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Fernsprecher Nr. 28.
87. Jahrgang.
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Beilage«: Plauderstübchev, Illustr. Sonutagsblatt and
Echwäb. Landwirt.
M 159
Areitag, den 11. Juki
1913
Amtliches.
Agk. Höevcrrnt Fkagoed.
Bekanntmachung
betr. den Schutz der Stechpalme im Schwarzwald.
In neuerer Zeit ist Klage darüber geführt worden, daß dis Stechpalme, deren Erhaltung im Schwarzwald im Interesse des Heimatschutzes gelegen ist, eine bedauerliche Verminderung erleide und stellenweise der Ausrottung entgegengehe, weil ihre Reiser in übermäßiger Menge, sei es von Spaziergängern und Ausflügler», die sie meist nach kurzer Zeit wieder wegwerfen, sei es von gewerbsmäßigen Sammlern, die sie an Gärtner verkaufen, geplündert werden.
Es besteht daher Veranlassung, darauf aufmerksam zu machen, daß das übermäßige Abpflücken von Reisern -er Stechpalme und das gewerbsmäßige Sammeln derselben für den Verkauf in fremdem Walde verboten ist und daß Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot auf Grund des Art. 22 Ziffer 2 des Forstpolizeigesetzes und der Art. 6 Ziffer 4 und Art. 16 des Forst- strafgesetzes bestraft werden müssen.
Die Schultheißenämter haben dieses Verbot in ihrer Gemeinde aus ortsübliche Weise bekannt zu machen.
Die Herren Lehrer werden ersucht, die Schuljugend zum Schutz der Pflanzen, insbesondere der Stechpalme anzuhalten.
Die Landjäger- und Polizeimannschast, die Gemeinde-, Feld- und Waldschützen erhalten den Auftrag, das Abreißen, Sammeln und Feilbielen von Stechpolmenreisern strenger als bisher, namentlich an Sonn-, Feier- und Markttagen zu überwachen und etwaige Verfehlungen ohne Unterschied zur Anzeige zu bringen.
Den 30. Juni 1013. Kommerell.
Vom Landtag.
p Stuttgart, 10. Juli. Die Zweite Kammer beschäftigte sich in ihrer heutigen Sitzung mit dem Antrag des staatsrechtlichen Ausschusses auf Zurückstellung der Landespoiizeizenttaie. Minister v. Fleischhauer erklärte es als bedauerlich, daß es nicht möglich war, die Forderung mit dem Etat zu verabschieden. Die Regierung werde den Ständen bis zu ihrem Wiederzusammentritt einen Nachtragsetat vorlegen. Ein Antrag Hasel (N.), in Anbetracht dieser Erklärung des Ministers den Nachtragsetat dem staatsrechtlichen Ausschuß bereits jetzt zu überweisen, wurde, ebenso wie der Antrag des staatsrechtlichen Ausschusses, debattelos genehmigt. Eine längere Erörterung ries sodann das Kinematographengesetz hervor. Abg. Weber (Z.) bezeichnet«! den vorliegenden Entwurf als richtigen Weg zur wirksamen Bekämpfung Ser Schundkinematographie. Bedenklich sei die von der Ersten Kammer beschlossene Ausnahme der wissenschaftlichen Borträge. Für den Schutz der Jugend biete der Entwurf leider nichts befriedigendes. Bei der Frage, ob die Kontrolle sich aus ethischen oder ästhetischen Schund zu beschränken habe, handle es sich im wesentlichen um einen Streit um Worte. Hartenstein
(D.) sprach gleichfalls die Zustimmung seiner Partei zu dem Entwurf aus, mit dem die Regierung über die seinerzeitigen Beschlüsse der Zweiten Kammer hinausgegangen sei. Der Redner wünschte eine Beschränkung der örtlichen Zensur auf das geringste Maß und ersuchte die Regierung aus eine Revision des § 33a der Gewerbeordnung hinzuarbeiten. Don dem Abg. Heymann (S.) wurden verschiedene Bedenken gegen den Entwurf geltend gemacht, insbesondere gegen die polizeiliche Zensur. Minister v. Fleischhauer trat diesen Bedenken entgegen, insbesondere der Ansicht, als ob auf dem Wege der Selbsthilfe Wandel geschaffen werden könne. Die Hauptpunkte des Entwurfs seien die Präoentio- zensur und der Schutz der Jugendlichen. Bezüglich der Zensur schlage der Entwurf eine Landesbehördc vor: weitere Garantien biete die Beiziehung von Sachverständigen. Weiter machte der Minister die Mitteilung, daß die Reichsregierung sich mit der Ausdehnung des § 33a. der Gewerbeordnung auf die Kdiematographen befaßt habe und daß sie eine Vorlage auf Unterstellung der Kinematographen unter die Konzessionspslicht der Gewerbebetriebe dem Reichstag vorlegen werde. Nach weiteren Ausführungen der Abg. Roth (BK.), der insbesondere für die Präoentivzensur eintra( und des Abg. Hasel (N.), der sich bezüglich der Zulassung Jugendlicher dem Standpunkte der Ersten Kammer anschloß, wurde der Gesetzentwurf dem Iustizausschuß überwiesen. Nächste Sitzung Freitag 11 Uhr. An diese letzte Sitzung vor der Vertagung schließt sich um 12 Uhr eine gemeinsame Sitzung beider Kammern an.
Tages-Nerrigkeiterr.
As- Gtadt Md Amt.
Nagold, 11. Juli 1913.
^ Museum Nagold. Der gestern abend im Gasthof zum „Rößle" von der Gesellschaft für ihre Mitglieder gegebene Vortragsabend des Herrn Schriftstellers Hoffman n verlies äußerst anregend. Herr Hoffmann plauderte in gewandter, vielfach mit Humor gewürzter Form über Hypnose. Suggestion, Spiritismus, bei letzterem besonders über die Schwindelmanöver der sogen. „Geschäftsspirittsten", und wußte die Anwesenden mit diesen Ausführungen völlig zu fesseln. Nicht weniger geschah dies bei den Experimenten mit der Wünschelrute, wobei sich die Anwesenden durch eigene Versuche von der geheimnisvollen Kraft derselben überzeugen konnten. Am interessantesten waren aber die Beispiele aus dem Gebiete der Gedankenübertragung. Alle Darbietungen lösten großen Beifall aus. Wie anregend sie waren, geht daraus hervor, daß eine ganze Anzahl Personen, die schon am Tage vorher Gelegenheit im Seminar gehabt hatten, den Bortrag zu hören, den gestrigen Bortrag wieder besuchten und daß lange bis in die Geisterstunde hinein der durch die Vorführungen ausgelöste Gedankenaustausch die Anwesenden zusammenhielt.
* Zur Aufklärung. Bezüglich der Warnung in gestr. Nr. d. Bits, und einer Notiz im „Neuen Taqblatt" betr. französische Werber können wir nach weiterer Erkundigung
Mitteilen, daß die Sache auf einen Ulk, den sich einige Autofahrer leisteten, hinauszulaufen scheint. Sie luden den betreffenden jungen Mann zum Mitfahren ein, ohne ihn weiter zu behelligen.
Sommerliche Hitze iu Sicht. Nachdem die Witterung beinahe drei Wochen lang ununterbrochen regnerisch» kühl und unfreundlich gewesen ist, scheint sich nunmehr endlich eine Wendung zum Bessern vorzubereiten. Das außerordentlich ausgedehnte, wenn auch in letzter Zeit nur noch mäßig tiefe Depressionsgebiet, das fast den ganzen Erdteil beherrscht hat und Anlaß zu der ungünstigen Witterung gab, beginnt sich nunmehr auszusüllen und dürfte allmählich ostwärts abziehen. Hinter ihm rückt vom Atlantischen Ozean, in Bewegung gesetzt durch ein neues, südlich von Island erschienenes Minimum, hoher Luftdruck gegen Europa vor, unter dessen Einfluß nach und nach Aufheiterung ein- treten dürste. Wenn, was etwa bis zum Ende der Woche zu erwarten ist, die Winde überall östliche bis südliche Richtung angenommen haben werden, so kann auch mit einer stärkeren Erhitzung gerechnet werden, und der Hochsommer, der sich bisher noch wenig freundlich gezeigt hat, wird dann wohl zu seinem Rechte kommen.
Aus den Nachbarbezirkeu.
r Calw, 10. Juli. (Buben mit Pistolen.) Im hiesigen Krankenhaus mußte ein löjähriger Bursche aus Ünterhaugstett operiert werden, der mit einer Pistole gespielt hatte. Als er im Begriff war, die geladene Waffe aus- einanderzunehmen, ging sie los und die Kugel drang ihm ins Gedärm. Er wird voraussichtlich mit dem Leben davonkommen.
r Freudenstadt, 10. Juli. (Der Eutingkass ee.) Am 11. Juli, dem Geburtstag des verstorbenen „Ruhestetn- Baters" Professor Euting, wird auf dem Ruhestein erstmals die Stiftung in Kraft treten, die an diesem Tage jedem» der das Eutinggrab besucht, eine Tasse Kaffee zuerkennt.
Horb, 10. Juli. Wie mitgcteilt wird, trifft der Minister des Innern v. Fleischhauer am kommenden Samstag vormittag 9^ Uhr hier ein, um die angekündigte Konferenz mit den Vertretern der vom Unwetter betroffenen Gemeinden abzuhalten. Die Konferenz findet von ^ 1 1 Uhr an im hiesigen Rathause statt. Am Nachmittag findet ein Besuch der geschädigten Gemeinden statt, an der der Herr Minister ebenfalls teilnehmen wird.
Llmdesuachrichten.
p Stuttgart, 10. Juli. Der zum persönlichen Berater Iuanschikaisin allen technischen Fragen ernannte Baurat Baur ist, dem Staatsanzeiger zufolge, ein Stuttgarter, Sohn des verstorbenen Prof. Baur am Polytechnikum und Schwager von Finanzrat Klüpfel (früher bei Krupp). Baur hielt sich im Auftrag der Kruppschen Firma wiederholt länger in China auf, war seinerzeit auch beim Bau der Bahn Tuttlingen—Beuron beteiligt und in den letzten Jahren in Kiel tätig.
p Stuttgart, 10. Juli. Die neueste Nummer des Regierungsblatts enthält die neue Prüfungsordnung für das
Das neue Bier.
Humoreske von Victor Blüthgen.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten).
„Nu: Mut," sagt Herr Labes zwinkernd. „Aber ich will nicht vorgreifen."
Der Herr Rauchenegger, der etwas Träumerisches im Auge hat. lächelt so verloren vor sich hin.
Aber das hat noch Zeit. Zunächst richtet er alles für seine Aufgabe vor. „Schaffen Sie. bestellen Sie. brauen Sie. junger Mann," sagt Herr Drickes. „Ich werde die Rechnungen bezahlen. Aber verlangen Sie nicht, daß ich mich um Ihre Sache bekümmere. Ich bin in Lagerbier groß geworden. Von Ihrer Sorte verstehe ich nichts und will ich nichts verstehen; ich lehne jede Verantwortung ab, wenn mehr als meiner Ansicht nach nötig von diesem Getränk tu die Welt gesetzt wird. Ich widme mich ausschließlich der beschränkten Lagerbierprodukiion, unserem alt- berühmten Bummel und so weiter."
Er war nicht zu bewegen, ein Auge nur auf die Tätigkeit des neuen Braumeisters zu richten.
„Morgen Anstich, meine Herren!" Mit dieser Mit- ieilung überraschte eines Tages der Ratsbrauherr die Runde im Ratskellerstübchen. „Wenn's Ihnen nicht schmeckt — stellen Sie's wieder weg. Mit dem ausgezeichneten Klitzhagener ist natürlich schwer zu konkurrieren und Ihr Ge- schmack dadurch sehr verwöhnt." Er sagte das mit einer
gewissen zuversichtlichen Bosheit, denn der Nürnberger, der das Klitzhagener natürlich längst gekostet, hotte gemeint: sie hätten in Klitzhagen kein gutes Wasser, das der Ratsbrauerei gäbe besseres Bier.
Es stand auch im Abendblättchen: Morgen Anstich des neu eingeführtcn Bayrisch in der Ratsbrauerei. Drickes.
Der große Moment kam. Der Nürnberger trug eigenhändig dem Brauherrn, der, die Hände in den Iackettaschen, im Hose verächtlich über die mit allerlei Gesäßen bewaffnete Kundschaft schaute, ein schäumendes Seidel zum Kosten hin. Aber Herr Drickes lehnte entschieden ab.
„Ich danke, Herr Rauchenegger; Sie nehmen mir das hoffentlich nicht Übel. Ich verstehe mich, wie gesagt, ganz und gar nicht auf das Bayrische, weiß also Ihre Leistung schlechterdings nicht zu würdigen. Das werden die vielen feineren Bierzungen am Orte schon besorgen."
Herr Rauchenegger war versucht, verdrießlich zu werden, fand aber rechtzeiiig noch seinen Humor wieder und sagte: „Dann trinke ich dieses erste Glas auf Ihr und Ihrer werten Angehörigen Wohlsein."
„Sehr angenehm, ich danke."
„Vielleicht darf ich den Damen eine Probe bringen?" sprach Hirr Rauchenegger und wischte sich den Schnurrbart.
„Meinethalben."
Während der Nürnberger ging, um das Urteil über seine Leistung in den milden Blauaugen Trinkens zu lesen, kam es plötzlich über Herrn Drickes: wenigstens den Vergleich mit dem Klitzhagener wollte er haben; so ginger auf ein leeres Glas in einer Fensternische zu, ließ sich etwas
einschenken und kostete ein paar Schluck, worauf er den Rest nichtachtend weggoß.
Aber er war zusüeden.
„Mit Lagerbier natürlich nicht zu vergleichen!
Der Nürnberger erwischte Trinken auf dem Flur, sie kam die Treppe herab, und sie wurde puterrot, als sie ihm unerwartet gegenüberstand.
„Guten Morgen, Fräulein," sagte er und sah sie mit seinen träumerischen braunen Augen treuherzig an, „ich habe draußen aus dem ersten Glas auf Ihr Wohl getrunken —"
„Ach, das ist das neue Bier," unterbrach sie hastig... dann stockte sie und eine neue Blutwelle übergoß ihr Ge- sichtchen.
„Jawohl, Fräulein; wollen Sie mir die Ehre erzeigen, mir Bescheid zu tun?"
„Gewiß, ich kann wohl auch gleich Mama zu kosten geben? Ihr Wohl, Herr Rauchenegger . . ."
„Solange ich hier bin, ist mir um mein Wohl nicht bange . . ."
„Sie denken doch nicht ans Fortgehen?" — das klang merkwürdig erschrocken.
„Nein, wahrhaftig nicht, aber es liegen so Dinge in der Lust — man kann nicht wissen, wie alles kommt. Ich darf vorläufig nicht davon sprechen — und nicht wahr, Sie tun's auch nicht?"
Er reichte ihr die Hand, und sie gab die ihre — das dauerte eine ziemliche Zeit länger als gerade nötig gewesen wäre.
Als Herr Rauchenegger wieder auf dem Hofe war, lächelte er und seine Augen sahen noch träumerischer aus