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Amts- und Anzeigeblalt für den Bezirk (Lalw.
63. Iahrgaag.
Erscheint Dienstag, Donnerstag nnd SamStag. Die EinrnckangSgebühr beträgt itn Bezirk und nächster Umgebung S Psg- bi- Zeile, sonst lr Psg.
Samstag, den 4. Zanuar 1890.
AbomiementSpreiS vierteljährlich in der Stadt SO Pfg. und 20 Pfg. Träqerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 15, sonst in ganz Württemberg M?. 1. 3b.
Amtliche Bekanntmachungen.
An die Schultheißerritmler.
Das Militärersatzgeschäft im Jahr 1890 betreffend.
Auf Grund der von den K. Pfarrämtern übergebenen Geburtslisten haben die Ortsvorsteher die Rekrutirungsstammrollen über die im Jahr 1870 geborenen Militärpflichtigen vorschriftsmäßig anzulegen. Außer den in der Gemeinde geborenen sind auch die sonst sich anmeldenden Militärpflichtigen und die im Jahr 1870 auswärts geborenen, im Familienregister enthaltenen Söhne solcher Familien, welche das württ. Staatsbürgerrecht besitzen und sich auswärts aufhalten oder aufgehalten haben, einzutragen. In der Rubrik „Bemerkungen" sind alle Bestrafungen nnd sonstigen Angaben einzutragen, welche zu Beurtheilung des Lebenswandels Bedeutung haben. Ist in dieser Beziehung nichts zu bemerken, so ist einzutragen: Strafen und Ausschließungsgründe: 0
Alle Militärpflichtige haben sich in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar zur Aufnahme in die Stammrollen bei dem Ortsvorsteher ihres dauernden Aufenthaltsorts oder ihres Wohnsitzes anzumelden. Sofern die Anmeldung nicht am Geburtsort selbst erfolgt, ist bei derselben von den im Jahre 1870 Geborenen ein Geburtsschein vorzulegen. Die Militärpflichtigen der Altersklassen 1868 und 1869 haben ihre Losungsscheine abzugeben. Für zeitig von ihrem Aufenthaltsort abwesende haben ihre Eltern, Vormünder, Lehr-, Brot- oder Fabrikherrn-' die Verpflichtung, sie zur Stammrolle anzumelden. Die im Jahr 1890 in das militärpflichtige Alter ein- tretenden, zum einjährigen freiwilligen Dienst Berechtigten sind besonders darauf, aufmerksam zu machen, daß auch sie zur Stammrolle sich anzumelden und ähren Berechtigungsschein vorzulegen haben, wenn sie Zurückstellung von der Aushebung beanspruchen wollen.
Die Unterlassung der vorgeschriebenen .Anmeldung wird mit Geldstrafe bis zu 30 ^ oder mit Haft bis zu 3 Tagen bestraft.
Die vorgeschriebene Aufforderung zur Anmeldung der Militärpflichtigen ist durch öffentlichen Anschlag des hinausgegebenen Plakats und auf sonst ortsübliche Weise zu erlassen.
Auf 13. Februar 1890 sind die Stammrollen des Jahrs 1890 und der Jahrgänge 1887, 1888 und 1889, erstere (von 1890) mit den Geburtslisten an das Oberamt,einzusenden. In der vorletzten Rubrik der Geburtslisten sind die Nummern, unter welchen die Uebertragungen in die Stammrollen stattgefunden haben, vorzumerken.
Calw, den 2. Januar 1890.
K. Oberamt.
Supper.
Die Ortsvorsteher
werden mit Bezugnahme auf den oberamtl. Erlaß in dir. 146/18»K de? Calw. Wochenbl. zur alsbaldigen Vorlage der auf 31. v. M. abgeschlossenen Fleischschauregister aufgesordert. .
Calw, den 3. Jan. 1890.
K. Oberamt.
Supper.
Die Gemeindebehörden
werden daran erinnert, daß bis 7. d. M. die Nachweisungen beziehungsweise Fehlanzeigen über Regie- Hochbauarbeiten und getrennt von diesen die Nachweisungen beziehungsweise Fehlanzeigen über die Regietiefbauarbeiten vom letzten Quartal an das Oberamt einzusenden sind.
Durch den Beitritt einer Gemeinde zur Tiefbauberufsgenossenschaft sind nur die auf Rechnung der Gemeindekasse ausgeführten (nicht auch andere d. h. von Privatpersonen innerhalb der Gemeinde
markung vorgenommene) Regietiesbauarbeiten voller Nachweffungspflicht befreit.
Calw, den 3. Januar 1890.
K. Oberamt.
Amtmann Bert sch.
Deutsches Reich.
Berlin, 1. Jan. Heute morgen um 11 Uhr fand Gottesdienst in der Schloßkapelle statt, welchem der Kaiser und die Kaiserin nebst den kaiserlichen Prinzen, die hier anwesenden Prinzen und Prinzessinnen, die Hofstaaten, die General- und Flügeladjutanten, das diplomatische Korps rc. beiwohnten. Danach wurde große Defilierkour im Weißen Saale abgehalten, nach welcher sich die Majestäten mit den kaiserlichen Prinzen zur Gratulation zur Kaiserin Augusta und den großherzoglich badischen Herrschaften begaben. Sodann fuhr der Kaiser zur großen Parole nach dem Lichthofe des Zeughauses, woselbst eine kurze Ansprache an die kommandierenden Generäle sämtlicher Armeekorps erfolgte. Am nachmittag findet Familiendiner statt.
— Kaiser Wilhelm wird Freitag abend zur Jagd beim Fürsten Hatzfeld mit Sonderzug in Breslau eintreffen und Samstag zurückreisen. Die Bevölkerung bereitet einen feierlichen Empfang vor.
Offenbach, 31. Dez. Dem Hrkf. I. wird geschrieben: Im Gegensätze zu den m den letzten Nummern Ihres Blattes enthaltenen günstigen Nachrichten über die Peters'sche Expedition kann ich Ihnen folgende Mitteilungen aus einem Briefe eines nahen Anverwandten in Aden machen, die nähere Kunde über das Schicksal des Dr. Peters bringen. Der Brief ist datiert vom 18. Dezember, also einen vollen Monat später als die bisherigen Nachrichten, und lautet an der betreffenden Stelle folgendermaßen: „Kapitänlieutenant Rust, der einzig Ueber-
Deuilleton.
Nachdruck verboten.
Welch dem Sturme.
Novelle von C. Voll brecht.
Vor dem Walde, der, kaum tausend Schritte vom Ufer des ziemlich breiten Stromes entfernt, in zartem Nachwuchs beginnend, die Höhen des Gebirges in «stundenweiter Ausdehnung bedeckte und das sich nur nach der Flußseite öffnende Thal zu seinen Füßen mit grünendem Arm umschloß, lag Tannrode.
Es war ein kleines armseliges Dorf, mit einer einzigen Gaffe, die parallel dem ^seichten Bache lief, der eS durchschnitt. Von einem Hause zum anderen vermittelten Primitive Stege den Verkehr. Einige wohlconstruierte Brücken erleichterten den Uebergang von Wagen und größerem Getier.
Es hatte sich weder Industrie noch Spekulation bisher nach Tannrode verirrt. Die Einwohner lebten vom Ertrag ihrer kleinen Ländereien und „vom Schlöffe", denn der größte Teil derselben gewann von dort Verdienst und Beschäftigung.
Am Beginn des Dorfes, unweit der Ueberfahrt und durch einen baumreichen mit einer Steinmauer umfriedeten Garten vom Ufer des Flusses getrennt, überragte das „Herrenhaus" seine Umgebung. — Es diente dies umfangreiche Gebäude von seher den jüngeren Gliedern Düker von der Tann zu vorübergehendem Aufenthalt, da dieselben als Diplomaten oder Offiziere den größten Teil des Jahres in der Landeshauptstadt zuzubringen pflegten. Mit seinen breiten Mansarden am Hoch- Hiebeligen Dach, den beiden Veils So beouk oberhalb dem Hausthor, erinnerte da» Herrenhaus an die Barockzeit, doch ließ der sonst zierdelose Bau, gleich der inneren Einrichtung die Prachtliebe vermissen, mit welcher unsere Urgroßväter ihre Wohnsitze ausstatteten. Es enthielt breite, gemütliche Holztreppen, große Vorsäle und geräumig« Gemächer. Der obere Stock war unbewohnt und war nur zuweilen nach Gut
dünken Frau Susannens, der Beschließerin, gelüftet, denn Eugen v. d. Tann, hatte mit seiner geringen Dienerschaft im Erdgeschoß des Raumes übergenug. Mit seiner Rückseite bildete das Herrenhaus den südlichen schmalen Abschluß des langm Rechteckes, welches dm geräumigen Wirtschaftshof begrenzte. Ihm gegenüber lag die Brennerei. Die grauen, gestreckten Dächer der beiden Längenseiten wölbten sich über den wohlbestellten Ställen und Scheunen der ansehnlichen Domäne. AuS jeder der vier Ecken des Hofe« führte ein breites Thor in'S Freie, das südliche und westliche nach dem Dorfe, das mit seinen ersten Häusern nahe an dieselben heranreichte. Außerhalb des nördlichen Thores stand das FörsterhauS. Ein sanft gewundener von lebendigen Hecken umsäumter Pfad führt an ihm vorüber im Rücken des DorteS nach dem eigentlichen Schlöffe de« Grafm von der Tann. Edel hob der Helle, elegante Bau sich von dem dunklen Tannenhintergrunde ab, der ihm zur Folie diente. Der dasselbe umgrbmde Park verlor sich unversehens in die wohlgepflegten Waldpartien, die den dichten Forst durchkreuzten und allmählich in die Höhe führten. Nach der Dorfseite zu umschloß rin grüner Zaun da» Gebiet des Schlaffes, ihm entlang zog sich eine dicht belaubte Platanenallee.
In dem kühlsten und schattigsten Teil derselben lag ein junges Mädchen in einer Hängematte. Da» grelle Tageslicht, welches durch die Oefftmngen der Baumkronen lugte, zauberte bewegliche Lichter auf der Ruhenden dunkles Haar und Helle- Antlitz. Sie schlief nicht, wie ihre zum Blattgewirr emporträumenden Augen bewiesen. Mitunter, wenn ein leichter Luftzug fein Spiel trieb, fand ein Sonnenstrahl seinen Weg bi» zu ihr, dann schloß sie dieselben schnell und der friedliche Ausdruck ihrer Gesichtszüge, sowie die lässige Ruhe ihrer Haltung gaben Zeugnis von dem gleichmütigen Zustand ihrer Seele.
Eine kleine Nebenthür, welche vom Herrenhause her vertrauten Eingang vermittelte, hatte sich leise geöffnet und ein junger, hochgewachsrner Mann war eing^ treten. Die große, graue Dogge, welche im nächsten Bereich der Hängematte gleichfalls der Ruhe, pflegte, spitzte die Ohrm und blinzelte nach dem Eingrtretenen hin. — aber von der Berechtigung de« Eindringling» vollkommen überzeugt, begnügt«