kqchtirtt küglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier mit Trägerloho 1.20 im Bezirks» and 10 Lw -Berkehr I.2S im ildrigen rvltttemberg 1.5S Monats-Abonnements nach Berhältui».
Fernsprecher Nr. 29. 87. Jahrgang. Fernsprecher Nr. 29.
Ms- md KlM-Mtl flr dk>> GllMsOM Nq>O.
Anzeigru-Gebthr jür die etnspast. Zeile aus genröhalicher Schrift oder denn Raum bei einmal. Einrückung 1V >4, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Beilagen: Plauderftübchen, Jllustr. Souatapsblati oud
Schwäb. Landwirt.
88
Donnerstag, den 17. April
MS
Amtliches.
Kgl. Höercrrnt Wagold.
Die Herren Ortsvorsteher, die mit diesem Bericht im Rückstand sind, werden an die Erledigung des oberamtlichcn Erlasses vom 15. vor. Mts. (Gesellschafter 64) betr. die Ergänzung des Verzeichnisses der als feuerwehrpflichtig in Anspruch genommenen Einwohner und die Richtigstellung der Verzeichnisse über den Mannschastsstand der Feuerwehr und ihrer einzelnen Abteilungen erinnert.
Den 16. April 1913.
Amimcnn Mayer.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 16. April. Präsident Dr. Kämpf eröffnet um 1.25 Uhr die Sitzung. Die zweite Beratung des Etats des Auswärtigen wird fortgesetzt. Staatssekretär von Iaaow: Ich habe Ihnen einige Mitteilungen über den Vorfall in Nancy zu machen. Der französische Minister des Aeutzern hat dem kaiserlich deutschen Botschafter von Schön in Paris mitgeteilt, daß die dis jetzt vorliegenden Berichte der Lokaibebörden in Nancy keinen genügenden Aufschluß über alle Tatsachrn geben und daß daher die französische Regierung einen höheren Beamten mit der Vornahme einer strengen Untersuchung beauftragt habe. Das Ergebnis ist zunächst abzuwarten, andere! seits hat auch der kaiserliche Statthalter von Elsaß-Lothringen die Uebermitte- lung der von der kaiserlichen Behörde in Metz aufgenommenen Protokolle in Aussicht gestellt, die wir sofort der deutschen Botschaft In Paris übersenden werden. Unter- staatssekrelär Zimmermann: Ich möchte eine Bemerkung machen, zu dem Vorwurf, daß unser Gesandter in China nicht der chinesischen Sprache mächtig ist. Da ist zu bedenken. daß der Gesandte Englands zwar selbst diese Sprache versteht, aber nicht sein bisheriger Vorgänger. In erster Linie nehmen wir natürlich Rücksicht auf solche Herren, die diese Sprache kennen, andererseits haben wir aber auch mit nicht chinesisch sprechenden Herren gute Erfahrungen gemacht, dazu kommt, daß die Bedeutung der chinesischen Sprache erheblich abgenommen hat. Dann wird uns zum Borwurf gemacht, daß wir bei der Besetzung wichtiger Posten in ernsten Zeiten nicht genügende Sorgfalt höben walten lassen. Besonde.s wird das von Konsiantinopel und Peking behauptet. Die Kritik an unserer Praxis ist nicht berechtigt. Graf Brudzewo Mielzynski (Polr): Für die Freiheitskämpfer aus dem Balkan haben wir die höchste Bewunderung. Man sollte nicht das Germanen- und das Slawen
tum gegen einander ausspielen. Eine Abrüstung ist dringend notwendig, namentlich hinsichtlich der Polenbekämpsung. Bernstein (S.): Die Haltung der Großmächte gegenüber der Türkei ist nicht verständlich. Wenn man die ägäischen Inseln bei den Dardanellen ihr belassen will, sollte man ihr auch Adrianopel zum Schutze von Konstantinopel lassen. In Bezug aus die Polenpolitik sollte uns England ein Vorbild sein, das den Iren ihren Grund und Boden wiedergegeben hat. Das Gehalt des Staatssekretärs wird daraus bewilligt und die Resolution betreffend die Verwendung im diplomatischen Dienst angenommen. Beim KapKel „Gesandte und Konsulate" bringt von Liebert (Rp.) Klagen vor über die Mißhandlungen zweier Schiffsjungen, die desertiert und von den Behörden in Chile völlig unbeschützt geblieben sind, worauf ein Geheimrat erklärt, daß eine Untersuchung sofort eingeleitet worden sei, daß aber das Ergebnis noch nicht oorliege. Nach wetteren Ausführungen der Abgg. Dr. Dooe (F.Bp.), Molkenbuhr (Soz.) und Dr. Semmler (Rat.) wird das Kapitel angenommen, ebenso die Resolution, die den Ausbau des Orientalischen Seminars in Berlin zu einer Auslandshochschule fordert. Angenommen wird weiter eine Resolution auf Vorlegung einer Denkschrift über die deutschen Schulen im Auslande und der Rest des Etats bewilligt. Gefordert wird in einer Resolution der Wirtsch. Bereinigung die Einrichtung von Beamtenausschüssen bei der Reichspost- verwaitung und bei den Reichseisenbahnen und eine solche der Sozialdemokraten: Reform des Reichstagswahlrechts, Durchführung der Verhältniswahl und Neuordnung der Wahlkreise. Dr. Gradnauer (Soz.). Bei dem Tauschgeschäft des Reichskanzlers mit dem Zentrum Soldaten gegen Jesuiten (hu hu im Ztr.) kommt man in Deutschland in sozialer Hinsicht nicht vorwärts. Man sollte auf einmal eine Milliarde für Kullurzrrecke aufbringen. Ein Ministerverantwortungsgesetz ist dringend notwendig. Die Zusage des Kaisers bezüglich Zurückhaltung in politischen Dingen ist nicht gehalten worden. Da Redner weiter in dieser Beziehung sortfährt, unterbricht ihn Vizepräsident Dooe mit dem Hinweis, daß die Person des Kaisers nach gutem Brauche nicht in die Debatte hinetngezogen werde. Wir wollen vorwärts kommen in dem Aue bau aller sozozialpolitischen Fragen, um die Selbstverwaltung unseres Volkes zu erreichen. (Die Sitzung dauert fort).
Vom Landtag.
p Stuttgart, 16. April. Zu Beginn der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer teilte der Kultminister auf eine Anfrage des Abg. Wieland (m) mit. daß die höhere Maschinenbauschule in Eßlingen im Herbst 1914 eröffnet werden müsse. Eine ausgedehnte Debatte über eine Reihe
von Schulfragen entspann sich in der fortgesetzten Beratung des Kültetats beim Kapitel „höhere Knabenschulen". Der Berichterstatter v. Gauß (B.) wies auf die Ueberfüllung dieser Schulen hin, die zum Teil durch die Einrichtung der Einjährig-Freiwilligen-Prüfung veranlaßt worden sei und empfahl, um diesem Mißstand abzuhelfen, z« ermöglichen, daß das Einjährig-Freiwilligen-Examen auch an mittleren Schulen abgelegt werden kann. Dem stimmte Abg. Dr. Rübling (BK.) zu, der als radikalste Lösung der Frage die Abschaffung der Einjährig-Freiwilligen-Prüfung überhaupt bezeichnete. Abg. Späth-Biberach (Z.) trat für die Berücksichtigung der Wünsche der Präzeptoren und Realiehrer, insbesondere bezüglich der Verwendung von Präzeptoren und Reallehrem an den 2. Klassen der höheren Lehranstalten sowie bezüglich der Titelfrage ein. Eine Neugestaltung des Borschulwesens durch Aushebung der Elementarschulen befürwortete der Abg. Heymann (S.), wogegen der Kuliminister bezweifelte, ob durch die von dem Abg. Heymann angestrebte Einheitsschule der erwartete soziale Ausgleich geschaffen werde. Durch die Aushebung der Elementarschulen werde nur der Gründung von Prioat- schulen Vorschub geleistet. Lebhafte Zustimmung fand der Minister im Hause mit der Bemerkung, die Frage der Ueberbürdung der Schüler würde dadurch am besten gelöst werden, wenn insbesondere die bemittelteren Eltern ihre für den Besuch der höheren Schulen nicht befähigten Kinder nicht durch alle Klassen dis zum Abiturium hindurch zwänge». Don einer Erhöhung des Schulgelds zur Vermeidung der Ueberfüllung der höheren Schulen versprach sich der Minister keinen Erfolg. Hinsichtlich der Wünsche der Präzeptoren versicherte der Minister, die Regierung werde diesen Wünschen nach Möglichkeit Rechnung tragen. Der Titelfrage stehe er gleichgültig gegenüber, umsomehr, als man in Württemberg mit den Titeln und „Ober" fast an der Grenze der Lächerlichkeit ange'angt sei. Ein Antrag des Finanzausschusses, die Bitte, der nach dem 1. April 1911 auf der Oberstufe angestellten Professoren um andere Regelung ihrer Gehaltsoerhältnisse der Regierung zur Berücksichtigung z« übergeben, wurde vom Hause angenommen, ebenso ein Antrag Gauß, wonach ein Nachtrag zu der Eingabe der Professoren der Regierung zur Kenntnis überwiesen werden solle. Dagegen wurden die Eingaben des Wüttt. Phiiologenoereins um Aenderung der Gehaltsordnung und der Haupt- und Reallehrer der Stuttgarter Bürgerschulen um Milderung einer durch die Gehaltsneuordnung entstandenen Härte, dem Ausschußantrag entsprechend, vom Hause nicht in Behandlung genommen, da es sich dabei um eine Durchbrechung der Gehaltsordnung gehandelt hätte. Bei Kapitel 72 (Turnwesen) wurde abgebrochen. Nächste Sitzung Donnerstag 9 Uhr.
Losere Ksiooien i« -er WeUMWsl.-s
Bon Prof. Dr. Paul Arndt.
Die deutschen Kolonien werden vielfach, im Inlande und im Auslande, mit Geringschätzung behandelt. Manchen deutschen Politikern scheint es kaum oer Mühe wert zu sein, sich mit den deutschen Schutzgebieten genauer zu beschäftigen und ihren Zustand kennen zu lernen. Einige erblicken in den Kolonien nur eine Last, die das dcuische Volk weilerzuschleppen habe, weil es sie ehrenhalber nicht wegwerfen dürfe. Nicht selten wird die Ansicht geäußert, das deutsche Volk habe, als es in die Kolonialpolitik eintrat, olles wertvolle Gebiet auf der Erde schon in festem fremdem Besitz oorgesunden und nur auf einige wertlose Striche, die von den anderen verschmäht worden waren, die Hand legen können. Diese Auffassung vom Werte der demschen Kolonien ist grundfalsch, historisch und sachlich. Die ersten Besitzergreifungen von deutschem Kolonialland haben sich unter erheblichen Schwierigkeiten, die von England ausgingen, vollzogen. Es bedurfte der großen Staatskunst und gewaltigen Autorität Bismarcks, um den Widerstand Englands gegen die Festsetzung Deutschlands in Afrika und in der Südsee zu brechen. Hätte es sich dabei um wertlose Dinge gehandelt, so würden die Engländer sich nicht so eifersüchtig gezeigt und nicht versucht haben, noch im letzten Augenblick den Deutschen bei der Flaggenhissung zuvorzukommen. Die wissenschaftliche Forschung hat aber auch seit jener Zeit immer
*) Wir entnehmen die Ausführungen dem soeben in zweiter Auslage als 179. Bändchen der Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt" bei B. G. Teubner in Leipzig und Berlin erscheinenden Buche ..Deutschlands Stellung in der Weltwirtschaft" (Preis geb. 1.—. in Leinwand geb. 1.2S.)
Klarer bewiesen, daß die deutschen Schutzgebiete, von einigen größeren unwirtlichen Strecken, wie sie sich in allen Kolonial- tändern finden, abgesehen, bedeutende Entwickelungsmöglichkeiten besitzen, und daß beträchtliche Teile von ihnen den Vergleich mit den besten englischen und französischen Kolonialgebieten nicht zu scheuen brauchen. Das gilt allerdings nur von deir tropischen Kolonien. Gebiete, die mit den gewaltigen Landmassen des britischen Kolonialreiches verglichen werden könnten, die sich eines gemäß gien Klimas erfreuen und zur dichten Besiedelung mit Weißen eignen, wie die südlichen Teils Kanadas und Australiens, Neuseeland usw., besitzt Deutschland nur in geringem Umfange.
Der Flächeninhalt der deutschen Kolonien ist etwa fünfmal so groß wie der Deutschlands; er beträgt rund 2,6 Millionen qkm. Dabei sind die 1911 in der Marokkökrisis von Frankreich zugestandenen Gebietsabtretungen am Kongo noch nicht berücksichtigt; durch sie wird sich der deutscke Besitz auf 2.9 Millionen qkm erhöhen. Das deutsche Kolonialreich ist größer als das holländische (2 0 Millionen qkm) und als das portugiesische (2,1 Millionen qkm.) Das französische umfaßt dagegen rund 10. das englische sogar fast 29 Millionen qkm. Der Besitz Rußlands in Asien beträgt mehr als 16 Millionen qkm. Bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Wertes dieser ungeheuren Flächen französischen, englischen und russischen Koloniallandes ist zu berücksichtigen, daß ein sehr beträchtLchsr Teil des Gebietes, wahrscheinlich seine größere Hälfte nicht zur Kolonisation verwendbar ist, entweder wegen zu großer Kälte (Kanada, Sibirien) oder wegen zu großer Dürre (Mittel- und Südafrika, Mittelasien, Australien).
Die deutschen Schutzgebiete pnd verhältnismäßig schwach bevölkert; sie enthalten etwa 14 Millionen Einwohner. Auf 1 qkm entfallen also durchschnittlich 5 Menschen (in Deutsch
land 120). Das englische Kolonialreich hat rund Z50 Millionen Einwohner, das französische 50. das holländische 40, das russische etwa 20, das portugiesische 8 Millionen. Bo» den 350 Millionen Bewohnern englischer Kolonien komme» fast 300 Millionen aus Indien; die übrigen englischen Besitzungen sind also durchschnittlich sehr schwach bevölkert; da» gilt vor allem für Kanada und Australien.
Der Kulturzustand der Eingeborenen der deutschen Schutzgebiete ist kein einheitlicher. Neben seßhaften, friedlichen Ackerbauern finden sich unruhige.kriegerische, meisten» Viehzucht treibende Nomaden. In vielen Gegenden sind einzelne Gewerbe bereits hoch entwickelt, so die Töpferei, die Flechlkunst, das Spinnen und Weben, die Erzgewinnun- und die Schmiedekunst, die Bearbeitung des Holzes, Horner und Leders, die Baukunst usw. Bon den Missionare» haben die Eingeborenen vielfach weitere Fertigkeiten gelernt. Fast alle sind anstellig und bildungsfähig und können bei vernünftiger und wohlwollender Behandlung zu weiterer produktiver Arbeit herangezogen werden. Die „Faulheit" de» Negers, über die der fleißige Europäer häufig schilt, scheint nicht ein Raffemerkmal, sondern nur ein Zeichen tieferer Kultur zu sein. Es bedarf einiger Zeit, bis sich der freie, waffensrohe Krieger und Jäger, der als solcher der höchste» Anstrengung fähig ist, zu friedlichen wirtschaftlichen Arbeiten herabläßt, die er als Sache der Sklaven und Frauen bisher verachtet hat.
Höchst bedauerlich ist, daß sich die deutschen Schutzgebiete zu dauernden Massenbesiedelungen mit Weißen nur i» geringem Maße eignen. Deutsch-Südwestafrika, die einzige nichtlropische Kolonie, die wir — abgesehen von dem kleine» und dichtbevölkerten Kiautschou — haben, ist, soweit wir heute urteilen können, wegen Wassermangels fast nur z» extensiver Bewirtschaftung, hauptsächlich zur Viehzucht,