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ac-KIM A dm Memts-KM NWld.
Fernsprecher Nr. 29.
86. Jahrgang.
Beilagen: Plauderftübchen, Illustr. Sonntagsblatt und
Fernsprecher Nr. 2». Schr-Sb, Nondwirr
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Donnerstag, den 31. Hktoöer
1913
NRtliches.
Kgk. Hbercrrnt Wcrgokd.
Die Herren Ortsvorsteher werden darauf hingewiesen, daß die Berichte, betr. die Landtagswahl, als portopflichtige Dienstsache einzusenden sind, und wenn sie nicht rechtzeitig ein- kommen, auf Kosten der Säumigen durch Wart- boteu abgeholt werden.
Den 30. Oktober 1912. Kommerell.
Auf Grund der ersten DIcnstprllfung sind u. a. folgende Lehramtskandidaten zur Versetzung unständiger Lehrstellen an Volksschulen für befähigt erklärt worden: Blickle, Wilhelm von Entringen; Frey. Otto, von Deckenpsronn; Rsentschler, Gustav, von Pfrondorf OA. Nagold.
Tages-Neuigkeiten.
Aus Stadt und Amt.
Nagold, 31. Oktober 1912.
* Vom Rathaus. Sitzung des Gemeinderats. Beschlossen wird die Anschaffung bezw. Einsetzung von 10 Zierbäumen als Schattenbäume im Hof des neuen Schulhauses zum Preis von 2 pro Stück. — Verlesen wird das Gutachten betr. die chemische Untersuchung der Quellwasser, welche wegen der biologischen Anlage des Militärgenesungsheims Waldeck im Quellwassergebiet alle Vierteljahr vorzunehmen ist; das Ergebnis ist in der Hauptsache dasjenige, daß die Wasser der Waldccks- und der Kreuzertalquelle nicht zu beanstanden sind. — In der Angelegenheit betr. bessere Verbindung zwischen Nagold und Hailerbach mit Kraftwagen macht letzteres den Vorschlag die Nach- mittagssahlt statt 4.35 schon 3 Uhr 35 Min. auszustihren. Hiezu wird erklärt, daß diese Aenderung für Nagold wertlos wäre und man aus einer Verbindung um 1 oder ^2 Uhr nachm, bestehen müsse; ebenso solle die Abendverbindung ad Nagold um 7 Uhr 15 nach Herrenberg erhalten bleiben. — Milgeteilt wird, daß beim Holzvcrkauf in der Winterhalde für 100 St. Reisich 6.50 und sür Beigholz 6—7 Mark durchschnittlich erlöst wurden. — Genehmigt wird die Bestellung von 60000 Pflanzen zum Preis von 16^ per Tausend von einer Firma in Alsterbek (Holstein). — Verlesen wird ein interessanter Bericht von Gewerbelehrer Ratsch über dessen Besuch des internal. Kongresses sür Kunstunterricht in Dresden. Im Auszug entnehmen wir demselben, daß aus dem Gebiete des Zeichnens ein erstaunliches Leben und Wetteifern wahrzunehmen, das Gepräge der Zeichenausstellung das der Reform gewesen sei. Was 1902 noch in Stuttgart in der dortigen Ausstellung an alt und neu auseinandergeplatzt sei, dürfe heute als überwunden gelten. Reichen Gewinn boten die zur Ausstellung gekommenen deutschen Fachschulen in ihrer Einheitlichkeit; reich an Fachschulen sei besonders Sachsen. Die Zeichnungen z. B. in der Schlvsserabteilung haben sehr anregend gewirkt auch die beigegebenen Prei.berechnungen. Die Innungsschulen hätten sehr lehrreich ausgestellt und stünden durchweg auf praktischer
Grundlage; auch plastische Schülerarbeiten seien interessant zu sehen gewesen. Der umfangreiche, von großer Sach- und Fachkenntnis zeugende Bericht schließt mit der Beschreibung des äußeren Ganges der Studienreise über Meißen bis Prag, wo die Stadtverwaltung große Veranstaltungen zu Ehren der Teilnehmer getroffen hatte.
* Heber die Höhe der Renten aus der Ange- stelltenversicherung herrschen oft noch eigenartige Auffassungen. Besonders wird die Höhe der Rente bei den Personen in höherem Alter unterschätzt. Einige Beispiele mögen das dartun: Eine Person, die 2000 Mark Einkommen hat, würde in der Angestelltenoersicherung nach 10 Beitragsjahren eine Angestelltenrente von 288 Mark erhalten, zu der eine Invalidenrente von 330 Mark aus der Reichsinvalidenversicherung tritt, falls 30 Beitragsjahre in der höchsten Beitragsklasse nachgewiesen werden. Bei einem Einkommen von 3000 Mark beträgt unter den gleichen Voraussetzungen die gesamte Rente 828 Mark, bei einem Einkommen von 4000 930 Mark, bei einem solchen von 5000 1128 Mark. Aehnlich ist es bei der Witwenrente, trotzdem in der Invalidenversicherung die Witwenrente nur den Witwen gezahlt wird, die erwerbsunfähig sind. Im ersten Falle würde die Witwenrente zuzüglich der Witwenrente nach der Reichsinvalidenversicherung jährlich etwa betragen : bei einem Einkommen von 2000 Mark 250 Mark, bei einem Einkommen von 3000 333 Mark, bei 4000 375 Mark, bei 5000 454 Mark. Daraus ergibt sich sür alle Versicherten die Notwendigkeit der freiwilligen Fortsetzung der Invalidenversicherung auch in den Fällen, wo das Jahreseinkommen 2000 Mark übersteigt, eine Zwangsversicherung also sortfällt.
r Himmelserscheinnngen im November. Die Tageslänge beträgt am 1. November 9 Stunden 41 Minuten, am 30. November 8 Stunden 15 Minuten. Am 22. tritt die Sonne aus dem Zeichen des Skorpions in das des Schützen. Mondwechsel 2. 4 Uhr 38 Minuten morgens letztes Viertel, 9. 3 Uhr 5 Minuten morgens Neumond. 16. 11 Uhr 43 Minuten abends erstes Viertel, 24. 5 Uhr 12 Minuten nachm. Vollmond. Mond in Erdnähe am 3. und 28., in Erdferne am 16. November. Don den Planeten bleibt Merkur unsichtbar. Venus ist Mitte des Monats 1, am Ende 1^ Stunden des Abends in Südwesten sichtbar. Mars bleibt unsichtbar. Jupiter wird in der zweiten Hälfte des Monats ganz unsichtbar. Saturn kommt am 23. in Opposition zur Sonne und ist die ganze Nacht hindurch sichtbar. Am Fixsternhimmel treten die Winterbilder Stier, Orion. Zwillinge immer entschiedener die Herrschaft an. Um Mitternacht kann man tief im Eüdostquadranten Sirius flammen sehrn, schon vorher zeigt sich der Kleine Hund, nach 12 Uhr erscheinen auch schon einzelne Sterne vom Großen Hund. Will man eine Vorstellung von den ungeheuren Diemenstonen im Weltall haben, so kann gerade Sirius, der hellste Fixstern am Himmelsgewölbe uns einen Begriff geben. Sein Licht braucht acht Jahre, um bis zu uns zu kommen. Das
entspricht einer Entfernung von rund 550000 Erdbahnradien oder 83 Billionen Kilometern. Der Lichtstrahl ist das unbegreiflich Schnellste, was wir kennen. In jeder Sekunde eilt er 300000 Klm. durch den Raum; vom Monde bis zu uns braucht er rund 1^ Sekunden, von der Sonne zur Erde nicht viel über 8 Minuten, zum nächsten Fixstern aber bereits 4^ Jahre.
-I- Altensteig, 29. Okt. (Unlieb verspätet.) Heute abend kurz vor 7 Uhr ertönte, wie schon gemeldet, Feueralarm. „Armbrusters Bau", eine sehr große Scheuer in der unteren Poststraße hinter der Gerberei von Gemeinderat Armbruster, an der außer diesem noch mehrere hiesige Bürger Anteil halten, stand plötzlich in Hellen Flammen. In den aufgespeicherten Futter- und Fruchtvorräten, wie auch in den Rindenlagern fand das Feuer reichliche Nahrung, so daß die rasch herbeieilende Feuerwehr mehr als genug zu tun hatte, die angrenzenden Wohngebäude zu retten. Die Scheuer selbst brannte bis auf den Grund nieder. Die Hitze war so groß, daß nicht bloß der Rasen, sondem sogar Obstbäume in der Nähe in Brand gerieten. Das Feuer soll durch zündelnde Kinder entstanden sein, die Fackelholz zum Fackeln an Weihnachten richteten. Die Höhe des Schadens ist noch unbekannt, doch jedenfalls beträchtlich, da die Scheuer so ziemlich gefüllt war.
Anm. d. Red.: Der; Brief mit obiger Meldung wurde von unserem Korrespondenten am Dienstag abend nach 8 Uhr in Altensteig aufgegeben, kam aber erst Mittwoch abend 5 Uhr in unsere Hände. Eine .lange Reise!! Wir haben das Kuvert mit Stempel dem K. Postamt Nagold behufs Aufklärung der Verzögerung ringr- geben.
Berueck, 28. Okt. Major Frhr. Wilh. v. Gült- lingen in Ludwigsburg hat die ihm gehörende Forellen- zuchtanlage im Köllbachtal in diesem Sommer wesentlich vergrößert und nun ein reizendes Haus im Schweizerstil erbauen lassen, das im Erdgeschoß eine Brutanstalt enthält, in der mit der Zeit wohl eine halbe Million Fischeier ausgebrütet werden können. Ueber der Brutanstalt ist die Fischfutterküche errichtet, in der mit elektr. Kraft das vom Schlachthaus Ludwigsburg bezogene Futter zubereitet wird. Oben ist eine Fischmeisterwohnung eingerichtet. Das Haus gereicht dem reizenden Köllbachtal zu besonderer Zierde. Die Fischzuchtanstalt zählt nun 25 kleinere und größere Weiher und wird im nächsten Frühjahr nochmals vergrößert. Gezüchtet werden in diesen Weihern mit sehr günstigem Erfolg in der Hauptsache Regenbogenforellen, daneben auch einige tausend Bachforellen, die meist zum Einsatz in den Köllbach verwendet werden. In diesem Jahr wurde auch ein Versuch mit den aus Schleswig-Holstein bezogenen Meerforellen gemacht, der zufriedenstellend ausgefallen ist. Eine Neuheit wurde auch gemacht, die wohl gute Erfolge erzielen dürste: für die großen Zuchtregenbogenforellen wurde ein besonders großer Weiher hergerichtet, von dem aus die Fische in den Zulaufgraben ziehen können, so daß sie größere Bewegungsfreiheit mit natürlichen Lebensbedingungen haben; dadurch erhofft man besseren Laich zu erhalten.
Der Kampf um den Kirchhof.
Don Walter Bloem.
(Schluß.)
Ja . . . was da drüben sich aufs neue zusammenballte zu heldischem Ansturm ... und was hier sich zusammenkauerte zu heldischem Widerstand . . . die zwei Nationen
— sie waren eine der andern wert... Daß man so kämpfte
— so Kämpfen konnte . . . das war dieses grausigen Dölker- ringens tiefster und heiligster Sinn.
Treue bis zum Tod . . . selbstoerleugnendes Heldentum ... das zu erzeugen, das wach und hoch zu halten im Daseinsgetriebe der Menschheit . . . inmitten all der laufend Lockungen zu egoistischem Genuß underbärmlichem Dascinsbehagen ... das war des Krieges menschhelts- sördernder Wert und unvergängliche Mission . . .
Nicht als klare, formulierte Erkenntnis, aber als ein Gefühl, das jeden Nerv, jede Faser seines Wesens durchzitterte. durchdrang dies Bewußlsein Alfreds Hirn und Leib.
Und eine Läuterung, eine Weihe ging aus von diesem Gesüdl, wie er sie nie geahnt.
Ihm war, als seien diese Empfindungen die Borahn. ung des nahen Todes ... als müsse dahinten wo in einem französischen Feuerrohr schon die Kugel stecken, die ihn zu den aufgewühlten Gebeinen der längst Entschlafenen Hinstrecken würde ... und er grüßte diese Kugel, er grüßte, was sie ihm bringen würde.
Was konnte das Leben noch schenken nach der Erhöhung dieser Stunde — ?!
— Horch! der feindliche Geschützdonner schwieg plötzlich, wie ausgelöscht . . . und eine Sekunde lang herrschte eine Sülle, feierlich beklemmend wie nichts zuvor Empfundenes.
Und schon in der zweiten Sekunde scholl aus Hauptmann Feiges Munde ein schneidendes: „Aus!"
Da lauchten sie alle aus ihren Schutthaufen empor, die stummen Gesellen, von Kalkstaub und Kot und Steinsplittern und Knochentrümmern die schwarzen Mäntel und die Gesichter und Hände überkkustel . . . und ohne Befehl kehrte sich jedes Gesicht dem Feinde zu, legte jede Rechte den Sicherungsflügel herum, suchte jedes Äuge am Horizont das auftauchende Ziel, spitzte sich zugleich ein jedes Ohr nach rückwärts, zum Führer.
Und sieh: da kamen sie heran: eine blaue Mauer im Westen, eine graue im Süden. Weit vor der Front mit gezogenem Säbel die Führer, hochaufgerichtet . . . dann in langer, dünner Linie vor der Front verteilt die Offiziere. Ein dumpfes „Ln avant" rollte an der ganzen heranflutenden Linie entlang, ihr folgten dicke Massen geschloffener Bataillone, schmetternd klang über ihre Reihen hinweg aus hundert Hörnern das Sturmsignal ... so schob das Ganze sich heran, ein Leben, ein Wesen, ein Wille.
Stumm, hypnotisiert, starrten die Verteidiger dem un- hemmbaren Änrücken der zwanzigfachen Uebermacht entgegen. Jedes der dreihunderlfünfzig Zündnadelgewehre war auf den Feind gerichtet, das Auge visierte über Kimme und Korn und sah die drüben ausragende Feindeswand immer größer und größer werden . . . jede Rechte lag am Abzug . . . doch kein Schuß fiel — nicht ein einziger ... der Atem wagte kaum die Brust zu heben, selbst der Herzschlag stockte
im angespannten Lauschen aus das erlösende Kommando...
Da . . endlich . .
Ein messerscharfes:
„Vierhundert Schritt — los!!"
Und in derselben Sekunde war das erhabene Schauspiel des tollkühnen feindlichen Ansturmes verschwunden, ausgelöscht durch eine slammensprühende Schicht zähen, gelben Dampfes . . .
Doch der Westwind hatte sich ausgemacht, er blies den Qualm über die Köpfe der Verteidiger zurück und legte den Blick auf das Schußfeld frei.
War's möglich ... sie waren nicht vernichtet — ausgelöscht — wegrasiert?! Sie kamen näher — noch näher?
Hochaufgereckt den Degen, rückwärts im Sattel gewendet ritten die Führer noch immer voran ... nur so viele waren es nicht mehr wie vorher . . . hier und dort wälzte sich ein zuckendes Roß, über dessen Leid die Stürmer hinüberstiegen... aus den Reihen lösten sich einzelne Tapferste und sprangen bis in die Offizierlinie vor, schwangen die Gewehre überm Kopf ... und für jeden Mann, der im Feuer zusammenbrach, warf sich von hinten her ein anderer in die Front . . .
„Ruhig zielen, Kerls! jeder Schuß muß sitzen . . ."
Unnötige Mahnung ... die bronzenen Gesichter der Westfalen zuckten nicht mit einer Muskel, und Schuß um Schuß ging aus den glühenden Rohren mit der Sicherheit und der Präzision einer Maschine.
Dennoch . . . immer näher. . . immer näher . . . Zweihundert Schritt . . . hundertfünfzig . . . schon sind die Führer auf hundert Meter heran . . .