V

' /

erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festlage.

Preis vierteljährlich hier mit Trlgerlohu tLv im Bezirks- und !0 Lw.-Berkehr ' LZ ^il, im übrigen Württemberg 1.35 Monats-Abonnements nach Verhältnis.

Fernsprecher Nr. 28. 87. Jahrgang. Fernsprecher Nr. 29.

Amis- M A»M-K1M fiir de» WcMs-KD NWld.

Anzeigen-Gebühr sür die einspalt. Zeile au» gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 /ij, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Beilagen: Plauderstiibcheu, Illustr. Soantageblatt und

Schwüb. Landwirt.

12

Donnerstag, den 16. Januar

1913

' Amtliches.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle.

Kurse für ZimMerleute.

3n der Zeit vom 23. Januar bis 7. Februar 1913 je -einschließlich findet in Stuttgart im Ausstellungsgebäude. Kanzleistraße 28. ein Kurs im Schiften, vom 10. bis 20. Februar 1913 je einschließlich ein Kurs im Treppenbau und vom 21. bis 26. Februar 1913 je einschließlich ein Kurs im Treppengeländeröau daselbst statt. Mi! sämtlichen Kursen ist ein Unterricht im Preisberechnen verbunden.

Zu den Kmsen werden in erster Lmie in Württemberg -ansässige selbständige Zimmerleute -und Zimmergesellen zu- gclasjen, Nichlwürltcmbergc-r nur, soweit der Platz reicht.

Jas Unterrichtsgeld beträgt sür in Württemberg ansässige Zimmerleute:

a) für ben Schisrkurs.20

d) ^ Treppenbaukurs.15,

e) Treppengeländelbar Kurs... 10, für s) und ch zusammen 25 für ») und e) zusammen ^25 sür l>) und e) zusammen 20 sür alle drei zu­sammen 30 sür die übrigen Teilnehmer für a) 30

b) 20 v) 15 o) und b) zusammen 40 b) und e) zusammen 30 für alle drei zusammen 50 Es ist bet Beginn der Kurse an die Kasse der Zentralstelle sür Gewerbe und Handel Landesgewerbemuseum, Kanzlei­stock Zimmer 16 zu bezahlen.

Nähere Auskunft erteilt die Beratungsstelle für das Baugewerbe in Stuttgart, Kanzleistraße 26, unter deren Leitung die Kurse stehen.

Anmeldungen sind bis spätestens 20. Januar 1913, Mittag 12 Uhr. bei der K. Zentralstelle sür Gewerbe und Handel einzureichen. Aus den Anmeldungen sollen ersicht­lich sein: Name, Wohnort und Alter des Angemeldeten und seine Stellung im Betrieb (selbständig oder Geselle); insbesondere ist anzugeben, welche Kurse besucht werden, wollen.

Die gewerblichen Bereinigungen werden ersucht, die Beteiligten aus diese Kurie aufmerksam zu machen.

Stuttgart, den 8. Januar 1913. Mosthas.

wetterle.

Straßburg, 14. Jan. Der Vorstand des Fort­schrittlichen Vereins Straß bürg, verstärkt durch die in Straßburg weilenden Mitglieder des geschästesühren- den Ausschusses der Elsaß-lothringischen Fortschrittspartei, faßten heuw abend einstimmig folgende Resolution:

Der Reichs- und Landtagsabgeordnete Wettert^ hat zu eine: Zeit, in der d e internationalen Beziehungen auf Aas Aeußerste gespannt, und in der in unserem Lande im Anschluß an die Berfassungsresorm die politischen Leiden­

schaften noch stark erregt sind, es für richtig befunden, in

Frankreich eine Reihe von Vorträgen zu halten, die nicht nur die Stimmung des elsaß-lothringischen Volkes gefälscht wiedergeben, sondern auch einen nicht mißzuverstehenden Appell an die kriegerischen Instinkte einer glücklicherweise nur sehr kleinen Minderheit des französischen Volkes dar- stellcn. Wir protestieren gegen diese friedengefährdende Betätigung, weil wir als Fliedenspartei von unserem Lande die Schrecken eines Krieges mit allen Mitteln fern­halten wollen, weil das Hinübertragen unserer elsaß-loth­ringischen Frage über die Grenze des Reiches unseren Be­strebungen nach Autonomie nur schädlich sein kann, weil dieses Vorgehen die nationalen Gegensätze des Landes ver­schärfen muß, und weil die Gefahr besteht, daß die Rück­wirkung auf die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes nicht ausbleibt.

Soweit Herr Wetter!« auf seiner Vortragsreise als Mit­glied der Zentrumspariei, die ihn in den Reichstag und Landtag geschickt hat, gesprochen hat, müssen wir es seiner Partei überlassen, sich mit ihm ausemcmderzusetzen. Wir unsererseits werden in der Pflege eines echten Partikularis­mus unter Zurückweisung aller Störenfriede fortsahren, die friedliche Annäherung der beiden Nachbarvölker, die gerade wir Elsaß-Lothringer sehnlichst wünschen müssen, auf das Entschiedenste zu fördern."

Vom Landtag.

Stuttgart, 15. Jan. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer erklärte sich Minister des Innern Dr. von Fleischhauer bereit, die sozialdemokratische Anfrage wegen Neckarkanalisierung an einem vom Präsidenten zu bestimmende» Tag Anfang Februar zu beantworten. Nach dem von Vizepräsident Dr. v. Kiene erstatteten Rechen­schaftsbericht des Ständischen Ausschusses, gegen den sich eine Einwendung nicht erhob, wurde in die Beratung des Nachtrags zum Finanzgcsetz wegen der Forderung von 700000 ^ sür die Nkckaroerlegung und den Neubau der Neckarbrücke in Unteriürkheim eingetreten. Minister v. Fleischhauer bemerkte, daß in dieser Angelegenheit ein Ausgleich zwischen den Interessen der Stadt Stuttgart und des Staates getroffen sei und empfahl die Vorlage dem Wohlwollen der Kammer. In der Erörterung gab der Abg. Körner (BK.) zu bedenken, ob die Stadt Stuttgart, die das Hauptinteresse an der Frage habe, aus den Staats­beitrag von 300 000 ^ nicht verzichten könnte. Demgegen­über wies der Abg. Dietrich (Soz.) darauf hin, daß die Stadl Stuttgart sehr geringen Borteit von dem Unternehmen habe und daß insbesondere der Bau der Brücke im Inte­resse des Staates gelegen sei.

Bizevräs. Dr. o. Kiene (Ztr.) trat für eine genaue Prüfung der Bedürfnissrage, der Frage der Kostenoerteilung und der Frage ein, ob es im öffentlichen Interesse begrün­

det sei. daß der Staat herangezogen werden könne. Abg.

Baumann (Natl.) gab zu, daß die Stadt Stuttgart an der Durchführung der Neckaroerlegung allerdings ein erheb­liches Interesse habe, indem die Gewinnung von Bauland, eine Uferoerbesserung und ' die Beseitigung der Hochwasser­gefahr erreicht werde. Andererseits sei aber die Nächstliegende Ursache für die Neckarverlegung in den Bahnhosbauten in Untertürkheim zu suchen und es sei außer Zweifel, daß in­folgedessen die Eisenbähnverwaltung ein großes Interesse an der Verlegung habe. Der Abg. v. Gauß (D.) bezeichnte die Art der Kostenverteilung als zu Ungunsten der Stadt Stuttgart erfolgt. Die Staatsfinanzoerwaltung könne sich zu dem Vertrag mit der Stadt Stuttgart gratulieren: mit einer anderen Verwaltung würde ein solcher Vertrag nie­mals abgeschloffen worden sein. Demgegenüber wies Mi­nister des Innern v. Fleischhauer daraus hin, daß die Vorteile, die die Stadt Stuttgart erzielt, in dem Beitrag, den sie gibt, doch wohl gewertet sind. Es wurde beschlossen, die Prüfung der Vorlage dem Finanzausschuß zu über- weisen. Nächste Sitzung Donnerstag 3 Uhr Hauptfinanzetat.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 14. Jan. Aus der Tagesordnung stehen zu­nächst kleine Anfragen.

Auf die Anfrage des Abg. Dr. Müller-Meiningen, ob die öffentliche Behauptung richtig sei, daß Verabredungen mit der römischen Kurie über die Besetzung von Lehrstühlen an der Universität Straßburg t. E. nach konfessionellen Rücksichten bestehen, antwortet Dr. Lewald: Ein Ab­kommen mit der römischen Kurie über die wissenschaftliche Ausbildung der Kleriker ist im Reichsanzeiger am 29. Dez. 1912 veröffentlicht worden.

Eine Anfrage des Abg. Dr. Thoma (natl.) über die bayerische Staatszettung beantwortet Geh. Legationsrat Dr. Lehmann dahin, daß die bayerischen Gesandten im Aus­lande nicht zur Mitarbeit herangezogen würben, so daß die Behandlung von Fragen der Retchspolitik nur im Einver­nehmen mit dem Reichskanzler geschehen wird.

Eine Anfrage des Abg. Erzberger (Z.) wegen der Ausschreitungen aus dem Balkan wird von Ministerial­direktor Dr. Lehmann dahin beantwortet, die deutsche Regierung habe von allen ihr bekannt gewordenen Fällen den beteiligten Regierungen Mitteilung gemacht.

Hierauf wird in der Generaldebatte des Etats de« Reichsamts des Innern sortgefahren.

Graf Westarp (Kons.) empfiehlt eine von seiner Partei eingebrachte Resolution, die eine gesetzliche Regclung der Arbeitswilligen fordert, was von der Retchsregierung nicht mehr länger hinausgeschoben werden könne. Redner polemisiert dann in seinen weiteren Ausführungen gegen den Liberalismus, verurteilt das Vorgehen des Abg. Scheide­mann, der in Paris gesagt habe, das Deutsche Reich wehr-

Wie ich Polarfahrer wurde.

Bon Roald Amundsen.

Roald Amundsen. der Entdecker des Südpols hat in der Ein- leitung zu seinem hochbedeutsamen WerkDis Nordwest-Passaae" deren Ueberwinüung die erste glänzende Probe seiner Fäkiiaketten mar' selbst berichtet, wie ihm die Erforschung der Pole zum Lebensberuf und Lebensziel wurde. Durch das freundliche Entgegenkommen des Verlages von 2. F. Lehmann in München sind wir in der Lage dieses fesselnde persönliche Bekenntnis hier zu veröffentlichen. '

Von jener Zeit an, wo die alten Phönizier beim Morgengrauen unserer Kultur sich an den Küsten des Mit- telmeers entlang gleichsam voiwärts tasteten, bis auf den heutigen Tag sind wißbegierige Männer über unbekannte Meere und durch dunk.e Wälder immer weiter notgedrungen. Bisweilen langsam und mir einem hundertjährigen Stillstand dazwischen, bisweilen aber mit Riesenschritten, wie damals, als die Entdeckung Amerikas und die großen Weltumschiff­ungen die Erdkugel selbst aus dem Nebel des Unbekannten und des Vorurteils befreiten.

Sicherlich sind viele Entdeckungsreisende nur von der Sehnsucht nach den Retchtümern getrieben worden, die sie in unbekannten Ländern und Meeren zu finden hofften, ja man kann von den meisten Entdeckungsreisen behaupten, daß sie ohne die Grundlage von materiellen Zielen und Erwartungen gar nicht zustande gekommen wären.

Ueber all den Forschungen aber, die ihren Weg nach dem ewigen Eise unter den Polen nahmen, ruht von jeher nicht allein der ihnen eigene hohe, reine Glanz von weißen Schneefeldern und wunderbaren Himmelserscheinungen, son­dern auch ein Glanz von wahrem, ungetrübtem Idealismus. Wenn man die ausschließlichen Fischfang- xpeditionen (denen übrigens die Polarforschung zu großem Danke verpflichtet

ist) ausschließt, darf man wohl ruhig annehmen, daß selbst der überspannteste Phantast den Weg nach dem Polareis niemals in der Hoffnung eingeschlogen hat, dort goldene Berge zu finden.

Im Dienste der Wissenschaft sind sie ausgeführt worden, die unzähligen und unablässigen Sturmläufe gegen den schlimmstenBöig" (ein gespenstisches Ungeheuer des Nor­dens. das sich dem Wanderer als ein unsichtbares, schleimiges Etwas um die Füße legi), der dem menschlichen Forschungs- drong jedesmal den Weg versperrt hat: das tausend- und abertausendjährige Eis, jene breite und feste Mauer um die Geheimnisse des Nordpols.

Aber trotz aller tragischen Geschicke, die so viele ent­mutigt und unverrichteler Sache umkehren ließen, sind die Angriffe immer und immer wieder ausgenommen worden und werden bis ans den heutigen Tag emeut. Und diese unermüdliche Ausdauer hat, wenn sie den Böig auch nicht überwinden konnte, ihn doch gezwungen einen Spalt zu öffnen, durch den man rief in seine Geheimnisse hineinsehen konnte.

Eine gewaltige Spalte wurde in die Eismauer geschlagen, als Nordenskjöld die Nordostpassage ausführte und damit das Festland Asiens dem Griff des Böig entriß. Schon ein Menschenalter früher hatten John Franklin und die Franklin Expeditionen die Gewißheit mit heimgebracht, daß sich dem ganzen Strande der nordamerlkanischen Küste ent­lang ein Streifen offenen Meeres befinde; und gar mannig­faltig sind die andern Breschen, die mutige und geniale Polarforscher geschlagen haben in ihrem Bemühen, die Welt aus dem geheimnisvollen Dunkel über den Norden zu be­freien; gioße Opfer sind auch dafür gebracht worden, und ganz besonders für die Nordwest-Passage.

Wohl keine Tragödie des Poloreises hat die Menschen

so tief ergriffen wie die von John Franklin und seinen Leuten. Keine hat sie so erschüttert, aber auch keine zu einer so erbitterten Wiederaufnahme des Kampfes angespornt.

Man wußte, es gab einen Seeweg nördlich um Amerika; aber man wußte nicht, ob Schiffe hindurchkommen könnten, und noch niemand war je von Osten nach Westen hindurch­gefahren. Diese ungelöste Frage ließ die Sache nicht zur Ruhe kommen, hauptsächlich aber einen nicht: den Mann, dessen Seele seit seinen Kindertagen von dem großen Drama der Franklin-Expedition erfüllt gewesen war.

Gerade wie einst dieBega" die ganze Passage nach Osten gemacht hat, so genügte auch die Kunde von jenem Streifen offenen Meeres gegen Westen allein nicht; sie mußte vorher in ihrer ganzen Länge von einem und demselben Schiffskiel durchzogen werden. Und die kleineGjöa" war das Schiff, dem dieses Los zuteil wurde.

Das hätte dieGjöa" sich nicht träumen lassen, als sie auf der Rosendal-Werst zu Hardanger als Heringsjacht gebaut wurde, obgleich dort in den Fjorden so mancherlei geträumt wird! Und auch er hätte es sich nicht träumen lassen, der künftige Schiffsführer, als die Berichte über John Franklin zum erstenmal seine acht- bis neunjährige Phantasie gefangen nahmen, obgleich eine Knabenphantasie gar man­cherlei träumt!

Der 20. Mai 1889 wurde wahrlich ein Merktag in der Phantasie von vielen norwegischen Jungen! Jedenfalls wurde er in der meinigen ein Merktaq! Es war der Tag, wo Fridtjof Nansen von seiner Grönlandreise zurück­kehrte. An jenem sonnenhellen Tage, kam der junge nor­wegische Skiläufer den Fjord von Lhristiania heraufgezogm, die hohe, schlanke Gestalt umflossen von dem Glanze der Bewunderung aller Welt über die Tat, die er ausgeführt hatte, die tollkühne, die unmögliche Tat! Der Mai feierte