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Fernsprecher Nr. 26.
87. Jahrgang.
Fernsprecher Nr. 26.
Irettag, den 3. Januar
Aozeigrn-Gebiihr siir die einspalt. Zeile aus gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Beilagen: PlauderstSbchen, Fllustr. Sonntagsblatt und
Schwäb. Landwirt.
1813
Amttiches.
K. tzbevarnt Wagokd.
Den Ortsbehörden
gehen mit der nächster Post die Formularien zu den neuen Rekmtierungs-Stammrollcn rc. zu mit der Weisung, die Stammrollen rechtzeitig anzulegen und unverzüglich, spätestens bis 20 . Januar ISIS, dem Oberamt vorzulegen.
Bei Anlegung derselben sind die Vorbemerkungen auf dem Titelbogen genau zu beachten.
Bezüglich des Eintrags der Vorstrafen in die Stammrollen wird auf den oberamtl. Erlaß vom 10. Dez. 1903, Ges. Nr. 244, hingewiesen und ausdrücklich bemerkt, daß, wenn Registerstcaf n nicht vorhanden sind, in den Stammrollen zu bemerken ist: Registerstrafen und sonstige Angaben „keine."
Bemerkt wird, daß nur diejenigen Bestrafungen, welche im Strasregister des Geburtsorts eingetragen sind, ausgenommen werden müssen und daß wegen solcher Militärpflichtigen, die sich auswärts aufhalten, keinerlei Nachfragen an die Gemeindebehörde des Aufenthaltsorts wegen Vorstrafen gerichet werden dürfen.
Nagold, den 3l. Dezember 1912. Kommerell.
Wer wird der Nachfolger von Kiderleus?
Die Zahl der Diplomaten, die für den Posten des deutschen Staatssekretärs des Mutzern in Betracht kämen, ist allerdings nur klein. An erster Stelle werden, wie vor einigen Monaten zur Zeit der Gerüch e von einem Rücktritt des Kanzlers und Herrn v. Kiderlens. die Namen des Grasen Bernstorsf. unseres Botschafters in Washington, und des nach Marschalls Tod von A hen ans Goldene Hora übergesiedelten Freiherrn v. Wangenheim genannt. Dem letzteren sagt man nach, daß er bet Kaiser Wilhelm ganz besonders gut angcschrkben fei. Auch Herr v. Schön wi,d genannt, doch weiß man in unterrichteten Kreisen, daß -er Vorgänger des verstorbenen v. Kiderlen sich nicht an die Stelle zurücksehnt, von der ec mit so g-mischten Gefühlen geschieden. Andere wieder weisen ols Kandidaten aus den Kolonialstaatssekretär Dr. Sols hin, dem man mit Bezug auf den Verkehr mit ausländ scheu Koll gen besonderes Geschick nachrühmt, und der im Falle seiner Ernennung jedenfalls eine Karriere machen würde, die selbst kühne Erwartungen überträfe, und schließlich wird noch unser Vertreter in Petersburg, Gras Pourtales, genannt, von dem es allerdings zweifelhaft ist, ob er — er ist nur ein Jahr jünger als Kiderlen war — mit guten 60 Fahren noch ein unter den jetzigen Ze.rläuften so außerordentlich verantwortliches Amt übernehmen wird. Dagegen hält man es für ausgeschlossen, daß trotz cventl. Mangels an einem wirklich passenden Nachfolger der Unterstaatsskkretär des Auswärtigen, Zimmermann. Aussichten haben könnte, da Herr Zimmermann kein „zünftiger Diplomat", sondern aus der Konsulatskarriere hersorgegangen ist.
Berlin, 2. Fan. In hiesigen politischen Kreisen wird neuerdings behauptet, daß d» bisherige Unterstaatssekretär Ztmmermann. der beim Kaiser sehr beliebt sei. starke Aussicht habe, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes zu werden. Unterstaatssekretär würde Herr ö. Stumm werden.
Die Ernennung des Nachfolgers Kiderlen-Wächters wird schon sehr bald erwartet. -
Ae BeiseWg
des SintsscwelSrs«. Merlen-Mtzl«.
x Stuttgart, 2. Jan. Eine imposante Trauerkundgebung war die heute nachmittag vollzogene Beisetzung des verstorbenen Staatssekretärs v. Kiderlen-Wächter, des bedeutenden Staatsmannes und Leiters der deutschen auswärtigen Politik. Bor dem Sterbehause in der Friedrichftratze, in dem noch vor Abgang des Trauerzuges eine kurze Andacht für die nächsten Angehörigen gehalten worden war, versammelten sich gegen 2 Uhr nachmittags die zahlreichen Leidtragenden. Unter den Klängen eines ! Trauer morsches setzte sich Punkt halb 3 Uhr der Trauerkondukt nach dem Pragsriedhof in Bewegung. Voran die Musikkapelle des Infantene-Reaiments 125, die während des Gangs zum Friedhof den Choral „Jesus meine Zuversicht" spielte, dann folgten Abordnungen der Studentenschaft der Technischen Hochschule Stuttgart und der Tübinger Verbindung „Nor- manria" im Wichs und mit umflorten Fahnen, ferner die Aktiven und die Alten Herren der Verbindung Normannio, der der verstorbene Staatssekretär angehört hatte. Unmittelbar hinter dem Leichenwagen, zu dessen Seite jr vier Unteroffiziere des Inf.-Regts. 125 schritten, folgte der Reichskanzler von Bethmann-Hollweg als Vertreter des Kaiserpaares und der Reichsregierung in Gardedragoner-Uniform mit Generalsabzeichen und dem Bande des Kronenordens; neben ihm ging der Vertreter der Familie, Freiherr v. Palm; es folgten der bayrische Ministerpräsident Freiherr o. Hert- Ung. als Vertreter des Prinzregenten, der sächsische Gesandte Freiherr v. Friesen, als Vertreter des Königs von Sachsen, Baron Rech als Vertreter des-Gros-Herzogs von Badcm, die Vertreter fremder Regierungen, u. a. Botschaftsrat Fu- nakoschi von der japanischen Botschaft in Berlin, Botschaftsrat Freiherr v. Floiow von der österreichischen Botschaft in Berlin, der italienische Botschafter Pansa, Vertreter der englischen, französischen und spanischen Regierungen, ferner die Staatssekretäre Krätke und Dr. Sols. Konteradmiral Daehnhardt als Vertreter des Reichsmarlne- amts, die Beamten des Auswärtigen Amts mit Unterstaats- sekretär Zimmermann an der Spitze und die Vertreter der Stadt Stuttgart, zahlreiche württembergische Beamte mit den Ministern an der Spitze und viele aktive und Reserveoffiziere sowie eine Abordnung des Stuttgarter Liederkranzes. Den Schluß des Zuges bildeten vier mit Blumen und Kranzspenden gefüllte Wagen. — In langsam feierlichem Zuge bewegte sich der Kondukt durch die von dichten Menschenmassen umsäumte Bahnhosstraße nach dem Pragsriedhose, an dessen Portal der König mit den Herzogen Philipp Albrecht, Robert und Ulrich von Württemberg, sowie dem Herzog von Urach den Zug erwarteten. In der Kapelle fand sodann eine Trauerfeier statt, der Oberhosprediger Prälat von Kolb das Psalmwort „Herr, du bist unsere Zuflucht für und für" zu Grunde legte. Auf der einen Seite des mit den kostbaren Kranzspenden des Kaiserpaars und des Königspaars geschmückten Sarges standen die schmerzgebeugte Schwester des Verewigten, Freifrau von Gemmingen-Guttenberg, der König und jdie Württemberg.
Herzoge, aus der andern Seite, dem König gegenüber,
Reichskanzler von Bethmann-Hollweg, die Vertreter der Regierungen, Minister und Staatssekretäre. In seiner er- greifenden Rede wies der Geistliche u. a. auch daraus hin, daß es nicht zum geringsten Teil das Verdienst des Verstorbenen gewesen sei, wenn das deutsche Volk das alte Jahr in Frieden habe beschließen können und wenn es habe hoffen dürfen, ins neue Jahr mit der Zuversicht einzutreten, daß es gelingen werde, das Schiss unseres Staates im ruhigen und richtigen Fahrwasser zu erhalten, dann gründete sich diese Hoffnung nicht zum wenigsten auch daraus, daß der Kaiser die Steuerung in die starken Hände eines so erfahrenen rnd scharfsichtigen Steuermanns gelegt habe, wie es der Verstorbene in hervorragendem Maß gewesen ist. Unter den Klängen des Liedes „Gott ist getreu" wurde der Sarg aus der Kapelle zur Familiengruft der sreiherrlichen Familie von Gemmingen getragen, wo der Geistliche nach kurzem Gebet die Einsegnung vollzog. Der König, die Herzöge, der Reichskanzler und die übrigen Leidtragenden nahmen mit einem Tannenreis Abschied von dem Verewigten. Mit einem von der Musikkapelle gespielten Choral ..Auserstehn, ja Auferstehn" fand der feierliche Akt seinen Abschluß.
r Stuttgart, 2. Jan. Reichskanzler v. Belhmann- Hollweg ist heute abend um 9.17 Uhr in Begleitung des italienischen Botschafters in Berlin, Pansa, nach Berlin zurückgereist. Zur Verabschiedung hatten sich Ministerpräsident, Dr. v. Weizsäcker, der preußische Gesandte v. Below- Rutzau, Legationsrat Frhr. v. Neurath und andere Herren eingefunden. Die Staatssekretäre Krätke und Dr. Sols, sowie Unterstaatssekretär Zimmermann sind ebenfalls mit dem gleichen Zuge nach Berlin zurückgeretst. Als sich der Zug in Bewegung setzte, bereitete ein zahlreiches Publikum dem Reichskanzler eine spontane, lebhafte Ovation. — An der heutigen Ab-uht-ffet hsi dsm Königspoor h"t auch der sächsische Gesandte Fchr. o. Friesen tettgenommen.
Tages-Neuigkeite«.
Aus Stadt und Amt.
Nagold, 3. Januar ISIS
* Nagolder Gedenkjahr. Im Jahre 1363, also Heuer vor 550 Jahren, verkauften die Grafen von Hoheitberg, von denen eine Linie seit 1270 sich von Nagold nannte, die Stad 1 Nagold mit Haiterbach, Bondorf, Schietingen, Iselshausen, Bösingen, Schwandorf und Beihingen und mit der Schutzvoglei über die Kommende Rohrdorf und das Kloster Reutin an Württemberg.
Esperauto-Avhiinger-Adreßbuch. Wie man uns mitzuteilen bittet, wird in kurzer Zeit die Herausgabe eines Adreßbuches der deutschen Anhänger des verbesserten Espe- ranto erfolgen um den zahlreichen Anhängern dieser Weltsprache Gelegenheit zu geben mit einander in Verbindung treten zu können. Da es dem Herausgeber daran liegt dieses Adreßbuch, dessen Herstellungskosten durch Inserate gedeckt werden, und das daher kostenlos abgegeben werde» soll, möglichst vollständig herauszubringen, so wäre es erwünscht, wenn alle Anhänger des verbesserten Esperanto ihre deutlich geschriebenen Adressen an Herrn F. Stephan, Leipzig, Bernhardstraße 1 ll wohnhaft, senden würden.
Aus dem Utinger Tal.
Eine Nolksirachtkllgkf-Hichtr.*)
Nun schlummere ich schon Jahrhunderte einsam ur verlassen auf unsrer Burg im Utinger Tal, einstens Herri genannt Gitta von Eberstein.
"ar es stets um mich her. nichts störte mein« 2 ^ ^«hts hörte man in dem Tal, nur eü
im nahen Wald, ein Iäge Ät in" °ber der harte Schlag einer schwer«
Z b.° R-chl
Eb mir oft von der Rückkehr der frühere doch mein Traum blieb Traun ich manchmal donnerähnliches Rollen an d.
m^Er ^ «er mir, als ob wieder UN
wieder ein S tück unserer alten Burg zu Trümmern gewordei
-er im Oktober v. 2. erfolgten feierlich-', Besichtigung dl Fuine Staufenberg im Eutinger TSle mW U I Bericht in Nr. 243 d. Bits, der Trachtenverein Eutingen beteiligte K, die obige Geschichte i« „Schwäbischen Bilderbiati vom 27. Dez. v. I. veröffentlicht. — Auf unsere Bitte batte k ?„"undlichkejt, den Abdruck in unserem Blatt zu gestalten. Die zuw hörigen Bilder mit der Ruine „Eutinger Tal». Volkstracht aus Eutlnge ' b"d im Schaufenster unserer Buchhandlung ausgestellt.
Wieder einmal mit starkem Reif bedeckt lagen die Wiesen im Tal, es war kalt am frühen Morgen, aus naher Ferne rief das Geläute die Gläubigen zur heiligen Stätte nach Bildechingen und Utingen. Nicht spät darauf, schon stand die herbstliche Sonne hoch über den Nebeln des Tches und ergoß ihr volles Licht über die Gefilde der „Utinger Marca", da erschien mir hoch oben, dort wo sich der Burg- weg herabsenkt zu uns in das sonst so stille Tal, eine lieblich bunt gekleidete Schar von Burschen und Mädchen aus dem benachbarten Utingen. Eine stattliche Zahl, hatten sie sich zusammengefunden dort unten im Ort beim „Horwer Tor", wo einst die Ritter unsrer Burg, die Herren zum „Utinger Tal", sonntäglich anhielten mit ihren Rosten zu kurzer Rast und darauffolgendem Meffebesuch. Zusammengeeilt waren Burschen und Mädchen von dort herein, wo einstens das „Binsentor" stand, vom „Oberdorf", vom „Tübinger Weg", von der Gasse draußen, die hinausführt durchs „Witthowtor" in den Wald.
Voraus im festlichen Zug erschienen mir die alten, prächtigen Schappeln, wie sie einst die Mädchen trugen bei Festlichkeiten, mit all dem flunkernden Zierat. Wie anmutig, wie stolz diese schlanken Gestalten? Wie sein, wie edel jene handgeklöppelten Spitzengoller, die buntfarbenen „Muzen, die zierlich gefalteten grünen und blauen Röcke! Wie sauber ihre seidenen und weißen Schürzen?
Neben den Mädchen die hochwüchsigen Burschen, ganz so wie einstens, als wir noch auf der Burg hausten, mit dreigeschnaizten Hüten, langem blauem Tuchrock, rotem Leibchen, besetzt mit großen, silbernen Knöpfen. Dazu die gelbe Lederhose und die silbe« beschlagene, bläuliche Rauchwölkchen entsendende Pfeife.
Wie zierlich dann weiter im langen Reigen dort die Spitzenhäubchen tragenden Jungfern mit ihren Miedern und spitzenbesetzten Hemdärmeln, den gefältelten „Kleesamenröcken", blauen und zinnoberroten Schurz- und Halsbändern.
In meinem Traume stieg vor mir aus der runde Turm mit^seinen Zinnen, stolz zum Himmel strebend, die Kemenate, der Rittersaal, darinnen, mit schönen Bildem geschmückt, der knisternde Ofen, die mit Seidendamast bezogenen weiße» Stühle und Bänke, unsre alte Uhr, alles ganz getreulich, wie es einst war.
Vom Fenster, wo ich oft gesessen und zur Abendstunde aus die Rückkehr des Vaters gewartet, sah ich den festliche» Zug näherkommen. Ein Augenblick — die'bunte, fröhliche Schar war vorüber; ich sah ihnen nach, wie sie mit lieblich frischem Sang durchs Tal hinauf gen Utingen heimwärts zogen, bis die Stimmen verklangen. Ich träumte weiter, indes der feierliche Zug in die Kirche aä Sanelnm Slvpdsovm eintrat, um Gott zu danken für seine Gnade, vr. Sch.