Aaroahmr der Sonn- und Festtagr.
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Beilage«:
Plauderstiibchen,
H Illustr. SonntaprblaU und
Echwäb. Landwirt.
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Samstag, dm 12. Juli
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Der Wetterwart.
Uokitische Umschau.
p Der schlichtherzlichs Verlauf der Zeppelinfeiern, dis in den Beginn der Benchtswoche fielen, har wieder allenthalben die außergewöhnliche Popularität dieses Mannes dargetan, dem Hoch und Nieder, Jung und Alt ihre warmherzige Sympathie bezeigt haben. Es ist ein schönes Stück von deutschem Idealismus und deutschnaiionalem Empfinden, das uns der Iubeltag dieses großen, dieses populärsten Mannes unseres Vaterlandes ohne alles Falsch vorgezeichnet hat.
In der Reichspolitik ist mit dem Abschluß der Reichstagssesswn völlige Stille eingetreten. Nur der Presse ist noch die Aufgabe zugcwiesen, das verwickelte Steuersystem iu einigermaßen verständlichen Aussätzen den Lesern vor Augm zu führen. Aber auch das kann zunächst nur in unvollkommenem Maße geschehen; dmn es fehlen noch die Aussührungsbestimmungen zu den einzelnen Gesetzen: über den einmaligen Wehrbeitrag, über die Besttzsteuer, über die Abänderung des Neichsstempels, über die neue Erbschaftssteuer usw. Diese sehr umfangreiche Arbeit obliegt dem Reichsschatzamt, von dem aus sie dann an den Bundesrat geht. Es wird also immerhin noch geraume Zeit vergehn, bis man ein vollständiges Bild vor sich hat.
An Aktualitäten ist nur der Rücktritt des preußischen Kriegsministers v. Heeringen angrfallen, der insofern immerhin etwas überrascht hat. als er unmittelbar im Anschluß an den erfolgreichen Abschluß der Hseces- voriage erfolgte. Verständlich aber wird er ohne weiteres durch die Tatsache, daß der Minister, der seit 1909 im Amte war, schon vor der Einbringung der Heeresvorlage den Wunsch ausgebrückt hatte, wieder in den aktiven Dienst zurückzukehren, daß er aber auf besonderen Wunsch des Reichskanzlers geblieben war, um die Vorlage vor dem Reichstag zu verfechten und so die Einheitlichkeit der Regierung in dieser verantwortungsschweren Zeit mit zu repräsentieren. Hecnngens Nachfolger, der mit sein« Ernennung vom Generalmajor zum Generalleutnant beförderte seitherige Chef des Gensralstabs des 4. Armeekorps, v. Falkenhayn, ist für die Parlamentarier ein vollkommener Neuling und seine Ernennung zum Minister dadurch eine Ueberraschung, als er bisher nicht, wie das sonst üblich, dem preußischen Krisgs- ministenum angchärte, sondern direkt von der Front bezw. aus dem Generc-lstabe kam. Seine Aufgabe wird auch schon deswegen keine ganz leichte sein, well mit v, Heeringen noch drei erste Mitarbeiter ebenfalls aus dem Kriegsnüm- stenum geschieden und in die Front zurückgckchrt sind.
In Frankreich ist der wichtigste Teil der neuen Heeresvorlage nun ebenfalls entschieden. Mit ansehnlicher, wenn auch nicht übergroßer Mehrheit — 339 gegen 223 Stimmen — hat die Kammer den Artikel des Gesetzes angenommen, der die Grundlage für die Einführung der 3jährigen Dienstzeit bildet und der besagt, daß jeder als Militärtauglich erkannte Franzose drei Jahre lang der aktiven Armm angehören muß.
Auf dem Balkan ist der „Bruderkrieg" in vollem Gange, und Tausende und Abertausende liegen bereits wieder auf der Walstatt, auf der noch die Gebeine derer bleichen, die das blutige Präludium zu dem viel ernsteren Hauptspiel einleiten mußten. Die Salyre der Weltgeschichte wird nicht viele derartigen Tragödien aufweisen, zu deren Vervollständigung nur noch das aktive Eingreifen der Türkei fehlt, damit der Krieg, der begonnen wurde, „um das christliche Mazedonien von dem Joch'der Türken zu befreien", seine richtige Wethe erhält. Oder soll man von dem Ränkespiel Rußlands reden, das aus der Petersburger Konferenz verhindert hat, daß Rumänien für seine neutrale Haltung während des Krieges mit der Türkei und für den Gebietszuwachs der anderen Balkanstaaten eine entsprechende Ent-, lohnung erhielt, und das nun dasselbe Rumänien mit mehr oder weniger greifbarer Deutlichkeit hinter das bisher von Rußland unterstützte Bulgarien hetzte. Wenn nicht Oesterreichs besonnene Politik es, oererst wenigstens, vermocht hätte, Rumänien vor übereilten Schritten zurückzuhalten, so hätten wir, was leider immer noch zu befürchten ist. den großen allgemeinen Krieg. Kann dieser vermieden werden, so hat man es der österreichischen Diplomatie zu verdanken, die alles daran setzt, um noch in letzter Stunde einen friedlichen Ausgleich Zwischen Rumänien und Bulgarien herbeizuführen. Es wird dies keine leichte Ausgabe sein, weil eben Bulgarien dazu bewogen werden muß, dem fordernden Rumänien Konzessionen zu machen, ohne die Gewißheit zu haben, daß es für sich selber durch Hinzugewinnung von weiterem mazedonischem Gebiete, das ihm Serbien und Griechen streitig machen, den richtigen Ausgleich zu schaffen vermag. Freilich liegen, soweit sich bet den widerspruchsvollsten Nachrichten die Allgemeinlage überblicken läßt, die Chancen für Bulgaren nicht schlecht.
Eine Wendung zu Ungunsten trat während des Schreibens dieser politischen Umschau dadurch ein. daß die Bulgaren schwere Niederlagen erlitten, und daß Rumänien in Bulgarien einmarschiert. Daraus ergibt sich folgende Lage:
Sofia, 11. Juli. In dem Augenblicks, wo die russische Mediation zur Beilegung der bewaffneten Konflikte zwischen Bulgarien, Serbien und Griechenland im Begriff war, ihr Ziel zu erreichen, und man den Frieden aus dem Balkan gesichert glaubte, ließ die rum 8- nische Regierung durch ihren Gesandten in Sofia eine Note überreichen, in dem sie die bulgarische Regierung unter dem Borwand derselben Konflikte benachrichtigt, da sie der rumänischen Armee den Befehl gegeben habe, tu Bulgarien einzurücken. Angesichts dieser Lage befahl die bulgarische Regierung ihren Truppen, den Rumänen keinen Widerstand entgegenzusetzen.
Vom Landtag.
p Stuttgart, 11. Juli. In ihrer heutigen letzten Sitzung vor der Vertagung erledigte die Zweite Kammer zunächst die Anträge des Finanzausschußes zu den abweichenden Beschlüssen der ersten Kammer zum Gesetzentwurf über
einen Zuschlag zu den Gerichtskosten und Notariatsgebühren, sowie zu dem Entwurf des Hauptfinanzetats. Hierauf wurde der Schlußbericht des Finanzausschusses zum Haupt finanzetat erstattet. Darnach beträgt der Staatsbedarf für 1913, der im Etatsentnmrf zu 118828 521 Mark angenommen war, nach den Beschlüssen des Landtags 118669186 der für 1914 statt 121692658 ^ nunmehr 121907154 Der Ueberschuß, der für 1913 zu 230 552 ^ berechnet war, hat sich auf 742 387 gehoben, da der Ertrag des Kammerguts nicht unerheblich erhöht werden konnte. Für 1914 ist dagegen ein Abmangel von 111534 ^ vorgesehen statt eines Ueberschusses von 325962 Insgesamt ergibt sich für die Finanzperiode von 1913 und 1914 ein Ueberschuß von 630853 Mark, während der Staatsentwurs von einem Ueberschuß von 556 514 ^ ausgcgangen war.
Nach einer halbstündigen Vertagung der Sitzung wurde eine gemeinsame Sitzung beider Kammern gehakten, in der zum etatsmäßigen Assessor bei der Staatsschuldenkasse der Finanzamtmann Sceger und zum Empfangsbeamten bei der Staatsschuldenkasse der Gerichtsassessor Umgelder gewählt wurden. Nach Wiedereröffnung der Sitzung der Zweiten Kammer wurde dem Hause mitgeteilt, daß die Erste Kammer dem Hauptfinanzetat i« der Fassung der Zweiten Kammer, sowie dem Gesetzentwurf betr. den Gerichtskostenzuschlag zustimme. In der Schlußabstimmung wurde hierauf der Hauptstnanzetat genehmigt. Die Mitglieder der Sozialdemokratie stimmten gegen den Etat. Weiter wurde beschlossen, die Denkschrift über die Er- schließung der Heidenheimer Alb dem volkswirtschaftlichen Ausschuß zu überweisen.
Nach einer weiteren halbstündigen Pause teilte Präs, v. Kraut mit. daß die Erste Kammer dem Hauptfinanz- etat die verfassungsmäßige Zustimmung erteil! habe. Es wurde hieraus eine Note des Siaatsministerillms zur Verlesung gebracht, wonach durch Entschließung des Königs die Pertagung der Ständeversammlung bis auf weiteres verfügt wird. Präsident v. Kraut führte in einem Schlußwort aus: „Damit sind wir am Ende einer arbeitsreichen Tagung angelangt. Sie war in erster Linie der Beratung des Hauptfinanzetates gewidmet. Diese Aufgabe, die uns recht lange Zeit in Anspruch genommen hat, hat nicht erlaubt, den gesetzgeberischen Vorlagen und den zahlreichen Anträgen aus dem Hause uns zu widmen. Wir werden das nachholen müssen. Die Borlagen ruhen im wesentlichen noch im Schoße der Ausschüsse. Sie werden mir daher gestatten, von der üblichen Ueberstcht über die Geschäfte des Hauses vorläufig abzusehen und sie auf später zu verschieben. Wir werden voraussichtlich mit einer längeren Wintertagung zu rechnen haben, die in der Hauptsache der Erledigung gesetzgeberischer Arbeiten gewidmet sein wird. Ich wünsche den Herren bis dahin recht gute Erholung und hoffe, daß Sie alle neugestärkt sich hier wieder einfinden werden." (Bravo!).
Das neue Bier.
Humoreske von Victor Blüthgen.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten).
Am Abend ging Herr Drickes später als üblich in den Ratskeller. „Bravo, Drickrs!" ertönte es von der Tafelrunde, und der Baß des Oberförsters sagte dahinter: „Bloß noch ein bißchen zu jung. Aber den Klitzhagener schlagen Sie."
„Fritz, ein Lagerbier!" sprach Herr Drickes kühl. „Wenn's Ihnen nur schmeckt, meine Herren. Jeder wird nach seiner Fasson selig. Mir kann's schließlich gleich sein, ich mach's den Leuten, wie sie's haben wollen." Und er zog sich einen Stuhl heran.
„Mit dem neuen Braumeister scheinen Sie einen guten Fang gemacht zu haben . . ."
„Ja, ja, Glück haben ist die Hauptsache im Leben. Aber ich lege keinen Wert aus die Sache — Sie wissen ja, wie ich denke. In einem halben Jahr braut vielleicht einer in Hoerfte eine neue Sorte los, dann ist bas Hoerster Bier das einzig wahre, und Sie schimpfen auf mein Bayrisch gerade so, wie jetzt über mein Lagerbier. Es kommt eben nicht auf das an. was gut ist, sondern auf die neuste Mode. Wissen Sie, auf wie lange ich den Brauer engagiert habe?"
„Na? Hoffentlich auf recht lange."
,,'nen alten Hut — auf zwei Jahre! Dann will kein Mensch mehr sein Bier trinken."
„Oho — wetten?"
„Meine Herren," sagre Herr Drickes feierlich, „ich habe nicht Lust, mich an Ihnen zu bereichern; Gott sei Dank, das habe ich nicht nötig. Reden wir von etwas anderem."
„Sie haben die Ehre der Stadt gerettet, Herr Drickes," sprack der Bürgermeister mit amtlicher Wärme in der nächsten Magistratssitzung und reichte dem Ratsbrauherrn die Hand. „Sie haben sich ein Verdienst erworben, das wir anderen vom Magistrat voll und ganz anerkennen. Empfangen Sie unseren aufrichtigen Glückwunsch!"
Der also Geehrte krümmte sich innerlich wie ein gespießter Aul.
„Wie Sie das ansehen wollen", knurrte er endlich. „Ich warte die Zukunft ab."
Diese niederträchtigen Beglückwünschungen! Jeder Gang über die Straße führte irgendeinen Narren heran, der ihn zu dem neuen Bier beglückwünschte. Herr Drickes begnügte sich schließlich ein boshaftes Gesicht dazu zu schneiden und zu antworten: „Meinen Sie? Leben Sie mir recht wohl!" Woraus e: mit affektierter Dankbarkeit die gereichte Hand kräftigst schüttelte und sich eiligst drückte.
Am zähesten darin, ihn zu ärgern, war Herr Labes. Sobald er seinen Brotherrn erblickte, beeilte er sich, ihm triumphierend die neuesten Bestellungen oorzurechnen. Erst sagte dieser nur: „Ach! Was Sie sagen! So? Ei, et" ... Dann wurde er deutlicher: „Wäre es wohl möglich, mein sehr geschätzter Herr Labes, daß Sie die Notizen für sich behielten? Mich interessieren sie nämlich ganz und gar nicht. Sie belieben zwar hartnäckig „wir" zu sagen, aber wir sind noch immer nicht Kompagnons, ich hege auch bis
her noch immer keine darauf zielende Absichten, wie merkwürdig Ihnen das auch Vorkommen mag " Zuletzt mußte Herr Labes sogar folgendes vernehmen: „Kommen Sie mir noch einmal mit Ihren Bestellungen, so fliegen Sie. Haben Sie mich verstanden?"
„Ich bitte tausendmal um Entschuldigung, natürlich geschieht cs nicht wieder . . . aber die Ehre der Firma ..."
„Ich huste auf die Ehre der Firma."
„Ganz wie Sie belieben, Herr Drickes."
Die Tatsache konnte der Ratsbrauherr nicht wegleugnen: das Klitzhagener Bier wurde auf der ganzen Linie geschlagen, selbst eine Preisherabsetzung, die HerrsDrickes natürlich umgehend milmachte, rettete es nicht. Es behielt einen beschränkten Kundenkreis, indes die kalifornischen Träume des Klitzhageners waren verduftet.
Herr Rauchenegger überwand den Mangel an Dankbarkeit und Anerkennung aus seiten des Ratsbrauherrn ohne Mühe: Herr Labes hielt ihn über die guten Erfolge auf dem Laufenden und Frau Drickes gab sich redliche Mühe, ihn zu entschädigen.
Die blauen Augen sekundierten ihr immer deutlicher.
Eines Tages hatte Herr Labes eine Vision.
An einem Sonntag Vormittag.
Herr und Frau Drickes waren in die Kirche gegangen, und die Zungen auch. In solchem Fall blieb Trinken zu Hause, der Küchenordnung halber.
(Fortsetzung folgt.)