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Fernsprecher Nr. 29.
87. Jahrgang.
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Schwäb. Landwirt.
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Mittwoch, den !9. Jesruar
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Sitistria und Skutari.
Nagold, 17. Febr. Die Adrianspel-Frage ist in dm Hintergrund getreten. Man darf wohl sagen, daß sie jetzt endgültig zu Ungunsten der Türken entschieden ist, was sie vor vierzehn Tagen noch nicht war. Mögen die militärischen Erfolge der Bulgaren in diesem neuen Abschnitte des Krieges noch so zweifelhaft sein: die Türkei braucht positive Erfolge, nm durch eine solch neue Tatsache ein Wiederaufnahmeverfahren ihres verlorenen ersten Prozesses zu erreichen. Und heute, nach einem halben Monate, mußte mindestens das Entsatzheer für die eingeschlossene Festung auf dem Marsche sein. Es scheint allerdings, daß die bulgarischen Siegesmeldungen der Wahrheit ebenso große Gewalt antun wie die türkischen, daß man zu der verblüffenden Ziffer der 6000 vor Bulair begrabenen Türkenleichen durch wiederholtes Ein- und Ausgraben gelangt ist; aber von entscheidenden Türkensiegen ist erst recht Kerne Rede. Demgemäß hat auch die allezeit mit dem Winde gehende deutsche Reichsregierung, welche anfangs das türkische Angebot einer Halbierung Adrianopels als genügend anzuerkennen bereit war, sich schleunigst wieder aüf den Januar-Standpunkt der Bot- schafterkvKferenz zurückgezogen.
Die Fragen, welche gegenwärtig dem Reuterschen Bureau Veranlassung geben, die Lage als „schwierig und ernst" zu kennzeichnen, sind die von Skutari und Silistira. An Skutari hängt ganz besonders die Abgrepzungsfrage Albaniens, welche eine Einigung Oesterreichs und Rußlands so sehr erschwert. lieber Prizrend, Ipek, Djakowa und Dibra, offene und im ersten Kriegsabschnitte überhaupt nicht mit Nachdruck verteidigte Städte, würde man vielleicht eher ins Reine kommen. Aber über der Hauptstadt Nordolbaniens wehen vom heute die türkischen Fahnen, und ein nach Abbruch des Waffenstillstandes unternommener Generalsturm der Monte- nsg iner ist mit der für ihr kleines Heer enormen Beilust- zister von 2500 abgeschlagen. An dieser Stelle ist eine Nachgiebigkeit für Oesterreich aus strategischen wie politischen Gründen genau so unmöglich, wie sie es bei Durazzo war. Anderersei!sj drohen die Söhne der Schwarzen Berge mit einer Liquidation ihres Zwergstaates, wenn ihnen Skutari entginge. Bereinigt sich Montenegro aber mit Serbien, so hat ja dieses Land doch seinen Willen bekommen und sich an der Adria ausgedehnt.
Und eine entschiedene Weigerung Bulgariens, Silistkia an Rumänien ausMieserrr, wird vielleicht einen rumänisch- bulgarischen Krieg entzünden. Weil die Bulgaren das wissen, möchten sie so gern die andere Seite mit Unterhandlungen Hinhalten, bis die endgültige Niederwerfung der Türken es ihnen ermöglicht, eine ablehnende Antwort rach Bukarest abzusenden. Denn darüber täuschen sie sich nicht, daß sie einem Zweifrontenkriege unter keinen Umständen gewachsen sein würden, auch wenn die serbische und griechische Bundeshilse ihnen noch ausgiebiger gewährt würde, els gegenwärtig. Diese Unterstützungen haben ihre natürlichen Grenzen. Serbien kann unmöglich sich Haus unbewacht lassen, solange die Gefahr eines österreichisch-russischen Lujammenstoßes nicht verschwunden ist, es also mit einem Erwünschte,, Besuche seines alten Gegners rechnen muß. Und Griechenland zieht gerade in diesem Augenblicke sein gesamtes H er um Zannina zusammen, wo seine militärische Lage schlechter denn je geworden ist.
Anderseits kann man den Bulgaren nachsühlen, wie ein Verzicht auf Silistria ankommt. Es bedurfte Ä , -r/Berufung auf die von dem Regiment Sulstnu in den ersten Schlachten dieses Krieges bewiesene Tapferkeit. In unserem Jahrhunderte eines hochgespannten Nationalitatsbewußtskins gehen solche Abtretungen von Stücken des Landes auf sie Nerven. Als Napoleon HI. ^ä.° b ^kets -f-lner Neutralität Saarlouis und Landau U^t ErlanM. ließ Bk marck ihm sagen, daß seine Preußen Ä?- ^ H^mkehr mit Knüppeln totschlagen würden, ^ falls er auf diese Forderung einginge.
Kein Wunder, wenn angesichis solcher Streitfraqen die allgemeine europäische Lage jetzt wieder als schwierig und
,^eich"et wird! Sobald Rumänien losschlägt. ist Nachgiebigkeit der Türken mehr zu denken, uwtletcht nicht einmal, wenn Bulgarien auf Adrianopel ver- r e- Em großer rumänischer Steg würde dieses Land m A"Nche Zwickmühle bringen. Denn zu beachten Rumänien die Uebergabe Silistrias als Mindest- betrachtet, die in solchem Falle also erhöht werden ^^->Ihre Donau-Provinz zu retten, müßten die Bul- üeken ihres Heeres über den Balkan heran-
beit rü würden die willkommene Gelegen-;
auck?aeam °uf Philippopel benutzen, ja vielleicht
uch gegen Serbien und Griechenland ihr Waffenglück noch
'einmal versuchen. Damit wäre dann eine russische Einmischung mit allen ihren Konsequenzen näher gerückt.
Inmitten aller dieser wachsenden Gefahren wurstelt die Diplomatie der Großmächte mit der Schwerfälligkeit weiter, die man an ihr gewohnt ist. Die famose Botschafterkonserenz soll ja nun wirklich bald nach Paris verlegt werden, Herr Poincarö also seinen Willen bekommen, gleich nach seinem Regierungsantritte Europa die Honneurs der Republik machen zu dürfen. Und der unglückselige Hakki Pascha durchpilgert unterdessen den Erdteil, um das verlorene Paradies des Friedens zu suchen, wie Parzifal den Gral. B. P.
Me Verstärkung der französischen Armee.
Paris, 17. Febr. Der „T-mps" gibt bekannt, dsß die Regierung im Lause der nächsten Woche drei wichtige Entwürfe betr. die Vermehrung des Landheeres bekannt geben werde. Diese seit drei Wochen von den zuständigen Ministerien unter dem Vorsitz Briands erörterten Projekte wurden am vergangenen Freitag in einer Sitzung fcstgestellt, welcher Ministerpräsident Briand, Kriegsminister Etienne, Finanzminister Klotz, Generalstabsckef Iosfre, die Direktoren des Kriegsministerivms sowie die Obmänner und Berichterstatter der Budget- und Heeresausschüsse der Kammer und des Senats beiwohnten.
Es wird ein dringlicher, außerordentlicher Kredit von 70 bi« 80 Millionen Francs verlangt werden, der dazu bestimmt ist, noch vor Iahresschluß die auf mehrere Jahre verteilten Vermehrungen durchzuführen, insbesondere die betreffs der befestigten Plätze, der Umwandlung der Granaten und der weiteren Vermehrung der Artilleriemunition.
Ein zweiter Kredit, welcher sich auf mehr als 500 Millionen Francs belaufen dürste, werde noch vor Ostern vom Parlament verlangt werden, um verschiedene Rüftungs- reformen, namentlich die betreffs der festen Plätze, der Artilleriemunition, der schweren Artillerie und der Miliiärlust- schiffahrt zu einer bestimmten Frist möglichst rasch, eventuell mit Hilfe der Privatindustrie, durchzuführen. Ferner wird der Krieg-minister in der nächsten Woche ein Programm behufs Vorbereitung der als unerläßlich erachteten Vermehrung der Mannschaftsbestände vorlegen. Alle Vermehrungen, welche durch finanzielle oder administrative Maßnahmen ohne Abänderung der bestehenden Militärgesetze verwirklicht werden können, werden unoerzüglick durchgeführt werden. Zu diesem Zweck sollen die gewerblichen, in den Berwalt- ungsabteilungen als Krankenpfleger. Schneider usw. verwendeten Leute dem Waffendienst zugeteilt werden. Ferner soll das Kapitulantensystenr und die Rekrutierung der Eingeborenen in Algerien, Tunis und Westafrika ergiebiger gestaltet werden.
Da jedoch die ins Auge gefaßten Reformen nur ein unzureichendes Ergebnis liefern dürften, wurde der Kriegs- minister aufgefordert, die notwendigen Gesetzesabänderungen vorzuschlagcn. Diese Anträge werden vom Ministerrat unverzüglich geprüft werden und rascheste Genehmigung erhalten. Die in Betracht kommenden Lösungen sind: 1. die Rückkehr zum dreijährigen Dienst für gewisse Waffengattungen, 2. Einführung eines dreißigmonatigen Dienstes für alle Waffen oder eine Verquickung dieser beiden Probleme. Das Kriegsministerium ist bereits jetzt für die allgemeine Wiedereinführung der dreijährigen Dienstzeit.
Die Regierung wird vom Parlament eine rasche Erledigung der Beratungen der Vorlage über die Mannschafts- bestände und die Bewilligung der Kredite für die Durchführung des jüngst angenommenen Kadre-Gesetzes verlangen. Hierbei wird erwogen werden, ob der in dem Kadre Gesetz vorgesehene Minimalbestand von 115 Mann für eine Kompagnie ausreichend sei. Die Regierung wird bezüglich des gesamten Militärprogramms die Bertrauenssrage stellen.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 17. Febr. Präsident Dr. Kämpf teilt mit, daß der Abg. Schädler (Ztr.) verstorben ist. (Die Abgeordneten haben sich von ihren Plätzen erhoben.) Der Verstorbene gehörte seit 1890 ununterbrochen dem Reichstage an. Wir werden ihn in gutem Andenken behalten.
Die allgemeine Aussprache über den Postetat wird fortgesetzt.
Zubeil (Soz.): Wir lehnen die Etats solange ab, wie zwei Drittel der Einnahmen zu unkulturellen Ausgaben verwendet werden. Die Forderungen der Budgetkommission müssen bewilligt werden. Hoffentlich fallen die bürgerlichen Parteien nickt wieder um. Uns geht fortwährend Material zu. Auch Oberassistenten teilen uns unausgesordrrt ihre Beschwerden mit. Der Staatssekretär stellt Erwägungen in Aussicht, bis alles beim Alten bleibt. Die Löhne der Telegraphenarbeiter müssen für das ganze Reich einheiilich
festgesetzt werden. Die Wünsche der Beamten nach kürzerer Arbeitszeit bleiben einfach unberücksichtigt. Das Krankenkassenwesen steht nicht auf der Höhe. Einzelne Vorsteher verlangen Unmögliches von ihren Beamten, was die Arbeitsfreudigkeit derselben herabsetzt.
Kiel (f. Bp.): Es ist notwendig, daß ein Postscheckgesetz noch in diesem Jahre kommt. Die Baarfrankierung ist bisher nur in Bayern richtig durchgeführt worden. Der Brieftelegrammverkehr muß vielmehr ausgedehnt werden und die Zwei-Pfennig-Postkarte im Ortsverkehr wieder erngeführt werden.
Vizepräsident Dose: Ich bitte die nächsten Redner, sich möglichst kurz zu fassen. Wir werden sonst mit der Beratung ja nie fertig.
Kuckhoss (Z): Die langen Reden der Sozialdemo. Kralen nutzen den Postbeamten gar nichts. Wir wollen alle die Lage der Unterbsamten verbessern. Die Post legt viel zu viel Wert auf das Einjährigenzeugnis. Bezüglich der Ostmarkenzulagen muß man sagen, daß die Staatsregierung der Borwurf trifft, die Zulagen gegeben zu haben.
Staatssekretär Krätke: Wir können hier in der Be- soldungsfrage nicht eher eine Erklärung abgeben, als bis der Bundesrat sich über den Etat entscheidet.
Mumm (w. Bg ): Ein roter Postmeister würde ebensolche Schwierigkeiten haben wie der jetzige. Das gute Funktionieren der Postmaschine ist ja allgemein anerkannt. Die Sonntagsruhe könnte weiter ausgedehnt werden.
Vizepräsident Dr. Paasche: Einer der Abgeordneten hat dem Abg. Kuckhoss zugerufen: Schwindelmeier! Ich kenne den Namen nicht, ich würde ihn sonst zur Ordnung rufen. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Das war der Abg. Haberland.) Präsident: Dann rufe ich den Herrn zur Ordnung.
Die Debatte schließt, das Gehalt des Staatssekretärs wird bewilligt.
Dienstag 1 Uhr: Anfragen, Wahlprüfungen, Fortsetzung der Etalsberatung.
Tages-Nerrigkeiteu.
Aus Stadt md Amt.
Nagold, 18. Februar 1913.
r Die größte» Soldaten. Das größte Durchschnitts- maß der deutschen Armee hat das preußische Heer mit 167,93 Zentimeter (bei der Garde 173.73 Zentimeter). Dann folgt das württembergische mit 167,25 Zentimeter, das bayerische mit 166,82 Zentimeter und das sächsische mit 166,49 Zentimeter. Die Gesamtdurchschnittsgröße im deutschen Heere beträgt 1,68 Meter bei dem gewöhnlichen Mann, bei dem Unteroffizier 1,69 Meter, und dem Einjährigfreiwilligen 172,3 Zentimeter. Unter ihnen befindet sich eine sehr beträchtliche Zahl von wirklichen Riesen über 190 Zentimeter. Bon den einzelnen Truppengattungen haben durchschnittlich die größten Leute die Fußartillerie (mit 172,31 Zentimeter Durchschnittsgröße) während die anderen Waffengattungen, auch die Marine, mit 168,86 Zentimeter sich nicht allzuweit von dem Durchschnitt entfernen, hingegen die Hauptwaffe die Infanterie, mit 167,18 Zentimeter etwas zurückbleibt.
* Zur gefl. Beachtung! Im heutigen Plau der- stübchen beginnen wir mit dem Abdruck einer Artikelserie über: „Die Württembergs! in den Freiheitskriegen." _
r Alteusteig, 18. Febr. (Lebensrettung). In die durch Hochwasser ufervolle Nagold stürzte in einem unbewachten Augenblick ein zweijähriges Kind. Zum Glück hatte der in der Nahe der Badeanstalt sich aufhaltende Johannes Seeger den Vorfall bemerkt. Er sprang sofort dem Kinde nach und zog es heraus, ehe es untersank.
Haiterbach, 17. Febr. In der „Traube" hier hat sich gestern ein Ziegenzuchtverein gebildet, dem 25 Mitglieder beigelreten sind. Zuchtrichtung ist die homlose rehfarbige Schwarzwaldziege. Der Zweck des Vereins ist die Hebung der Ziegenzucht im Bezirk und soll erreicht werden durch Herausbildung vorhandener Zuchten zu einer Reinzucht und zwar auf dem Wege der Zuführung von Tieren aus bestehenden Reinzuchten. Die Satzungen richten sich streng nach der von der deutschen Landwirischaftsgesellschaft herausgegebenen Anleitung, auch wird der Verein sobald dies möglich ist, die Anerkennung der deutschen Landrvirtschasts- oesellschaft cinholen. Es wäre zu wünschen, daß die dem Verein noch Fernstehenden (etwa 60 Ziegenbesttzcr) möglichst bald beitreten. Der Beitrag ist monatlich 10 ^ und kann diesen kleinen Betrag jedermann ausbringen, denn nur durch Zusammenschluß werden wir leistungsfähig und können des erreichen, was zu einer rationellen Ziegenzucht gehört.