ausgesprochen. Auch politische Führer der Sozialdemokratie halten sich von dem Straßenbummel ausgeschlossen und es o^gezogen, der Einweihung des kleinen Theaters anzuwoh­nen. Da die Demonstrationen gerade während der Aufführ­ung stallfand, erfuhren die Zuschauer vom König an bis .ui den fremden Gästen erst später, was außerhalb des Theaters die Regisseure der Sozialdemokratie aus der Straße aufzuführen für angczeigt erachtet halten. Daß damit der Eindruck, von dem dieTagw." prahlt nicht erzeugt werden konnte, liegt auf der Hand.

r Tübingen, 17. Sept. (Todesfall.) Infolge einer Lungenentzündung ist hier Londgerichtspräsident a. D. Scholl im Alter von 68 Jahren gestorben. Geboren in Münsingen, wirkte er in Stuttgart. Riedlingen, Ellwangen, Stuttgart und dann bis zu seiner im vorigen Jahre erfolgten Pensionierung hier. Scholl war eine hochgeehrte, allgemein be­liebte Persönlichkeit.

r Tübingen, 17. Sept. (Milchverwertung.) Zahl­reiche Milchproduzenten aus der hiesigen Umgebung, Hof- gutsdetriebe usw. haben sich zu einer Milchoerwertungsge­nossenschaft zusammengeschlossen mit dem Zweck, die einge- lieferte Milch wie seither der Einwohnerschaft zuzuführcn und etwa übrig bleibende Mengen mittels maschineller Einrichtungen in Butter usw. umzuwandeln. Auch soll eine öffentliche Milch-Trinkhalle geschaffen werden.

r Ebingen, 17. Sept. (Erderschütterung.) Gestern nachm. 4 Uhr 20 Min. hatten wir auch hier wieder einmal eine kräftige, mehrere Sekunden von unterirdischem Rollen begleitete Erderschütterung.

Rottweil, 17 . September. Das neu errichtete hiesige katholische Lehrerseminar, die erste Bollanstalt des Landes wurde heute in feierlicher Weise eingeweiht.

r Merklingen OA. Blaubeuren, 17. Sept. (Ma­növer.) Lebhaftes Kampfgetümmel belebte die Umgegend. Die Truppen der 27. Division standen sich als Manöoer- gegner gegenüber. Die verstärkte 53. Infanteriebrigade (blau) unter Generalmajor o. Otzwald hatte Auftrag, von Laichingen gegen die im Anmarsch gemeldeten roten Streit- Kräfte (verstärkte 54. Inf.-Brigade) unter Generalmajor v. Anwärter vorzugehen, um diese am Eingreifen in die (gedachte) Entscheidung nördlich kämpfender Hauptkräfte zu verhindern. Als die Vorhut in Merklingen angelangt war, bekam sie von Nellingen her Feuer. Blau setzte zum An­griffe auf Rot an, das westlich Nellingen in Bereitstellung gegangen war. Es schickte das Gros auf schwierigen Wegen durch die nördlich sich hinziehenden Wälder vor und fiel Rot in die Flanke. Gleichzeitig griff die der blauen Partei zugeteilte Kavallerie-Brigade mit ihrer Kavallerie von Opp­ingen her flankierend an, so daß Rot, das wegen seiner überlegenenen Infanterie sich sonst noch hätte halten können, den Rückzug auf Aushausen und Türkheim antrat; Blau folgte nicht über Nellingen hinaus, sondern bezog in der Gegend Notquartier. Der gestrigen Uebung wohnte Herzog Al brecht an.

Riedliagen, 16. Sept. Als am Samstag Oekonom Miehle in Betzenwetler mit seiner Frau und seiner 14 Jahre alten Tochter aus einer Wiese beschäftigt war, ging die Tochter in den nahen Wald, um sich einige Nüsse zu holen. Plötzlich hörten die Ellern einen markerschüttern­den Schrei und eilten diesem sofort nach, konnten aber von ihrem Kinde keine Spur mehr finden. Trotzdem man den ganzen Wald absuchte, blieb das Kind spurlos ver­schwunden.

p Ravensburg, 17. Sept. Die Nationalliberale Partei Württembergs wird in der nächsten Zeit einen ober­schwäbischen Parteitag hier abhalten. Als Zeitpunkt ist der 20. Oktober in Aussicht genommen. Als Redner wird u. a. der Reichstagsadg. Keinath auftreten.

Die Fleischteuerung.

r Stuttgart, 17. Sept. Die von der Regierung zusammenberufene Fleischteuerungskommission, die über die Maßregeln zur Linderung der Fleischteuerung beraten soll, ist heute zusammengetreten.

Berlin, 17. Sept. DieBad. Presse" erfährt aus zuverlässiger Quelle, daß der Reichskanzler seine Ent­schließung über die Maßnahmen des Reiches gegen die Fleischnot vertagt und zunächst die Stellungnahme der Bundesregierungen zu den Vorschlägen des Reichsamts des Innern eingeholr hat.

Deutsches Reich.

r Berlin, 17. Sept. DieNordd. Allg. Ztg." meldet: Die Ratifikationsurkunden zu dem deulsch-französischen Ab­kommen vom 2 . Febr. d. I. betreffend die Staatszugehörig- keit der Personen, die sich in dem zwischen Deutschland und Frankreich ausgetauschten Gebiet in Aequatorialafrika be­finden, sind am 14. Sept. zwischen dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes und dem französischen Botschafter hier ausgetauscht worden.

v Berlin, 17. Sept. DerReichsanzeiger" veröf­fentlicht die Verleihung des Großkreuzers des Roten Adler­ordens mit Eichenlaub an den deutschen Botschafter Graf von Pourtalds in Petersburg.

r Berlin, 16. Sept. Zwischen dem deutschen Reiche und der Schweiz ist eine Verständigung zustandegekommen, aus dem Säntis eine Station für drahtlose Telegraphie zu errichten, die in Verbindung mit der vor kurzem eröffnten Funkcnstation auf der Zugspitze eine Ueberbrückung der Hochalpen auch für drahtlose Telegraphie ermöglichen soll.

Pforzheim, 16. Sept. Die Goldstadt hatte das Land wieder einmal zu Gaste geladen. Sie hat nämlich einen weiteren Schritt auf dem Wege zur Großstadt getan:

Sie hat sich ein städtisch-suboentioniertes Theater zugelegt. Gestern war die festliche Eröffnungs-Vorstellung, der ein zahlreiches und beifallfreudiges Publikum beiwohnte. Das alte Viktoria-Theater wurde sehr hübsch renoviert, zum Teil umgebaut, und präsentiert sich jetzt als ein reizender, intimer Musentempel.

Pforzheim, 17. Sept. Als der 23jährige, in der benachbarten Papierfabrik Weißenslein beschäftigte Maschinen­heizer Franz Kraus am Montag früh zur Arbeit ging, schoß ihm ein Unbekannter, der ihm hinter einem Baum aufgelamrt hatte, eine Revoloerkugel in die Brust, die Lunge und Herz verletzte. Der Verletzte konnte noch nach seiner Wohnung gehen und seiner Frau Mitteiluug machen. Dann wurde er ns Krankenhaus verbracht, wo er starb. Als der Tat verdächtig wurde ein entfernter Verwandter, der 24jährige ledige Taglöhner Johann Wallner verhaftet.

München, 16. Sept. Aus die Nachricht von der ge­planten Aufstellung der Büste Richard Wagners in der Walhalla bat Fürst Albert von Turn und Taxis den Prinz­regenten, diese Büste stiften zu dürfen. Der Prinzregent erteilte seine Zustimmung.

r Schlettstadt, 17. Sept. Bei der gestr. Reichs­lagsersatzwahl im 6 . elsaß-lothringischen Wahlkreis für den verstorbenen Zentrumsabg. Dr. Will erhielt Redakteur Dr. Haegy (elf. Zentrum) 7112, Gewerkschaftssekretär Imbs (Soz) 2769 und Weingutsbesitzer Andlauer (elf. Fortschrittspartei) 2306 Stimmen. Haegy ist somit gewählt.

r Gelsenkirchen, 17. Sept. Die 16jährige Tochter des Direktors Girschberg hantierte gestern mit einem Re­volver. Plötzlich entlud sich die Waffe und die Kugel traf das Mädchen, das auf der Stelle tot war.

Vom 15 . bis 25 . September

nimmt der Briefträger wiederum die Abomiementsbestellungen für das kommende Winter-Quarta! entgegen.

wir bitten unsere verehrten Leser

das Abonnement auf denGesellschafter" zu erneuern und für die Weiterverbreitung unseres Blattes tat­kräftig einzutrelen. Je größer unser Leserkreis, desto mehr sind wir beniüht, unser reichhaltiges Blatt noch mehr auszudehncn und allen Wünschen gerecht zu werden.

r Plauen i. B.. 17. Sept. Nach Schluß zweier heute abgehobener Protestversammlungen gegen den neuen Wahlrechtsentwurf für die Stadtverordneten zogen mehrere tausend Menschen vor das Rathaus, wo die Stadtverord­netenversammlung gerade über eine wegen der Fleischteuer­ung an die Regierung zu richtende Eingabe verhandelte. Es kam zu schweren Zusammenstößen zwischen der Polizei und der Menge, die mit blanker Waffe auseinandergetrieben wurde. Zahlreiche Verhaftungen wurden oorgenommen.

Hamburg, 16. Sept. Von der Besatzung des unter­gegangenen DampfersKamerun" werden nach einem bei der Hamburg-Amerika-Linie eingegangenen Telegramm 12 Mann mit dem DampferMo; Broch" ungefähr am 28. September in Hamburg eintriffen. Die übrigen Mann­schaften sind mit derOtovi" etwa am 6 . Oktober in Hamburg zu erwarten. Der Kapitän und der erste Offizier der Kamerun" sind noch in Grand Bassam geblieben.

Der Kaiser au den Herzog von Altenburg.

Altenburg, 16. Sept. Der Kaiser richtete an den Herzog von Sachsen-Altenburg ein Handschreiben folgenden Wortlauts:

Durchlauchtigster Fürst, freundlichft lieber Vater! Die beendeten, von mir abgehaltenen Manöver, denen Euere Hoheit mit so großem Interesse beigewohnt haben, nehme ich gern zum Anlaß, Euerer Hoheit meine lebhafte Befriedi­gung über die vorzügliche Haltung und Ausbildung der Altenburger Regimenter auszusprechen.

Daß den Truppen anläßlich der Manöver in Ihrem Lande trotz der vermehrten Einquartierungslasten durchweg eine gastliche Aufnahme geboten worden ist, habe Ich mit größter Freude vernommen und bringe Meinen warmemp­fundenen Dank dafür hiermit zum Ausdruck. Empfangen Euere Hoheit bei diesem Anlaß zugleich die Versicherung aufrichtiger Verehrung, womit Ich verbleibe Euer Hoheit freundwilliger Vetter. Wilhelm.

Lager bei Oschatz, 13. September.

Der Kaiser bei der Flotte.

Helgoland, 17. Sept. Gestern vormittag vereinigte sich bei dem Weserfeuerschiff eine stattliche Anzahl Dampfer, um mit Erlaubnis des Kaisers der Parade der unter dem Kommando des Admirals v. Hoitzendorf vereinigten Herbst­übungsflotte zu folgen. Um 11 Uhr vormittags nahte, von Wilhelmshaven kommend, das kaiserliche Geschwader, wäb- rend von Norden mir dem Kurs auf das Weserseuerschiff zu die gesamte Hochseeflotte in Kiellinie sich in Marsch

setzte. Zu gleicher Zeit nahte von der Unterelbe her das Luftschiff Hansa. Kurz vor Mittag traf das kaiserliche Geschwader mit der Hochseeflotte zusammen. Diese begrüßten ihren obersten Kriegsherrn mit einem Salut von 33 Schüssen. Voraus fuhren sechs Torpedobootsflottillen in Marschfor­mation. Insgesamt nahmen an der Parade 118 Schiffe mit einer Besatzung von rund 32 000 Mann und 200 schweren Geschützen teil. Beim Passieren des Kaisers auf derDeutschland" brachte die in Parade stehende Mannschaft der Flotte ein dreifaches Hurra aus. Nachdem sämtliche Schiffe defiliert hatten, vereinigten sich die Forma­tionen zur Ausführung einer Reihe von taktischen Einzel­darstellungen. Das Luftschiff Hansa kreuzte längere Zeit über den einzelnen Schiffsverbänden. Am nachmittag be­gab sich der Kaiser auf derDeutschland" zurück dis zur Schilligreede und ging hier um 6 Uhr an Bord derHohen- zollern" über. DieHohenzollern" traf um V 28 Uhr auf der Wilhelmshavener Reede ein, wo sie vor Anker ging. Es herrscht Regenwetter. Morgen beginnen die Manöver der Hochseeflotte.

Ausland

r Budapest, 17. Sept. In Großkanicza tötete der Landwirt Stefan Zoo, ein arg verschuldeter Gewohnheits­trinker, die 20 Jahre jüngere bildschöne Schauspielerin Esther Veres, die er seit langem mit Liebesanträgen ver­folgte, auf offener Straße durch einen Revoloerschutz und beging dann Selbstmord.

r Rom, 17. Sept. Wie dieGiornale d'Italia" meldet, hatte der aus der Schweiz hier eingetroffene Depu­tierte Bertolini heute Besprechungen mit dem Ministerpräsi­denten Giolitti und dem Minister des Aeußecn, Marquis di San Giuliano. Bertolini wird nächstens tn die Schweiz zurückkehren.

r Haag, 17. Septbr. Dem heutigen Tage, den der Bolksmund denRoten Dienstag" nennt, sieht man hier mit lebhafter Spannung entgegen. Die Sozialdemokratie will nämlich den Tag der feierlichen Eröffnung der General­staaten zu einer Kundgebung für das allgemeine, gleiche Stimmrecht benützen. Da vom Bürgermeister die Veran­staltung eines Massenumzuges verboten worden ist, hat die Sozialdemokratie sich ein großes, in Prioatbesitz befindliches Terrain gesichert, wo sie eine Massenversammlung veran­stalten will und eine Kundgebung erlassen, in der sie an­kündigt, daß sie gegen 2 V 2 Uhr sich nach dem Gebäude der Kammer in dein Augenblick bewegen will, wo diese ihre Arbeit beginnt. Die Königin beabsichtigt nach wie vor. dis Eröffnung der Generalstaaten persönlich oörzunehmen. ZurAuf- rechterhaltung derOrdnung sind umfassendeMaßregeln getroffen.

r Haag, 16. Seprbr. Staatsrat Denbeer Portugal veröffentlicht in dem BlatteVaterland" einen Artikel mit der UeberschristMißverständnis. Unwissenheit oder Unver­stand?" Er kritisiert darin, die Behauptung des französischen Vizeadmitals Germinet imEcho de Paris", daß Frank­reich die Straße von Calais im Falle eines Krieges als territoriales Gewässer sperren könne. Portugal charakterisiert diese Behauptung als eine auf nichts gegründete, an das Unglaubliche grenzende und stützt sich dabei auf die Ansicht berühmter Völkerrechtslehrer. Eine derartige Sperre würde für den Handel und die Schiffahrt, insbesondere der Nieder­lande, unberechenbare Verluste mit sich bringen. Vielleicht wolle Germinet auch nur einen Versuchsballon steigen lassen. Amtliche Auskünfte über diese für die Niederlande so wichtige Frage seien nicht unangebracht.

r Samte Maure de Touraine. 17. September. Die Manöver haben heute mittag ihren Abschluß gesunden. Präsident Fallieres gab zu Ehren des Großfürsten Nikolaus Nikolaijewitsch, der fremden Offiziere und der Korpskom­mandanten die an den Manövern teilgenommen hatten, ein Frühstück.

Konstautinopel, 15. Sept. Das Erdbeben der vorletz­ten Nacht scheint das gleiche Zentrum zu haben, wie das vorhergehende. Nach bisher eingegangenen Nachrichten sind aus der Insel Tenedos zahlreiche Häuser eingestürzt. In Gallipoli, wo auch eine Reihe von Häusern beschädigt wurde und eingestürzt sind, kampiert die Bevölkerung im Freien. Zwei Personen wurden verletzt. In Rodosto war die Er­schütterung von heftigem Donner begleitet. In Miriophito. wo der Erdstoß ebenso heftig wie beim ersten Beben aber von nicht so langer Dauer war, wurde beträchtlicher Scha­den angerichtet. In Ganos wurden unter anderem alle Bäckereien zerstört.

r Tokio, 16. Sept. Prinz Heinrich von Preußen machte heute seinen Abschiedsbesuch beim Kaiser und nahm daraus an der kaiserlichen Frühstückstafel teil, zu der auch Staatssekretär Knox und der französische Spezialgesandte General Lebon geladen waren.

r Tokio, 17. Sept. Nogi erklärt in seinem Testament, daß er seinem Kaiser folge, da seine Dienste 'nicht mehr nötig seien. Er habe oft daran gedacht, zu sterben und die jetzige Gelegenheit benutzt, wo das Land von der großen nationalen Trauer betroffen sei. Er vermache seine Güter seiner Frau, seinen Freunden und öffentlichen Anstalten. Seinen Leichnam vermache er der ärztlichen Hochschule. Nur seine Zähne. Haare und Nägel sollten beerdigt werden.

Die Balkankrise.

Im türkischen Ministerrat wurde gestern der Bericht der türkischen Friedensunterhändler vorgelegt. Es verlautet, daß die Friedens desprechungen zur Erzielung einer Einigung bereits abgeschlossen seien. Andererseits will man wissen, daß gestern nur der Bericht der Unterhändler in bezug aus die italienischen Gegenvorschläge oorgelegt wurde. Der Ministerrat hat gestern die Aufhebung des Belagerungszu- standes in Konstcmtinopel beschlossen.