Der Vorfall in Nancy.

r Paris, 15. April. Eine Note der Agence Havas 'besagt. Nach dem ersten Bericht, den der Oberkommissar von Nancy an das Ministerium des Innern gesandt hat, soll sich der Zwischenfall, der zu einigen Kommentaren in der Presse Becanlassung gab, wie folgt zugetcagen haben: Drei Deutsche wohnten, von zwei Damen begleitet, am Sonntag abend gegen ^11 Uhr einer Vorstellung im Casino bei. Einige Siudenten machten ihnen gegenüber ein paar anzügliche Bemerkungen und Pfiffe ertönten von der Galerie. Der Zwischenfall blieb jedoch vom Publikum unbemerkt. Dis 5 Fremden verließen dann das Casino kurz vor 11 Uhr und begaben sich in die Loihringer Bierhalle, wohin 5 oder 8 Srudenten, die ihnen folgten, ebenfalls gingen. Es kam zu einem gleichen Zwischenfall wie im C >sino und der Wirt bat die Studenten, sich ruhig zu verhalten, was sie auch unverzüglich ohne Gegenrede laten. Als die Iremden jedoch das Lokal verließen, folgten ihnen die Srudenten mit einer Schar von etwa 50 Neugierigen bis zum Bahnhof und machten von neuem ihre Witze mit ihnen. Ein Trupp der Manifestanten ging bis auf den Bahnsteig .mit und setzte dort die Beschimpfungen bis zum Abgehen des Zuges fort. Die drei Deutschen sind keme Offiziere. Die vom Oberkommissar eingeleiiete Untersuchung wird fort­gesetzt, aber man kann schon jetzt sagen, daß der Zw schen- sall übermäßig ausgebauscht worden ist. Es scheint sich MN das Vorgehen von etwas angeheiterten jungen Leuten zu handeln, die sich der Geschmacklosigkeit ihres Benehmens nicht bewußt waren.

Paris, 15. April. Man glaubt hier best mmt, daß der deutsche Botschafter von seiner Regierung Instruktionen erhalten habe, über den Zwischenfall von Nancy Vorstell­ungen zu erheben und eingehende Untersuchung zu verlangen.

r Paris, 15. April. Der deutsche Bmschastec Fahr, von Schön halte heute nachmittag mit dem Minister des Aeußern, Pichon, eine längere Besprechung überden Nancyer Vorfall.

r Paris, 15. April. Eine Note der Agence Havas besagt: Der Sekretär der deutschen Botschaft, Graf ».Wedel, erschien heute vormittag auf dem Quai d'Orsay, um im Namen der deutschen Botschafter zu fragen, ob die französische Regierung keine genauen Auskünfte über den Zwischenfall van Nancy besäße. Der Kabinettchef erwiderte, daß dem deutschen Botschafter Herrn v. Schön bestimmte Nachrichten gegeben werden würden, sobald das Ministerium des Innern > einen detaillierten Bericht erhalten haben würde, dessen Uebersendung von Nancy angckündigt sei.

Paris, 15. April. Eine Note derAg. Havas" teilt mit: Der Minister des Aeußern hat heute nachmittag den Besuch des deutschen Botschafters empfangen, der den Zwi­schenfall in Ncmcy mit ihm besprechen wollte. Minister Pichon teilte dem Frhrn. o. Schön zuerst die Nachrichten, die der Minister des Innern erhalten hatte, mit und fügte hinzu, der Minister des Innern habe, um sich ausreichende Beweisstücke über den Zwischenfall, die Umstände, die ihn verursacht und begleitet hätttn, zu verschaffen, bereits am vormittag beschlossen, den Staatsrat Qgier, Direktor der Kontrollabte'l.rng im Ministerium des Innern nach Nancy zu entsenden. Dieser hohe Beamte solle eine Prüfung aller Tatsachen vornehmen. Er werde heute abend 9 Uhr abreisen.

Der Eindruck in Berlin.

An hiesigen amtlichen Stellen waren über den Vorfall authentische Meldungen noch nicht eingegangen, und die maßgebenden Herren des Auswärtigen Amts erfuhren die Einzelheiten erst Montag nachmittaa im Reichstag. Selbst­verständlich wird der deutsche Botschafter Ln Paris sofort angewiesen werden, bei der französischen Regierung vorstellig zu werden und eine energische Untersuchung der Vorfälle zu verlangen.

Höchst peinlich und merkwürdig mutz es berühren, daß k ine Beamten, deren es doch ouf dem Bahnhofs eine Menge gibt, es für notig gehalten haben, .einzuschreiten und daß ü'.-.ch die stanzöstschm Offiziere es mit ihrer Eh e vereinbaren konnten, untätig zuzusehen, wie wehrlose Deutsche mißhan­delt wurd.n und tobender Janhagel den Namen Frank­reichs durch seine brutalen Angriffe geschändet hat.

Dieser Vorfall ist bezeichnend für die chauvinistische Stimmung in Frankreich, die man vergebens jenseits der Borgesen abzuleugnen versucht. Die Lehren, die aus der Haltung des französischen Volkes gegenüber der Besatzung dosZeppelin" in Luncville und jetzt aus diesen gemeinen Handlungen der Bevölkerung iu Nancy zu ziehen sind, müssen auch dem Verblendetsten die Augen öffnen und ihm beweisen, daß der Reichskanzler vollkommen im Recht ge­wesen ist, als er die chauvinistischen Uebertreibungen gewisser Kreise in Frankreich tadelte. Gewiß mag man zugeben, daß nicht alle Franzosen von kriegslustiger Stimmung er­füllt sind, und auch die verantwortlichen Männer in der R gierung sind weit davon entfernt, sich von der Linie der korrekten Politik zu entfernen, die sie Deutschland gegenüber beobachten. So lange jedoch derartige, der vielgerühmten französischen Kultur hohnsprechende Ereignisse möglich sind, kann man es uns Deutschen nicht verdenken, wenn wir uns auf unsere eigenen Erfahrungen und Anschauungen oerlossen und danach unser Verhallen einrichten. Die Meldungen von Belästigungen Deutscher an der Riviera haben sich, den offiziösen Dementis zum Trotz, als begründet herausgestellt. Wenn die Chauvinisten in Frankreich so weiter machen, werden sie bald sehen, wozu ihr Benehmen uns zwingt. Gespannt darf man sein, welche Schritte die französische Regierung zur Aufklärung des Falles tun wird und ob es ihr gelingt, die Schuldigen der Bestrafung zuzuführen.

(Nat. Ztg.)

Ausland.

Paris, 14. April. Bei Eröffnung der Sitzung der Generoloäre in F ankreich gab deren Mehrzahl dem Wunsche nach Wadereinführung des Gesetzes über die dreijährige Dienst et Ausdruck.

Brüssel, 14 April. Nach einer Statistik streiken in den Provinzen N>mur und Hmnegau 81900 Bergleute von 93800, 365^0 Arbeiter der metallurgischen Industrie von 55500, 18500 in der Glasindustrie von 22 300.

18 270 Arbeiier der Sieinbrüche von 20350 und 8 800 in den kl irreren Industrie?« von 16400. In den ländlichen Bezirken des Kreises Mons scheinen die Arbeiter fast völlig angetretcn zu sein. In Antwerpen streiken bis jetzt nur die Arbeiter größerer Fabriken, für morgen aber wird eine Ausdehnung der Bewegung befürchtet. In Mecheln ist die Arbeit in der Möbelindustrie normal. Verschiedene Arbeiier- gaitungen der Texli.brauche werden den Streit erst morgen beginnen. Bis jetzt ist alles im Lande ruhig verlausen. Weder die Gendarmerie noch das Militär hatten Veran­lassung. einzugreisen.

London, 15. April. Gestern nachmittag wurde in der Stadt große Aufregung durch die Auffindung einer Bombe hervorgerufen, die in einer Milchkanne an einem Außenpseiler der Bank von England gelegt worden war. Ein Schutzmann entdeckte die Bombe und tauchte sie in einen in der Nähe befindlichen Brunnen. Bei der Unter­suchung der Bombe fand man, daß sie eine Menge Schieß­pulver, eine elektrische Batterie und eine Uhr enthielt.

r Athen, 13. April. In seinem politischen Testament trifft König Georg zunächst Bestimmungen über sein Eigen­tum und bittet dann seine Kinder, stets einig zu sein. An den König Konstantin richtet erfolgende Worte: Liebe Dein teueres kleines Vaterland und diene ihm ebenso wie Deinem teuern Boi Ke. Habe Vertrauen zu ihm, damit Deine Brüder dem gleichen Bei piel folgen. Er fährt fort mit dem Rat­schlag, muttg zu sein, aber auch geduldig, denn er regiere ein südliches Volk, dessen Zorn und Erbitterung le cht ent- flammt sind und das dann in cinem solchen Augenblick Dinge sagen oder tun kann, die es wahrscheinlich am nächsten Tag vergessen hat. Der König müsse cs vorziehen, lieber selbst innerlich zu leiden, als daß Volk und Land leiden. Die Interessen des Volkes und des Landes gehen jeden anderen Interessen voran. König Georg legt dann seinem Sohn ans Herz, seine geliebte Mutier zu lieben und zu schützen und seinen Kindern eine gesunde und griechische Er­ziehung zu teil werden zu lassen. Sie müßten vor allem Hellenen sein und nichts anderes. König Georg bitter dann jeden, dem er Unrecht zugejügt haben sollte, um Verzeihung und erklärt, seine teuere Gattin bis zum letzten Atemzug aeliebt zu haben. Er segnet zum Schluß alle und bittet Gott sein kleines geliebtes Griechenland zu erhalten.

r Berrghasi, 14. April. Da General Bricciola er­fahren hatte, daß der Feind in der Nacht Geschütze in das Fort Lu schi gebracht hatte, b fahl er bei Tagesanbruch zum Angriff auf die Stellungen des Feindes oorzugehen. Die Angriffsbeweguna wurde mit großer Entschiedenheit auege­führt. Um 4^/t Uhr nachmittags wehre die italienische Flagge über dem seind ichen Lager, das in Brcnd gesteckt wu de.

r Newyork, 15 April. Bei der gestrigen Beerdig­ung John Pierpont Morgans, bei der alle Beoölkerungs- schichien im Traaerzuge verirrten waren, bedeckten die Blumenspenden viele Wagen. Besonders bemerk! wurde der Palmenkranz mit den deutschen Farben und Goldsranzen, den der Kaiser gespendet hatte.

Newyork, 14. Apr-l. Gestern, am Jahrestag der Titanickatastrophe, fand in allen Kirchen ein Gedenkgottes- dienst statt. Die Sammlung des Rotenkreuz Komitees für die Ueberlebenden hat 157 272 Dollars ergeben. Davon ist die Hälfte an 63 Personen gezahlt worden, die ihre Gatten oder Väter verloren haben. Auf die andere machen 492 Personen Anspruch. Auch der Nachlaß des unierge- aangenen Millionärs Astor ist inzwischen festgestellt worden. Er beträgt 87 216691 Dollars

r Washington, 14. April. Präsident Wilson erklärte gestern einigen Zeiiungskorrespondenten, durch die Tarif- bestimmungsn würde kein gesundes Geschäft unterbrochen werden und in den meisten Fällen würden die Kosten dcs Lebensunierhcttes sofort verringert werden. Er erklärte e° für unmöglich, Vereinbarungen zur Festsetzung der Preise zu machen, solange tatsächlich eine Konkurrenz zwischen zwei Ländern vorhanden sei,

Das Befinden des Papstes.

1 Rom, 15. April. Giornal d'Itaiia meldet: Der Papst hat heute nachmittag ein wenig geschlafen und etwas Kaffee, Milch und Fleischbrühe getrunken. Der Papst drückte seine Freude darüber aus, nach so Villen Regentagen die Sonne wieder zu sehen. Er hoffe, die Rückkehr des schönen Wetters würde ihm Besserung bringen. DieTribuna" schreibt: Der Papst Hai seine gute Laune wieder gewonnen und wünscht aufzustehen: Er will wissen, was man über seine Krankheit sagt. Um 4 Uhr nachm, wurde bestätigt, daß die Besserung im Befinden des Papstes andauert. Der Papst ist fieberfrei.

König Alfons von Spanien nud die Anarchisten.

Bekanntlich ist vorgestern auf den König von Spanien ein Revolverattental verüb! worden, bei dem es sich keines­wegs um die Tat eines einzelnen, sondern um ein weit- verzweigtes Komplott handelt. Die Ruhe und Besonnenheit, welche König Alfons im Augenblick des Attentats auf seine Person an den Tag legte, lenkte wieder das Augenmerk auf die Unerschrockenheil des Königs hin. In dieser Beziehung verdient es denn auch hervorgehobcn zu werden, daß die anarchistischen Elemente ln Spanien

der Umgebung des Königs viel mehr Sorge machen als diesem selbst So weiß man in spanischen Hofkreisen manches G schichtchen zu erzählen, wie der König persön­lich mit Anarchisten in Berührung zu kommen suchte, wie er sich ferner verschiedentlich Mühe gab, ihre Ansichten und Auffassungen zu studieren. In Erinnerung ist noch die lange Unterredung, welche der König einst in B airitz mit kirrem bekannten Führer dcs französischen Anarchie mus halte. Der König traf, als er einst inkognito in der Nähe des Bades spazierte, mit diesem Anarchisten in einem offenen Geschäft zusammen. Der König erkannte ihn rach dkl Photographie wieder, die er tags zuvor bei den Akten ge- s hen halte, welche über die Vorkehrungen zu seiner Sicher­st'it seiner Suite Vorgelegen batten. Trotzdem zog der König den Anarchisten in ein G spiäch, ohne daß er sich dabei zu erkennen gab. Der König ging sogar soweit, daß er dem Anarchisten Feuer für die Zigarette bot, die dieser, vermutlich über die seltsame Unterredung staunend, vergessen hatte weiter zu rauchen. Aetmlicher Geschichten sind in Madrid mehrere im Umlauf. Dan bcn behauptet man, daß der König in Dingen des Anarchismus eine Kapa­zität sei und über ein Archivmoterial verfüge, um das ihn manche Polizeibehörde beneiden könne.

Der BalLankrieg.

r Konstantinopel, 15. April. Ein türkisches Abend­blatt berichtet über ein heftiges Duell der türkischen und dulgai scheu Batterien in der Zone des linken Flügcls der Tschataldlchaarmce.

r Wien, 15. April. Wie die Abendblätter melden, rnvögen die Mächte die Ausdehnung der internationalen Blcckade bis Dumzzo, weil es sich herausgestellt hat, daß die Ve'so gi ng Montenegros mit Lebensmitteln über Du- razzo k,folgte.

Wien, 14. April. DiePol. Korr." weidet aus Sofia: Die Antwort der Mächte auf die lltzte Erklärung der Balkonsiaatkn wird allgemein als eine für die Verein­barung des P älinttnarfriedens geeignete Grundlage be­trachtet und wir Befriedigung bcgrüßt. Die amittchen bul- oarischen Kreise hegen die Erwartung, daß die Note der Mächte von den Verbündeten in gleicher Weise beurteilt werden wird. Falls diese Stimmung tatsächlich besieht, Könnte, wie dies in Sofia lebhaft gewünsckt wi d, der P äliminarfrieden in zwei bis b ei Tagen Zustandekommen. Die Unterzeichnung des Uebereinkommens dürste durch die an den Arm ekammandos beteiliaien Staaten, bezw. durch die in den Haup quartieren befindlichen Mr-itärbeoollmäch- iigten vollzogen werden.

Ei» bulgarischer Separatfrieden

Wie», 15. April. Bon informierter bulgarischer Seite wird mitgekeilt, daß Bulgarien bereit sei, einen Separat- s-ieden mit der Türkei abzuschiießen und dabet auf den Bündnisvertrag weiter keine Rücksicht zu nehmen, weil auch Serbien bei der Gebieisverteilung sich an den Vertrag nicht h rlltn wolle. Die Absicht, die Tschamldschalinie zu forcieren wird bestimmt in Abrede grstellt. E - wird sogar der Ver­mutung Aufdruck gegeben, daß Serbien und Griechenland den Friedensschluß nur deshalb verzögern, weil sie die bulgarischen Truppen an der Tschataldschalinie sesthalten wollen, während sie ihre Armeen am Wnrdar konzentrieren.

Nikita schiraubt Wnt.

Wie», 15. April. Aus Lettl-je wird gemeldet, daß König Nikiia trotz der Abmahnung von allen Setten doch nicht gewillt sei, die Belagerung von Skutari aufzugeben und mit dem Bombardement bereits mied : begonnen habe. Er soll wütend aas dis Serben sein, welche ihn im letzten Augenblick im Stich gelassen hätten. Zwischen ihm und dem serbischen General BajawNsch ist es. wie verlantet, bereits früher zu Unstimmigkeiten gekommen.

Waffenstillstand.

Konftautinvpel, 15. April. (Tel. 5 Uhr nachm.) Zwischen den Kriegführenden ist ein zehntägiger Waffenstillstand von gestern nachmittag ab ge­schloffen worden.

isi billig, bequem, sparsam

MAL

sckonit ckis lOiäsvke

Mutmahl. Wetter am Donnerstag und Freitag.

Für Donners! ag und Freitag ist noch vorwiegend trockenes, zeitweilig bewölkles und etwas mildercs Wetter zu erwarten..

Saatkartoffeln.

Wohl die rcichtragenste aller dis heute existierenden Speisekartoffeln ist üaälax. Lläorsäo die in dem der heutigen Nummer beiliegenden Prospekt von der Zi«r«- lichterü Grkrttn Zitzlrr, Eifert angeboten wird. Gebrüder Ziegler haben sich durch ihre vorzüglichen und rein ge­züchteten Saatkortoffeln einen Weltruf erworben.

Hiezu das Plauderstübchen Nr. 16

S»> b» Aedakttov orranlworilich. Karl Paar - Druck«, Verlas drr L. TS. Zaise r'lcheu Buchdrücke»! (LmU Zaiser) Nagoid.