Mo. 153.
«4. Jahrgang.
Amts- unä Jutelligenzßkatt für äen Kezirst.
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samrtag, äen 28. Dezember 1889.
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Mit dem 1. Januar 1890 beginnt ein neues Abonnement auf das Calwer Wochenblatt, wozu wir unsere bisherigen Leser, sowie auch zu weiterem Beitritt, freundlichst einladen.
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Alle im Jahr 1889 neu beitretenden Abonnenten erhalten den Kalender pro 1890 nachgeliefert.
Infolge der wieder nötig gewordenen Erneuerung der Schriften hat die Druckerei zugleich Veranlassung genommen, die Spalteneinteilung zu ändern, ferner dem Titel eine illustrative, lokale Ausstattung zu geben, wofür uns eine Anerkennung, namentlich seitens der entfernteren Leser, zu Teil werden dürfte.
Mit der ersten Nummer im kommenden Jahr beginnt eine neue, äußerst fesselnde Novelle „Nach dem Sturme" von E. Vollbrecht.
MMan und Verlag des Calwer Wochenblattes.
Gcrges-Weuigkeiien.
* Calw, 27. Dez. Die Weihnachtsfeier des Calwer Liederkranzes am Stephansfeiertag war eine der schönsten, die der Verein je gefeiert. Das aus 12 Nummern bestehende Programm wurde in allen Teilen sehr gut durchgesührt. Mit dem stimmungsvollen Chor: „Heilig ist der Herr" von Schubert eröffneten die Sänger unter der trefflichen Di« rektion des Herrn Lehrers Müller den Abend und bekundeten schon mit diesem Vortrag, daß auf die Feier tüchtig gearbeitet worden war. Dies zeigten besonders 2 Novitäten: „Wo Büsche stehn und Bäume" von Mangold und „Der junge Fähndrich" von Schnyder. Beide Lieder, schöne Kompositionen mit sehr ansprechendem Inhalt und von nicht besonderer Schwierigkeit, kamen, abgesehen von einigen Unebenheiten im Tempo und in der Nüaneierung einzelner Stellen, zu guter Geltung und erzielten eine recht befriedigende Wirkung. Von den andern Chören erwähnen wir noch „Ach, ach ich armes Klosterfräulein" und „Nun leb wohl du kleine Gasse" von Silcher, welche ihrer Einfachheit und ihres edlen Charakters wegen stet« dankbare Zuhörer finden. Unser Altmeister Graf erfreute uns wieder mit seiner Flöte durch eine Fantasie aus „Robert der Teufel", Hr. Speidel durch einen Vortrag auf der Violine und Hr. Schwämmle durch das Tenorsolo „Das Herz am Rhein". Sämtliche Herren wurden ihrer Aufgabe wie ja nicht anders zu erwarten war, vollständig gerecht. Reichen Beifall erntete ein kostümiertes komisches Terzett „Eine fidele Gerichtssitzung" von Hetnze, ein Duett für 2 Tenöre „Des Morgens in der Frühe" von Kücken und der wohlgelungene Vortrag de« Zitherkranzes. In der Pause zwischen der I. und II. Abteilung des Programms wurde die Gabenverlosung vorgenommen, welche manche vergnügte Gesichter bereitete. Die Feier war un- gemein zahlreich besucht, ein Beweis davon, daß der Liederkranz auch diesmal seine alte Anziehungskraft wiederum bewährt hat.
Calw. (Einges.) Am Sylvester-Abend werden im Gottesdienst vom Chor der Kirche aus folgende Verse gesungen werden:
Ein Jahr geht hin, das andere kommt;
Nur Eines bleibt und steht auch fest.
Und Eines bleibt, das ewig stammt:
Gott, der die Seinen nie verläßt,
Sie hebt und hält, sie hegt und pflegt Und doppelt fest an's Herz sie preßt,
Wenn seine Vaterhand sie schlägt.
Das Jahr wird alt, das Jahr wird neu;
Gott aber ist stets neu und alt;
Neu in der Lieb, alt in der Treu,
Laßt uns auch werden dergestalt;
So werden stets Jahr aus, Jahr eia Und grau und alt und todeskalt Wir Gottes und Er unser sein.
— Dieser Tage fand ein Schüler auf dem Trottoir von Hirsau nach Ernstmühl einen lebenden Maikäfer. D-rl-lbe war wohl, in der Absicht tiefer zu gehen, durch entgegentretende Hindern.jse wieder an die Oberfläche geführt worden. __
Calw. Auf die Gechinqer Korrespondenz, die schwache Beteiligung bei der Ortsschulratswahl betreffend, wird un« heute nachstehendes Eingesandt von einigen Gechinger Bürgern, welche es nicht wahr haben wollen, daß Wahlmüdigkeit zum Teil die Ursache gewesen zu sein scheine. Aus dem Inhalt dürfte auch der Schluß zu ziehen sein, daß man in unserem Nachbarort Gechingen bei der nächsten Reichstagswahl wieder mit regem Interesse ins Zeug zu gehen gewillt ist.
In Nr. 152 des Calwer Wochenblatts bringt ein * Correspondent einen Artikel, welcher bei der Wahl des Ortschulrats der Bürgerschaft eine Flauheit oder Gleichgiltigkeit in Beziehung des Ortsschulrats konstatieren will, wenn er dies glaubt, so ist er ganz im Irrtum. Daß bei der Wahl blos ein einziger abgestimmt hat. ist die feste Ueberzeugung schuld, daß die seitherigen Ortsschulräte da« größte Interesse an der Schule haben und durch eine Neuwahl es nicht besser getroffen werden konnte; ist doch denselben das größte Verdienst zuzuschreiben an der Beseitigung der Uneinigkeit der früheren Lehrer, indem das Streitobjekt beseitigt wurde und nun eine Einigkeit unter den Lehrern ist, wie sie zur Freude der Bürgerschaft und zum Segen für dis Schule nicht besser gewünscht werden kann. Wenn der Correspondent vollends meint, daß Wahlmüdigkett Schuld sei, so ist dies eine absichtliche Entstellung der Stimmung in Gechingen, angesichts der von dem Correspondenlen anführten Wahlen.
ZuerstdieKirchengemeinderatSwahl, dabei ist eins solche zahlreiche Beteiligung gewesen, wie sie nie zuvor war, es sind aber glücklicherweise die Mitglieder der Pfarrgemeinderats fallen gelassen worden, die schon als solche nicht für die Einigkeit der Lehrer gewesen sind und ihre politische Sonderstellung dadurch öffentlich gezeigt haben, daß sie in der Kirche, in ihrem Herrcnstuhl, auf drei Schritt nicht zu den Mitgliedern hingestanden sind, die anderer Ansicht waren, aber gottlob die freie Ansicht und die Duldsamkeit hat gesiegt und sie können sich jetzt anreihen, ohne drei Schritt Abstand.
Dann die Reichstagswahl. Wahlmüdigkeit ist auch dort nicht konstatiert, dies beweisen die Zahlen über die Reichtagswahl.
Die Gemeinderatswahl; da hat man vollends gar keine Müdigkeit gesehen, jede Partei hat ihre verfügbare Mannschaft bis aus den letzten Mann auf den Kampfplatz geführt. Schon vor Tagesanbruch sind die Vorposten ausgestellt und die Patrouillen ausgeschickk worden, um das Feldgeschrei und die Munition in Form von Wahlzetteln auszuteilen und jeder wartete mit Schmerzen auf das Zeichen zum Kampf. Handelte er sich aber auch um die ersten Güter der Bürger, um die Gleichberechtigung und die Freiheit der Benützung seiner Güter, fhier speziell) um das Waiderecht der Schäfer, ob dasselbe wieder eingeführt oder für immer beseitigt werden soll. Es ist aber auch nicht zweifelhaft gewesen, aus welche Seite sich der Sieg wenden wird. Die Gleichberechtigung, die Freiheit hat gesiegt mit großer Majorität, es wäre aber auch unbegreiflich gewesen, wenn die Gegenpartei gesiegt hätte, denn welchem intelligenten Bauern wird es jetzt noch einfallen, einem andern das Waidrecht auf seinen Gütern zu geben und noch dazu ein so willkürliches wie bei uns, um keine andere Entschädigung als um den Mist der Schafe, welche man vorher füttern muß mit seinem Klee und Espar und dann den Mist im Aufstreich kaufen. Wende man nicht ein, die Gemeindekasse hat dann Geld, diese Einnahme ist eine der ungerechtesten Steuern, welche die Gemeinde den Bürgern auferlegt, denn sie nimmt dem Bauern zehnmal mehr von seinen Gütern, als er an Waidgeld einnimmt und dazu noch die ungleiche Verteilung durch den Schäfer, der eine wird hart besteuert, der andere gar nicht.
Nun zur letzten Bürgeraurschußwahl. Da könnte allenfalls eine Müdigkeit vorgeschützt werden auf Seite der total unterlegenen Partei, es ist aber keine Müdigkeit, sondern eine Aussichtslosigkeit auf Erfolg, denn sie hat sich zum Kampf vorbereitet, und als sie sah, daß die Gegenpartei in so großer Anzahl anrückte, hat sie sich hinter ihre vier Wände zurückgezogen, wohl einsehend, daß es zwecklos sei.
Jeder Leser wird nun selbst beurteilen können, ob der Korrespondent recht gehabt hat oder nicht.
Nagold, 22. Dez. Auf Veranlassung des Oberamtmanns Dr. Gugel fand gestern im Waldhorn zu Ebhausen eine Versammlung von Gewerbetreibenden des Bezirk« statt, welche besonder« aus den Städten Altensteig und Nagold zahlreich besucht war. Es wurde Beratung darüber gepflogen, ob die Eröffnung der Eisenbahn Nagold.Altensteig nicht Veranlassung zur Eröffnung einer Bezirksgewerbeausstellung geben sollte. Alle Anwesenden waren darüber einig, daß eine solche Ausstellung für die gewerblichen Verhältnisse des Bezirks von größter Bedeutung wäre, und daß sich an eine solche Einrichtung unvermeidlich die größten Vorteile für die einzelnen Gewe.betreibenden knüpfen müßten; darüber aber, ob die Aurstell-