M 20.

Amts und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw.

ErschUnt Di-n»tag, L-nnkritog und S-m»tng. Die EinrückungSg-iühr beträgt im Bezirk und nächster Um- ,ebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.

Amtliche Bekanntmachungen.

Calw.

Bekanntmachung,

betreffend die Ermittlung des Reichstags- tvahlergebmffes.

Zur Kenntniß der Wähler des VII. Wahl­kreises wird hiemit gebracht, daß die Ermittlung des Ergebnisses der am 20. d. M. stattfindenden Reichs­lagswahl von der hiezu berufenen Kommission am

Montag, den 24. Februar 18SV, Vorm. 8 /2 Uhr,

auf dem Rathhaus in Calw vorgenommen werden wird, wobei der Zutritt zu dem Lokal jedem Wähler offen steht. (Z 26 des Wahlreglements vom 28. Mai 1870).

Den 15. Februar 1890.

Wahlkommissär: Oberamtmann Supper.

Calw.

Bekanntmachung

über die öffentliche Impfung.

Die öffentliche Impfung wird, wie im Vorjahr, Oberamtsarzt Dr. Müller in Calw in sämtlichen Ge­meinden des Bezirks vornehmen mit Ausnahme von Dennjächt, Liebenzell und Unterreichenbach, wo sie Dr. Lütje in Liebenzell besorgt.

Calw, den 17. Februar 1890.

K. Oberamt. K. Oberamtsphysikat. Supper. Dr. Müller.

Dienstag, den 18. Jebruar 1890.

Bekanntmachung.

Der von der K. Kreisregierung am 11. d. M. zum Ortsvorsteher von Einberg ernannte seitherige Gemeindepfleger Johannes Nothacker dort ist heute beeidigt und in sein neues Amt eingesetzt worden.

Calw, den 15. Februar 1890.

K. Oberamt.

Supper.

Tages-Zleuigkeiten.

* Calw. Die Fastnachtsaufführungen des Liederkranzes haben Samstag abend in den Lokalitäten des Badischen Hofes stattgefunden und einen überaus gelungenen Verlauf genommen. Schon vor Beginn der Festlichkeit waren alle Räume dicht besetzt und nur mit Mühe konnte man später noch einen Platz erobern. Bald nach 7 Uhr luden die heiteren Klänge der Stadtmusik zur Polonaise ein, an der sich gegen 40 Paare beteiligten. Ein überaus farben­reiches und anziehendes Bild boten die vielen Masken, welche alle in geschmackvollen, ja zum Teil reizenden Kostümen erschienen waren. Das sehr reichhaltige Programm wurde flott durchgeführt. Wir erwähnen als besonders gelungenKriegsgesangen, eine Episode aus dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 von L. Krön",eine reisende Konzertkapelle" uno das große TheaterOlympique." Die vorgetragenen Couplets mit eingestreuten Schilderungen lokaler Begebenheiten und Personen hatten sich großen Beifalls zu erfreuen. Dem Tanzvergnügen wurde namentlich von der Jugend eifrigst gehuldigt und in fröhlichster Stimmung blieb die muntere Gesellschaft bis nach Mitternacht bei­sammen. , -

Ab»nnementSpreir vierteljährlich in der Stadt »0 Pfg. u»d 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post Bezogen Ml. 1. 15, sonst i* grnz Württemberg Mk. 1 . 3S.

Stuttgart, 15. Febr. Vor drei Tagen übergab ein Handlungsreisender in einem hiesigen Gasthause dem Hausknecht für 900 ^ Wechsel in einem verschlossenen Couvert mit dem Auftrag, diese Sendung dem Adressaten, einem hiesigen Geschäfts­mann zu überbringen. Der Hausknecht überbrachte das leere Couvert eröffnet dem Adressaten und steht nun wegen Verletzung des Briefgeheimnisses und Ver­dacht des Diebstahls in Untersuchung.

II. Wahlkr. Waiblingen, 11. Febr. Unser seitheriger Reichstagsabgeordneter Landgerichtsrat Veiel hat gestern und heute zunächst mit dem Besuch der Orte des Remsthals im diesseitigen Bezirk begonnen. Ueberall ohne Ausnahme waren die Versammlungen sehr zahlreich besucht und die Ausführungen des Kan­didaten über seine bisherige Thätigkeit mit allseitiger Anerkennung und mit Beifall ausgenommen.

XVI. Wahlkr. Waldsee, 11. Febr. Heute mittag fand hier eine Wahlversammlung statt, in welcher sich der Kandidat Herr Gebhardt Braun von Ravensburg den Wählern vorstellte. Er erklärte, daß er sich zu den Grundsätzen der Zentrumsfraktion bekenne und unter der Devise des Zentrums seine Kraft einsetzen würde für das Wohl und die Fortent­wicklung des deutschen Vaterlandes. Die volle Er­haltung der Wehrfähigkeit hält der Kandidat für un­bedingt geboten; er würde aber bei neuen Militär­forderungen nur für die Bewilligung des durchaus Nötigen stimmen.

K In der Programmrede eines Führers der Volkspartei, die nun in Tausenden als Flugblatt im Lande verbreitet wird, findet sich die Behauptung, Württemberg habe den verfassungsmäßigen Vor­behalt der eigenen Besteuerung des inländischen Branntweins um ein Linsengericht dahin­gegeben, und sei dabei auch noch um die Linsen ge-

reilMeton.

Mach dem Sturme., ,

Novelle von C. Voll brecht.

(Fortsetzung.)

Dies sich mit Empörung stets in Erinnerung zu rufen, ward er fest der Katastrophe dieses Morgens nicht müde, daß er diesem Weibe, diesem treulosen, verräterischen Weibe Opfer gebracht Opfer, die seine Eitelkeit, sein plötzlich sich regendes Standesbewußtsein gar nicht hoch genug benennen konnte, schien ihm jetzt eine Herabwürdigung seines Selbst. Er, ein Kavalier von hoher Geburt, schön, gesucht von den Frauen, hatte seine Zukunft, seine Freiheit diesem Weibe preisge­geben, das seiner in den Armen eines gemeinen Dieners spottete. So oft er daran dachte, schäumte sein Blut. In seinen Händen hätte er die Untreue zermalmen mögen, die ihn so tief gedemütigt hatte. Seine Liebe hatte sich in Haß verwandelt, in jenen brennenden Haß, der nache Rache verlangt nach Rache, die sie leiden, ließ, wie er litt.

Wie anders hätte er sich sein LooS bereiten können mit Vernunft. Edith, bewundert und umworben, erschien ihm heute in neuem Reiz. Wenn es wahr war, was Isolde ihm in manch flüchtiger Neckerei angedeutet, dann liebte ihn dieses Mädchen. Er aber hatte sie, die ihm ebenbürtig war, die mit dem Adel der Geburt den der Seele einte, übersehen um jener Verräterin willen, die mit unbewegtem Antlitz, mit Zügen wie aus Stein gemeißelt, dort neben seiner Großmutter saß.

In seine zählenden Sinne hinein schwirrte die Unruhe des Feste». Eine Entscheidung über sein ferneres Handeln zu fassen, ward zur Unmöglichkeit, sein Blut aber erhitzte sich mit dem Wein, den er trank, gleicher Maßen an der Gewiß­heit, daß sie entgelten müsse, was sie ihm angethan.

Eine aufsteigende Rakete verkündete den Beginn de» Feuerwerke». Ein Teil der Gesellschaft, unter ihm die alte Gräfin, nahm Platz auf. der mit Windlichtern beleuchteten Terrasse, der andere trat in kleinen Gruppen in den Park hinab.

Die schwüle, dufterfüllte Lust, der schwere, tiefherabgesknkte Nachthimmel ließ ein herannahendes Gewitter ^Hrchten. Zuweilen donnerte es leise in der Ent- fernung^Ms leichte WetteWWW»»llwmnd angesichts der zischenden Feuer- garben^. der funkelnden und all den blendenden

Ueberrafchungen^ie jetzt in schneller Oiechenfolge da« nächtliche Dunkel unterbrachen.

Graf von der Tann hatte einer Pflicht der Artigkeit zu genügen, Isolde den Arm geboten. An seiner Seite schritt sie die Terrassenstufen hinab. Das weiße Atlaskleid, welches sie trug, umflutete ihre Gestalt in schmeichelndem Faltenwurf, alles ausstrahlende Licht schien für einen Augenblick die schöne Erscheinung zu um­kosen, che die nächtliche Dämmerung dieselbe aufnahm.

Ihr war sonderbar traumhaft zu Mute. Zu einem Grübeln über sich selbst, zu einem Zergliedern ihrer Empfindungen und Beweggründe war es nie in ihr gekommen, auch heute nicht, da nach ihrer Nachhausekunft die Toilette sie in An­spruch genommen, der sie, wie immer eine peinliche Sorgfalt zuwandte. Sie war erfüllt von einem Gefühl dumpfen Schrecken«. Ihr Kopf war schwer, ihre Stirn schwebte. Furcht vor Harald, aufzuckende Gedanken an Wessenberg. an das Ent­setzen dieses Morgens, dazu das Bestreben, sich vor der Gesellschaft keine Blöße zu geben, führten eine förmliche Lähmung ihres Denkvermögens herbei.

- Ihr bangte vor dem nächsten Alleinsein mit Harald eine eingreifende Wendung ihres Geschickes fürchtete sie nicht. Ihr Vergehen war ja so unbedeutend.

Mechanisch folgte sie dem Gutsherrn, der sie in seiner chevaleresken Weise auf die reizenden Gruppierungen der Lampions aufmerksam machte und dann zu einem Bosquet leitete, vor welchem er Edith in einer heiteren Gesellschaft stehen sah.

Man sprach davon, wie eigenartig der Anblick des Parkes mit semer wech­selnden Beleuchtung sich von dem flachen Dach darbieten müsse. Der Graf bot sich als Führer an. Freudig ward sein Vorschlag angenommen. Nur Edith und Isolde blieben zurück.

Edith zürnte Isolden. Der Verräterin ihres Vctters, die ihr dos selbst ge­leistete Versprechen so schlecht gehalten, konnte sie nicht freundlich begegnen und dennoch wollte e» wie Mitleid in ihr aufwallen, als sie jetzt, beim Aufflammen