2. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 65. Jahrgang.

Erscheint Di-nStag, Donnerstag und SamStag. Die EinrücknngSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um- ^ zebung 9 Psg. di- Aeile, sonst t2 Pfg. ^

Amtliche Bekanntmachungen.

Die Ortsvorsteher

Werden angewiesen, die Mitglieder- und Beitragsver­zeichnisse der Krankenpflegeversicherung pro 1889 bis spätestens 10. d. M. an die Amtspflege einzu­senden.

Calw, den 4. Januar 1890.

K. Oberamt. Supper.

Deutsches Reich.

Der Kaiser hat aus Anlaß des Neujahrs­festes den Generalfeldmarschall Grafen Moltke durch Uebersendung einer kostbaren goldenen Dose «freut, welche auf dem Deckel das Bildnis der Kaiserin aufweist. Auch die Kaiserin Augusta hat den Feldmarschall mit einem Andenken ausgezeichnet. Bei der Desilierrour im Schloß hat der Kaiser sowohl den Grafen Moltke wie den Vicepräsidenten des Staatsministeriums Minister v. Bötticher zu sich herangewinkt und mit besonders herzlichen und warmen Worten begrüßt.

Nach einer Meldung derAgenzia Stefani" haben Kaiser Wilhelm und König Humbert anläßlich des Jahreswechsels Glückwunschtelegramme ausgetauscht, ebenso Fürst Bismarck und Crispi. Auf das Glückwunschtelegramm des deutschen Reichskanzlers an Crispi antwortete letzterer, er sei glücklich, mit dem Fürsten Bismarck zusammenzuarbeiten zum Wohl­ergehen beider Länder und zum Besten des Friedens, dessen alle bedürfen.

Berlin, 4. Jan. Am 11. Jan. findet eine Hofjagd im Grunewald statt, wozu der König von Sachsen und der Fürst von Schaumburg-Lippe ge­laden sind.

Dienstag, den 7. Januar 1890.

Berlin, 2. Jan. lieber die Neujahrs­betrachtungen der Berliner Presse kommt das Frkf. Journ. zu folg. Schluß:Dieselben bieten in diesem Jahr keine große Ausbeute dar; auch die Oppositionsblätter befleißigen sich einer mäßigen "s Sprache, ja sogar dieFreisinnige Zeitung" des

u- Herrn Richter, oie nach eigener-Behauptung sich ja

Achtung und Anerkennung bei Freund und Feind erworben hat", weiß nichts weiter vorzubringen, als die alten Klagen über Lebensmittelverteuerung und dergl. mehr, Klagen, die man in der bisherigen Session ^ des Reichstages fast bis zum Ueberdruß von frei­

sinniger Seite gehört hat. Die Klagen über das teure Leben sind wohl so alt, als überhaupt Geld b- und Geldeswert besteht und zahlenmäßig ist nach-

r gewiesen, daß die heutigen Preise auch in früheren

^ Jahren erreicht worden fino. Ist dieser Umstand

^ auch kein Grund, nicht den Wunsch zu hegen, die

^ Lebensmittel möchten wieder sinken, so sollte man

sich andererseits auch hüten, diese momentane Teurung ^ agitatorisch auszunützen und dadurch die Unzufrieden- heit in immer weitere Kreise der Bevölkerung zu tragen. Allen Neujahrsbetrachtungen der trei­bt sinnigen Blätter ist aber das Zugeständnis eigen, daß Deutschland seit langer Zeit kein so' friedfertiges Jahr n" nach Außen hin erlebt hat, als das vergangene, und

r t hat dieFreisinnige Zeitung" bei diesem Zugeständ-

lne nis auch einen Seitenhieb für den Fürsten Bismarck,

uf dem allein man nicht den Ruhm für die Erhaltung

-rs des Friedens zuerteilen könne, so muß sie doch der

mt deutsche Militärverwaltung uneingeschränktes Lob aus-

hl- sprechen, das folgendermaßen lautet:Deutschland

is, hat wieder einmal in dem neuen Gewehr, dessen Ein­

führung bevorsteht, und dem neuen Pulver einen Nor­me sprung, der von den Nachbarstaaten kaum vor Ablauf

on von 2 Jahren eingeholt sein wird. Einmütig hat

ze- der Reichstag im Februar 1889 die Mittel für diese

Neubewaffnung bewilligt."

Abonnementspreiö vierteljährlich in der Stadt SO Pfg. und 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk- 1. 16 , sonst in ganz Württemberg Mk. 1. 35.

Berlin, 4. Jan. Die Vorarbeiten für den Saar- und Moselkanal sind nunmehr abgeschloffen. Die Kanallänge von Metz nach Koblenz beträgt 300 Kilometer. Die Gesamtkosten einschließlich der Hafen- anlagen 38 Millionen Mark. In Koblenz wird dem­nächst eine Moselkanalkonferenz abgehalten.

Berlin, 4. Jan. Professor Enke hat mit der Ausführung des Grabdenkmals für Kaiser Wilhelm I. begonnen. Der Künstler hat im Hin­blick auf das schlichte Wesen Kaiser Wilhelms darauf verzichtet, eine Bildnissigur auszuführen, wird viel­mehr nur allegorisch die Heldenthaten des verewigten Kaisers zur Darstellung bringen. Auf dem reich mit Ornamenten verzierten Sarkophage, an dessen Kopf­ende der Engel der Auferstehung steht, liegen die In­signien des neu begründeten Reichs: Szepter, Kaiser­krone und Hermelin. Die Skizzen fanden den vollsten Beifall des Kaiserpaares.

Ausland.

Hugo Zöller schreibt über Peters: Auch nur annähernd so weit wie Peters ist in dieser Gegend Afrikas kein weißer Mann vorgedrungen. Das ist um so erstaunlicher, da Peters nur 25 unzuverlässige Somali bei sich hatte, während die erste der unver­richteter Sache zurückgekehrten engl. Emin-Expeditionen über 323 Lastträger und die zweite wohl über weniger verfügte. Peters hat rund 225 Km durch ein bisher völlig unerforschtes Land zurückgelegt, welches von den kriegerischsten und gefährlichsten Stämmen Afrikas bewohnt ist, Stämmen, durch deren Land zu ziehen selbst Stanley init seiner 40fach stärkeren Truppe für unthunlich gehalten hat. Auf unseren Karten wird, wenn Peters mit heiler Haut zurückkehrt, der bisherige weiße Fleck zwischen dem Unterlauf des Tana und dem Keniagebirge nicht mehr erscheinen. Es ist das erstemal, daß der gewandte und that-

DeuiUeton. N-chdru--°-rb°t-n.

Mcrch dem Sturme.

Novelle von C. Voll brecht.

(Fortsetzung.)

Während Eugen sprach, hatte sich über Ediths Wange eine freudige Röte «gossen.

Sie liebte ihren Vetter Harald, ohne sich bisher Rechenschaft über die Art ihres Empfindens gegeben zu haben. Seine Anwesenheit bedeutete ihr Glück und sRnd hoch über dem friedlich ruhigen Gelasiensein, mit dem sie Eugen's Kommen und Gehen in sich aufnahm.

Eugen und Harald von der Tann waren die Söhne des jüngeren Bruders des Grafen von der Tann. Er hinterließ, als Gesandter zu einem luxuriösen Auf­treten genötigt, bei seinem stütz erfolgten Tode außer dem Herrenhaus und den dazu gehörenden wenigen Ländereien, seiner Witwe und seinen Söhnen nur ein bescheidenes Vermögen. Frau von der Tann schloß, zwei Jahre nach dem Tode ihres Gatten eine zweite Ehe, nachdem sie zugestanden, die weit«« Erziehung ihrer Söhne dem Vormund und Oheim derselben anheim zu stellen. So kamen die Knaben, als Eugen zwölf, Harald elf Jahre zählte, in Begleitung ihres Hofmeisters nach Tannrode und wuchsen unter der Aussicht ihret^OnkelS stattlich empor.

Graf von d« Tann war unvermählt. Im herzlichsten Einvernehmen mit feiner Mutter lebend, dachte er nicht daran, eine Ehe zu schließen. Er hatte einst geliebt, aber keine Gegenliebe gefunden, damit war für sein schlicht empfindendes Herz der Jugend Hochaufschwung abgethan. Nochmals trat der Tod heran, um «in verwaistes Kind in das durch Eugens Eintritt in die Ackerbauschule, Haralds Aufnahme in das CadettenhauS, leer gewordene Schloß zu führen. Die einzige Tochter d« allen Gräfin starb, nachdem sie kurz zuvor ihren geliebten Gatten, einen

Offizier, in der Schlacht bei Königgrätz verloren. Mit einem zufriedenen Lächeln schloß sie die Augen zum ewigen Schlummer sie wußte ihre Edith bei Mutt« und Bruder wohl geborgen.

Mit der Kleinen kam Sonnenschein in uns« Haus" pflegte der Graf zu sagen. Auch Eugen und Harald drängte sich bei ihrem ersten Ferienbesuche die Ueberzeugung auf und verstärkte sich bei jedem erneuten Wiedersehen, es habe das stille Leben der alternden Verwandten durch Anwesenheit des lebhaften kleinen Mäd­chens eine höchst angenehme Zugabe erhalten. Beide beschäftigten sich viel mit Edith, jed« in seiner Weise. Eugen, indem « des Kindes Schulunterricht, der von Demoiselle Noir etwas einseitig betrieben wurde, ein wenig Gründlichkeit verlieh Harald, indem er ihr Reitstunden gab und den störrischen Esel einfuhr, den der Onkel nebst ein« allerliebsten Equipage, für seinen Liebling angeschafft hatte.

Edith hegte für ihren Vetter Eugen eine fast ehrerbietige Verehrung, die in der genauen Kenntnis seines Selbst begründet war. Niemals hatte sie vernommen, daß dieser seinem Onkel od« der Großmutt« Anlaß zum Tadel gegeben hätte. Seine Zeugnisse waren stets die allerbesten. Bald fing d« Onkel an, seine eigenen Angelegenheiten mit ihm zu beraten. Mehr als einmal nahm sie wahr, wie die Ansicht des älteren Mannes sich willig dem Urteil des jugendlichen Verwandten anbequemte.

Bei Harald lagen die Dinge anders. Es «eigneten sich Scenen, bei denen das kleine Mädchens des guten Onkels Stimme in ungewohnter, zürnender Schärfe bis in das andere Zimmer vernahm. Danach schlich der Geschallene mit zerknirscht« Miene wohl nach entlegenen Stellen des Parkes, oder saß stumm bei Tische unt« den strafenden Blicken von Großmama, Onkel und, wie alle Zeit pflichtschultigst als Dritte im Bunde, Demoiselle Noir. Da fühlte er wohl oft eine kleine, «eiche Hand müleidig und tröstend die seine berühren und ein kleines weiches Herz, daS noch nichts vomSchuldenmachen" eines Cadetten und angehenden Offiziers verstand, zerstreute mit tändelndem Geplaud« sein düster-weltschmerzliches Sinnen.

Kleine Wetterhexe" pflegte « sie dann in wiederkehrenden Humor zu