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^ 7. Amis-

und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 65. Jahrgang.

Erscheint Dien s ta g , Donnerstag und S-mit-g. Die EinrücknngSgebühr beträgt im Bezirk »nd nächster Um­gebung s Pfg. di- Zeile, sonst 12 Psg.

Samstag, den 18. Januar 1890.

LbonnementSpreiS vierteljährlich in der Stadt «> Pfg. und 20 Pfg. TrLgerlohn, durch die Post bezogen Mk- 1. 1b, sonst in ganz Württemberg Mt. 1. 3S.

Amtliche Bekanntmachungen.

Drefemgen K. Standesämter,

welche mit Einsendung der statistischen Verzeichnisse über die Geburten, Eheschließungen, Sterbefälle des Kalenderjahrs 1889 im Rückstand sind, werden zur Vorlegung derselben aufgefordert.

Calw, den 15. Jan. 1890.

K. Oberamt.

Amtm. Bert sch.

Bekanntmachung der K. Landgestüts- kommisston. betreffend die Patentier­ung der Privatbeschälhengste für die Deckperiode 1890.

In Gemäßheit der Beschälordnung vom 25. Dezember 1875 Z. 12 ff. findet die Patentierung der­jenigen im Besitze von Privaten befindlichen Hengste, welche von ihren Besitzern während der Deckperiode 1890 zum Beschälbetrieb verwendet werden wollen, zur nachbezeichneten Zeit in folgenden Orten statt: in Crailsheim am Mittwoch den 12. Febr. d. I., vormittags 8 Uhr,

inHeilbronnan demselben Tage, mittags 12 Uhr, in Aulendorf am Donnerstag den 13. Februar, mittags 11 Uhr,

in Laupheim am Freitag den 14. Februar, vor­mittags IO'/? Uhr,

in Geislingen am Samstag den 15. Februar, vor­mittags 11 Uhr.

Diejenigen Hengstbesitzer, welche Patente für die Deckperiode 1890 zu erlangen wünschen, werden ausgefordert, ihre Hengste in einem der oben genannten Orte zu der bezeichnten Zeit der Patentierungskom- mission vvrzuführen.

Für die Patentierung von Hengsten aus dem Schwär zw aldkreis wird besonderer Termin für den Fall anberaumt werden, daß bis

Areitag de« 7. Zseöruar d. I. Patentierungsanmeldungen bei dem Sekretariat der Landgestütskommisfion, Stuttgart, Dorotheenstraße 1, einlaufen sollten.

Die Erteilung des Patents setzt voraus, daß der Hengst, für welchen das Patent gelten soll, nicht unter drei Jahren alt, vollkommen entwickelt ist, keine erblichen Gebrechen und Formfehler hat und vermöge seines Körperbaus, seiner Knochenstärke und seines Ganges zur Erzeugung brauchbarer Pferde als ge­eignet erscheint, sowie daß der um das Patent Nach­suchende in den Orten, wo er das Beschälgewerbe betreiben will, ein Beschällokal mit einer den Anblick des Beschälbetriebes abwehrenden Umfassung besitzt.

Der Patentbewerber hat der Patentierungs­kommission ein obrigkeitliches Zeugnis über das Zu­treffen der in Betreff des Be'schällokals gemachten Voraussetzung, sowie, wenn der Hengst schon im Jahre 1889 patentiert war, die Patent-Urkunde des Jahres 1889 vorzulegen.

Zugleich wird darauf aufmerksam gemacht, daß I die für ausgezeichnete Privatzuchthengste bestimmten

Staatsprämien nur solchen Hengstbesitzern zuerkannt werden können, welche ihre Hengste der Patentier­ungskommission an den oben bezeichneten Zeiten und Orten behufs einer vorläufigen Auswahl vorführen werden.

Stuttgart, den 9. Januar 1890.

K. Landgestütskommission.

B ä tz n e r.

Deutsches Reich.

Berlin, 14. Jan. Der Reichstag wird höchst wahrscheinlich bereits Ende nächster Woche auf­gelöst werden oder sich selbst vertagen. Die dritte Lesung des Etats wird durch en dloe-Annahme er­ledigt werden' die Postdampfervorlage soll bestimmt noch zur Erledigung gebracht werden; wie man es mit dem Sozialistengesetz halten wird, darüber ist man noch im Unklaren, da jede Fühlung mit dem Reichskanzler fehlt. Die Opposition wünschte wohl, daß die Reichstagsmehrheit im scheinbaren Conflrkt mit dem Reichskanzler auseinanderginge, die National- liberalen und die mit ihnen stimmenden Freiconser- vativen haben aber selbstverständlich kein Interesse daran, einen solchen künstlichen Conflikt hervorzu­rufen, und so ist es nicht unwahrscheinlich, daß man eine dritte Lesung des Entwurfs gar nicht vornimmt. Vielleicht findet auch, nachdem in zweiter Lesung der Ausweisungsparagraph abgelehnt worden, die Auf­lösung des Reichstags durch kaiserlichen Erlaß statt.

Berlin, 16. Jan. Der Reichstag wird beim Postetat die die Besoldung der Unter­beamten betreffende Position nochmals an die Com­mission verweisen. Bei der Forderung für das Post - gebäude in Frankfurt a. M. erklärt Staats-

Feuilleton.

Mccch dem Sturme.

Novelle von C. Voll brecht.

(Fortsetzung.)

Ein reizendes Bouquet mit einem Briefchen des Dragonerlieutenants hatte man ihr diesen Morgen überbracht. Sie wußte, daß sie ihn bald erwarten dürfe, daß er mit seinen Verwandten gesprochen habe.

Liebte sie Harald? . . . Was war denn Liebe? Sich des Wesens des Änderen freuen, in ihm das eigene Denken und Fühlen ergänzt finden? In dem Dasein des Anderen, in seinem Jdeenkreis dem eigenen Jnnensein begegnen so hoch ging Isoldens Seelenausschwung nicht.

ES gehörte außer dem Wohlgefallen an des Zukünftigen Gestalt und Art noch allerlei Anderes dazu, um das bindendeJa" auszusprechen. Vornehmer Stand, glänzende Erscheinung dies Alles bot ihr Harald und sie schwankte keinen Augenblick, sein Weib zu werden. Einst war ihr Ziel weniger hoch gesteckt. Einer lebte, mit dem sie vielleicht ein bescheidenes Los ertragen hätte. Vielleicht! ....

Die Mutter aber hatte sie gelehrt, die Leidenschaft des jungen Forstadjunkten in Schranken zu halten und ihm selbst das Verständnis beigebracht, es dürfe von dieser beiderseitigen Neigung Niemand wissen. Nicht einmal der Vater! Der würde, da Paul noch ohne Einkommen war, gar übel dazu blicken . . . Auch beim Grafen von der Tann, seinem Gönner, könne ein Bekanntwerden des zarten Verhältnisses, weil zu früh geschlossen, ihm nur schaden. Von ihm hieng es ab, Paul früher oder später eine Försterftelle zu verleihen und dann könnte Ernst daraus werden . . .

Wenn sich bis dahin nichts Anderes für Isolde gefunden hatte!" setzte die kluge Frau Ebert in der Sülle hinzu. Paul Wesienberg sollte für ihre Tochter der Reservebräutigam bleibenman konnte nicht wissen" und Isolde, wenig k-um Nachdenken geeignet, ging ein auf der Mutter schlaue Pläne.

Frau Ebert gestattete, daß der junge Mann seine Besuche sortsetzte, daß er, nachdem vor Jahresfrist Graf von der Tann ihn auf eine entfernte Forstakademie gesandt hatte, Isolden liebeglühende Briefe schrieb, die diese in ihrer beschränkten Art pünktlich beantwortete.

Dies aber mußte nun ein Ende nehmen, dachte die Frau des Organisten, während sie am zweiten Fenster des Zimmers saß und mit lebhafter Spannung dem Eintritt des vornehmen Bräutigams ihrer schönen Tochter entgegensah.

Frau Ebert war eine geboreneVon". Diese Thatsache beeinflußte volländig ihren Gesichtskreis. Wehe dem Brieschreiber, der auf der Adresse:An Frau Emilie Ebert", unterließ hinzusetzen:Geborene von Webenau". Einer Antwort durfte er niemals gewärtig sein.

Auf jenen Gesellschaftskreis, dem sie durch ihren Mann angehörte, sah Frau Ebert mit vernichtendem Hochmut herab. Sie hatte es ganz vergessen, aus welch drückend-dienstlichen Verhältnissen der redliche Chor-Regent sie einst befreite, und wie eifrig die arme Offizierswaise in das trauliche Heim eingetretcn war, das er ihr bot. Mit dem Heranblühen ihrer einzigen Tochter begann das Adelsbewußtsein, dem sie einst ohne Pein den Rücken gekehrt, sich in ihr nachdrücklich zu regen und alle Behaglichkeit aus ihrer Nähe zu bannen.

Mit der Miene des Triumphes erwartete sie heute den Grafen Harald von der Tann. Durch ihn würde sich erfüllen, was sie ersehnte. Reich, vornehm zu sein, erschien ihr als Inbegriff des WortesGlück". Was sie einst in Jugendthor- heit verscherzte ihr Kind sollte es erreichen . . .

Sie blickte verächtlich im Zimmer umher. Dasselbe zeigte, abgesehen von etwas gesuchter Eleganz, einen freundlichen Anstrich von Comfort. Frau Ebert verstand ohne Zweifel, die nicht zu unterschätzende Kunst, dem Einfachen den Req des Geschmackvollen zu verleihen. Große Nettigkeit, Blumen am rechten Ort, hübsche Teppiche und saubere Vorhänge gaben dem Gemach ein freundliches Aussehen. Für Eingeweihte freilich wurde es desselben durch das lebhafte Streben seiner Besitzerin entkleidet, das nicht ohne Opfer Erworbene in steter Unverrücktheit zu erhalten. Nie­mals war eS dem Gemahl gestattet, in der traulichen Ecke des braunbezogenen