ottomanischen Regierung gegebenen Zusicherungen die brennende Frage hinsichtlich des Gebiets am rechten Ufer der Maritza ausgeschaltet ist. Inzwischen gehen die Verhandlungen über Adrianopel weiter und man hofft, daß sie demnächst zu einem fest umriffenen Vorschlag führen werden.
Enver Bey über Adrianopel.
Wien, 22. Aug. Die Südslaoische Korrespondenz veröffentlicht Aeußerungen Enver Beys, die türkische Armee werde bis zum l.tzten Mann für Adrianopel Kämpfen. Nur eine vernichtende militärische Niederlage werde sie Adrianopels berauben.