Direktor der Academie bittet der Verfasser, »zarte Rücksichtnahme auf den Urheber des Ganzen, auf feine natürlichen Rechte und seine unbestreitbare Au­torität walten zu lassen". Bis heute gingen dem Vorstand auf seine Erklärung Zustimmungen von Kcrckhoffs in Paris, von Kirchhofs in Halle, aus Wien, Graz, 3 zustimmende Schreiben aus Rußland zu und vielfache Ansuchen um Übersendung weiterer Exemplare. Im Interesse der ganzen Sache wünschen alle einsichtsvolle Volapükfreunde, daß der Streit, sobald wie möglich beigelegt werden möchte. Das vom Münchener Kongreß gemachte Anerbieten würde dem Er­finder in kurzer Zeit Hunderttausend« eingetragen haben und wäre reiflicher Ueberlegung wohl wert gewesen. Man wünscht dem Hrn. Afarrer andere Ratgeber.

* Althengstett, 18. März. Sonntag, den 16. März, starb hier nach langem Leiden, aber doch unerwartet, der so allgemein beliebte und verehrte Schullehrer Wolf. Beinahe 9 Jahre wirkte er als tüchtiger, treuer Lehrer in der hiesigen Gemeinde. Er verstand es, sich die Liebe und Achtung aller Ge­meindeglieder zu erwerben. Auch der hiesige Dar­lehenskassenverein verdankt ihm seine Entstehung; dienstfertig und opferwillig war er bis zu seinem Tode unentgeltlich Leiter und Rechner desselben. Ein großer Trauerzug begleitete ihn heute zu seiner letzten Ruhestätte. Die Kollegen des Entschlafenen hatten vor dem Trauerhause und am Grabe den Gesang übernommen. Sarg und Grab waren überaus schön geschmückt, an welchem Pfarrer Braungart eine er­greifende Trauerrede hielt. Die Schüler des Entschlafe­nen, der Darlehenskassenverein, sowie der Bienen­züchterverein des Bezirks Calw, dessen Vorstand der Verstorbene war, legten Kränze am Grabe nieder. Die Gemeinde wird dem Verstorbenen ein treues Andenken bewahren. Möge ihm die Erde leicht sein!

Nach einem Bericht derFranks. Zeitung" fand am 16. eine Versammlung der Volkspartei in Stuttgart statt. Von Reichstagsabgeordneten waren anwesend Payer, Haußmann, Kercher, v. Münch, und Schnaidt. Es sprachen RA. Schickler, Payer, Haußmann, Gutmann, Jlg, Gleichauf, Saul (von derFrkf. Ztg.") und RA. Niethammer. Payer äußerte u. a.: Er teile den Glauben an die baldige Auflösung des Reichstags nicht. Was komme, wisse man nicht; nur das wisse man, daß es nicht im bis­herigen Tone westergehen könne. Der Träger des gegenwärtigen Systems werde selbst gehen. Die ein­getretene Parteiverschiebung stelle das Zentrum in den Vordergrund; dieses aber, nachdem es größten­teils erreicht, was es erstrebte, gehe einer Spaltung entgegen. Der Arbeiterschutz werde von der Volks­partei, die denselben zuerst auf ihrem Programm ge­habt habe, völlig gebilligt. Die geplante Vermehr­ung der Artillerie aber sei sehr zu überlegen und könne kaum bewilligt werden ohne eine Gegenleistung der Regierung auf militärischem Gebiete, etwa durch die Herabsetzung der Präsenzzeit bei der Infanterie auf zwei Jahre. Einer besseren Verteilung der Steuer­lasten stimme die Volkspartei zu, wenn die Steuer­reform nicht lediglich eine Steuererhöhung sei. Nun­mehr Stuttgart der Vorort der Volkspartei sei, müsse die württ. Partei auch mit warmem Herzen die außer­schwäbischen Parteigenossen umfassen. Schwaben habe sich bisher viel auf sich selbst konzentriert. Infolge­

dessen fehlte hie und da die beiderseitige Wärme. Das werde anders werden. Nun müsse zunächst Baden in Angriff genommen werden. RA. Hauß­mann sagte: Die Agitation für die 1895er Reichs­tags- und Landtagswahlen sei jetzt schon zu beginnen. Ueberall seien Bezirks- und Lokal-Volksvereme zu gründen, Parteiführer und Rednertalente heranzu­bilden. Wenn die Volkspartei keine Fehler begehe, werde die günstige Volksstimmung anhalten und sich verstärken. Nach Schluß der Versammlung wurde eine Pause gemacht und dann begann das Bankett.

Vom Fuße des Rothenbergs, 14. März. Beim heutigen herrlichen Sonnenschein konnten die Bienen ihren Rcinigungsausflug halten unv die Züchter ihre Stöcke mustern. Obwohl der Winter im allgemeinen gelinde war, haben die Bienen doch viel verzehrt, manche Völker haben ihren ganzen Honigvorrat aufgebraucht. Dies mag darin seinen Grund haben, daß die Königinnen in den warmen Tagen des Januars mit dem Bruigeschäft begonnen hatten. Für die Aufzucht dieser Jungen wurde viel Honig verbraucht, infolge dessen ging das Futter aus, so daß die Alten, um nicht noch mehr Verzehrer unterhalten zu muffen, die Brut wieder herausrissen. Trotz dieser Verzweiflungsthat sind, wie man hört, auf einzelnen Ständen volkreiche Stöcke dem Hunger­tods anheimgefallen. Auf anderen aber ist die Durch­winterung ohne Verlust gelungen.

Tübingen, 17. März. Die morgen be- innenden Schwurgerichtssitzungen bringen zwei Ver- andlungen von hervorragendem Interesse. Nächsten Donnerstag wird gegen Christ. Pfeiffer von Kohlberg verhandelt, welcher seinen Sohn ertränkte nnd den gleichen Mord an einem zweiten Sohn versuchte. Der Fall mußte bei den ersten Schwurgerichtssitzungen von der Tagesordnung abgesetzt werden, weil Dr. Ast, Direktorder Irrenanstalt in Schussenried, indessen Behandlung der Angeklagte war, wegen plötzlicher Erkrankung sein Gutachten nicht abgeben konnte. Der zweite Fall, welcher am 24. und 25. März zur Verhandlung kommt, betrifft einen Gatten-, bezw. Muttermord, welchen Joh. Adam Röhrle von Zweren­berg, OA. Backnang, in Verbindung mit seinem 18- jährigen Sohn an seiner Ehefrau verübte.

ImSchw. Merkur" von heute Dienstag lesen wir folgendeErklärung" : Auf die Heilbronner Zeitung vom 5. Mürz und den Beobachter vom 11. März erwidere ich, daß Weingärtner Hosmann hier in öffentlicher Versammlung mehrere sehr ehren­werte Männer der hiesigen Stadt, unter Anderem ein mir durch seine christliche Gesinnung liebes Mit­glied des Bürgerausschusses, in beleidigender, nicht zur Sache gehöriger Weise angegriffen hat. Lediglich oeshalb habe ich ihm meine Kundschaft entzogen und, für meine Ueberzeugung sowohl als für meine Freunde offen einstehend, hatte ich den Mut, ihm dies rund­weg anzuzeigen. Wenn die Volkspartei mich, resp. mem Fabrikat, deshalb zu boycottieren beabsichtigt, so glaube ich reichlichen Ersatz hiefür bei allen Gut­gesinnten zu finden. Heilbronn, 17. März 1890. Hermann Kern, Firma Aug. Fr. Cloß Nächst, Cichorienfabrik.

Heidenheim, 14. März. Der 56 Jahre alte Spinnmeister Spellenberg, der wegen Kränklichkeit

heute spazieren gieng, hatte das Unglück, bei der' Kattunmanufaktur infolge eines epileptischen Anfalls in den Brenzsee zu stürzen. Obwohl er durch her­beigeeilte Arbeiter sofort dem nassen Element ent­rissen wurde, ist sein Zustand doch ganz bedenklich und ist er bis jetzt noch nicht zur Besinnung gekommen.

Hall, 17. März. Heute fand zum 3. Male der alljährliche Pferdemarkt statt. Derselbe wurde durch einen Umzug Morgens 8 Uhr eingeleitet, an der Spitze in gefälligem Kostüm ein Herold; ihm folgte eine Anzahl Berittener teilweise in Kostüm, teilweise mit Schärpe in Galaanzug. Die Behörden bezw. Ausschußmitglieder beteiligten sich zu Wagen, wie auch emige neue Fuhrwerke, zahlreich von Meistern und Gesellen besetzt, sich anschlossen. Der Markt war gut befahren; auch ließ es das Publikum der Um­gegend nicht an lebhaftem Besuche fehlen. Im städ­tischen Verkaufslokal war eine schöne und reichhaltige Ausstellung von allerlei Gerätschaften, Wagen u. s. f. aufgestellt.

Ulm, 15. März. Unter überaus großer- Teilnahme seitens des Ofsizierkorps, der Beamten und der Bürgerschaft wurde gestern der hoffnungs­volle Sohn des Oberstabsarzt a. D. Göser, Lieu­tenant Göser, zu Grabe getragen. Stadtpfarrer Mack hielt eine ergreifende Rede. Prachtvolle Kränze, darunter ein von dem Prinzen Wilhelm, der durch seinen Adjutanten, Rittmeister Biber, vertreten war, übersandter, bedeckten den Sarg. Das Trompeter­korps des Dragonerregiments, welchem der Verstor­bene angehört hatte, hatte mit einem kombinierten Zuge, der die neuen Lanzen führte, in der verlängerten Frauenstraße Aufstellung genommen und blies, als der Trauerzug vom Leichenhause sich in Bewegung setzte, den Parademarsch. Eine andere Abteilung zu Fuß gaben die üblichen Ehrensalven. Der König und Prinz Weimar haben der schwer geprüften Familie ihre Teilnahme ausdrücken lassen.

Pforzheim, 14. März. Etwa 30 junge Leute von dem benachbarten Büchenbronn hatten sich heute hier zu dem Ersatzgeschäfte zu stellen. Dieselben zeichneten sich schon bei ihrem Einzuge in die Stadt durch lärmende Kundgebungen aus und widersetzteu sich dann später im Ochsen, wo die Musterung statt­fand, den Anordnungen des mit der Aufrechterhalt­ung der Ordnung betrauten Gensdarms; mehrere griffen denselben sogar thätlich an, so daß dieser ge­nötigt war, von seiner Waffe Gebrauch zu machen. Nun entstand ein allgemeines Handgemenge. Das Ersatzgeschäft mußte unterbrochen und polizeiliche Ver­stärkungen telefonisch herbeigerufen werden. Schutze leute und Gensdarmen verteidigten sich mit ihren Waffen; es gab blutige Köpfe und eine Anzahl der Früchtchen wurde ins hiesige Ämtsgefängnis abgeführt, wo dieselben bis zu ihrer Verurteilung über ihre Heldenthaten Nachdenken können; Büchenbronn hatte bei der letzten Reichstagswahl die meisten Sozialde­mokraten aufzuweisen; in den dortigen Wahlver­sammlungen der Sozialdemokraten ging es recht roh u; unrerfe Bürschchen brüllten den Agitatoren Bei­all zu und schrieen gegnerische Redner nieder. Kein Wunder, wenn diese Helden auch hier gegen die Staatsgewalt durch rohes Benehmen sich auszuzeichnen suchten.

zum ersten Tanze führen und da lassen Sie sich so ohne Weitere» von diesem Hagen den Rang ablaufm! Hoffentlich haben Sie sich Margarethe wenigsten» al» Tisch­dame gesichert?"

Dunkle Glut stieg in Baldern's Antlitz, als er erwiederte! »Auch darin ist mir leider der Herr Referendar zuvorgekommen. Ich wollte mir soeben von Fräu­lein Helene die Ehre erbitten."

»Was, die Hella?" rief der Regierungsrat erstaunt.

»Ganz wohl, Papa, der Herr Baron wird mich zu Tische führen," entgegnete das junge Mädchen heiter.

»Ja," entgegnete der RegierungSrat ein wenig unwirsch, »haben Sie denn wirklich noch gar nicht mit Margarethe getanzt?"

»Der soeben beginnende Walzer gehört mir; einen früheren Tanz konnte ich mir nicht erringen. Gestatten Sie, daß ich mich zu meiner Tänzerin begebe?"

Kopfschüttelnd schaute der RegierungSrat ihm nach, während er sich hastig entfernte; er war mit ihm, sowie auch mit Margarethe höchst unzufrieden.

In später Stunde erst verließen di« Gäste die festlichen Räume und müde und abgespannt zog sich dir Familie de» Regierungsrats zurück. Wie durch einen Zauberschlag war plötzlich der strahlende Lichterglanz verschwunden und da» Besitz­tum lag den übrigen Villen gleich in tiefster Stille und Dunkelheit da. Sämtliche Bewohner des HauseS schienen Erholung von den Strapazen des verrauschten Feste» im Schlafe gesucht zu haben.

Aber es schi« n eben nur so.

Das Silberlicht des Vollmondes beleuchtete da» Gemach der beiden Töchter des HauseS und erfüllte dasselbe mit einem magischen Dämmrrschein; aber diese Helle war genügend, um einen jeden einzelnen Gegenstand deutlich erkennen zu lasse«. E» war «in traulich lauschiger Raum, mit jeglichem Komfort auSgestattrt, den «in verwöhnter Geschmack sich nur wünschen konnte.

Margarethe saß noch i» vollständiger Balltoilette im Hintergründe de» Zimmer»

auf einem mit blauem Sammet überzogenen Sofa und schaute mit einem glücklichen, traumverlorenen Lächeln vor sich hin. Helene dagegen hatte ein Fenster geöffnet und lehnte sich weit hinaus, mit vollen Atemzügen die kühle Nachtluft einatmend. Sie dachte an ihren neugewonnenen Bruder und an das leidenschaftliche Weh, wel­ches ihr aus seinen Augen entgegengeblickt hatte, als sie ihn im Anblick der Scene im Saal Überrascht hatte. Sein so gewaltsam zurückgedrängter Schmerz schnitt ihr tief in die Seele und erfüllte ihr Herz mit heißem Mitleid.

Als sie das Fenster wieder schloß, fiel ihr Blick auf daS neben ihr in der Fensterbank liegende Ballbouqueü Margarethe's, und mit einem bedauernden Lächeln, nahm sie eS in die Hand.

Die armen Blumen, wie schnell sind sie verwelk!" sprach sie halblaut, die halbwelken Blüten betrachtend. Plötzlich entschlüpfte ein Laut des Staunens ihren. Lippen und verwundert zog sie ein kleines, zusammengefaltetes Papier zwischen den.- Blumen bervor.

»Was ist denn das, Margarethe? Ein Brief in Deinem Blumenstrauß?" rief sie.

Eine glühende Röte glitt über Margarethe's Antlitz. Bestürzt erhob sie sich und ritte auf Helme zu, das ihr entgegengestreckte Billet hastig ergreifend und aus­einander faltend. Währmd sie las, wurde ihr Gesicht blaß und blässer und ihre Hand begann leise zu zittern. Helme beobachtete sie forschend, bangmd. Was ent­hielt jenes Blatt Papier, daß jegliche Farbe aus ihrem Antlitz wich und alle Fassung, da» sonst so willensstarke Mädchen zu verlassen drohte?

Jetzt ließ Margarethe die Hand, welche das Billet hielt, sinken und mit einem scheuen Blick auf die Schwester wollte sie eS schweigend in ihre Tasche gleiten lagen» aber Helene kam ihr zuvor, indem sie bittend ihre Rechte, danach ausstreckte.

(Fortsetzung folgt.)