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Fernsprecher Nr. 29.

87. Jahrgang.

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Schwäb. Landwirt.

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Dienstag» dm 24. Juni

isir

Deutscher Reichstag.

Berlin, 21. Juni. 3?! der Fortsetzung der Beratung der Heeresvorlage, die mit einem Abänderungsantrage (In) der Sozialdemokraten beginnt, weist zunächst sächsi­scher Militärdeoollmächtigter v. Weiß darf einige Bemerk- mgen des Abg. Stadthagen über Soldatenmißhandlungen in Sachsen zurück. Abg. Dr. v. Calker (natl.) verbreitet sich über eine Reform des Militärstrafrechts, die er für not- roendig hält, es aber als unmöglich bezeichnet, eine solche Reform hier bei der Heeresvorlage so nebenbei mit zu er­ledigen. Abg. Müller-Meiningen (f. Bp.) hält eine Re­form für nötig, doch seien ihm d:e Anträge der Sozialdemo­kratie unannehmbar. Abg. Kuner 1 (Sozi) tritt für das Recht der Notwehr bei den Soldaten ein und bezeichnet das heutige MMärstrasrecht als ein schandbares Unrecht, wofür er zur Ordnung gerufen wird. Prsuß. Militärbevollmäch- rigter Oberst v. Langermann bespricht die vom Abg. Stadthagen erwähnten Fälle von Soldatenmißhandlungen, Sie er als bedauerlich bezeichnet. Bei oller Strenge, mit <iec gegen die Mißhandlungen vorgegangen werde, ließe es sich bei der Größe der Armee nicht venmtLen, daß einzelne Falle von rohen Elementen möglich sind. Die sozialdemo­kratischen Anträge seien undurchführbar. Abg. Pens (S.) erörtert gleichfalls Fälle von Soldatenmißhandlungen und kritisiert den Dankerlatz des Kaisers, der leider eine Novelle zum Militärstrafgesetz nicht ankündige. Kriegsminister von Heeringen legt gegen die Kritik des Vorredners an dem Dankerlaß des Kaisers Denvahrung ein. Nach weiterer kurzer Debatte schließt die Erörterung, doch wird die Ab­stimmung wegen der schwachen Besetzung des Hauses zu- rückgestetlt. Äbg. Liesching (Bp.) begründet einen Antrag zum Artikel 3, dem Kapitulanten für jedes, die 12jährige Dienstzeit übersteigende weitere Dienstjahr den Zins von 4°/g von dem Kapitalbetrage gleich m t diesem auszuzahlen. Dieser Antrag wird, nachdem Oberst o. Langermann für Ausrechterhaltung der Kommissionsbcschlüsse eingetreten, zu­rückgezogen. Et« weiterer freisinniger Antrag will einen Artikel 3 rr schaffen, nach dem die verbündeten Regierungen dafür sorgen sollen, daß die männliche Jugend nn schul­pflichtigen Alter Turnunterricht erhält. Nach kurzer Erör­terung beantragt Abg. Heine (S.), dem freisinnigen An- irage hinzusügen: Alle landesrechtlichen Vorschriften, durch welche die Erteilung des Unterrichts von den politischen oder religiösen Gesinnungen des Lehrers oder Schülers ab­hängig gemacht werden, werden aufgehoben, ebenso alle landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche Gemeinden be­schränkt werden in der Ueberlassung der Turnhallen an Vereine, die Turnunterricht erteilen oder Turnübungen ab­halten. Ein Antrag Mumm (w. Bg.) will der Resolution einstigen, es sollen nur diejenigen Korporationen Unterstütz­ung finden, die auf dem Boden der gegenwärtigen Staats­ordnung stelzen. Abg. Mumm erklärt offen, daß mit seinem Anträge die sozialdemokratische Jugendbewegung getroffen werden soll. Das Haus vertagt sich.

Tage-Neuigkeitett.

Au- Stadt und Amt.

Nagold, 24. Juni 1913.

* Der Liederkranz Nagold Hat öeim Wettlingen anläßlich des 30. Allgemeinen Lieberfestes des Schwä­bischen Sängerbundes eine» II. Kreis in der II. Ab­teilung (Hey-Vener KokLsgesang) in Konkurrenz mit 23 W ereiuen errungen.

Es wurden in dieser Abteilung drei I. und 16. II. Preise vergeben; darunter steht der Ltcderkranz Nagold an 8. Stelle.

Es ist in den 70 Fahren, des Bestehens des Liederkrcmzes das erstemal, daß der Verein bei einem großen Wettkampf wie dem des Schwäbischen Sängerbun­des singt und siegt. Der Liederkranz und man darf kühnlich sagen mit ihm die Stadt Nagold darf stolz sein auf solchen Sieg im ersten Anlauf. Der Kampf mußte durchgesührt werden gegenüber Vereinen, die schon öfters größere Erfolge aufzuweisen hatten. Deshalb war der Jubel und die Begeisterung groß auf dem Festplatz in Tü­bingen am gestrigen Nachmittag. Die Sänger eilten freudig nach Hause zur heimischen Stadt, wo sie von ihren Frauen und einer freudig erregten Einwohnerschaft, der Stadtkapelle, einer festlich ausgerichteten Abteilung des Radfahreroereins abgeholt und durch die Stadt zur Fahnenabgabe und zum Bereinslokal begleitet wurden. Im Lokal, welches von der Hauswirtin festlich geschmückt worden war, and dann in Anrvrsenheitt^rSangesschwestern eine erhebende Siegesfeier

stall, bei welcher der Borstand Oberamtspfleger Rapp auf den Dirigenten Gewerbelehrer Ratsch, dieser aus die Sänger, Möbelsabrikant Schnepf auf den Vorstand und Redakteur Paur auf das deutsche Lied toasteten. Den Höhepunkt der Feier bildete die Überreichung eines von drei Ver­ehrerinnen gewidmeten prächtigen silbernen Pokals mit einer Ansprache von Frl. Wurst. Der Jubel kannte keine Grenzen. Der Vorstand dankte in freudiger Bewegung für die ehrende Dedikation und trank auf das Wohl der Stifierinnen aus dem Pokal, welcher zirkulierte gefüllt mit edlem Naß. Es war eine der Bedeutung der Sache an­gemessene schöne Feier, lieber den Verlaus des herrlichen Festes in Tübingen berichten wir an anderer Stelle.

Im Anschluß an obiges sei erwähnt, daß der Lieder­kranz in Tübingen ausgezeichnetes Quartier fand bei Herrn

H. Heugle z. Museum; Essen und Trinken waren vorzüg­lich. Herr Stadtschulthelß Maier beehrte den Verein ebenda mit seinem Besuch und wurde stürmisch begrüßt. Am Montag früh brachte ihm der Verein ein wohlgelungenes Ständchen vor seinem Wohnhause.

(Hultliugen. 22. Juni. Heute haben die hiesigen Ziegenbesitzer einen Verein gegründet, welchem sofort 22 Mitglieder beigetreten sind. Das Musterstatut der K. Zen­tralstelle für die Landwirtschaft wurde zur Bereinssatzung gemacht. Das Eintrittsgeld bezw. der Jahresbeitrag ist aus 1 ^ festgesetzt worden. Gewählt wurde zum Vorstand Schultheiß Kern, und zu dessen Stellvertreter Kassier und Schriftführer Oberlehrer Lieb und zu Ausschußmilgliedern Maurer Schultheiß, Schneider Lutz und Zimmermann Schneider. Die Bockhaltung Hot auf 1. April bereits die Gemeinde übernommen. Zum Zuchtziel hat sich der Verein die rehfarbene Schwarzwaldziege gesteckt. Die Dereinsmit- alieder haben zur Förderung der Sache eine öffentliche Ziegenbesichtigung auf einem freien Platz in der Gemeinde in Aussicht genommen und auch die Errichtung einer Weide ins Auge gefaßt. Lu.

Aus den Rachbarbezirken.

Gündringen, 23. Juni. Letzten Sonntag hielt der hiesige Radfahreroerein sein 1. Stiftunqsest ab. Durch das anhaltende Regenwetter war der Besuch des Festes sehr schwach. Außer den schon gestern mitgeteilten Preisen für Korsofahren erhielten für Langsamfahren

I. Preis: Georg Schmied, Dettenhausen mit 4.15 M., 2. Ludwig Schmied, Effcingen mit 4.14 M., 3. P. Weibert, Oberjettingen mit 3.46 M., 4. P. Bauer, Dettenhausen mit 3.33 M., 5. P. G. Wagner, Mötzingen mit 3.30 M.

Laudesuachrichte«

Stuttgart, 22. Juni. Der Kaiser hat dem Verein Naturschutzpark" aus dem Dispositionsfonds 50000 für die beiden in Deutschland geplanten Naturschutzparke bewilligt.

Das württembergische Komptabilitätsgesetz.

Stuttgart, 22. Juni. Der heute veröffentlichte Ge­setzentwurf betr. den Staatshaushalt (Komptabilitätsgesetz) bringt auch für Württemberg die von den Ständen schon lange geforderten! gesetzlichen Borschristen über ,Einrichtung, Führung und Kontrolle des Staatshaushaltes. Der Ent­wurf bezweckt 1. eine einheitlichere Gestaltung des Staats­haushaltes, 2. eine entsprechend klarere Darstellung der wirk­lichen Ergebnisse des Staatshaushaltes und 3. die gesetzliche Feststellung der wichtigeren Grundsätze, insbesondere auch bezüglich der Rechnungslegung gegenüber den Ständen. Was die einheitliche Gestaltung des Staatshaushaltes an­langt, so war bisher der württembergische Staatshaushalt in eine laufende Verwaltung, eine Rechtsoerwaltunh, eineGrund- stocksoerwaltung und einen außerordentlichen Dienst getrennt und daher der klare Einblick in den Gang und die wirk- liche Lage des Staatshaushaltes erschwert. Der Haupt- finanzetar umfaßte bisher lediglich die lausende Verwaltung. Nach dem Entwurf soll nun die besondere Rechtsverwalt- ung nach dem Vorbild des Reichsrechnungswesen« durch Ein­stellung der Überschüsse und Fehlbeträge der abgeschlossenen Etatsjahre in den Hauptfinanzetat beseitigt werden und ebenso soll eine Bereinigung des außerordentlichen Dienstes (Ein­nahmen und Ausgaben aus Anlehensmitteln) mit der lausen- den Verwaltung in der Art erfolgen, daß diese Einnahmen und Ausgaben auch künftig getrennt von den übrigen Ein­nahmen und Ausgaben nachgewiesen werden, wobei ein ordentlicher und ein außerordentlicher Etat unterschieden wird, daß aber auch künftig in den außerordentlichen Etat auch sonstige außerordentliche Einnahmen von größerer Bedeut­ung und die zu diesen Einnahmen gehörenden Ausgaben ausgenommen werden. Dagegen soll die Grundstocksver­

waltung auch künftig vom Hauptfinanzetat getrennt bleiben. Die so erzielte einheitlichere Gestaltung des Staatshaus­haltes ermöglicht auch eine klare Darstellung der wirklichen Ergebnisse des Staatshaushaltes, da die Nachweisung der Rechnungsergebnisse im Anschluß an die Aufstellung des Hauptfinanzetats zu erfolgen hat. Außerdem sollen auch die Veränderungen (Ab- und Zugänge) der besonderen Be­triebsfonds, die für einzelne Kassen oder Verwaltungen be­stehen, künftig am Schluß des Rechnungsjahres in den be­treffenden Rechnungen bezw. bei Darstellung des Gesamt­ergebnisses des Staatshaushaltes zum Ausdruck gebracht werden.

Abgesehen von diesen Aenderungen beschränkt sich der Entwurs in der Hauptsache auf die gesetzliche Feststellung des bestehenden Zustandes; insbesondere enthalten auch die Vorschriften über die Rechnungslegung gegenüber den Ständen lediglich eine Feststellung der gegenwärtigen tatsächlichen Uebung.

r Meidelstetten O.A. Münstngen 21. Juni. (Don den Bienen getötet.) Ein überaus trauriges Geschick ereilte den mit Mähen beschäftigten, fleißigen, fast 80 jährigen Georg Martin Rauscher, genanntIörgmarte". Er gelangte, wie der Reutl. Gener. Anz. berichtet, infolge seiner geschwächten Sehkraft und Schwerhörigkeit einem Bienen­stand zu nahe und wurde so übel zerstochen, daß er bald darauf bewußtlos wurde und am andern Tag der Tod eintrat.

r Nürtingen, 22. Juni. (Bom Zug getötet). Seit etwa anderthalb Jahren weilt der Deutsch-Amerikaner. Privatier Christian Schmohl, ein Mann von 80 Jahren, hier zu Besuch. Mit ihm kam seine beinahe 60jährige. aus Stuttgart gebürtige Ehefrau Anna geh. Münch. Diese wollte auf der Eisenbahnsahrt von Stuttgart hierher, zwischen Eßlingen und Altbach, eine Amerikanerin, die in einem andern Wagen Platz genommen hatte, aussuchen und betrat zu diesem Zweck die kleine Brücke zwischen zwei Wagen. Durch die Schwankungen kam sie zu Fall, stürzte ab und wurde überfahren. Man fand sie nachher tot aus den Schienen vor.

r Winnenden, 22. Juni. (Entwichen). Aus der Heilanstalt Winnental ist der Pflegling Alfred Hartmann von Kleinaspach OA. Marbach entwichen. Da der gemein­gefährliche, aber offenbar ungenügend verwahrte Geistes­kranke erfahrungsgemäß gewandt aufzutreten versteht und zahlreiche Leute durch schwindelhaftes Vorbringen zur Ge­währung von Darlehen zu bestimmen versteht, wird von den Behörden vor ihm öffentlich gewarnt.

Schwäbisches Liederfest.

Tübingen, 22. Juni. Heute früh war Tagwacht und Frühkonzert auf dem Marktplatz. Don 7 Uhr an liefen die Sonderzüge, dreißig an der Zahl, aus ganz Württemberg ein. Um ^8 Uhr zogen die Tübinger Ver­eine nach dem Festplatz und der 4000 Menschen fassenden Festhalle. Dort erfolgte unter Ansprachen des Oberbürger­meisters und des Bundesprästdenten die offizielle Eröffnung des Festes und die Uebergabe der Bundessahne an die Feststadt. Dann nahm das Wettstngen seinen Anfang. Daran nahmen, dem Urteil von zwei Preisrichtergruppen unterstehend, insgesamt 92 Vereine teil, und zwar 40 in der Klasse einfacher Bolksgesang, 24 in der Klaffe ge­hobener Dolksgesang, 21 in der Klasse einfacher Kunst­gesang und 7 in der Abteilung schwieriger Kunstgesang. In den beiden erstgenannten Abteilungen figurierten sehr zahlreich die Siicherschen Lieder, im Kunstgesang dominierte Hegar. Der Wettgesang brachte naturgemäß verschieden­artige Leistungen, überragend gute, aber auch an das Durch- schntttsmäßige nicht heranreichende. Im allgemeinen ließ der Wettbewerb hohe Begeisterung für den Sang, fleißige Vorbereitung und tüchtiges Können erkennen. s Das Wett­stngen dauerte von morgens 9 Uhr bis abends 7 Uhr. Im Laufe des Vormittags zog der Stuttgarter Liederkranz, dessen Ehrenmitglied Ludwig Uhland einst gewesen, zum Uhlanddenkmal, wo er namens des Schwäbischen Sänger­bundes einen Kranz niederlegte. Borträge von Liedem mit Uhlandschen Texten und eine Ansprache des Vorstandes, Oberpräzeptor Schairer, umrahmten diesen pietätvollen Akt. Eine ähnliche Huldigung bereitete ein etwa 500 Sänger starker Chor den Manen Silchers an dessen Denkmal bei der Universität. Hier wurden Silcherlieder gesungen und von Rektor Merkle-Göppingen eine schwungvolle Ansprache gchalten. Im Anschluß an diesen Akt fand an dem einstigen Wohnhaus Sllchers in der Grabenstraße die Enthüllung einer Gedenktafel statt. Den heutigen ersten Festtag beschloß ein Doppelkonzert aus dem Festplatz und eine italienische Nacht.