Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtags.
Preis vierteljährlich hier mit Tcägerlohn 1.20 im Bezirks, und 10 Lm.-Verkehr 1L5 im übrigen Württemberg 1.35 Monats-Abonnements «ach Verhältnis.
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Fernsprecher Nr. 29.
87. Jahrgang.
Fernsprecher Nr. 29.
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Beilagen: Plauderstitbchen, Illustr. Sountagsblatt und
Schwäb. Landwirt.
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Amtliches.
Bekanntmachung dev K. Aentvatsteire.
Kurs i« der Verarbeitung von verbleite« und verzinkten Eisenblechen.
Wir beabsichtigen, in der Zeit vom 5.—18. Februar 1913 einen Kurs für Flaschner in der Verarbeitung von verbleiten und verzinkten Eisenblechen abzuhallen.
Das Unterrichtsprogramm umfaßt:
1. Besprechung von Entwürfen, die eine Verwendung von verzinkten und verbleiten Eisenblechen vorsehen, namentlich daraufhin, ob die Verwendung dem Material und seiner Eigenart gerecht wirb und auch schönheitlich befriedigt.
2. Besprechung von Konstruktionsmod llen.
Z. Werkzetchnungen in natürlicher Größe zu diesen und zu neuanzufertigenden Modellen (Abwicklungen) nebst Zuschneiden.
4. Nähte und Fälze, Uebungen am Moterial.
5. Anfertigung einzelner Teilarbeiten samt Uebungen in den verschiedenen Deckungsarten an verschieden geformten Modelldächern.
Die Oberleitung ist der Beratungsstelle für das Baugewerbe übertragen.
Zu dem Kurs werden im Land ansässige Flaschnermeister und ältere Gesellen, in erster Linie solche, die sich selbständig zu machen im Begriff sind, zugelossen.
Anmeldungen zur Teilnahme an dem Kurs sind bis spätestens 28. Januar 1913 an die K. Zentralste für Gewerbe und Handel einzureichen. Aus den Anmeldungen sollen ersichtlich sein: Name. Beruf, Berus Stellung (ob selb- ständ g oder Geselle), Wohnort und Alter des Angemeldeten. Da die Teilnehmerzahl beschränkt ist, ist auch anzugeben, ob sich der Amneldenüe tm Falls seiner Nichtzulassung an einem etwaigen, unmittelbar sich anschließenden 2. Kurs beteiligen würde.
Die Gemeinoebehörden und die Vorstände der gewerblichen Bereinigungen werden ersucht, die Beteiligten auf den Kurs aufmerksam zu machen.
Stuttgart, den 15. Jan. 1913. Mosthaf.
K. Hbevcrrnt Aagolö.
Bekanntmach «ng.
Diejenigen im Jahre 1893 geborenen jungen Leute, welche im Besitz gültiger (Schul-) Zeugnisse über die wissen- schasrliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst sich befinden und die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst erwerben wollen, werden darauf aufmerksam gemacht, daß die Gesuche um Erieilung des Berechtigungsscheines zum' einjährig-freiwilligen Dienst spätestens bis zum I. Februar ISIS unter Beifügung der in ß 89 Ziffer 4 ltt. a—c bezw. Ziffer 5 lit. a der deutschen Wehrordnung vom 22. Juli 1901, (Reg.-Bl. Nr. 23. S. 275) vorgeschriebenen Papiere bei der K. Wiirtt. Prüfungskommission für Einjährig-
Heldenrnut deutscher Seeleute.
Bon geschätzter Seite wurde uns folgender Brief, der eine Schilderung der Rettung aus Seenot von W. Brezing aus Hailerbach (1. Steward auf dem Doppelschrauben- Postdampfer „Cap Ortegal" der Hamburg-Südamerikanischen Dampsschiffuhrts-Gesellfchaft) enthält, zum Abdruck überlassen.
3. Januar 1913.
Werter Herr Rieger!
Nachfolgend die Ihnen bereits auf der Ausreise in Rio versprochene nähere Beschreibung über die Rettung der Be- sptzung von S. S. Barcelona". Am 29. Nov. sichteten . ff von Biscaya auf der Fahrt von Hamburg "och Lissabon um etwa 10Uhr abends einen manöverter- unsahigcn Dampfer der Notsignale zeigte; es herrschte starker Simm bei etwa 2°-^ und mußte infolgedessen befürchtet werden, daß derselbe dem Untergang geweiht sei Durch Morsesignale setzten wir uns mit ihm in Verbindung uns ihm gleichzeitig nähernd Wir erfuhren dann von ihm, daß er der engl. Dampfer „Barcelona" oon Gibraltar nach Lelth mit 3000 tons Getreide, unterwegs starke Havarien erlitten hatte. Schon seit mehreren Tagen war das Steuer gebrochen, infolge eindringenden Wassers die Feuer unter den Kesseln bis auf eins verlöscht und durch das immer mehr rindringende Wasser wurde auch dieses etwa um 12 Uhr nachts verlöscht. Also das manöoerierunfähigc Schiff befand sich in großer Not. Der engl. Kapitän wollte oon uns mit seinem Schiff nach dem nächsten Hafen geschleppt werden, was aber unser Kapitän Rollin wegen der für sein
Donnerstag, den 33. Januar
Freiwillige in Lndwigsbnrg (Adresse: Kanzlei der K. Kreisregierung) einzureichen sind.
Den 7. Januar 1913. Kommerell.
Bekanntmachung,
betr. die Zurückstellung der zum einjährig-frei- willige» Dienst Berechtigten.
Nach § 93 Ziffer 2 der Wehrordnung haben sich die zum einjährig-freiwilligen Dienst Berechtigten beim Eintritt in das militärpflichtige Alter, sofern sie nicht bereits vorher zum aktiven Dienst eingetreten sind, sowie dikjenigen Militärpflichtigen welche die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienst bei der Prüfungskommission nachgesucht haben, bei der Ersatzkommission ihres Gestellungsorts schriftlich oder mündlich unter Vorlegung ihres Berechtigungsscheines, sofem ihnen derselbe bereits behändigt ist, zu melden, und ihre Zurückstellung von der Aushebung zu beantragen, und zwar auch diejenigen, welche sich schon früher bei einem Truppenteil zum Dienstelntritt gemeldet haben und aus irgend einem Grund abgewiesen worden sind.
Den 7. Januar 1913. Kommerell.
K. Bersichernngsamt Nagold.
Die Ortsbehörden für die Arbeiterversichernng werden hiemit angewiesen, zu den Anträgen auf Inoaliden- und Altersrenten, sowie auf Einleitung eines Heilverfahrens künftig nur noch die neuen Formulare, die nötigenfalls vom Bersichernngsamt bei Unterzeichneter Stelle bezogen werden können, zu benützen, da die alten Formulare nicht mehr vollen Ausschluß über die in Betracht kommenden Dersicherungsverhältnisse geben.
Nagold, 22. Januar 1913. Amtmann Mayer.
K. evaug. Bezirksschulamt Nagold.
An die Ortsfchnlräte des Bezirks.
Nach Mitteilung des Eo. Obcrschulrats sind für 1913 4 Kurse zur Ausbildung oon ländlichen Handarbeitslehrerinnen in Stuttgart in Aussicht genommen. Die beiden ersten beginnen am 14. April und endigen am 30. Mai, die beidcn andern am 2. Juni, bezw. 19. Juli. Für die beiden ersten Kurse liegen schon so viele Meldungen vor, daß nur noch etwa 15 Teilnehmerinnen darin Platz finden können. Anmeldungen oon Teilnehmerinnen sind bis spätestens 1«. Februar
vorzulegen.
Die Meldung muß enthalten:
1. Namen und Bornamen der Teilnehmerin.
2. Angabe über den Personenstand (oerh., led., Wwe.).
3. Den Geburtstag.
4. Zusage der Gemeinde, daß sie bereit ist, 40 ^4 und die Reisekosten der Teilnehmerin für den Kurs aufzuwenden.
5. Eine Auskunft eines der beiden Vorsitzenden des Ortsschulrats darüber, daß seines Wissens die Angemeldete
Schiff, mit etwa 800 Menschen. Passagiere und Mannschaft zusammen, unübersehbaren großen Gefahr nicht ausführen konnte. Durch weiteres Signalisieren benachrichtigte er aber seinen engl. Kollegen, daß er gerne bereit sei ihn nebst Besatzung an Bord unseres Schiffes holen zu lassen, woraus letzterer aber noch nicht etngehen wollte. Passagiere hatte die „Barcelona" nicht an Bord.
Um 1 Uhr nachts wurde eins unserer Rettungsboote ausgesetzt, was aber bei dem hohen Seegang ziemlich gefährlich war. Lange fürchteten wir für die Wackeren, die ihr Leben dafür einsetzlen, in dem einer Nußschale gleich hin und hergewoisenen Boot, ihre in größter Not sich befindenden Kollegen zu retten. Infolge der gänzlichen Manöverier- Unfähigkeit der „Barcelona" war es dem Boot unmöglich, längsseits derselben zu gehen. Mittels einer Leine wurde zwischen Boot und „Barcelona" eine Verbindung hergestellt, mittels welcher die 27 Mann starke Besatzung einzeln durchs Wasser geholt wurde, einer allerdings dabei verloren ging und auch trotz längerem Suchen nicht wieder gesunden werden konnte. Um 4 Uhr morgens war das Rettungswerk vollbracht und etwa eine halbe Stunde später das Boot neben der „Cap Ortegal" wo es mit Retter und Geretteten, einem Ballen Ladung oder Proviant gleich hoch- gehiept wurde und die total erschöpften Schiffbrüchigen waren in Sicherheit. Die Leute waren völlig erschöpft, da sie schon vier Tage, ohne kaum etwas zu essen, ununterbrochen gearbeitet hatten um Schiff und vor allen Dingen ihr Leben zu retten. Sie bekamen sofort kräftiges Esten und außerdem brachten wir sofort die nötigsten Kleidungsstücke zusammen, daß sie sich alle wenigstens trocken anziehen konnten. Da das
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gesund, leistungsfähig und Willens ist, den Kurs mitzumachen.
Nagold, 22. Jan. 1913. Schott.
Bon seiner Dienststellung wird auf sein Gesuch enthoben Böh- rlnger, Oberstleutnant z. D. und Kommandeur des Landwehrbeztrks Lalw, mit der Erlaubnis zum Tragen der Uniform des 8. Infanterie- Regiments Nr. 126 Großherzog Friedrich oon Baden und unter Verleihung des Ehrenkreuzes des Ordens der Württembergischen Krone.
Vom Landtag.
p Ttnttgart, 22. Jan. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde überraschenderweise die Etatsberatung zu Ende geführt, nachdem alle Parteien freiwillig auf einen dritten Redner zum Etat Verzicht geleistet hatten. Zunächst äußerte sich Iustizminister Dr. o. Schmidt in über verschiedene Angelegenheiten des Iustizetats. Er erklärte sich mit den Ausführungen des Abg. o. Gauß über die Frage des Hilfrichterwesens durchaus einverstanden und erklärte, es sei höchste Zeit, die Verhältnisse am Stuttgarter Landgericht zu bessern. Die vom Abg. v. Gauß verlangte 55. Zivilkammer bei diesem Landgericht begrüße er. Unter Hinweis auf die sehr ungünstigen Beförderungsverhältnisse in der Justiz in den letzten Jahren trat der Iustizminister für die Umwandlung der Hilfsrichterstellen ein. Schließlich wies der Minister noch die maßlosen Angriffe des. würit. Richteroereins zurück. Heymann (Soz.) bemerkte gegenüber dem Kriegsminister, daß es diesem nicht gelungen sei. die Boykotterklärung der Wtrlschaften zu rechtfertigen. Ueber- gehend zu den polit scheu Verhältnissen im Lande betonte er. daß ein Block der Linken nicht bestehe und daß die Sozialdemokratie es'ablehrren könne, einem solchen je anzugehören. Der Redner konstatierte eine wesentlicheAcnderung in derRegierungs- politik und beschäftigte sich dann mit der Erklärung des Ministers des Innern gegen die Sozialdemokratie. Der erste Teil dieser Erklärung könne ihn befriedigen, da die Sozialdemokratie von dem Mitglied einer Regierung nicht mehr ermatten und verlangen könne. Bezüglich des letzten Teils warf er dem Minister vor, er habe sich der oberflächlichsten Mittel der Antisozialen bedient, einen Ausdruck, den der Präsident rügte. Hcymann wies die Ausführungen des Ministers zurück. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker sprach dann über verschiedene Fragen des Verkehrswesens. Zur Frage der Eisenbahnoereinhettlichrmg erklärte er, daß er auf seinem bisherigen Standpunkt stehen bleibe und daß er seine politische Aufgabe dahin definieren müsse, für die Gegenwart das Augenmerk aus das Erreichbare zu richten, das zur Zeit die Einzelmaßnahmen seien. Der Ministerpräsident erklärte sich bereit, einer mäßigen Herabsetzung der Telephongebühren aus dem Lande näherzutreten. Die Vorarbeiten wegen der Elektrisierung der Bahnen seien noch nicht zum Abschluß gekommen. Zum Schluß bemerkte der Minister, es scheine als ob die Linke mit Genugtuung begrüßen würde, wenn die Regierung plötzlich furchtbar reaktionär wäre: diesen Gefallen werde ihr die Regierung aber nicht tun. Dann sprach noch der Abg. o. Mülberger (natl.)
sinkende Schiff ein äußerst gefährliches Hindernis für die Schiffahrt war, konnten wir nicht ohne weiteres unsere Reise fortsetzen, matteten vielmehr den Morgen ab, um eventuell passierende Schiffe zu warnen. Um 9 Uhr morgens hatten die Wellen ihr Zerstörungswerk soweit vollbracht, daß wir annehmen konnten, daß bis zum kommenden Abend für die Schiffahrt keine Gefahr mehr vorhanden, setzten also unsere unfreiwillig unterbrochene Reise sott, etwa eine halbe Stunde später konnten wir ganz gut beobachten, wie: das Hinterschiff immer mehr und mehr tm Wasser verschwand und so die „Barcelona" hoch aufgerichtet in die Tiefe sank.
Die Besatzung muß nach ihren Erzählungen schreckliche Tage erlebt und furchtbare Leiden und Entbehrungen durch- gemacht haben, umso größer war ihre Freude über ihre endliche Rettung, auch ließen sie es an Dankesbezeugungen unserem Kapitän sowie der Bootsbesatzung gegenüber nicht fehlen.
Unsere Kajütspassagiere veranstalteten am selben Tag noch eine Kollektion, wodurch den Schiffbrüchigen, die doch alles verloren hatten, durch unfern Kapitän 1080 ^ übergeben werden konnten.
Ich habe noch selten aufrichtigere Dankesfreude gesehen in Lissabon, wo uns die Leute, nachdem sie ihren Retter» nochmals gedankt hatten, verließen.
Wir sind inzwischen heimkehrcnd wieder wohlbehalten in Lissabon angekommen, noch wenige Tage und wir sind in Hamburg.
Sende Ihnen nebst Familie freundliche Grüße.
W. Brezing.