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34. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 65. Jahrgang.
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Erscheint Dienstag, Donnerstag und SamStag. >! Die Einrücknngsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um- j gebung S Psg. die Zeile, sonst 12 Pfg. i
Amtliche Bekanntmachungen.
Amtliche Kekaimtmachuris
Setreffend die Wiehaufnahme auf 31. März 189S zum Zweck der Versicherung gegen Senchengefayr.
Durch Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 17. März 1890 (Staatsanzeiger Nr. 66) ist der Beitrag, welcher auf Grund von Art. 3 des Ausführringsgesetzes zum Reichsgesetz über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 20. März 1881 (Reg.-Bl. S. 189) sowie des Art. 1 des Gesetzes, betreffend die Entschädigung für an Milzbrand gefallene Tiere vom 7. Juni 1885 (Reg.- Bl. S. 253) im laufenden Jahr zu entrichten ist: auf 30 Pfg. für jedes Pferd, auf IO Pfg. für jeden Esel, Maultier, Maulesel, sowie für jedes Stück Rindvieh, festgesetzt.
Dies wird hieinit zur öffentlichen Kenntniß gebracht mit der Weisung an die Gemeindebehörden, die Aufnahme des beitragspflichtigen Bestands, die Umlage der Beitrüge und Ablieferung derselben an die Oberamtspflege nach den Vorschriften des Z 14 der Vollz.-Verf. zum Reichsvers.-Gesetz vom 23. März 1881 (Reg.-Bl. S. 196) rechtzeitig vornehmen .?u lassen.
Formulare für die Aufnahme, sowie für die Ablieferung der Beiträge an die Oberamtspflege und den an das Oberamt zu erstattenden Vollzugsbericht werden den Ortsvorstehern demnächst zugehen: ein etwaiger Mehrbedarf ist alsbald hieher anzuzeiqen. Calw, den 21. Mürz 1890.
K. Oberamt.
Amtmann Bert sch.
Deutsches Reich.
Berlin, 18. März. Gestern Abend, so meldet man der „Köln. Ztg.", verbreitete sich in der Stadt das Gerücht, daß der Kaiser, als er Kenntnis von dem Entlassungsgesuche des Fürsten Bismarck erhalten habe, sofort einen kaiserlichen Wagen in das Reichstanzlerpalais gesandt und den Fürsten zu sich ins Schloß habe berufen lassen. Dieses unbegründete Gerücht beruht wahrscheinlich darauf, daß der Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha, der gestern deni Fürste» Bismarck, wie jedesmal bei seinein Aufenthalte am hiesigen .Hofe, einen Besuch abgestattet hatte, die Umform der Se>idlitz-Kürrassiere wie der Fürst trägt und in^einem kaiserlichen Wagen vom Reichskanzler zum schlosse zurückfahren war. Der Herzog hat heilte Nachmittag Berlin wieder verlassen. — Die „Kreuzztg." glaubt zu wissen, daß auch die Colonialpolitik zu dem Entschlüsse des Kanzlers beigetragen habe. Aus diesem Gebiete seien das bisherige Verfahren und die Absichten des Fürsten von den teils eingeleiteten, teils beabsichtigten Schritten vollkommen durchkreuzt worden. „Fürst Bismarck ging mir zögernd und nach seinem eigenen Ausspruch ohne jede Neigung an coloniale Unternehmungen heran, ceine Abneigung, das Reich in colonialen Angelegenheiten zu engagieren, ging so weit, daß er wiederholt, z. B. in Bezug auf Südwestafrika, sich
Samstag, den 22. Mim 1890.
geäußert hat: lieber wolle er den ganzen Besitz wieder aufgeben. Hierin ist nun, wie aus verschiedenen Anzeichen deutlich zu sehen ist, eine vollkommene Wandlung eingetreten oder in Vorbereitung. Es mag nur an die Schutztruppe in Ostafrika auf mehrere tausend Mann erinnert werden, auch ist die Ernennung Emin Paschas zum Generalgouverneur von Ostafrika in bestimmte Aussicht genommen. Weitere Schritte stehen dort noch in näherer Zeit bevor. Bemerkenswert ist auch, daß der Reichskanzler die Nichtgenehmigung des Verkaufs von Südwestafrika an eine englische Gesellschaft erst jetzt mährend der Krisis aussprach, obwohl die betreffende Eingabe schon über dreiviertel Jahre in seinen Händen war.
— Ein Telegramm der „Köln. Ztg." meldet unterm 19.: „Seine Majestät der Kaiser hat den Rücktritt des Fürsten Bismarck von sämtlichen Reichsund Staatsämtern unterm Heutigen genehmigt. General v. Caprivi hat sicheren: Vernehmen nach die Berufung zun: Nachfolger Sr. Durchlaucht angenommen." — Der „Allg. Ztg. telegrafiert inan aus Berlin: „Tie Berufung des Generals v. Caprivi um Kanzler gilt allgemein als wahrscheinlich. Wahr- cheinlich findet keine Personalunion zwischen Kanzleramt und Ministerpräsidentschaft statt. Wie uns von mehreren Seiten übereinstimmend berichtet wird, würde Herr v. Bötticher Ministerpräsident."
- lieber die Kanzlerkrisis fehlen auch heute (Donnerstag) vormittag noch offizielle Nachrichten. Aber die Meldung von dem Rücktritt Fürst Bismarcks aus allen seinen Aemtern tritt stündlich mit größerer Bestimmtheit auf. Aus der Zahl der Namen, welche die Blätter als mutmaßliche Nachfolger zusammentrugen, wird jetzt mit einer gewissen Uebereinstimmung auf den General v. Caprivi hingewiesen.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." giebt an hervorragender Stelle die Mitteilung der Münchener „Allg. Ztg." wieder, daß Fragen des inneren Staatsrechtes die Kanzlerkrisis herbeigeführt haben, namentlich habe die Frage der Aufrechterhaltung oder Befestigung der Kabinetsordre vom Jahre 1852 über die Stellung des Ministerpräsidenten zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kaiser und den: Fürsten Bismarck geführt.
Ausland.
Wien, 13. März. Die Nachricht von dem bevorstehenden Rücktritt des Fürsten Bismarck machte überall in Wien einen tiefen Eindruck. Auf den Straßen und in den Kaffeehäusern hörte man kaum ein anderes Gespräch und den Ausdruck der Besorgnis. Regierungskreise sprachen die Hoffnung aus, der Kanzler möge seinen Entschluß ändern, sic betonen aber zugleich, Oesterreichs Bundesverhältnis zu Deutschland bestehe ungeschwächt über die mächtige Persönlichkeit seines Schöpfers hinaus fort. Selbst Personalfragen von so allumfassender Bedeutung mit ihren Rückwirkungen könnten die Grundsäulen des Bundes nicht erschüttern. In: Reichsrat trat das Interesse an der Sitzung zurück vor der Erörterung der Bismarckkrise in den Wandelgängen. Selbst slavische Parteiführer äußerten mehr Besorgnis als Freude. D:e „Neue Freie Presse" ineint, cs sei schwer, sich vorzustellen, daß Bismarck, der ganz Europa mit seinen: politischen Atem erfüllt, der vor den Äugen der Völker als Verkörperung der deutschen Macht erscheint, dessen politische Anschauungen die Nationen in Gärung versetzen, der als Hüter des europäischen Friedens den Waffen Ruhe gebiet und
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durch den Reiz seiner Jndivualität selbst die Gegner anzieht, nicht mehr Deutschlands Geschicke lenken wird, auf der Höhe seiner durch Alter ungebrochenen Geisteskraft die Bürde des Amtes niederlegt und in das stille Leben des Privatmannes sich zurückzieht. Das Schicksal ist nicht verschwenderisch mit seinen Gaben und es ist eine Fügung, daß es aus dem Schoße einer Nation einen Mann erstehen läßt, welcher das Wohl seines Vaterlandes begründet, den: ganzen Leben einen neuen Inhalt giebt, die Ideale der Macht sund Einheit, welche im Volksgeiste schlummern, verwirklicht; Bismarck läßt das Reich groß und mächtig zurück, gerüstet gegen alle Feinde, behütet von Freunden. Möge nie der Moment kommen, wo das sehnende Auge der Nation sich auf das einsame Schloß Friedrichsruh richtet, worin Bismarck sein ruhmvolles Leben beschließt. Die Demission des Fürsten Bismarck wird in ganz Europa die größte Aufregung Hervorrufen, denn wo gäbe es ein Volk, welches an diesen Wechsel nicht Hoffnungen und Befürchtungen knüpfen würde.
Paris, 18. März. Der Rücktritt Bismarck's macht einen immensen Eindruck. Einige Blätter erklären: Obwohl Bismarck in Frankreich zu den bestgehaßten Männern gehörte, sah man ihn doch als Säule des Friedens an. Unter diesem Gesichtspunkt sei der Rücktritt zu bedauern. Andere erblicken gerade in den: Rücktritt Bismarck's im jetzigen Augenblick das Symptom der völlig ungetrübten friedlichen Lage. Das „Journ. des Debats" sagt: „Mit Umkehrung der früheren Rollen war Fürst Bismarck im Amt eine Bürgschaft des Weltfriedens. Wenn er verschwindet, welche neue Richtung wird der Kaiser seiner Politik geben? Kaiser Wilhelms psychologische Eigenart ist noch zu wenig bekannt, als daß man vorhersehen könnte, wie sie sich entwickeln wird. Gestern war der Kaiser für uns ein Soldat, heute ist er ein Menschenfreund und Reformer. Klar ist sein Entschluß, seinen Willen durchzusetzen und jeden Widerstand zu brechen. Was wird er morgen wollen? Wir haben zu viele Ueberraschungen gehabt, um nicht neue zu erwarten. Wünschen wir, daß sie glückliche seien und die Ruhe der Welt fchonen." In der heutigen Kammersitzung war von nichts anderem die Rede als vom Rücktritt Bismarck's. Die Erlärung des Ministeriums Freycinct wurde kaum angehört. Der Eindruck, welchen Bismarck's Rücktritt in der französischen Bevölkerung, in der Presse und in Re- gierungsireiscn hervorgerufen hat, ist tief. Die heutige Abendausgabe des „Temps" sagt, mit Bismarck scheide ein Niese unseres Jahrhunderts vom politischen Schauplatz, sein Nachfolger werde die Last nicht auf den Schultern tragen können. Der „TcmpS" fürchtet eine Aenderung der auswärtigen Politik Deutschlands in Folge des Rücktritts Bismarck's.
London, 19. März. Die meisten Morgenblätter betrachten den Rücktritt des Fürsten Bismarck als vollendete Thatsache und sprechen fick über die Bedeutung des großen Mannes auf das sympathischste aus. Die „Times" und der „Standard" preisen insbesondere die ungeheuren Verdienste des Fürsten um die Erhaltung des europäischen Friedens. Du „Morningpost" meint, in der auswärtigen Politik werde der Einfluß des Fürsten noch lange verspürt werden.
Leeds, I!«. März. Der Kohlcnmangcl verursacht schwere Störungen der Geschäfte. Fn Nort- shire und Lancashirc herrschen ähnliche Zustände. In Burnley sind 6900 Arbeiter beschäiligm.g.Gs. Mehrere Fal nkbesitzer bewilligten die Forderungen. In Liverpool hat sich die Lage etwas gebessert.