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Fernsprecher Nr. 28.
87. Jahrgang.
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Beilagen:
Plauderstübchen.
Jllustr. Sooutagsblatt und
Schwäb. Landwirt.
^ LL
«»tliche«.
A. Hbevarnt Wagokd.
Bekanntmachnng»
betreffend die Bezahlung der Eichgebühren.
Es ist Anlaß gegeben, darauf hinzuweisen, daß die Eichgebühren für die Eichungen von Fässern, Herbst- und Milchgesäßen, welche von den im Nebenberuf angestellten Eichbeamten vorgenommen werden, diesen Eichbeamten sofort nach der Eichung zu bezahlen sind.
Nagold, den 30. Jan. 1913. Amtmann Mayer.
Auf die Bekanntmachungen der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel im Gewerbeblatt Nr. 4 betreffend Hafnerkurs vom 27. Februar bis 28. März,
Kurs für Maurer und Steiuhauer im Febr. u. März, Kurs für Gipser vom 19. Febr. bis 4. März, Eisenbetonkurs vom 3. bis 8 März, Fortbildungskurse für Bantechuiker im Februar, März und April werden die beteiligten Kreise hingewiesen.
Das Gewerbeblatt kann bei den Schultheißenämtern eingesehen werden.
Nagold, den 30. Jan. 1913. Am'mann Mayer.
K Wersicherirngscrrrit Wcrgokd.
Den
Ortsbehörden für die Arbeiterversichernng gehen mit nächster Post die Formularbestell-Listeu für Zwecke der Invaliden-und Hinterbliebenen Versich e- rung mit dem Auftrag zur umgehenden Ausfüllung und Einsendung ans Bersicherungsaml zu. Hiebei wird ausdrücklich bemerkt, daß nur der Bedarf für das laufende Kalenderjahr zu bestellen ist, wobei die vorhanbenen Vorräte zu berücksichtigen sind.
Den 30. Jan. 1913. Amtmann Mayer.
Vom Landtag.
Die Erste Kammer des Landtags h rite gefiel n ebenfalls noch eine Sitzung, in der das neue lebenslängliche Mitglied, Staateminister a. D. Dr. v. Pischek, eingesührt wurde. Im übrigen wurde von dem Hause der Geschent- wmf betr. die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Gesetzes über die Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer sowie der Nachtrag zum Finanzgesetz wegen der Ncckaroerlegung unter Beitritt zu den Beschlüssen der Zweiten Kammer erledigt.
— Regelung -er Rechtsverhältnisse der Arbeiter in staatlichen Betrieben. In d?r Zweiten Kammer wurde gestern folgender Antrag cingebracht: „Die Kammer wolle beschützen, die K. Staaisreg erung um Einbringung eines Gesetzentwurfs zu ersuchen, in welchen die Rechts- oerhältn-sse der Arbeiter in staatlichen Betrieben insbesondere im Sinne einer Sicherung der Verwendung älterer Arbeiten und einer ausreichenden Versorgung in Fällen der Krank-
Der Flug über den Simplon.
Ueber die Borbereitungen zum Flug und die Ausführungen desselben lesen wir in Ergänzung unserer kurzen Meldung vom Montag noch folgende interessante Einzel- heilen: Bor eis Tagen verkündeten Telegramme aus Brteg, daß trotz der traurigen Erinnerung an den so tragisch ge- endeten Simplonflug Ehavez, ein anderer Flieger peruanischer Abstammung mit dem slaoischen Namen Bielowucie das Ueberfliegen des gewaltigen Bergmajsivs Monte Leone, das den Kanton Wallis von Italien trennt, versuchen werde. Jeden Tag wurde der Abflug erwartet, uni der zahlreichen Journalisten, die in Brieg und Domodossoia warteten, bemächtigte sich schon begreifliche Ungeduld. Jeden Abend und Morgen blickte man forschend zum Himmel aus. um die Chancen des Fluges zu erwägen. Bereits waren nach dem starken Schneefallen des letzten Donnerstags die Hoffnungen auf Ausführung des Fluges auf ein Minimum gesunken, als sich am Freitag das Weller wunderbar auf- heiterte und die Möglichkeit des Fluges mit einen Schlage nähergerückt wurde.
Am Samstag morgen hatte sich Bielowucie um 6 Uhr erhoben und konstatiert, daß das Rhonetal vollkommen nebelslei und der Himmel wolkenlos sei. So faßte er rasch den Entschluß, den Flug zu wagen. Um 11 Uhr begab er sich, von zwei Freunden begleitet, in einem Automobil nach Brigerberg, wo der Flugplatz von der Schneedecke inzwischen gereinigt worden war. Der Aeroplan war schon
Areitag, den 3i. Januar
heit und Invalidität sowie einer angemessenen Hinterbliebenen- fürsorge geregelt werden." Der Antrag ist unterzeichnet von den Abg. Roth-Stuttgart (B.), Keil(S.) Baumann- (Natt.), Schaible (BK.), Groß-Stuttgart (3.), ferner von den volksparteilichen Abg. Schees, Eisele, Bräuchle, Löchner und Fischer.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 29. Jan. Aus der Tagesordnung steht die Interpellation der Polen und eines Teils des Zentrums über die Enteignung polnischen Grundbesitzes. Staatssekretär Dr. Lisco gibt im Namen des Reichskanzlers unter Berufung auf eine frühere Beantwortung der gleichen Fragen die Erklärung ab, daß es sich hier um eine Angelegenheit des preußischen Bundesstaates handle, in die das Reich kein Einwirkungsrccht habe. Er lehne also die Beantwortung der Interpellation ab. Nach dieser Erklärung, die bei den Polen und Sozialdemokraten Unruhe Hervorrust, verläßt der Staatssekretär den Saal.
In der Besprechung der Interpellation die beschlossen wurde, führt Abg. Sayda (Pole) aus, daß die angedrohte Maßnahme, die nun zur Tatsache geworden ist, eine Schmach des 20. Jahrhunderts ist. Das polnische Volk ist erbittert. Das preußische Vorgehen wirke revolutionär. Redner stellt den Antrag, daß die Enteignung polnischen Grundbesitzes für die Zwecke der Ansiedlungskommission nicht den Anschauungen des Reichstags entspreche.
Wendel (S.) nimmt sich der Polen als eines bedrückten Stammes an und bezeichnet die Maßnahmen als brutale Anwendung eines brutalen Ausnahmegesetzes.
Vizepräsident Dr. Paasche teilt mit, daß die Polen den vom Abg. Seyda angekündigten Antrag schriftlich ein- gereicht haben. Sozialdemokraten und Zentrum erheben sich zur Unterstützung. Aus Beschlag aus der Mitte des Hauses wird über diesen Antrag namentlich abgestimmi werden.
Gros P ras chm a (Z.) stimmt dem Antrag der Polen namens seiner Partei zu. da die Stellung der Zentrumspariei zur Polenpolitik diktiert werde vom Grundsatz des Staatswohles und der Gerechtigkeit.
Schlee (natl.) betont, die Enteignung widerspreche nicht den Reichsgesetzen. Sie müsse angewendet werden überall da, wo das Deutschtum in Gefahr ist. Seine Partei stehe auf dem Standpunkt, daß diese Angelegenheit nicht vor den Reichstag gehöre. Seine Partei werde den Antrag ablehnen.
Das Haus beschließt, die namentliche Abstimmung über den Antrag der Polen morgen vorzunehmen.
Nach weiterer Debatte über diese Angelegenheit vertagt
sich das Haus auf Donnerstag.
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Die Niederlage des Reichskanzlers in der Poleudebatte.
Berlin, 30. Jan. Der Reichstag hat zu Beginn seiner heutigen Sitzung mit großer Mehrheit den Mißbilligungsantrag der Polen gegen den Reichskanzler angenommen,
vorbereitet und der Flieger machte rasch Toilette. Ueber sein Gewand aus Papier zieht er drei dicke Leibjacken an, dünne Wollhandschuhe, eine ungeheure Wollkappe, über die der Lederhelm gestülpt wird, vervollständigen die Ausrüstung. Noch einmal wirst der Flieger einen Blick auf die Landkarte des Simplonpasses, die auf seinem Sitz im Aeroplan befestigt wird. Der Motor wird probiert und funktioniert ausgezeichnet. Bielowucie besteigt die Maschine. Lautes Hurrarufen der Menge begrüßt den Flieger, als er absliegt. Es ist zwölf Uhr mittags. Die Lust ist völlig ruhig. In wenigen Minuten erreicht der Acroplan, der sich stolz erhoben hat, 2500 Meter Höhe und entschwindet den Blicken der Zuschauer, über den grünen Wäldern und weißen Schnecfeldern dahinsliegend. Um 12 Uhr 19 Min. kam der Flieger, nachdem er den Monscerapaß überflogen, über Domodossoia an und ließ sich in einem gelungenen Gleitslug zu Boden. Sofort wird er von seinen Freunden umgeben und drückt bezeichnenderweise seine Empfindungen durch das Geständnis aus: „jv suis kon."
Und dann erzählt er mit wenigen Worten von der furchtbaren Erregung während des Fluges von dem schaurigen Einsamkeitsgesühl, das ihn im Lustmeer überkam, wenn er auf die Gletscher- und Schneeöde hinabsah. Triumphierend hält der Flieger in Domodossoia in dem Automobil des Unterstaatssekretärs Falciont, in dessen Billa er gastfreundliche Ausnahme findet, seinen Einzug. Die Kunde von dem glücklichen Flug lockt die Bewohner Domodossolas nach der Villa und lebhafte Ovationen werden Bielowurie dargebracht, der aus dem Balkon immer wieder erscheinen muß, um zu danken.
1813
wonach die Zulassung der Enteignung polnischen Grund- besttzes zu Zwecken der Ansiedelungskommission durch den Reichskanzler der Anschauung des Reichstages nicht entspricht. Der Antrag wurde in namentlicher Abstimmung und zwar mit 213 gegen 94 Stimmen bet 43 Stimmenenthaltungen angenommen. Lebhafter Beifall bei Zentrum und Polen begrüßte dieses Ergebnis.
Tages-Nerrigkeiteu.
Aus Stadt Md Amt.
Nagold, 31. Januar 1013.
Konzert. In dem Semtnarkonzert. das am nächsten Sonntag in der Turnhalle stattfindet, kommen mit Ausnahme eines Symphoniesatzes in ä-äur von Haydn nur Kompositionen von Schubert zur Aufführung. Die Dortragsfolge bringt drei Männerchöre: Die „Allmacht" (mit Tenorsolo und Klavier), Nachtlted im Walde und Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirt", einen gemischten Chor: Iägerchor aus „Rosamunde" und folgende von Herm Konzertsänger Ientsch vorzutragende Sologesänge: n. Auf der Rtesenkoppe, d. An Schwager Kronos, e. Kriegers Ahnung, 6. Sei mir gegrüßt, «. Der zürnende Barde.
Schubert, der dem Programm sein einheitliches Gepräge gibt, wurde Gegenstand unserer Wahl, well er, der als Jüngling komponierte und starb, der eigentliche Komponist der Jugend ist, außerdem aber über Eigenschaften verfügt, die keineswegs ein Vorrecht der Jugend sind. Hören wir darüber einen berufenen, Karl Spitteler. der in seinen „Lachenden Wahrheiten" schreibt: „Wenn wir Schubert zwischen Blumen im Grase liegen sehen — und dies ist seine gewöhnliche Stellung —, sind wir geneigt, ihn als harmlosen Schäfer und Schläfer zu betrachten. Steht er aber einmal auf, so erstaunen wir über seinen Riesenwuchs, über die Majestät seiner Bewegungen, über die herkulische Kraft seiner Leistungen". Möge die Wirkung, die die Schönheit und Kraft bei seiner Musik den Singenden auslöste, unmittelbar auf die Zuhörer übergehen.
Zeh« Millionen Markenheftche«. Wie sehr sich die am 1. November 1910 von der deutschen Reichspost eingeführten Freimarkenhestchen bewährt haben, erhellt am besten aus dem Umstande, daß vor kurzem die zehnte Auf- tage dieser Heftchen ausgegeben worden ist. Da jede Auslage aus einer Million Heftchen besieht, so sind im ganzen bisher 10 Millionen im Gesamtwerte von 20 Millionen zur Ausgabe gelangt. Seit ihrer Einführung hat sich Inhalt und Form der Heftchen verändert. Während zuerst in ihnen zwölf Marken zu 10 Pfg. und 16 zu 5 Pfennigen enthalten waren, weisen sie jetzt zehn Zehnpfennigmarken und zwanzig Fünfpfennigmarken auf. In diesen 10 Millionen Heftchen waren im ganzen 290 Millionen Freimarken enthalten, nahezu der zwanzigste Teil aller Zehn- und Fünfpsennig- marken, die von der Post überhaupt ausgegeben worden sind. Der Absatz der Markenhestchen erfolgte in der letzten Zeit so rasch, daß es nicht möglich war, alle Ausgaben
Ein weiteres Telegramm eines Mailänder Korrespondenten berichtet dem „Berl. Tagebl." folgendes: Bielowucie, der Ueberflieger des Simplon, gab eine interessante Schilderung seines Fluges. Bei dem Eingang in das Saltinatal habe er bemerkt, daß die Motorbewegungen unregelmäßig zu werden begannen. Sofort habe er den Gleitflug eingeleitet, um nach Brig zurückzukehren, doch versuchte er durch kräftiges Schütteln der Maschine, Abhilfe zu schaffen, und wirklich arbeitete der Motor wieder ganz normal. Nach und nach stieg er bis auf 3000 Meter, um den widrigen Luftströmungen zu entgehen. Es traten Nebel ein, so daß der Flieger zwischen zwei Wolkenschichten seinen Weg nehmen mußte. Er stieg zweihundert Meter höher, und wieder lachte blauer Himmel ihm entgegen. Das Thermometer zeigte nur fünf Grad unter Null. Ein schaurigschöner Anblick bot sich ihm. Unter sich das wallende Nebelmeer, aus dem die Bergspitzen wie Inseln herausragten, vor sich nach Ueberfliegung des Monscheropasses das weite Ossolatal, nach besten Hauptort er die Richtung nimmt, um dort wohlbehalten zu landen, wo am 23. Sept. 1910 Ehavez mit gebrochenen Gliedern zur Erde stürzte.
Am Sonntag nachmittag besuchte Bielowurie Mailand. Bei der Ankunft und Abfahrt vom Bahnhofsplatz wurde er von der Volksmenge mit lautem Jubel begrüßt. Der Präfekt und der Bürgermeister empfingen ihn im Redaktionssaal eines Sportblattes, wo ihm zwei goldene Erinnerungsmedaillen überreicht wurden. Dann untemahm er eine Rundfahrt durch die Stadt und dankte bet einem Festmahl im Reginahotel für die herzliche Aufnahme.